Anleitung zum Physikpraktikum für Oberstufenlehrpersonen Wechselströme (WS) Frühjahrssemester 2017 Physik-Institut der Universität Zürich Inhaltsverzeichnis 11 Wechselströme (WS) 11.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1.1 Ziel des Versuches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2 Theoretischer Teil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2.1 Impedanz einer Spule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2.2 Impedanz eines Kondensators . . . . . . . . . . . . . . . 11.2.3 Kathodenstrahloszilloskop (KO) . . . . . . . . . . . . . 11.3 Experimenteller Teil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.3.1 Aufgabenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.3.2 Prinzip der Strom- und Spannungsmessung mit dem KO 11.3.3 Bestimmen der Induktivität (Spule mit Eisenkern) . . . 11.3.4 Bestimmen der Kapazität . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.3.5 Frequenzabhängigkeit von ZL und ZC . . . . . . . . . . 11.4 Versuchsbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1 11.1 11.1 11.2 11.2 11.3 11.4 11.5 11.5 11.5 11.6 11.6 11.7 11.7 11 Wechselströme (WS) 4.2 4.2.1 4.2.2 4.4. 4.4.1 4.4.3 11.1 Vorlesungsabschnitt 4, Elektrizität und Magnetismus Stationäre elektrische Ströme Bewegte Ladungen - Ströme Spannungsquellen, Strom - Spannungscharakteristiken, Kirchhoff’sche Gesetze Zeitabhängige elektrische und magnetische Felder Die Maxwell’schen Gleichungen Zeitabhängige Ströme in Stromkreisen Einleitung Neben den Ohm’schen Widerständen spielen in Wechselstromkreisen Kondensatoren (Kapazitäten) und Spulen (Induktivitäten) eine wichtige Rolle. Für Ohm’sche Widerstände gilt immer noch R = konst., mit andern Worten, in Ohm’schen Leitern sind Strom und Spannung in Phase. In diesem Versuch untersuchen wir die folgenden Fragen: • Welche Wirkungen haben Induktivitäten und Kapazitäten im Wechselstromkreis? • Wie sind Strom und Spannung bei diesen Elementen verknüpft? • Welchen Einfluss hat die Frequenz der Wechselspannung? Diesen Fragen wollen wir nachgehen, indem wir an einfachen Schaltkreisen mit einem oder zwei Elementen Spannungs- und Strommessungen durchführen. Wir beschränken uns dabei auf harmonische Ströme und Spannungen: V (t) = V0 cos ωt, Dabei bedeuten: V0 = I(t) = I0 cos(ωt − ϕ) Spannungsamplitude I0 = Stromamplitude ω = 2πν = 2π/T = Kreisfrequenz ϕ = Phasenverschiebung zwischen Strom und Generatorspannung 11.1.1 Ziel des Versuches Mit einem Kathodenstrahloszilloskop (KO) lassen sich Spannungen als Funktionen der Zeit bequem beobachten und bestimmen. Oszilloskope werden deshalb häufig bei der Fehlersuche und Einstellung von elektrischen Geräten (z.B. Radio, Fernseher, Mikrowellen- und Radargeräte) eingesetzt. Bei der Überwachung von biologischen Funktionen, die sich in Form von elektrischen Signalen manifestieren, kann ein KO als Überwachungsgerät dienen (z.B. EEG 1 ,EKG 2 ). Für komplizierte Anwendungen sind spezielle Geräte entwickelt worden, deren Funktionsweise sich aber nicht grundsätzlich von der eines einfachen Gerätes unterscheidet. 1 2 EEG = Elektroenzephalographie, Verfahren zur Messung und Aufzeichnung der elektr. Aktivität des Gehirns. EKG = Elektrokardiographie, Medizinische Methode zur Aufzeichnung der elektr. Vorgänge am Herzen. 11.1 Um die zeitliche Abhängigkeit der Ströme und Spannungen zu beobachten und um uns mit der Funktionsweise und der Bedienung eines KO vertraut zu machen, werden in diesem Versuch sämtliche Ströme und Spannungen mit dem KO gemessen. Dabei geht es um: • Elektrische Stromkreise • die Regeln von Kirchhoff • den Wechselstromwiderstand oder die Impedanz • Messen von Spannung und Strom in Abhängigkeit der Zeit • Impedanzen vom Ohm’schen Widerstand, einer Spule und eines Kondensators 11.2 11.2.1 Theoretischer Teil Impedanz einer Spule Ein Wechselspannungsgenerator mit der elektromotorischen Kraft V (t) = V0 cos ωt werde mit einer Spule der Induktivität L in Serie geschaltet. Wir nehmen an, dass ihr Ohm’scher Widerstand vernachlässigbar, also RSpule ≃ 0 sei (ideale Spule). I ~ Die Induktivität der Spule ist durch ihre Länge l, die Querschnittsfläche A und die Windungszahl N bestimmt. Für eine lange Spule gilt: V = V0 cos ω t L Abbildung 11.1: Stromkreis mit Spule der Induktivität L. N2 · A V ·s [L] = 1 = 1H (Henry) (11.1) l A L kann stark vergrössert werden, wenn ein magnetisierbarer Kern in die Spule geschoben wird. Es gilt dann: N2 · A L = µµ0 l L = µ0 Hier ist µ0 = 4π · 10−7 (Vs/Am) die Induktionskonstante und µ die magnetische Permeabilität des Eisens (µFe ≫ 1). Für den obigen Kreis gilt die 2. Kirchhoffsche Regel (Maschenregel). Diese liefert den Zusammenhang zwischen der Spannung V (t) und dem Strom I(t). Sie lautet: dI =0 dt Die Lösung dieser Differentialgleichung erhält man nach einmaliger Integration: V0 cos ωt − L · V0 V0 π sin ωt = cos(ωt − ϕ) wobei ϕ = + (11.2) ωL ωL 2 Der Strom ist gegen die Spannung um ϕ = π/2 phasenverschoben (vgl. Abbildung 11.2). I(t) = 11.2 V I V0 V0 ωL φ ω t t I = I0 cos (ω t-φ ) V = V0 cos ω t Abbildung 11.2: Spannung und Strom in Abhängigkeit von der Zeit bei einer Spule. Vergleicht man die Gleichung (11.2) für sin ωt = 1 mit der Definition des Widerstandes (I = V /R), so erkennt man, dass die Grösse ωL die Rolle eines Widerstandes spielt. Man nennt ωL die Impedanz ZL oder den Wechselstromwiderstand einer idealen Spule (RSpule ≃ 0) mit der Induktivität L: ZL = ωL d.h. ZL ∝ ω (11.3) Allgemein wird der Wechselstromwiderstand für ein Element i folgendermassen definiert: Zi = V0 Spannungsamplitude = I0 Stromamplitude (11.4) Frage 1: Eine 10 cm lange Spule habe eine Querschnittsfläche A von 4 cm2 und 2000 Windungen. Wie gross ist ihre Induktivität L (Gleichung (11.1))? 11.2.2 Impedanz eines Kondensators Wie die Selbstinduktion stellt auch der Kondensator einen Wechselstromwiderstand dar. Die 2. Kirchhoffsche Regel lautet für den nebenstehenden Stromkreis: I ~ Q C Wir leiten diese Gleichung einmal nach der Zeit ab: ( ) I dQ −ωV0 sin ωt = =I C dt C V = V0 cos ω t V0 cos ωt = VC = Abbildung 11.3: Stromkreis mit Kondensator der Kapazität C. und erhalten: I = −ωCV0 sin ωt = ωCV0 cos (ωt − ϕ) 11.3 wobei ϕ=− π 2 (11.5) Daraus folgt für die Impedanz ZC eines Kondensators: 1 1 d.h. ZC ∝ (11.6) ωC ω Der Strom ist gegen die Spannung um ϕ = −π/2 phasenverschoben (vgl. Abbildung 11.4). ZC = I V V0 ω C V0 φ ω t t I = I0 cos (ω t-φ ) V = V0 cos ω t Abbildung 11.4: Spannung und Strom in Abhängigkeit von der Zeit bei einem Kondensator. 11.2.3 Kathodenstrahloszilloskop (KO) Im Versuch sollen alle Ströme und Spannungen mit dem KO gemessen werden. Wir wollen deshalb die prinzipielle Arbeitsweise vom Kathodenstrahloszilloskop kurz beschreiben (Abb. 11.5). y Plattenpaare Kathode Elektronenstrahl Leuchtschirm Anode x Heizung Leuchtfleck _ + Vy Vx Abbildung 11.5: Schematische Darstellung von einem Kathodenstrahloszilloskop. In einem evakuierten Glaskolben werden die aus der geheizten Kathode (glühender Draht) emittierten Elektronen gegen die mit einem kleinen Loch versehene Anode beschleunigt. So wird ein feiner Elektronenstrahl erzeugt. Der Strahl durchläuft dann 2 senkrecht zueinanderstehende Plattenpaare und trifft schliesslich auf den Leuchtschirm, wo er einen Leuchtfleck erzeugt. Wird an das eine oder andere Plattenpaar eine Spannung angelegt, so stösst die negativ geladene Platte den Strahl ab, während die positive ihn anzieht. Dadurch wird der Strahl in horizontaler respektive vertikaler Richtung abgelenkt. Die Ablenkung ist proportional zur angelegten Spannung: Ablenkung x ∝ Vx , Ablenkung y ∝ Vy . Für den normalen Gebrauch des Oszilloskops wird intern an das x-Plattenpaar eine sogenannte Sägezahnspannung angelegt, welche linear mit 11.4 der Zeit bis zu einem Maximalwert ansteigt und sehr rasch auf den Anfangswert zurückgeht (Abbildung 11.6). Vx t Abbildung 11.6: Sägezahnspannung für x-Ablenkung. Der Leuchtfleck bewegt sich deshalb mit konstanter Geschwindigkeit von links nach rechts und springt rasch wieder nach links zurück. Legt man nun an das y-Plattenpaar eine beliebige Spannung (z.B. eine Sinusspannung) an, so gibt die Kurve auf dem Schirm eine grafische Darstellung der Spannung Vy (t). Um gleichzeitig zwei Spannungen zu messen, wird im Versuch ein 2-StrahlKO verwendet. So lassen sich z.B. Phasenverschiebungen leicht zeigen (siehe Experimenteller Teil). Heute werden auch moderne digitale Oszilloskope verwendet. Diese verwandeln die Spannungen in digitale Werte und speichern diese. Daraus werden dann die entsprechenden Kurven berechnet und auf dem Bildschirm dargestellt. 11.3 Experimenteller Teil 11.3.1 Aufgabenstellung 1. Bestimmen der Kapazität eines Kondensators 2. Bestimmen der Induktivität einer Spule mit Eisenkern 3. Untersuchen der Frequenzabhängigkeit des Wechselstromwiderstandes von Kondensator und Spule 11.3.2 Prinzip der Strom- und Spannungsmessung mit dem KO Zuerst wird die Bedienung des KO vom Assistenten erklärt und demonstriert. Mit dem KO lassen sich nur Spannungen direkt messen. Ein Strom kann indirekt aus dem Spannungsabfall an einem Ohm’schen Widerstand R bestimmt werden: I V = V0 cos ω t Generator ~ Z KO (VZ ) I= Kanal 1 VR , R I0 = VR0 R (11.7) R Abbildung 11.7: Schaltung für die Messung von Strom und Spannung mit dem KO. KO (VR) Kanal 2 11.5 R muss dabei wesentlich kleiner sein als Z, damit die Spannungsmessung an Z nicht verfälscht wird. Falls R ≪ Z, so ist VZ + VR ≃ VZ und die Spannung an Z kann, wie skizziert, gemessen werden. Mit dem 2-Strahl-KO können Strom und Spannung gleichzeitig dargestellt werden. 11.3.3 Bestimmen der Induktivität (Spule mit Eisenkern) Generatoreinstellung: I V0 = 5V V = V0 cos ω t Generator ~ ν = 1000Hz L KO (VL ) R = 22Ω Kanal 1 R Abbildung 11.8: Schaltung zur Messung der Induktivität der Spule. KO (VR) Kanal 2 Vorgehen: 1. Man beobachte auf dem KO-Schirm die Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung, indem man die beiden Kurven übereinander schiebt. Das Resultat ist zu skizzieren. 2. Man misst mit dem KO die Amplituden von VL und VR . 3. Nach Gleichung (11.7) berechnet man die Stromamplitude. 4. Nach Gleichung (11.4) lässt sich dann ZL bestimmen. 5. Berechnen Sie L mit Gleichung (11.3), wobei ω = 2πν ist. 11.3.4 Bestimmen der Kapazität Vorgehen: 1. Man beobachte auf dem KO-Schirm die Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung, indem man die beiden Kurven übereinander schiebt. Das Resultat ist zu skizzieren. 2. Man misst mit dem KO die Amplituden der Spannungen VC und VR . 3. Nach Gleichung (11.7) berechnet man die Stromamplitude. 4. Nach Gleichung (11.4) lässt sich dann ZC bestimmen. 5. Berechnen Sie C aus Gleichung (11.6), wobei ω = 2πν ist. 11.6 Generatoreinstellung: I V0 = 5V V = V0 cos ω t Generator ~ KO (VC ) ν = 500Hz C R = 22Ω Kanal 1 R Abbildung 11.9: Schaltung zur Messung der Kapazität. KO (VR) Kanal 2 11.3.5 Frequenzabhängigkeit von ZL und ZC Verwenden Sie die gleichen Schaltungen wie für die Bestimmung der Induktivität und der Kapazität. Verwenden Sie die Spule mit Eisenkern. Messen Sie die Strom- und Spannungsamplituden in Funktion der Frequenz. Wählen Sie folgende Frequenzwerte für ZL ν = 500/l000/2000/3000 Hz, für ZC ν = 20/50/150/250/500/750 Hz, und stellen Sie die Messwerte in einer übersichtlichen Tabelle zusammen. ZL (ν) und ZC (ν) werden nach Gleichung (11.4) berechnet und als Funktionen von ω auf Millimeterpapier aufgezeichnet. 11.4 Versuchsbericht Der Bericht soll das Folgende enthalten: 1. Berechnung der Induktivität (Frage l). 2. Skizzen der Versuchsanordnungen. 3. Skizzen der beobachteten Phasenverschiebungen bei Kapazität und Induktivität. 4. Berechnung der gesuchten Kapazität. 5. Berechnung der gesuchten Induktivität. 6. Frequenzabhängigkeit von ZL und ZC : • Tabelle der Messwerte • grafische Darstellungen von ZL (ν) und ZC (ν) 11.7