Versuch B1/5: Die Halbleiterdiode als Gleichrichter - ate.uni

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Versuch B1/5: Die Halbleiterdiode als Gleichrichter
5.1
5.1.1
Physik der Halbleiterdiode
n– und p–Leitung im Halbleiter
Wie auch in isolierenden Materialien findet man in Halbleitern für die Elektronen einen verbotenen
Energiebereich. Im Halbleiter gibt es aber aufgrund der kleineren Bandlücke eine merkliche Wahrscheinlichkeit dafür, daß durch thermische Anregung Elektronen ins Leitungsband gelangen und dabei
im Valenzband ein Loch hinterlassen (Bild 5.1). Bei undotierten, ideal reinen Halbleitern gilt f ür die
Elektronenkonzentration n und die Löcherkonzentration p
(5.1)
(5.2)
−(WC − WF )
n = NC exp
kT
und
−(WF − WV )
,
p = NV exp
kT
mit der Bolzmannkonstante k und der absoluten Temperatur T . Die Größen NV und NC heißen
effektive Zustandsdichten des Valenz– bzw. Leitungsbandes und sind Stoffkonstanten. W F ist die Fermienergie, WC und WV sind die Bandkantenenergien des Leitungs- und Valenzbandes.
Bild 5.1. Übergang von Elektronen vom Valenzband ins
Leitungsband infolge thermischer Anregung.
Die durch die Elektronen– bzw. Löcherkonzentration hervorgerufene Leitfähigkeit des Halbleiters ist
die sogenannte Eigenleitung. Allgemein gilt auch für Ladungsträger, die von außen (z.B. infolge eines
Bauelementstromes) in den Halbleiter gelangen
n p = NC NV exp
1
−Wg
.
kT
(5.3)
2
Praktikum Grundlagen der Elektrotechnik B1
Die Beziehung 5.3 wird als das Massenwirkungsgesetz der Ladungsträger in Halbleitern bezeichnet.
Das Produkt der Ladungsträgerkonzentrationen ist nur noch von der Temperatur, den Zustandsdichten
und dem Bandabstand Wg abhängig. Jede Erhöhung der Konzentration einer Ladungsträgerart ist mit
dem Rückgang der Konzentration der anderen verbunden. Mit Hilfe dieses Gesetzes und der Poissongleichung lassen sich das Bändermodell und die Ladungsträgerkonzentrationen eines pn- Übergangs
ermitteln [1]. Weiterhin sagt Gleichung 5.3 aus, daß die Wahrscheinlichkeit f ür eine thermische Anregung eines Elektrons um so größer ist, je höher die Temperatur und je kleiner die Energiebandlücke
ist. Die Tabelle 5.1 zeigt Beispiele für die Größe der Bandlücke Wg bei verschiedenen Halbleitern. Eine
Material
Wg
eV
InAs
Ge
Si
InP
0,36
0,66
1,1
1,34
Tabelle 5.1. Bandlückenenergien
nach [9].
Material
Wg
eV
GaAs
AlAs
GaP
1,42
2,15
2,27
verschiedener
Halbleitermaterialien
Möglichkeit, die Leitfähigkeit zu erhöhen, besteht im Einbau von Fremdatomen in das Gitter des Halbleiters, dieses wird als Dotierung bezeichnet. Dieser Einbau kann während des Kristallwachstums oder
nachträglich in fertige Halbleiterschichten durch Diffusionsprozesse oder Implantieren (Ionenstrahl) erfolgen. Die Anzahl der Fremdatome pro Volumeneinheit wird als Dotierhöhe und die Abhängigkeit der
Dotierhöhe von der Koordinate senkrecht zur Oberfläche als Dotierprofil bezeichnet. Beinhalten solche
dotierten Schichten Atome, die auf ihrer äußersten Schale ein Elektron mehr haben, als für den Einbau
im Kristall nötig wäre, so kann dieses überzählige Elektron schon bei tiefen Temperaturen abgelöst werden und sich im Leitungsband frei bewegen. Zurück bleibt ein ortsfestes, positiv geladenes Ion. Solche
Atome heißen Donatoren und führen zur Elektronen– oder n–Leitung. Dies ist z. B. beim Einbau des
5–wertigen Phosphors im (4–wertigen) Silizium der Fall. Der Einbau von 3–wertigem Bor im Silizium
führt dazu, daß ein Elektron zur Bindung fehlt und so eine Stelle entsteht, die von einem Elektron besetzt werden kann, deren energetische Position aber im Valenzband liegt. Solche Atome heißen Akzeptoren. Durch wechselnde Besetzung dieser Stelle mit Elektronen sieht es so aus, als w ürde diese Fehlstelle oder dieses Loch wandern. Bei angelegtem elektrischen Feld bewegen sich die Löcher in Feldrichtung
und die Elektronen in entgegengesetzter Richtung. Der Einbau von Donatoren oder Akzeptoren f ührt
deshalb zu einer Erhöhung der Leitfähigkeit. Bei Zimmertemperatur reicht die thermische Energie k T
Bild 5.2. Prinzipielle Darstellung der n– und p–Dotierung.
Versuch B1/5: Die Halbleiterdiode als Gleichrichter
3
(≈ 26 meV) aus, um fast alle Störstellen zu ionisieren.
5.1.2
Der pn–Übergang
Bild 5.3. Das Energiebandschema des pn– Überganges ohne angelegte
Spannung.
Durch geeignete Dotierung lassen sich in einem Halbleiterkristall p– und n–leitende Bereiche schaffen, die häufig als Schichten direkt übereinander liegen. Derartige Übergänge bilden die elementare
Funktionseinheit der bipolaren Halbleiter– und Mikroelektronik.
Bild 5.3 zeigt die Energiebänder sowie die Ladungsträgerkonzentration des pn–Überganges einer Diode,
ohne daß eine Spannung an die Diode angelegt ist. Die Fermienergie W F liegt (bei den üblichen
Dotierungen) in der Nähe der jeweiligen Bandkante und legt die energetische Position der Schicht
fest. Es bildet sich eine Potentialbarriere aus, die verhindert, daß Elektronen in das p– Gebiet und
Löcher in das n–Gebiet gelangen können. Beim Anlegen einer Spannung U in Flußrichtung wird die
Potentialbarriere abgebaut, und die Elektronen können in das p–Gebiet diffundieren und mit den
Löchern rekombinieren. Analoges gilt für die Löcher. Es fließt ein elektrischer Strom. Die Größe e ist
die elektrische Elementarladung, e = 1, 602 · 10 −19 As.
Mit Bild 5.4 soll außerdem deutlich gemacht werden, daß es einen Zusammenhang zwischen der Größe
der Energielücke Wg des Halbleiters und der Schwellspannung U S gibt, wobei mit US jene Spannung
bezeichnet werden soll, ab der die Diode im Sinne eines Ventils offen ist und relativ ungehindert Strom
durch die Diode fließen kann. Erst wenn nämlich die angelegte Spannung in die Größenordnung von
Wg / e kommt (typischerweise 0,5 . . . 0,9 W g / e), können die Ladungsträger ungehindert fließen, und
es kommt zu einem merklichen Stromfluß.
Bei kleineren oder gar negativen Spannungen tragen dagegen nur jene Ladungsträger zu einem Stromfluß bei, deren Energie so groß ist, daß sie die Potentialbarriere überwinden können, was nur für sehr
wenige zutrifft. Wieviele das sind, hängt stark von Wg , der energetischen Verteilung und der Temperatur ab. Je größer die Temperatur ist, desto kleiner ist die Schwellspannung und desto größer ist der
Sperrstrom bei negativer Spannung. Je größer Wg ist, desto kleiner sind die Sperrströme, was letztlich
auf Gleichung 5.3 zurückgeführt werden kann.
4
Praktikum Grundlagen der Elektrotechnik B1
Bild 5.4. Das Energiebandschema eines pn– Übergangs mit angelegter Spannung in Flußrichtung, d. h. das elektrische Feld zeigt in negativer
x–Richtung.
5.1.3
Die Diodenkennlinie
Die Herleitung der Kennliniengleichung für den idealen, flächenhaften pn–Übergang ist z.B. in [1, 2, 3]
beschrieben. Das Ergebnis hat die Form
I = IS
exp
eU
kT
−1
(5.4)
mit
−Wg
,
IS = bA exp
kT
(5.5)
wobei b eine Materialkonstante und A die Fläche des pn–Überganges ist. In beiden Gleichungen sind
die Exponentialterme entscheidend. Im Bild 5.5 sind die Kennlinien von zwei Flächendioden mit einer
etwa gleichgroßen Kontaktfläche und zum Vergleich die Kennlinie einer Spitzendiode dargestellt. Bei
einer Spitzendiode ist der Bereich des pn– Überganges nahezu punktförmig und wird oft gebildet durch
eine speziell legierte Metalldrahtspitze, die auf einen Halbleiter drückt.
Mit wachsender Spannung bleibt die Stromstärke bis zur Schwellspannung US ( für Ge 0, 3 . . . 0, 45 V,
für Si 0, 65 . . . 0, 75 V) fast Null und steigt dann stark an. Für viele Zwecke genügt eine vereinfachte
Darstellung in Form der gestrichelten Linie. Dies ist zulässig, da es bei größeren Strömen in realen
Bauteilen infolge von Spannungsabfällen an den Bahnwiderständen zu einer Abweichung der realen
Kennlinie von Gleichung 5.4 kommt. Die Bahnwiderstände sind Zuführungswiderstände und werden
durch die n– und p–Schichten gebildet. Es gilt mit dem Bahnwiderstand R Bahn
e(U − IRBahn )
,
I = IS exp
kT
(5.6)
was dazu führt, daß die Kennlinie nicht mehr einer Exponential- Funktion sondern mehr einer Geraden
ähnelt. Weitere mögliche Abweichungen von der idealen Kennliniengleichung sind in [3] beschrieben.
Versuch B1/5: Die Halbleiterdiode als Gleichrichter
5
Bild 5.5. Kennlinien verschiedener Halbleiterdioden nach [3].
Die Sperrströme sind gemäß Gleichung 5.4 gleich IS und wegen des bereits diskutierten Einflusses von
Wg stark vom Halbleitermaterial abhängig. Im Silizium mit der größeren Energielücke gelangen wesentlich weniger Elektronen durch thermische Anregung ins Valenzband als im Germanium. Die meßbaren
Sperrströme sind infolge von z. B. Oberflächeneinflüssen (Adsorbate und Rekombinationszentren) oft
größer als theoretisch erwartet.
Es kann nicht nur durch die Wahl des Halbleitermaterials, des Dotierungsprofils und der Dotierungshöhe sondern auch durch die Geometrie des pn– Übergangs der Verlauf der Kennlinie beinflußt
werden. So ist z. B. die Ge–Spitzendiode wegen einer kleineren Schwellspannung zum Gleichrichten
von kleinen Wechselspannungen wesentlich besser geeignet als die Si-Flächendiode. Dagegen werden
als Leistungsgleichrichter bevorzugt Si-Flächendioden verwendet, weil mit diesem Material leicht große
pn–Übergangsflächen und geringe Bahnwiderstände realisiert werden können.
5.2
5.2.1
Typische Anwendungen von Halbleiterdioden
Die Diode als Gleichrichter
Bild 5.6. Einweg–Gleichrichterschaltung und Brücken–Gleichrichterschaltung.
Die wichtigste Funktion einer Diode ist die Abhängigkeit ihrer Leitfähigkeit von der Polarität der anliegenden Spannung. Die Diode wirkt wie ein Ventil, das bei positiver Spannung einen Stromfluß zuläßt
6
Praktikum Grundlagen der Elektrotechnik B1
und bei negativer Spannung sperrt. Bild 5.6 zeigt zwei mögliche Diodenschaltungen mit Gleichrichterwirkung: die Einweg-Gleichrichterschaltung und die Brücken– oder Graetz-Gleichrichterschaltung.
Im Falle der Einweg–Gleichrichtung befindet sich die Diode bei jeder positiven Halbwelle der Wechselspannung im Sinne eines Ventils im offenen, demnach leitenden Zustand. Für die negative Halbwelle
sperrt die Diode, und es kann kein Strom durch den Widerstand fließen.
Durch eine geeignete Anordnung von vier Dioden zwischen den Punkten 1 bis 4 im Bild 5.6 kann erreicht werden, daß sowohl bei der positiven als auch bei der negativen Halbwelle je zwei Dioden leitend
sind und ein Strom fließen kann. Es müßte sich deshalb im Fall der negativen Halbwelle eine Diode
zwischen den Punkten 3 und 2 sowie eine Diode zwischen den Punkten 4 und 1 im leitenden Zustand
befinden. Die Anordnung und Orientierung der Dioden ist Gegenstand der Vorbereitungsaufgabe 5.3.3
und wird hier deshalb nicht angegeben.
Mit dem Bild 5.7 soll verdeutlicht werden, wie man mit Hilfe einer Diode und eines Kondensators
aus Wechselspannung nahezu Gleichspannung erhält. Während der positiven Halbwelle ist die Diode
leitend und der Kondensator kann aufgeladen werden. Während der negativen Halbwelle sperrt die
Diode und der Kondensator entlädt sich zum Teil wieder (in Abhängigkeit vom Lastwiderstand). Die
Bild 5.7. Gleichrichtung und Glättung von Wechselspannung.
Gleichspannung hat immer einen Anteil von Wechselspannung, die Brummspannung u B . Die Größe
dieser Brummspannung uB hängt vom Lastwiderstand R und vom Ladekondensator C ab. Je größer
C und je größer R desto kleiner ist uB .
b . Für t = t2 gilt entsprechend von
Im Zeitpunkt t1 ist der Kondensator voll aufgeladen und u R = u
Berechnungen zum Ausschaltvorgang an RC-Gliedern
b exp −
uR (t2 ) = u
t2 − t 1
.
RC
(5.7)
(5.8)
Die maximale Spannungsdifferenz uR (t1 ) − uR (t2 ) ist
b−u
b exp −
uB = u
t2 − t 1
.
RC
7
Versuch B1/5: Die Halbleiterdiode als Gleichrichter
Bei hinreichend großer Zeitkonstante τ = R C kann die Exponentialfunktion linerarisiert werden. Dazu
wird uR (t) um t1 in eine Taylorreihe entwickelt
b exp −
uR (t) = u
b,
uR (t1 ) = u
t − t1
,
RC
b−
uR (t) = u
b−
uR (t2 ) = u
uB =
1
b (t − t1 ),
u
RC
1
b (t2 − t1 ),
u
RC
b
u
(t2 − t1 ),
RC
(5.9)
(5.10)
(5.11)
b|
und man erhält mit t2 − t1 = 1/f für die Spitzenwelligkeit SW = |uB /u
SW =
1
.
RC f
(5.12)
Als Ladekondensator C finden meist Elektrolytkondensatoren Verwendung, mit deren Hilfe große Kapazitäten realisiert werden können. Bei diesen Kondensatoren ist aber im Gegensatz zu einfachen
Metallplattenkondensatoren die Polarität der anliegenden Spannung zu beachten! Weiterhin ist zu
berücksichtigen, daß der Ladekondensator nicht zu groß gewählt werden darf, weil dann der Impulsspitzenwert des Aufladestroms zu groß wird und die Diode zerstören kann. Aus diesem Grund werden
oft in Kleinnetzteilen folgende, z. B. in [6] näher beschriebene, Siebschaltungen verwendet.
Bild 5.8. Gebräuchliche Siebschaltungen in Kleinnetzteilen.
Bei größeren Anforderungen bezüglich der Brummspannung sind dagegen komplette elektronische
Spannungsstabilisatoren in Form von integrierten Schaltkreisen sinnvoller [7].
Eine weitere Anwendung der Diode als Gleichrichter ist die Kaskadenschaltung zur Erzeugung von
hohen Gleichspannungen, die in Bild 5.9 dargestellt ist. Diese wird z. B. oft in Fernsehgeräten verwendet. Der Kondensator C1 wird über die Diode D1 während der ersten Halbwelle auf z. B. 10 V
aufgeladen. Punkt 2 liegt somit auf dem Potential von 10 V. Die zweiten Halbwelle erzeugt an Punkt
1 ein Potential von -10 V, so daß zwischen 2 und 1 eine Spannung von 20 V auftritt. C 2 liegt aber
parallel zu den Punkten 2 und 1 und wird über die Diode D2 auf eben diese 20 V aufgeladen. Bei der
3. Halbwelle wiederum liegt der Punkt 3 auf 20 V + 10 V = 30 V. Über D3 kann sich C3 auf diese
Spannung aufladen. Analog liegt bei der 4. Halbwelle der Punkt 4 auf 30 V (über C3 ) + 10V = 40V,
was dann auch als U4 abgegriffen werden kann. Der Nachteil dieser Schaltung liegt in der geringen
Belastbarkeit der Hochspannung.
8
Praktikum Grundlagen der Elektrotechnik B1
Bild 5.9. Kaskadenschaltung zur Erzeugung von Hochspannung.
5.2.2
Die Diode als Temperatursensor
Für die Temperaturabhängigkeit des Flußstromes einer Diode sind die beiden Exponentialfunktionen
in den Gleichungen 5.4 und 5.5 wichtig, die Größe b kann in folgender Betrachtung als näherungsweise
temperaturunabhängig angesehen werden. Für exp(e U/ k T ) 1 gilt
e U − Wg
,
I = b A exp
kT
(5.13)
wobei die Spannung U gleich der Spannung direkt am pn– Übergang ist, die infolge der schon besprochenen Bahnwiderstände kleiner als die am Bauelement anliegenden Spannung sein kann. In fast allen
Fällen gilt für die üblichen Bauelementströme U < Wg / e, d. h. bei konstanter Spannung U wächst
der Strom mit steigender Temperatur. In der Nähe der Zimmertemperatur liegt für Si und GaAs der
relative Stromanstieg etwa im Bereich von 3% bis 10% Stromänderung pro Grad Temperaturerhöhung.
Dieses prinzipielle Verhalten, d. h. das Anwachsen des Stromes mit steigender Temperatur, kann man
sich auch mit Hilfe der Bilder 5.3 und 5.4 verdeutlichen. Mit steigender Temperatur wird die Verteilung
der Elektronen– und Löcherdichte bezüglich der Energie verschmierter, so daß sich mit wachsender
Temperatur eine wachsende Anzahl von Elektronen auf höheren Energieniveaus bewegt und somit die
Potentialbarriere überwinden kann. Im Bild 5.3 müßte man für eine höhere Temperatur noch einige
Elektronen hin zu höheren Energieniveaus verschieben. Anders ausgedrückt, bei höherer Temperatur
fließt schon bei kleineren Spannungen ein Strom, d. h. die Kennlinie verschiebt sich bei Erwärmung
nach links. Weiterhin führt diese, mit größerer Temperatur, breitere Verteilung der Ladungsträger auf
einen größeren Energiebereich zu einem etwas flacheren Kennlinienverlauf.
9
Versuch B1/5: Die Halbleiterdiode als Gleichrichter
Dioden werden oft zur Temperaturmessung benutzt (siehe z. B. [8]). Dabei wird aber häufig der Strom
konstant gehalten und die sich ändernde Spannung gemessen, weil diese sich nahezu linear mit der
Temperatur ändert. Die Umstellung der Gleichung 5.13 nach U und die Bildung der ersten Ableitung
nach T führt zu
k
I0
dU = − ln ,
DT =
dT I
e
I
(5.14)
mit I0 = b A. DT heißt Temperaturdurchgriff der Diode. Wegen I 0 > I und weil I0 nahezu unabhängig
von der Temperatur ist, fällt die Spannung mit steigender Temperatur bei konstantem Strom. Die
Kennlinie verschiebt sich nach links.
Im einem der Praktikumsversuche wird eine Diode mit Hilfe von Heizwiderständen erwärmt. Durch
die Proportionalität zwischen U und T kann man relativ einfach Temperaturverläufe verfolgen, so
z. B. das Aufheizen der Widerstände nach Einschalten des Heizstromes (siehe Aufgabe 4.2 ). Der
Temperaturdurchgriff der im Versuch verwendeten Diode beträgt, bei I = 40 mA, DT ≈ 1,3 mV/K.
Es gilt näherungsweise
U − Uheiß = (Ukalt − Uheiß ) exp −
t
,
τ
(5.15)
mit einer Zeitkonstanten τ , die davon abhängt, wie gut die Widerstände die Wärme abgeben können
und wie groß deren Wärmekapazität ist. Zur experimentellen Bestimmung von τ wird der zeitliche
Verlauf der Spannung U gemessen. Anschließend trägt man ln(U (t) − Uheiß ) als Funktion der Zeit auf
und legt eine Gerade durch die Meßpunkte. Danach wird die Zeit τ ermittelt, in der U (t) − U heiß auf
den Wert 0,368 · (Ukalt − Uheiß ) oder exp[−1] · (Ukalt − Uheiß ) gefallen ist (siehe Beispiel im Bild 5.10).
Bild 5.10. Beispiel für eine Abhängigkeit der Spannungsdifferenz
U − Uheiß an einer Diode von der Zeit nach Einschalten der Heizung. Der Diodenstrom muß dazu konstant
gehalten werden.
10
5.2.3
5.2.3.1
Praktikum Grundlagen der Elektrotechnik B1
Nutzung spezieller Effekte bei Halbleiterdioden
Leuchtdioden
Material
Wg
eV
λ
nm
Farbe
GaAs0.6 P0.4
GaAs0.15 P0.85
GaP: N
≈ 1,9
≈ 2,17
≈ 2,27
650
590
565
rot
gelb
grün
Tabelle 5.2. Halbleitermaterialien, ihre Bandlückenenergie und die Lage
der Emissionsspektren von aus diesen Materialen gefertigten
,
LED s (nach [9]).
In Leuchtdioden ensteht bei der Rekombination der Ladungsträger nicht nur Wärme sondern auch
Licht (siehe Bild 5.4). Dabei ist die Lichtwellenlänge von der Energiedifferenz der beteiligten Zustände
abhängig. Die Photonenenergie ist deshalb etwa so groß wie W g , oft etwas kleiner. Um die Elektronen
dazu zu bewegen, bei Ihrer Rekombination Licht auszusenden, sind spezielle Halbleitersorten (Halbleiter mit direkter Bandstruktur) [1] und Dotierungen nötig. In der Praxis werden für die LEDs (Light
Emitting Diode) häufig die in Tabelle 5.2 aufgeführten Verbindungshalbleiter verwendet.
5.2.3.2
Zenerdioden
In Verbindung mit Netzteilen spielt zur Spannungsstabilisierung die sogenannte Z-Diode eine wichtige
Rolle. Betrieben wird die Diode in Sperrichtung und ausgenutzt wird der besonders steile Sperrstromanstieg oberhalb einer bestimmten Spannung U Z . Verantwortlich für diesen Effekt ist der Zener–
und Lawinenef fekt (siehe Bild 5.12). Der Zenereffekt ist ein Tunnelmechanismus, der bei gen ügend
hohen Feldstärken auftritt und dafür sorgt, daß Valenzelektronen, ohne Energie aufzunehmen, in das
Leitungsband gelangen können. In Zenerdioden tritt dies bei Anlegen einer Sperrspannung im Bereich
von ca. 0,5 – 4 V auf. Sind die elektrischen Felder noch höher (UZ > 5 V) kommt es zum Lawineneffekt
in der Raumladungszone des pn–Überganges mit der gleichen Wirkung auf die Kennlinie. Hier reicht
die von den Ladungsträgern (die zwar selten, aber z. B. durch thermische Anregung dort entstehen
können) zwischen zwei Gitterstößen aus dem Feld aufgenommene Energie aus, um beim Stoß Valenzelektronen aus ihrer Gitterbindung ins Leitungsband zu heben, also ein neues Trägerpaar zu bilden
(Stoßionisation). Erzeugt jeder neu entstandene Träger wieder ein Trägerpaar, kommt es zum Lawinendurchbruch wegen der dann drastisch wachsenden Zahl von Ladungsträgern in der Sperrschicht.
Versuch B1/5: Die Halbleiterdiode als Gleichrichter
Bild 5.11. Kennlinie einer Zenerdiode.
Bild 5.12. Energiebandschemata des Lawinen– und Zenereffektes.
11
12
5.3
Praktikum Grundlagen der Elektrotechnik B1
Vorbereitungsaufgaben
5.3.1 Skizzieren Sie auf dem Arbeitsblatt 1 eine Schaltung zur Aufnahme der Diodenkennlinie in
Flußrichtung. Die Messung soll spannungsrichtig durchgeführt werden.
5.3.2 Stellen Sie eine Gleichung auf, um mit Hilfe von zwei Meßwertpaaren I 1 , U1 und I2 , U2 den
Bahnwiderstand ermitteln zu können!
Anleitung:
Setzen Sie dazu die Größen in Gleichung 5.6 ein. Aus den so entstandenen zwei Gleichungen kann
man durch Dividieren und Logarithmieren I S eliminieren und eine Gleichung für R erhalten, in
der dann nur noch I1 , I2 und U1 , U2 und k T / e (= 26 mV für Zimmertemperatur) steht. Stellen
Sie diese Gleichung auf und notieren Sie diese auf dem Arbeitsblatt 2!
5.3.3 Zeichnen Sie die Anordnung der Dioden in das Bild der Graetzbrücke (Brückengleichrichter) auf
dem Arbeitsblatt 5 ein!
5.4
Versuchsdurchführung und Auswertung
Aufnehmen der Kennlinien in Flußrichtung, die Kennlinien sollen spannungsrichtig gemessen werden. Das Dreheiseninstrument darf nur für Versuch 5.4.8 und 5.4.9 verwendet werden. Benutzen Sie ab
Versuch 5.4.6 nicht mehr die heizbare Diode, sondern die Dioden in den kleinen Gehäusen. Der Versuchsaufbau ist nach einem Umbau von einem der Betreuer kontrollieren zu lassen. Die Spannungen
sollen mit dem digitalen und die Ströme mit dem analogen Meßgerät gemessen werden.
5.4.1 Bestimmen Sie die Spannung Ukalt = U (t = 0) der heizbaren Diode! Da sich die Diode im
weiteren Verlauf des Versuches bei 5.4.2 bereits erwärmt, muß als erstes die Spannung Ukalt
gemessen werden. Verfahren Sie wie in 5.4.3 beschrieben und nehmen Sie 2 min nach dem
Anlegen der Spannung ohne die Heizung einzuschalten den 1. Meßpunkt U (t = 0) auf.
5.4.2 Bestimmen Sie punktweise die U /I–Kennlinie der in das Gehäuse eingebauten heizbaren Si–
Diode im kalten Zustand!
• Heizung AUS.
• Am Netzteil Imax = 600 mA und DC einstellen.
• Die Spannungen so wählen, daß Sie Punkte
– alle 10 mA für I < 50 mA und
– alle 100 mA für 50 mA < I < 450 mA erhalten.
Zeichnen Sie die Kennlinie in das Diagramm auf das Arbeitsblatt 1!
5.4.3 Verfolgen Sie den Temperaturverlauf mit der Zeit während des Aufheizens der Diode anhand
der Spannungsänderung bei konstantem Diodenstrom! Verwenden Sie auch das Ergebnis aus
5.4.1.
•
•
•
•
Imax = 40 mA einstellen.
Diode in Durchlaßrichtung anschließen.
Spannung bis zum Anschlag voll aufdrehen.
Heizung einschalten und 8 Minuten lang alle 30 Sekunden die Spannung an der Diode U(t)
notieren.
• 10 Minuten nach dem Einschalten der Heizung die Spannung an der Diode messen und als
Uheiß = U (10min) betrachten. (Lassen Sie die Heizung wegen 5.4.4 eingeschaltet.)
• Tragen Sie die Werte U − Uheiß in das Diagramm auf dem Arbeitsblatt 3 ein.
Bestimmen Sie die Zeitkonstante τ !
Versuch B1/5: Die Halbleiterdiode als Gleichrichter
13
5.4.4 Bestimmen Sie punktweise die U /I–Kennlinie der heizbaren Si-Diode im heißen Zustand!
• Heizung EIN.
• Imax = 600 mA einstellen.
• Wählen der Punkte wie unter 5.4.2.
Zeichnen Sie die Kennlinie in das Diagramm auf dem Arbeitsblatt 1!
5.4.5 Bestimmen Sie die U /I–Kennlinien der roten und gelben Leuchtdiode!
• Imax = 40 mA einstellen.
• Die Spannungen so wählen, daß Sie Punkte
– alle 1 mA für I < 5 mA und
– alle 5 mA für 5 mA < I < 30 mA erhalten.
Zeichnen Sie die Kennlinien in das Diagramm auf das Arbeitsblatt 2! Berechnen Sie aus den
U, I–Werten bei 25 mA und bei 5 mA die Bahnwiderst ände der Dioden! Achten Sie auf Imax .
Das Leuchten der Dioden ist bei hellem Sonnennlicht evtl. schwer zu erkennen!
Messung der Brummspannung bei verschiedenen Schaltungen:
5.4.6 Bauen Sie eine Einweg–Gleichrichterschaltung gemäß Bild auf dem Arbeitsblatt 4 auf!
• Variieren Sie RL und C gemäß den Angaben auf dem Arbeitsblatt 4.
• Skizzieren Sie UC .
Achtung: Beachten Sie unbedingt die Polarität der Elektrolytkondensatoren!
5.4.7 Bauen Sie eine Graetzbrücke gemäß dem Ergebnis Ihrer Lösung der Vorbereitungsaufgabe
5.3.3 auf!
• Verfahren Sie dann wie unter Punkt 5.4.6.
Bewerten Sie (qualitativ) die Welligkeit der Ausgangsspannung bei Einweg–und Graetzbr ücken–
Gleichrichtung und deren Abhängigkeit von der RC–Kombination!
Aufbau zweier Stufen der Spannungsvervielfachung:
5.4.8 Bauen Sie eine Schaltung zur Spannungsverdopplung nach dem Bild auf dem Arbeitsblatt 6
ohne Verwendung des vierpoligen Kombinationselementes auf!
• Messen Sie die Spannung im unbelasteten Fall.
• Belasten Sie die Schaltung mit R1 = 1 k Ω.
• Messen Sie nacheinander die Leistungsaufnahme der Gesamtschaltung und die des Lastwiderstandes. Benutzen Sie zur Bestimmung der Eingangsleistung und der Ausgangsleistung
das Dreheiseninstrument als Amperemeter und zur Spannungsmessung das Digitalvoltmeter
bei spannungsrichtiger Messung.
5.4.9 Bauen Sie eine Schaltung zur Spannungsvervierfachung nach dem Bild auf dem Arbeitsblatt
6 auf und verfahren Sie dann wie unter 5.4.8!
Füllen Sie die Tabelle auf dem Arbeitsblatt 6 aus!
Begründen Sie kurz die Unterschiede bzgl. der Leistungsaufnahme der Schaltungen!
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Praktikum Grundlagen der Elektrotechnik B1
Die Halbleiterdiode als Gleichrichter
Arbeitsblatt 1
Schaltung:
U/I–Kennlinie im Durchlaßbereich der heizbaren
Si–Diode 1N4002 bei Zimmertemperatur und im
aufgeheizten Zustand (ca. 10 min heizen).
I
600
6
mA
500
400
300
200
100
- U
0.2
0.4
0.6
0.8
V
1.0
15
Versuch B1/5: Die Halbleiterdiode als Gleichrichter
Die Halbleiterdiode als Gleichrichter
Arbeitsblatt 2
U/I–Kennlinien im Durchlaßbereich von einer roten und einer gelben Leuchtdiode. Die Bahnwiderstände beider Dioden können aus den Kennlinien mit den Werten:
I1 = 5 mA
U1 rot =
U1 gelb =
I2 = 25 mA
U2 rot =
U2 gelb =
gemäß der Formel:
bestimmt werden.
Hinweis: Beachten Sie den Maßstab der Spannungsachse!
I
30
6
mA
25
20
15
10
5
- U
0
1.2
1.4
1.6
1.8
2.0
2.2
2.4
V
2.6
16
Praktikum Grundlagen der Elektrotechnik B1
Die Halbleiterdiode als Gleichrichter
Arbeitsblatt 3
Messen Sie die Spannung U an der sich aufheizenden Diode in Abhängigkeit von der Zeit alle halbe
Minute und zeichnen Sie U −Uheiß in das Diagramm! Dabei entspricht t = 0 dem Moment des Einschaltens der Heizung. Verwenden Sie für U (t = 0) den Wert aus 5.4.1. Bestimmen Sie die Zeitkonstante τ !
Uheiß =
U − Uheiß
6
mV
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
9
8
7
- t
6
1
Abklingkonstante τ =
2
3
4
5
6
7
min
8
17
Versuch B1/5: Die Halbleiterdiode als Gleichrichter
Die Halbleiterdiode als Gleichrichter
C = 1µF
C = 10µF
Arbeitsblatt 4
C = 100µF
R = 100 Ω
R = 1kΩ
R = 10 k Ω
Schaltung:
Skizzieren Sie die Spannung UC !
Am Oszilloskop sollte eingestellt sein: 2 ms/DIV und 2 V/DIV.
Wertung:
18
Praktikum Grundlagen der Elektrotechnik B1
Die Halbleiterdiode als Gleichrichter
C = 1µF
R = 100 Ω
R = 1kΩ
R = 10 k Ω
Schaltung:
Skizzieren Sie die Spannung UC !
Wertung:
C = 10µF
Arbeitsblatt 5
C = 100µF
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Versuch B1/5: Die Halbleiterdiode als Gleichrichter
Die Halbleiterdiode als Gleichrichter
Arbeitsblatt 6
Beachten Sie die Aufgabenstellung 5.4.8 und 5.4.9.
Spannungsvervielfachung:
alle C = 1000µF
alle Dioden = 1N4002
R = 1kΩ
Spannungsverdopplung
U2
Spannungsvervierfachung
U4
UohneLast
mit Lastwiderstand
Pin
Pout
Spannungs–
verdopplung
Spannungs–
vervierfachung
Begründen Sie kurz die Unterschiede zwischen P in und Pout und zwischen den beiden Schaltungen:
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Praktikum Grundlagen der Elektrotechnik B1
Literaturverzeichnis
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