UNIVERSITÄT LEIPZIG Veterinärmedizinische Fakultät Klinik für Vögel und Reptilien Aspergillose bei Ziervögeln Bei in Europa gehaltenen tropischen Ziervögeln stellen Schimmelpilzerkrankungen (Mykosen) des Atmungstraktes ein großes Problem dar. Während die Erkrankung bei Tieren aus trockenen Regionen wie z. B. Australien (Wellensittiche, Nymphensittiche, Kakadus) nur eine untergeordnete Rolle spielt, ist sie bei Papageien aus tropischen und subtropischen Gebieten (vor allem Graupapageien, Amazonen, Aras) sowie bei Beos eine der häufigsten Erkrankungen und Todesursachen. Die Erkrankung wird durch allgegenwärtig vorkommende Pilze, meist der Gattung Aspergillus verursacht. Die Infektion erfolgt über das Einatmen von Pilzsporen. Die daraus entstehenden Pilze vermehren sich dann im Gewebe des Atmungstraktes (obere Luftwege, Stimmkopf, Lunge, Luftsäcke) und können zu verschiedensten klinischen Symptomen führen. Wichtige Ursachen Hauptursache für das häufige Auftreten dieser Erkrankung ist die Haltung bei zu niedriger Luftfeuchtigkeit. In ihrem natürlichen Lebensraum leben die tropischen Papageien bei einer Luftfeuchtigkeit von weit über 80 %. In unseren Breitengraden hingegen, insbesondere bei der Wohnungshaltung, liegt die Luftfeuchtigkeit jedoch oft nur bei ca. 30 %. Diese trockene Luft bedingt ein Austrocknen der Schleimhaut der Atemwege, wodurch die Widerstandsfähigkeit gegenüber einer Pilzbesiedelung stark abnimmt. Ein weiteres großes Problem ist die Fütterung. In nahezu allen kommerziellen Papageienfuttermitteln sind Erdnüsse enthalten. Leider existiert nach wie vor die weitverbreitete Meinung, dass Erdnüsse ein Grundnahrungsmittel von Papageien seien. Jedoch sind sie keineswegs Bestandteil des natürlichen Futterspektrums. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass Vögel jegliche Nüsse und insbesondere Erdnüsse sehr gern fressen. Aber aufgrund der Tatsache, dass diese einerseits sehr fetthaltig und andererseits zumeist enorm stark mit Pilzsporen belastet sind, sollte im Interesse der Tiere auf eine Fütterung verzichtet werden. Des Weiteren führt eine unausgeglichene Vitaminversorgung - insbesondere ein Vitamin-A-Mangel - zu Veränderungen der Zellen der Luftsäcke und des Lungengewebes. Dies erleichtert den Schimmelpilzen eine Ansiedelung und Vermehrung. Ebenso kann eine antibiotische Behandlung zu Störungen der normalen Keimflora und somit zu einem übermäßigen Pilzwachstum führen. Des Weiteren wird die Widerstandskraft des Körpers durch Stress (bspw. Haltung in beengten Verhältnissen, Unverträglichkeiten mit Partnervögeln, Besitzerwechsel) und immunschwächende Medikamente verringert. Klinische Symptome Bei der Aspergillose handelt es sich um eine Erkrankung, die in der Regel chronischer Natur ist und häufig einen schleichenden Verlauf aufweißt; nichtsdestotrotz kann es auch zu akuten Todesfällen kommen. Sie kann wochen- oder monatelang ohne spezifische Symptome bestehen, so dass die Vögel oft erst sehr spät und in einem schlechten Zustand in der tierärztlichen Praxis vorgestellt werden. Leitsymptome sind meist eine chronische Schwäche und Abmagerung. Oft ist das Gefieder gesträubt und glanzlos. Generell erscheinen betroffene Vögel oft teilnahmslos. Weiterhin kann eine Einsprossung von Pilzen in das zentrale Nervensystem durch deren Verbreitung mit dem Blutkreislauf erfolgen. Infolgedessen können zentralnervöse Störungen (Inkoordination, Krämpfe) beobachtet werden. Obendrein können die Pilze den Giftstoff Gliotoxin bilden, der wiederum eine deutliche Schwächung der körpereigenen Abwehr hervorruft. Probleme im Bereich des Atmungsapparates treten oft erst bei fortgeschrittener Erkrankung auf. Häufig sind diese Symptome jedoch der ausschlaggebende Grund für die Tierbesitzer, ihren Vogel beim Tierarzt vorzustellen. Betroffene Vögel zeigen in erster Linie eine Zunahme der Atemfrequenz und der Atemtiefe (”Pumpen”) sowie Backenblasen. Ein typisches Anzeichen einer erschwerten Atmung ist jedoch auch die Atmung bei geöffnetem Schnabel und gestrecktem Kopf sowie ein atemsynchrones Schwanzwippen. Außerdem können verschiedene Atemgeräusche sowie Husten und Niesen auftreten. Universität Leipzig Klinik für Vögel und Reptilien An den Tierkliniken 17, 04103 Leipzig Telefon Telefax E-mail: (0341) 97 384 05 (0341) 97 384 09 [email protected] Mitunter kann es zu Pilzzubildungen, die in Höhe des Stimmkopfes entstehen, kommen. Infolgedessen kann eine Veränderung oder auch ein kompletter Verlust der Stimme des Vogels hervorgerufen werden. Ebenso kann es durch die Einengung in diesem Bereich zu akuter Atemnot und sogar zum Erstickungstod kommen. Im Bereich der Nasenlöcher (nasale Aspergillose) können Pilzzubildungen die Öffnungen vollständig verstopfen. Das umliegende Gewebe wird dabei zerstört. Wenn die Pilze in die Umgebung einwachsen und diese zerstören, wird das schnabelbildende Gewebe miteinbezogen und es kommt zu schweren Schnabeldeformierungen und -defekten. Häufige klinische Zeichen: Teilnahmslosigkeit, verringerte Futteraufnahme Atemnot/-geräusche Nasenöffnungen verstopft Krampfanfälle Durchfall, Würgen, Erbrechen Abmagerung Diagnostische Möglichkeiten Anhaltspunkte für eine Diagnose geben der Vorbericht (Haltung, Fütterung, s. o.) sowie die klinische Untersuchung. Das vielgestaltige klinische Bild und die Stressanfälligkeit begrenzen hier aber die Möglichkeiten. Besondere Bedeutung hat die Röntgenuntersuchung; hier können vor allem chronische Veränderungen des Atmungstraktes, insbesondere der Lungen- und Luftsackbereiche erkannt werden. Eine Absicherung der Diagnose kann mit einer Endoskopie erfolgen. Bei diesem Eingriff können mögliche Veränderungen an Organen und Luftsäcken mittels einer Kamera direkt begutachtet werden. Dies erleichtert auch die Einschätzung einer Prognose für den Patienten. Eine Erregeranzüchtung kann nach endoskopischer Entnahme von Tupferproben versucht werden. Behandlung Es ist meist nicht möglich, die Tiere absolut zu heilen. Es wird vielmehr versucht, die klinischen Symptome zu beseitigen und die ”Pilzlast” zu senken, so dass der Vogel ”mit seiner Krankheit leben kann”. Die Erfolgsaussichten hängen sehr stark von der Ausprägung der Erkrankung und der Bereitschaft der Besitzer zur Mithilfe ab. Es gibt verschiedene Medikamente, die zur Behandlung einer Pilzerkrankung geeignet sind. Welches eingesetzt wird, muss vom Tierarzt im Einzelfall entschieden werden, da die Tiere unterschiedlich darauf reagieren. Einige Pilzmittel müssen dem Vogel täglich über einen bestimmten Zeitraum in den Schnabel eingegeben werden. In der Regel erstreckt sich eine solche Therapie über mindestens 14 Tage. Eine andere (meist unterstützende bzw. vorbeugende) Maßnahme ist die Inhalationstherapie; über einen Kaltvernebler, der das Mittel fein zerstäubt, wird das Schimmelpilzmedikament in den abgedeckten Käfig gesprüht und dann über die Atemluft vom Vogel aufgenommen. Vorbeugende und unterstützende Maßnahmen In erster Linie ist eine Optimierung der Haltungs- und Fütterungsbedingungen unerlässlich. Hierbei sollte darauf geachtet werden, dass die angebotene Körnermischung keine Nüsse und wenig Sonnenblumenkerne enthält. Ein Heraussammeln der Nüsse aus dem Futter ist nicht sinnvoll, da sich die Pilzsporen trotzdem im Futter befinden und bei der Futteraufnahme eingeatmet werden können. Des Weiteren sollte der Vogel mit einem ausgewogenen Gemüse- und Obstangebot versorgt werden. Die relative Luftfeuchtigkeit in der Umgebung muss unbedingt dauerhaft erhöht werden (mindestens 60 %). Dies kann bspw. durch Aufstellen von Wasserschalen, nassen Handtüchern auf der Heizung und täglich mehrmaligem Besprühen des Vogels mit warmem Wasser erreicht werden. In jedem Falle sollte die Luftfeuchtigkeit mit einem Hygrometer kontrolliert werden. Besonders im Winter, wenn die Luftfeuchte durch Heizungsluft weiter vermindert wird, sollten diese Unterstützung in besonderem Maße Anwendung finden. Nicht zu vergessen ist, dass den Vögeln regelmäßiger Freiflug gewährt werden muss, damit die Luftsäcke durch das Fliegen ausreichend gut ventiliert werden. Universität Leipzig Klinik für Vögel und Reptilien An den Tierkliniken 17, 04103 Leipzig Telefon Telefax E-mail: (0341) 97 384 05 (0341) 97 384 09 [email protected]