Gabrieli-Gymnasium Eichstätt 98/99, Leistungskurs Latein 13 I 22. Oktober 1998 1. Schulaufgabe aus dem Lateinischen A. Übersetzung Die Heldentat des Horatius Cocles Tarquinius Superbus, der letzte König Roms, nahm seine Vertreibung aus Rom nicht tatenlos hin, sondern gewann zusammen mit seinen Söhnen den Etruskerkönig Porsenna für einen machtvollen Angriff auf die junge Republik Rom im Jahre 507 v. Chr. Die Römer verschanzten sich hinter ihren Mauern und dem Tiber, doch der Pons Sublicius („Pfahlbrücke“) war die Schwachstelle der Verteidigung. Pons Sublicius iter paene hostibus dedit, ni unus vir fuisset, Horatius Cocles; qui positus in statione pontis cum decurrere hostes vidisset trepidamque turbam suorum arma ordinesque relinquere, testabatur nequiquam eos fugere; si pontem reliquissent, iam plus hostium in Palatio Capitolioque quam in Ianiculo (1) fore. Itaque monere, ut pontem ferro et igni interrumpant: se impetum hostium excepturum. Vadit inde in aditum pontis ipsoque miraculo audaciae obstupefacit hostes. Cunctati aliquamdiu sunt, dum alius alium, ut proelium incipiant, circumspectant; pudor deinde commovit aciem, et clamore sublato undique in unum hostem tela coniciunt. Iam impetu conabantur detrudere virum, cum fragor rupti pontis pavore subito impetum sustinuit. Tum Cocles armatus in Tiberim desiluit multisque superincidentibus telis incolumis ad suos tranavit. Grata erga tantam virtutem civitas fuit; statua in comitio posita; agri quantum uno die circumaravit, datum. ____________________________________________________________________ (1) Ianiculum: Hügel vor der Pons Sublicius, außerhalb der Stadt _______________________________________________________________________________________________ B. Zusatzteil Anforderungsbereich I 1. Nennen Sie vier charakteristische Merkmale des römischen Prinzipats! (4 BE) Anforderungsbereich II 2. Geben Sie bei den folgenden Sätzen jeweils an, ob ein Gerund, attributives oder prädikatives Gerundiv vorliegt, und geben Sie eine angemessene Übersetzung! Quae nuper acciderunt, non culpae, sed fortunae tribuenda esse videntur. Hannibal senatui sex milium Romanorum, quae capta in castris habebat, redimendorum potestatem fecit. Mithridates Romanos ita incusavit: Romani audendo et fallendo et bella ex bellis serendo magni facti sunt. (6 BE) 3. Gliedern Sie die Entwicklung der römischen Historiographie vor Livius in sechs Stufen und charakterisieren Sie diese in wenigen Sätzen! (6 BE) Anforderungsbereich III 4. „Für Tacitus ist besonders die Frage nach Verantwortung und Schuld das eigentlich Bewegende.“ Versuchen Sie, diese These des berühmten Latinisten Karl Büchner mit Hilfe der Ihnen bekannten Texte des Tacitus zu verifizieren! (8 BE) ____________________________________________________________________ Stoff: Tacitus, Livius, Paralleltexte Arbeitszeit: 90 Minuten (60 : 30) 131 lateinische Wörter Bewertung Übersetzung : Zusatzteil = 2 : 1 Deus et scientia tibi adsint!!! ©RH1998 Gabrieli-Gymnasium Eichstätt 98/99, Leistungskurs Latein 13 I 22. Oktober 1998 1. Schulaufgabe aus dem Lateinischen - Ergebnis A. Übersetzung Die Heldentat des Horatius Cocles Tarquinius Superbus, der letzte König Roms, nahm seine Vertreibung aus Rom nicht tatenlos hin, sondern gewann zusammen mit seinen Söhnen den Etruskerkönig Porsenna für einen machtvollen Angriff auf die junge Republik Rom im Jahre 507 v. Chr. Die Römer verschanzten sich hinter ihren Mauern und dem Tiber, doch der Pons Sublicius („Pfahlbrücke“) war die Schwachstelle der Verteidigung. Pons Sublicius iter paene hostibus dedit, ni unus vir fuisset, Horatius Cocles; qui positus in statione pontis cum decurrere hostes vidisset trepidamque turbam suorum arma ordinesque relinquere, testabatur nequiquam eos fugere; si pontem reliquissent, iam plus hostium in Palatio Capitolioque quam in Ianiculo (1) fore. Itaque monere, ut pontem ferro et igni interrumpant: se impetum hostium excepturum. Vadit inde in aditum pontis ipsoque miraculo audaciae obstupefacit hostes. Cunctati aliquamdiu sunt, dum alius alium, ut proelium incipiant, circumspectant; pudor deinde commovit aciem, et clamore sublato undique in unum hostem tela coniciunt. Iam impetu conabantur detrudere virum, cum fragor rupti pontis pavore subito impetum sustinuit. Tum Cocles armatus in Tiberim desiluit multisque superincidentibus telis incolumis ad suos tranavit. Grata erga tantam virtutem civitas fuit; statua in comitio posita; agri quantum uno die circumaravit, datum. Der Pons Sublicius hätte den Feinden beinahe einen Weg geboten, wenn nicht ein einziger Mann gewesen wäre, Horatius Cocles; als dieser, gestellt auf den Wachposten der Brücke, gesehen hatte, dass die Feinde herabliefen und dass die zitternde Schar der Seinen Waffen und Reihen verließ, da beschwor er sie, dass sie vergeblich flohen; wenn sie die Brücke verlassen würden, würden bald mehr Feinde auf dem Palatin und Kapitol als auf dem Ianiculum sein. Deshalb ermahnte er sie, dass sie die Brücke mit Eisen und Feuer abbrachen: er werde den Angriff der Feinde auf sich nehmen. Hierauf ging er auf den Zugang zur Brücke und brachte die Feinde durch das eigentliche Wunder seines Wagemutes zum Staunen. Sie zögerten eine Zeitlang, während sich jeder nach dem anderen umschaute, dass sie die Schlacht begönnen; Schamgefühl setzte hierauf die Kampflinie in Bewegung, und nachdem sie Geschrei erhoben hatten, warfen sie von allen Seiten Wurfgeschosse auf den einen Feind. Schon versuchten sie, mit ihrem Angriff den Mann herabzustoßen, als plötzlich das Krachen der geborstenen Brücke durch plötzlichen Schrecken den Angriff aufhielt. Das sprang Cocles bewaffnet in den Tiber hinab und schwamm, obwohl viele Wurfgeschosse von oben auf ihn herabfielen, unversehrt zu den Seinen. Dankbar war die Bürgerschaft gegenüber so großer Tugend; eine Statue wurde auf dem Versammlungsplatz aufgestellt; an Acker wurde ihm soviel gegeben, wie er an einem Tag umpflügte. B. Zusatzteil Anforderungsbereich I 1. Nennen Sie vier charakteristische Merkmale des römischen Prinzipats! (4 BE) Die faktische Konzentration der Macht liegt beim Prinzeps (!), obwohl die republikanische Ordnung mit Senat und Volkstribunat formal weiterbesteht (!). Es gibt ein Nebeneinander von kaiserlicher und senatorischer Macht in der Provinzverwaltung und Rechtsprechung (!). Der Prinzeps übt seine Macht über einige Ämter aus (consul, tribunus plebis -> Vetorecht, imperium proconsulare maius) (!) und wird als Friedenswahrer kultisch verehrt (!). Anforderungsbereich II 2. Geben Sie bei den folgenden Sätzen jeweils an, ob ein Gerund, attributives oder prädikatives Gerundiv vorliegt, und geben Sie eine angemessene Übersetzung! Quae nuper acciderunt, non culpae, sed fortunae tribuenda esse videntur. Hannibal senatui sex milium Romanorum, quae capta in castris habebat, redimendorum potestatem fecit. Mithridates Romanos ita incusavit: Romani audendo et fallendo et bella ex bellis serendo magni facti sunt. (6 BE) Was neulich geschah, scheint nicht der Schuld, sondern dem Schicksal zugeordnet werden zu müssen (präd. Gerundiv). Hannibal gab dem Senat die Möglichkeit, 6000 Römer zurückzukaufen, welche er gefangen in seinem Lager hatte (attrib. Gerundiv). Mithridates klagte die Römer so an: Die Römer sind groß geworden durch Wagen, Täuschen und Krieg an Krieg Reihen (Gerund). 3. Gliedern Sie die Entwicklung der römischen Historiographie vor Livius in sechs Stufen und charakterisieren Sie diese in wenigen Sätzen! 1. Annales maximi: jahrweise Aufzeichnung von Getreidepreis, Naturkatastrophen, Opfern durch den pontifex maximus. 2. Q. Fabius Pictor erster röm. Historiker: Selbstdarstellung der Römer gegenüber der griech. Mittelmeerwelt (schreibt Griechisch). 3. Cato, Verfasser der „Origines“: Geschichte ohne Namen; Ennius: Geschichte im Epos 4. Annalisten: Familiengeschichte, oft bewusste Verfälschung der Geschichte 5. Cicero, Caesar, Nepos bereichern Geschichtsschreibung (Geschichtsphilosophie, Kommentar, Biographie), sind aber keine reinen Historiker 6. Sallust: erste reflektierte kritische Geschichtsschreibung; in den Monographien Catilina und Jugurtha deutlicher Gegenwartsbezug durch geschichtsphilosophische und soziologische Exkurse (6 BE) Anforderungsbereich III 4. „Für Tacitus ist besonders die Frage nach Verantwortung und Schuld das eigentlich Bewegende.“ Versuchen Sie, diese These des berühmten Latinisten Karl Büchner mit Hilfe der Ihnen bekannten Texte des Tacitus zu verifizieren! (8 BE) Tacitus verweilt bei Exempeln für Verantwortungsgefühl und Verantwortungslosigkeit (Schuld) (!). Er reduziert die Prinzipatsideologie auf die nüchternen Machttatsachen in oft pessimistisch-desillusionierter Übertreibung (!). Die Person des Thrasea Paetus (Opposition gegen Nero) wird liebevoll und ausführlich in den Annales dargestellt (!). Der stoische Background wird in vielen Details deutlich (!). Tacitus nennt Thrasea „virtus ipsa“, die von Nero ermordet wird (!). Betonung liegt auch auf dem unwürdigen und kriecherischen Verhalten des Senats (!). Als Motive Neros für den Mord werden niedrige Motive (Eifersucht, Neid, Eitelkeit) offengelegt (!). Die Freiheit („libertas“) des einzelnen erscheint vor dem Hintergrund des Prinzipats zum Scheitern verurteilt - angesichts dieser pessimistischen Grundeinstellung kann der Historiker nur die wenigen Beispiele selbstlosen Verantwortungsgefühls für die Nachwelt retten (!). ____________________________________________________________________ Stoff: Tacitus, Livius, Paralleltexte Arbeitszeit: 90 Minuten (60 : 30) 131 lateinische Wörter Bewertung Übersetzung : Zusatzteil = 2 : 1 Ergebnis Übersetzung Punkte erreicht von 0-1,5 Fehler 15 1 Schülern 2-3 14 1 3,5-4,5 13 2 5-6 12 2 6,5-7,5 11 1 8-9 10 4 9,5-10,5 9 5 11-12 8 2 12,5-13,5 7 0 14-15 6 2 15,5-16,5 5 0 17-18 4 0 18,5-19,5 3 0 20-21 2 1 21,5-22,5 1 0 23 0 0 Durchschnitt 9,76 Zusatzteil Punkte erreicht von 24 BE 15 3 Schülern 23-22 14 2 21,5-20,5 13 3 20-19,5 12 0 19-18 11 0 17,5-16,5 10 4 16-15,5 9 3 15-14 8 2 13,5-12,5 7 1 12-11,5 6 1 11-10 5 1 9,5-8,5 4 1 8-7,5 3 0 7-6 2 0 5,5-4,5 1 0 4-0 0 0 Durchschnitt 10,33 Endpunkte erreicht von 15 1 Schülern 14 1 13 1 12 3 11 3 10 3 9 4 8 2 7 1 6 0 5 1 4 0 3 1 2 0 1 0 0 0 Durchschnitt 9,90 Deus et scientia tibi adsint!!! ©RH1998 Vorbereitung auf die 1. Schulaufgabe im LK Latein 13 Datum: Form: Stoff: Grundwissen Interpret.: für Freitag, 22. Oktober 1998, 8.00-9.30 Uhr (90 min.) Übersetzung eines Originaltexts (Livius, ab urbe condita, erste Pentade), 100-130 Wörter Zusatzteil: Grammatik, Einordnen und Kommentieren einer bekannten Textstelle, geschichtlicher Hintergrund, Grundwissen zur röm. Historiographie Bewertung: Übersetzung : Zusatzteil = 2 : 1 Religiöse Motivation des Imperiums (Müffling, 7.3.3.), christliche Sicht des Imperiums (Müffling 7.4), zum Prinzipat (Müffling 8, S. 116-120), Augustusstatue von Primaporta (S. 121-123), Grundwissen Tacitus (S.125128), Tacitus, Annales I 1-2 (Müffling, S. 128ff.), Thrasea Paetus und sein Freundeskreis (Müffling Kap. 8.3, Vergleich mit Ludwig Beck) Grundwissen Entstehung der röm. Historiographie (Röm. Ges. im Wandel, Kommentar, S. 5-11), Einrichtung des Asyls (Liv. 1,8), Das Ringen der plebs um libertas (Liv. 2,23-24), secessio plebis (Liv. 2,32-33) Gute inhaltliche Kenntnis der gelesenen Historiker-Stellen und der angegebenen Informationstexte ist Grundlage die freie Beantwortung von Fragen aus dem Bereich der röm. Geschichte! Grammatik: Maier, Kapitel 14-17 (Übersetzen bekannter Sätze und/oder Erklären grammatischer Phänomene) Wortschatz: Ein zugelassenes Lexikon (Stowasser, Pons, Heinichen, Langenscheidt großes SchulWB) ist mitzubringen Hinweise zur Vorbereitung: - den übersetzten Text sorgfältig wiederholen: hieran lernen Sie am besten die Sprache des jeweiligen Autors - vervollständigen Sie dabei ggfs. Ihre Aufzeichnungen (unbekannte Formen und Konstruktionen) - teilen Sie sich das Grammatikpensum gut ein! - unmittelbar vor der Schulaufgabe noch einmal möglichst viel Text wiederholen, um eine große Umwälzung des Grammatikstoffes zu erreichen - noch ein Tip: Gerade bei der Lateinwiederholung ist Teamwork die beste Arbeitsform! Vorbereitung auf die 1. Schulaufgabe im LK Latein 13 Datum: Form: Stoff: Grundwissen Interpret.: für Freitag, 22. Oktober 1998, 8.00-9.30 Uhr (90 min.) Übersetzung eines Originaltexts (Livius, ab urbe condita, erste Pentade), 100-130 Wörter Zusatzteil: Grammatik, Einordnen und Kommentieren einer bekannten Textstelle, geschichtlicher Hintergrund, Grundwissen zur röm. Historiographie Bewertung: Übersetzung : Zusatzteil = 2 : 1 Religiöse Motivation des Imperiums (Müffling, 7.3.3.), christliche Sicht des Imperiums (Müffling 7.4), zum Prinzipat (Müffling 8, S. 116-120), Augustusstatue von Primaporta (S. 121-123), Grundwissen Tacitus (S.125128), Tacitus, Annales I 1-2 (Müffling, S. 128ff.), Thrasea Paetus und sein Freundeskreis (Müffling Kap. 8.3, Vergleich mit Ludwig Beck) Grundwissen Entstehung der röm. Historiographie (Röm. Ges. im Wandel, Kommentar, S. 5-11), Einrichtung des Asyls (Liv. 1,8), Das Ringen der plebs um libertas (Liv. 2,23-24), secessio plebis (Liv. 2,32-33) Gute inhaltliche Kenntnis der gelesenen Historiker-Stellen und der angegebenen Informationstexte ist Grundlage die freie Beantwortung von Fragen aus dem Bereich der röm. Geschichte! Grammatik: Maier, Kapitel 14-17 (Übersetzen bekannter Sätze und/oder Erklären grammatischer Phänomene) Wortschatz: Ein zugelassenes Lexikon (Stowasser, Pons, Heinichen, Langenscheidt großes SchulWB) ist mitzubringen Hinweise zur Vorbereitung: - den übersetzten Text sorgfältig wiederholen: hieran lernen Sie am besten die Sprache des jeweiligen Autors - vervollständigen Sie dabei ggfs. Ihre Aufzeichnungen (unbekannte Formen und Konstruktionen) - teilen Sie sich das Grammatikpensum gut ein! - unmittelbar vor der Schulaufgabe noch einmal möglichst viel Text wiederholen, um eine große Umwälzung des Grammatikstoffes zu erreichen - noch ein Tip: Gerade bei der Lateinwiederholung ist Teamwork die beste Arbeitsform!