Pharmakologie Zahnmedizin II 2009

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Nitrate
Pharmakologie Zahnmedizin II,
J. Donnerer, A. Heinemann, 2009
Indikation: Angina pectoris
Tritt auf, wenn die Koronararterien durch Arteriosklerose oder
Gefäßspasmen eingeengt sind.
Symptom ist ein typischer Schmerz im Bereich des Brustkorbes
links ausstrahlend in li. Schulter u. Arm (vor allem bei
Belastung). Es muss versucht werden, das Herz zu entlasten.
Die Nitrate erweitern die Venen in der Peripherie, dadurch
strömt weniger Blut zum Herzen zurück, es muss weniger
Arbeit leisten; sie verbessern auch die Durchblutung des
Herzmuskels.
[Die Wirkung erfolgt über das von den Nitraten
freigesetzte NO, Stickstoffmonoxid]
Nebenwirkungen: Blutdruckabfall, Kopfschmerzen
Für die Dauertherapie sind gut geeignet das Isosorbitdinitrat
und das Isosorbitmononitrat.
Für die Behandlung eines akuten Anfalls verwendet man
Glyceroltrinitrat = Nitroglycerin als Spray oder als
Zerbeisskapsel. Wichtig: damit die Substanz rasch und gut
wirkt, muss sie im Mund bleiben [Resorption von der
Mundschleimhaut aus], nicht verschlucken!
Nitroglycerin wird auch als Pflaster = Nitro-Depotpflaster für die
Dauertherapie verwendet.
Können per os
gegeben
werden
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Calciumkanalblocker (Calciumantagonisten)
Weiteres Nitrat: Molsidomin, per os
sie hemmen den Einstrom von Ca2+ Ionen in die glatten
Muskelzellen, insbesondere der Gefäße im arteriellen Strombett
[Konsequenz: Vasodilatation]; einige hemmen auch die
Herzmuskelzellen und das Reizleitungssystem im Herzen
[Konsequenz: Senkung der Frequenz, der
Kontraktionsamplitude].
Indikationen: Hypertonie, Angina pectoris, Antiarrhythmikum
Nifedipin-Gruppe = Nifedipin, Amlodipin: vaskuläre Selektivität;
Verapamil, Diltiazem: Effekte auch auf das Herz
Nebenwirkungen eventuell durch zu starken RR-Abfall
Schwindel, reflektor. Tachykardie [über den Barorezeptorreflex],
Knöchelödeme.
ACE-Hemmer und Angiotensin II-Antagonisten
sie hemmen die Aktivität des Renin-Angiotensin-Aldosteron
Systems und bewirken dadurch eine Gefäßerweiterung
[Blutdrucksenkung] und eine leichte Diurese.
ACE-Hemmer blockieren das Enzym ‚Angiotensin Converting
Enzym‘: Captopril, Enalapril, Lisinopril.
Diese Medikamente werden gut vertragen, ev. Reizhusten. Zu
Beginn der Therapie auf zu starken RR-Abfall achten!
Angiotensin II Rezeptor-Antagonisten: Losartan, Valsartan
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Zentral wirksame Antihypertensiva
Clonidin (Zentrale α2 Agonisten)
Moxonidin (+ ZentralerImidazolin I Agonist)
(Guanfacin)
α-Methyldopa (=>αα-Methylnoradrenalin = Zentraler α2 Agonist)
1
Reserpin (Blocker der vesikulären Monoamin-Transporters)
Vasodilatatoren in der
Therapie der Hypertonie
Prinzipien der Nierenfunktion – Diuretika
Glomerulus: Filtration bis MW 50.000
Primärharn: 170 l/Tag, Urinausscheidung: 1 – 1.5 l/Tag
Prox. Tubulus: Na+, K+ aktiv/passiv resorbiert, H2O, Glucose,
AS, Phosphat, Cl gehen mit; Aufnahme von HCO3
Minoxidil, (Diazoxid nur i.v.): K+ Kanalöffner
(Natriumnitroprussid)
(Hydralazin)
aszend. Henle Schleife: Na+, K+, Cl- Ko-Transportsystem, Ca2+
Mg2+ gehen mit, Interstitium = hyperosmolar –
Gegenstromprinzip: H2O diffundiert von deszen. Henle Schleife
u. Sammelrohr (Vasopressin-abhängig)
Frühdistal. Tubulus: Na+, Cl- Kotransport, Ca2+ Transport
Spätdist. Tubulus, Sammelrohr: Na+ Aufnahme, K+, H+ wird
sezerniert (Aldosteron-abhängig)
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Diuretika bewirken eine gesteigerte Ausscheidung von
Elektrolyten und Wasser über die Nieren, sodass die
exrazelluläre Flüssigkeit verringert wird.
Man benötigt sie zur Ausschwemmung von Ödemen bei der
Herzinsuffizienz (Lungen-, Beinödeme), bei Hirnödemen nach
Verletzungen, bei Vergiftungen und zur Behandlung der
Hypertonie.
Osmotische Diuretika: Mannit-Infusion
forciert wirkende Diuretika (Schleifendiuretika): sie hemmen das
Na+-K+-Cl- Kotransportsystem in der Henle Schleife;
werden vor allem in akuten Fällen eingesetzt – Furosemid
(Lasix), Bumetanid.
Thiazid-Diuretika: hemmen die Na+-Cl- Resorption im
frühdistalen Tubulus;
Hydrochlorothiazid, Butizid, Chlorthalidon bei mäßiggradiger
Herzinsuffizienz, bei Hypertonie – zur Dauertherapie.
Kaliumsparende Diuretika: hemmen die Na+ Resorption und K+
Sekretion im spätdistalen Tubulus – Triamteren, Amilorid;
Aldosteronantagonist Spironolacton ist dafür auch geeignet.
Nebenwirkungen für alle Gruppen:
Diuretika können das Blutvolumen und die Natrium u. KaliumBalance im Körper verändern. Kontrolle und ev. Korrektur durch
vermehrte oder verminderte Kaliumzufuhr.
Antikoagulantien
Das normale Blutgerinnungssystem beruht auf einem
Zusammenspiel vieler Enzyme und Proteine des Blutplasmas
[12 Gerinnungsfaktoren – Endschritte Thrombin, Fibrin].
Für die Pharmakologie bedeutsam sind die Maßnahmen zur
Herabsetzung der Gerinnungsfähigkeit des Blutes:
immer wenn Thrombosen (Beinvenenthrombose, Herz-,
Lungen-, Hirninfarkt) aufgetreten sind. Hier muss akut der
Thrombus aufgelöst werden und anschließend langfristig, als
Prophylaxe, die Gerinnung gemindert werden. Auch beim
Einpflanzen künstlicher Herzklappen oder Gefäßprothesen
muss antikoaguliert werden.
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Akute Thromboseprophylaxe oder Gerinnungshemmung:
Heparine bzw. Niedermolekulare Heparine:
es sind körpereigene Substanzen; sie verhindern die
Aktivierung der Gerinnungskaskade, indem sie das
körpereigene Antithrombin III stark aktivieren; dieses
wiederum inaktiviert die Faktoren Xa u. IIa = Thrombin.
Müssen i.v. oder s.c. gegeben werden.
Standardheparin = Na+-Heparin – zur Akuttherapie
Niedermolekulare Heparine: (Dalteparin, Enoxaparin u.ä.)
wirken länger, sind ideal zur Prophylaxe.
Nebenwirkungen: Gefahr von Blutungen, allergische
Reaktionen, Thrombozytopenie Typ I u. Typ II (wenn, dann auf
Heparinoide wechseln!), Osteoporose, Haarausfall.
Protamin ist ein chemischer Antagonist des Heparin.
Ausweichsubstanzen bei HIT II:
Grundstruktur des Heparin Moleküls
Danaparoid, Fondaparinux, Hirudine
Orale Antikoagulantien für die Dauertherapie = Cumarine; sie
verhindern die Synthese der aktiven Gerinnungsfaktoren II, VII,
IX, X in der Leber.
Präparate: Phenprocoumon = MarcoumarR,
Acenocoumarol = SintromR;
Wirkungseintritt benötigt einige Tage. Patienten werden
eingestellt, müssen genau nach Plan immer zur selben
Tageszeit die Tabletten einnehmen – Kontrolle durch
Gerinnungslabor! [früher Quick-Wert, heute INR-Wert] Patienten
bekommen einen Ausweis!
Auch hier besteht immer die Gefahr von starken Blutungen,
vor allem schon bei kleinen Verletzungen. Im Notfall muss man
Gerinnungsfaktoren geben (Vit.K wirkt zu langsam).
Andere NW: hämorrhag. Hautnekrosen, teratogen
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Der antikoagulierte Zahnarztpatient Vorgangsweise bei zahnärztlichchirurgischen Eingriffen
Quickwert
30-40%
25-35%
15-25%
INR
2,5-1,5
3,0-2,0
4,5-3,0
-kein Absetzen der oralen Antikoagulation;
-INR kontrollieren - ein Eingriff bei einer INR von 2,0 bis
3,0 ist möglich;
-im Zweifelsfall stationäre Aufnahme
-zusätzliche lokale Maßnahmen (SpongostanTamponade, Mundspülungen mit Tranexamsäure)
Thrombozytenaggregationshemmer
Indikation: für die dauerhafte Prophylaxe z.B. von Herzinfarkt;
bei arteriellem Shunt, bei Gefäßprothesen („moderne
Therapieform“).
Es wird Acetylsalicylsäure [ASS] in niedriger Dosis, oder
Clopidogrel, Abciximab, Tirofiban, Eptifibatid verwendet.
Blutungsgefahr ist geringer, vor allem bei der ASS, bei den
anderen aber doch gegeben; andere NW: Neutropenie,
Thrombopenie, Hautreaktionen.
Im Labor(röhrchen) = in vitro kann man die Blutgerinnung auch
durch Entzug von Ca2+-Ionen durch EDTA oder Citrat hemmen.
ASS hemmt Cyclooxygenase; Clopidogrel hemmt Gykoprotein IIb/IIIa;
Eptifibatid, Tirofiban hemmt die Bindung Fibrinogen-Glykoprotein;
Abciximab blockt die Bindungstelle des Glykoproteins
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Herzglykoside
Fibrinolytika
Die Fibrinolyse (Thrombolyse) soll innerhalb weniger Stunden
nach Eintritt eines thrombotischen Gefäßverschlusses
beginnen.
Fibrinolytika lösen Fibrinthromben wieder auf:
Streptokinase, Streptokinase / Plasminogen-Komplex,
Urokinase oder Gewebeplasminogen-Aktivator;
Anwendung als Injektion / Infusion;
Cave: Blutungsgefahr – intensive Überwachung!
Effekte auf die Herzfunktion: Kontraktionskraft u.
-geschwindigkeit nehmen zu, venöse Stauungsymptome und
Ödeme nehmen ab, die Herzfrequenz nimmt ab (allgemein:
Ökonomisierung der Herzarbeit)
Digoxin (Acetyldigoxin, Metildigoxin)
Digitoxin
die Substanzen haben eine lange t½ von mehreren Tagen, d.h.
die Patienten werden zu Beginn ‚eingestellt‘ – und erhalten
täglich nur eine Erhaltungsdosis. Es ist eine Dauertherapie.
Präparate:
Bei Digitalispräparaten muss die Tagesdosis sehr genau
eingehalten werden; schon bei zweifacher Überdosierung kann
es zu Intoxikation kommen! [Übelkeit, Herzrhythmusstörungen]
Typ I allergische Reaktion
Indikation: Herzinsuffizienz
[Stauung im Blutkreislauf, Ödeme in Lunge, in
der unteren Körperhälfte, Atemnot]
Die Kontraktion der Myofibrillen der Herzmuskelzellen wird
ausgelöst durch intrazelluläre Ca2+-Ionen [in der Diastole
werden sie in intrazellulären Tubuli gespeichert – in der Systole
daraus freigesetzt]
Herzglykoside (Digitalis) können die intrazelluläre Ca2+Konzentration erhöhen und damit die Herzkraft steigern;
dies erfolgt nicht direkt, sondern indirekt über eine
Hemmung der Na+-K+-ATPase in der
Herzmuskelzellmembran – erst dadurch bleibt mehr
Ca2+ in der Zelle.
Histamin – Allergie – Antihistaminika
Histamin wird bei allergischen Reaktionen vom Typ I aus
Mastzellen freigesetzt und löst über H1-Rezeptoren
- eine Steigerung des Tonus glatter Muskulatur (Bronchien,
Darm) aus;
- eine Vasodilatation;
- eine Gefäßpermeabilitätssteigerung durch Öffnung
interzellulärer Endothellücken;
- Juckreiz durch Erregung sensibler Nervenendigungen (auch
von Bedeutung, wenn Histamin von aussen durch
Insektenstiche oder Brennnessel in die Haut gelangt)
Aus enterochromaffinen Zellen des Magens freigesetzt
stimuliert es über H2-Rezeptoren
- die Salzsäureproduktion der Belegzellen des Magens;
- weiters kann über H2-Rezeptoren eine Vasodilatation
ausgelöst werden.
Die echte allergische „anaphylaktische“ Reaktion kann in
verschiedenen Stadien und Schweregraden auftreten:
(0) lokale Hautreaktion
(I) Flush, Urtikaria, Rhinokonjunktivitis, Unruhe
(II) Flush, Urtikaria, Larynxödem, Tachykardie,
Hypotension, leichte Dyspnoe, Stuhl- u. Harndrang,
Nausea
(III) schwere Dyspnoe und Hypotension, Blässe,
Bronchospamus, Bewusstseinstrübung, Stuhl- u.
Harndrang
(IV) Herz-Kreislaufstillstand
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H1-Antihistaminika:
1. Generation – Diphenhydramin, Dimetinden (sind
ZNS-gängig und bewirken eine Sedierung)
2. Generation – Cetirizin, Loratidin, Fexofenadin
(keine Sedierung)
H2-Antihistaminika:
Ranitidin, Famotidin (Anwendung in erster Linie zur
Magensäuresekretionshemmung)
Antiallergische Therapie:
! H1- und H2-Antihistaminika sind Therapie erster Wahl bei
allen Stadien der allergischen Reaktion, vor allem bei kutanen
Reaktionen, dazu
! Glucocorticoide (Prednisolon) zur allgemeinen
Gefäßabdichtung und Entzündungshemmung,
! Adrenalin zur Vasokonstriktion,
! Infusionslösungen (Volumenersatz bei Hypotonie),
! ß2-Sympathomimetika bei Bronchospasmus,
! Sauerstoffzufuhr.
Anwendung der Medikamente lokal /s.c. / i.m. / i.v. je nach
Bedarf.
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