Aus der Universitäts- Frauenklinik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i.Br. Bestimmung von Infektionsmarkern in nicht-invasiv gewonnenem Fruchtwasser bei Schwangeren mit frühem vorzeitigen Blasensprung INAUGURAL-DISSERTATION zur Erlangung des Medizinischen Doktorgrades der Medizinischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i.Br. Vorgelegt 2008 von Nomita Schwöppe geboren in Freiburg i.Br. Dekan: Prof. Dr. C. Peters 1.Gutachter: PD Dr. W. Schäfer 2.Gutachter: Prof. Dr. W. Kreisel Jahr der Promotion: 2008 Meiner Familie Abkürzungsverzeichnis AIS Amnioninfektionssyndrom ABS Apnoe- Bradykardie-Syndrom BCSF B-cell stimulating factor CDF Cytolytic differentiation factor CRP Kapsel reaktives Protein EU Extrauterin- Gravidität fVBS früher vorzeitiger Blasensprung FW Fruchtwasser FG Frühgeborenes G Gravida HDL high densitiy lipoprotein HSF hepatocyte stimulating factor ICH Intrazerebrale Hämorrhagie IF-γ Interferon-γ IL Interleukin LBP LPS- bindendes Protein LDL low density lipoprotein LPS Lipopolysaccharid MMP Matrix- Metallo- Proteinase NEC Nekrotisierende Enterokolitis NO Stickstoffmonoxid pPROM Preterm premature rupture of membranes P Para POCT Point-of-Care Testing SSW Schwangerschaftswoche sCD14 Soluble CD 14 TIMP tissue-inhibitory metalloproteinase TLR Toll-like receptor TNFα Tumor-Nekrose-Faktor α I II Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 1 1.1 Einführung 1 1.2 Die Frühgeburt 2 1.2.1 Definition 2 1.2.2 Ätiologie und Risikofaktoren der Frühgeburt 2 1.3 Der frühe vorzeitige Blasensprung 1.3.1 Definition 4 1.3.2 Ätiologie und Pathogenese 4 1.3.3 Management des frühen vorzeitigen Blasensprungs 8 1.4 Intrauterine Infektionen 9 1.4.1 Amnioninfektionssyndrom/ Chorioamnionitis 10 1.4.2 Fetal inflammatory response syndrom 12 1.4.3 Neonatale Sepsis 14 1.4.4 Akutmorbidität und Langzeitfolgen 15 1.5 Infektionsmarker 2 4 16 1.5.1 TNF-α 17 1.5.2 IL-6 18 1.5.3 LBP 19 1.5.4 CRP 20 1.6 Fragestellung und Zielsetzung 21 Material und Methoden 22 2.1 Material 22 2.1.1 Immunoassay 22 2.1.2 Materialien zur Fruchtwassergewinnung 22 2.2 Patienten 22 2.2.1 Patientengut 22 2.2.2 Ein- und Ausschlusskriterien 23 2.2.3 Klinische Daten 23 Inhaltsverzeichnis 2.3 Fallgruppeneinteilung 24 2.4 Probengewinnung 26 2.4.1 Spiegeleinstellung 26 2.4.2 Gewinnung von abgehendem Fruchtwasser aus Binden 26 2.4.3 Makroskopische Beschaffenheit des Fruchtwassers 27 2.5 Immunologische Bestimmung von TNF-α, IL-6 und LBP 3 4 III 28 2.5.1 Immulite- Laborautomat 28 2.5.2 Quickline-Schnelltest 29 2.6 Statistische Methoden 31 Ergebnisse 32 3.1 Probengewinnung und Logistik 33 3.2 Studiengruppen 33 3.3 Zytokine und LBP in abgehendem Fruchtwasser 35 3.3.1 TNF-α- Messungen 35 3.3.2 IL-6- Messungen 36 3.3.3 LBP-Messungen 38 3.4 Maternale Serum- CRP und Leukozytenwerte 39 3.5 Mütterliche Parameter und des kindliches Outcomes 40 3.6 Falldarstellungen 42 3.6.1 Typische Fälle aus Fall-bzw. Kontrollgruppe 42 3.6.2 Sonder- und Grenzfälle 44 3.7 Schnelltestuntersuchung für TNF-α 48 Diskussion 49 4.1 Methoden der Fruchtwassergewinnung 49 4.2 Infektionsparameter in abgehendem Fruchtwasser 51 4.2.1 TNF-α 52 4.2.2 IL-6 53 Inhaltsverzeichnis 4.2.3 LBP IV 55 4.3 Vergleich von Parametern im maternalen Serum vs. Infektionsparameter im abgehenden Fruchtwasser 55 4.4 Sonder- und Grenzfälle 57 4.5 Ausblick: Schnelltest 59 5 Zusammenfassung 61 6 Literaturverzeichnis 62 7 Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen 75 8 Dankansagung 9 Lebenslauf 76 77 Einleitung 1 1 Einleitung 1.1 Einführung Der frühe vorzeitige Blasensprung (fVBS) ist eine Hauptursache perinataler Morbidität und Mortalität. Obwohl in den letzten Jahren große Fortschritte in der neonatalen Intensivmedizin gelungen sind, stellt der fVBS weiterhin eine Herausforderung dar. Zahlreiche Untersuchungen zeigen, dass intrauterine Infektionen eine wesentliche Ursache des fVBS sind. Die davon betroffenen schwangeren Frauen stellen eine Hochrisikogruppe dar, weil aszendierende Infektionen hier zu einer vitalen Gefährdung des ungeborenen Kindes führen können (Gomez et al. 1998; Mercer 2003). Die Diagnostik einer intrauterinen Infektion ist schwierig. Anhand klinischer Symptome werden intrauterine Infektionen in der Schwangerschaft meist spät erkannt. Die frühzeitige Diagnostik einer intrauterinen Infektion ist aber in Bezug auf das weitere klinische Management wesentlich, da durch eine rechtzeitige Therapie schwere Komplikationen und Folgeschäden (Sepsis, zerebrale Langzeitschäden, chronische Lungenerkrankungen) vermieden werden könnten (Pasquier et al. 2007). Die rechtzeitige Erkennung einer vitalen Gefährdung des ungeborenen Kindes durch initial inapparent verlaufenden intrauterinen Infektionen stellt bislang ein ungelöstes Problem dar. Die etablierten klinischen Parameter, (z.B. maternales CRP, maternale Leukozytose, maternales Fieber, fetale Tachykardie, Druckdolenz des Uterus oder übelriechendes Fruchtwasser (FW) (Leitlinien Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe)) sind für die Erkennung eines erhöhten Risikos für den Feten weniger aussagekräftig, da es sich um späte und unspezifische Parameter im Entzündungsgeschehen handelt (Trochez-Martinez et al. 2007). Die Suche nach diagnostischen Parametern, die frühzeitig eine subklinische intrauterine Infektion anzeigen, konzentriert sich nun auf biochemische Marker, die direkt am Infektionsherd gebildet werden und in lokal entnommenen Proben signifikante Konzentrationsveränderungen zeigen. In diesem Zusammenhang ist aufgrund zahlreicher publizierter Daten anzunehmen, dass bei intrauterinen Infektionen die Spiegel von inflammatorischen Zytokinen wie Interleukin-6 (IL-6), Interleukin-8 (IL-8), Interleukin-1-beta (IL-1ß), Tumor- Nekrose- Faktor- alpha (TNF-α) im Fruchtwasser Einleitung 2 stark ansteigen (Holst et al. 2007; Baud et al. 1999; Figueroa-Damian et al. 1999, Romero et al. 1990; Shobokshi et al. 2002). Beim heutigen Stand der Diagnostik, kann eine bereits in utero etablierte Infektion des Kindes, erst postpartal sicher diagnostiziert werden. Im Nabelschnurblut wurden bei Neugeborenen mit einem FIRS (fetal inflammatory response syndrome) signifikant erhöhte Spiegel inflammatorischer Zytokine gefunden (Murthy et al. 2007). 1.2 Frühgeburt 1.2.1 Definition Die Frühgeburt wurde von der WHO als Entbindung vor der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche bzw. weniger als 259 Tage nach dem ersten Tag der letzten Periode definiert (WHO 1993). Es wird zwischen „ mäßig frühen“ (33.-36. SSW) Frühgeburten und sehr frühen Frühgeburten (bis Ende 32. SSW) unterschieden (Saroj et al. 2008). Etwa 12-13 % aller Kinder kommen in den USA als Frühgeborene zur Welt. In Europa liegt der Anteil der Frühgeborenen bei 5-9% (Goldenberg et al. 2008). Die Frühgeburtlichkeit ist für 70 % der neonatalen Mortalität verantwortlich (Mc Cormick 1985). Daher ist es ein wichtiges Ziel der heutigen Perinatalmedizin die Zahl der sehr frühen Frühgeburten zu reduzieren. 1.2.2 Ätiologie und Risikofaktoren der Frühgeburt In vielen Studien wurden bereits die multifaktoriellen Ursachen der Frühgeburtlichkeit untersucht (Goldenberg et al. 2008; Iams et al. 2008; Schneider et al.1994). Die vorzeitige Wehentätigkeit, der vorzeitige Blasensprung und fetale bzw. maternale Infektionen spielen dabei eine zentrale Rolle (Goldenberg et al. 2008). Mehr als 1/3 aller Schwangerschaften sind von vorzeitiger Wehentätigkeit betroffen (Tan et al. 2006). Die vorzeitige Wehentätigkeit stellt damit ein nicht unerhebliches Krankheitsbild. Einleitung 3 Mögliche pathogenetische Faktoren für die Entstehung vorzeitiger Wehentätigkeit sind (Romero et. al 2006): • Infektionen • Plazentationsstörungen • Fetale Ursachen und fetale Pathologie • Uteruspathologie und mütterliche Störungen bzw. Erkrankungen Schwangerschaftsbeendigung aufgrund fetaler oder maternaler Pathologien trägt zur Frühgeburtlichkeit bei (Schneider et al. 1994, Tucker et al. 1991). Zur effektiven Therapie und Vermeidung dieser Faktoren für Frühgeburtlichkeit, stellt die aszendierende genitale Infektion einen möglichen Ansatzpunkt, um neue diagnostische und therapeutische Strategien zu überdenken. Zahlreiche Studien bekräftigen, dass Infektionen ein Hauptrisikofaktor bei der Entstehung der Frühgeburt sind (Mercer 2003). Bei den weiteren Risikofaktoren kann man zwischen maternalen, kindlichen und sozioökonomischen Faktoren differenzieren. Dies sind z.B. • Mütterliches Alter < 20 oder > 35 Jahre (Ko et al. 2002) • Ethnische Faktoren (Steer et al. 2005) • Sozioökonomische Faktoren (Smith et al. 2007) • Schwangerschaftsanamnese (Roberts et al. 1990) • Nikotinabusus (Kyrklund- Blomberg et al. 2005) • Genetische Faktoren (De Franco et al. 2007) Als Hochrisiko-Kollektiv gelten Frauen mit frühem vorzeitigem Blasensprung, auf den im folgenden Kapitel eingegangen wird. Einleitung 4 1.3. Der frühe vorzeitige Blasensprung 1.3.1 Definition Man unterscheidet grundsätzlich zwischen dem rechtzeitigen Blasensprung am Ende der Eröffnungsphase / während der Austreibungsphase und dem frühzeitigen Blasensprung, der zwar während der Eröffnungsperiode stattfindet, jedoch bevor der Muttermund vollständig eröffnet ist. Von diesen Formen ist der vorzeitige Blasensprung zu unterscheiden, der als Ruptur der fetalen Membranen vor dem Einsetzen regelmäßiger Wehentätigkeit unabhängig von der Schwangerschaftsdauer definiert ist. Als Sonderfall gilt der frühe vorzeitige Blasensprung (pPROM = preterm premature rupture of membranes). Hier kommt es zum Fruchtwasserabgang vor der vollendeten 37. SSW (Pschyrembel 2006). 1.3.2 Ätiologie und Pathogenese Der vorzeitige Blasensprung ist definiert als Ruptur der Fruchtblase vor Einsetzen der Wehentätigkeit. Es besteht dann vor allem die Gefahr der aszendierenden Infektion, die sowohl die Mutter, als auch das ungeborene Kind betreffen kann. Der vorzeitige Blasensprung tritt bei circa 20 %, der frühe vorzeitige Blasensprung bei ca. 2-5 % aller Schwangerschaften auf (Doody et al. 1997). Etwa jeder dritten Frühgeburt geht ein früher vorzeitiger Blasensprung voraus (Mercer 2003). Ca. 25% der perinatalen Mortalität sind auf einen frühen vorzeitigen Blasensprung zurückzuführen. Das Risiko für ein solches Ereignis in einer folgenden Schwangerschaft ist um den Faktor 2-5 erhöht (Reisenberger et al. 2000). Folgende maternale und fetale Risiken sind im Zusammenhang einem fVBS beschrieben (Egarter 2001): • Maternale Sepsis • Abruptio placentae • Respiratory distress syndrom • Neonatale Sepsis • Intraventrikuläre Blutungen des Feten Einleitung • Pulmonale Hypoplasie des Feten • Deformitäten und Malformationen der fetalen Extremitäten 5 Von Menon et al. (2007) wurden verschiedene ätiologische Faktoren zum vorzeitigen Blasensprung beschrieben: • Infektionen des weiblichen Genitaltraktes (bakterielle Vaginose, Trichomonaden, Gonorrhoe, Chlamydien) • Verhaltensgewohnheiten ( Rauchen, Drogenmissbrauch, Ernährungsstatus, Sexualverhalten) • Schwangerschaftskomplikationen (Multipara, Polyhydramnion, Cervixinsuffizienz, zervikale Manipulationen, Blutungen) • Veränderung der Umgebung (Luftdruckveränderung) Einem Blasensprung gehen strukturelle Veränderungen an den Eihäuten voraus. Diese werden durch verschiedene chemische Interaktionen gesteuert. Solche Prozesse finden einerseits zwischen unterschiedlichen Zellpopulationen der Eihäute untereinander statt, andererseits zwischen Zellpopulationen und der extrazellulären Matrix. Zwischen Amnion und Chorion liegt die Zona spongiosa (siehe Abb.1). Diese intermediäre Schicht absorbiert mechanische Belastung, indem sie dem Amnion gegenüber dem Chorion, welches fest mit der Dezidua verbunden ist, eine gewisse Bewegungsfreiheit gewährleistet. Das Chorion ist dicker als das Amnion, hält jedoch mechanischen Belastungen weniger Stand (Egarter 2001). Einleitung 6 Abb.1 : Histologische Darstellung von Amnion und Chorion CR: Chorion, AE: Amnion epithelium, AM: Amnion (aus Seyffarth et al. (2004)) Das Chorion besteht aus Zona reticularis, Basalmembran und Trophoblast. Das Amnion besteht aus Epithel, Basalmembran, Zona compacta, Fibroblastenschicht und Zona spongiosa Ab der 20. SSW wird Belastbarkeit geringer und ein Blasensprung somit wahrscheinlicher. Dies liegt an der physiologischerweise abnehmenden Synthese von Kollagen in den fetalen Membranen und dem vermehrten Umbau des Amnions. Der vorzeitige Blasensprung kann heute als multifaktorielles Zusammenwirken mehrerer Faktoren betrachtet werden. Die Rolle von Infektionen ist besonders wichtig, da die aszendierende genitale Infektion die häufigste Ursache des vorzeitigen Blasensprungs ist (Asrat et al. 2001). Der entscheidende Faktor für die schädigende Wirkung von Bakterien an den Eihäuten ist die Freisetzung proteolytisch wirksamer Enzyme. Ein Gleichgewicht zwischen den Proteasen und deren Inhibitoren ist entscheidend für eine intakte Eihaut. In diesem Zusammenhang spielen die Matrixmetalloproteasen (MMP) eine wichtige Rolle. Durch verstärkte Aktivität von MMP kommt es zum Abbau von Kollagen innerhalb des Amnions. Während der normalen Schwangerschaft besteht ein Gleichgewicht zwischen dem kollagenabbauendem Enzym MMP und dem Gegenspieler TIMP (= tissue inhibitor of metalloproteinases; spezifischer Gewebehemmfaktor). Dieses Verhältnis ändert sich z.B. während der Wehentätigkeit zugunsten der MMP. So wird nach neueren Erkenntnissen der vorzeitige Blasensprung durch erhöhte MMP –2 und erniedrigte TIMP-1 -Spiegel begünstigt (Ota et al. 2006). Eine weitere Hypothese ist, dass der genetische Polymorphismus Einleitung 7 der MMP ethnische Unterschiede bezüglich des Risikos für eine Frühgeburt erklären könnte (Weiss et al. 2007). Romero et al. (1993) postulierte, dass es bei einer Infektion des Amnions zur Aktivierung von Makrophagen und anderen immunkompetenten Zellen kommt, wobei es nach entsprechendem Reiz durch Bakterien zur Bildung von inflammatorischen Zytokinen kommt. Die chemotaktischen Zytokine bewirken ein Einwandern von Neutrophilen, die ebenfalls wieder MMP freisetzen. Einige Zytokine besitzen auch pro- bzw. antiapoptotische Eigenschaften. Dies ist relevant, denn durch vermehrte Apoptose kommt es zusätzlich zur Belastung des Amnions, welche in einem Blasensprung enden kann (Parry et al. 1998). Als weitere Ursache zur Entstehung eines frühen vorzeitigen Blasensprungs beschrieben Arias et al. (1997) plazentare thrombotische Veränderungen, die sich bei über 40 % der Patientinnen zeigen. Diese können zur weiteren Synthese von Enzymen führen, die dann einen vorzeitigen Blasensprung bewirken können. Auch physikalischer Stress kann Ursache eines frühen vorzeitigen Blasensprungs sein. Guinn et al. (1995) beschrieben, dass bei tokolysepflichtiger, vorzeitiger Wehentätigkeit das Risiko einen vorzeitigen Blasensprung zu erleiden deutlich erhöht ist. Auch die intrauterine Druckzunahme bei Polyhydramnion und Mehrlingsschwangerschaften stellt einen Risikofaktor für einen vorzeitigen Blasensprung dar (Mercer 2003). Neben der mechanischen Belastung können auch sozioökonomische Faktoren (niedriger Sozialstatus, Adipositas mit BMI > 27, Mangelernährung, vaginale Blutungen) eine Rolle bei der Entstehung eines frühen vorzeitigen Blasensprungs spielen (Spinillo et al. 1994; Harger et al. 1990). Einleitung 8 1.3.3 Management des frühen vorzeitigen Blasensprungs Bei der Therapieentscheidung wird je nach Schwangerschaftswoche zwischen vier Gruppen unterschieden (siehe Abb. 2). Nach der abgeschlossenen 24. Schwangerschaftswoche sind alle therapeutischen Maßnahmen voll auszuschöpfen. Bezüglich des Gestationsalters ist die Untergrenze eines Zeitfensters, innerhalb dessen ein aktives Management mit einer Entbindung denkbar ist, durch die Überlebensrate eines Neugeborenen in Abhängigkeit vom Gestationsalter bestimmt. Obwohl diese Grenze nicht scharf definiert ist, kann die Schwangerschaftswoche 24, ab der die Überlebensrate von Frühgeborenen 50 % erreicht, als Grenze der Lebensfähigkeit angesehen werden. Unterhalb der Grenze der kindlichen Lebensfähigkeit ist ein aktives Management nicht gerechtfertigt (Leitich 2003). Als therapeutische Möglichkeiten stehen Bettruhe, Antibiose, Lungenreife und medikamentöse Wehenhemmung zur Verfügung. Nach der abgeschlossenen 35. Schwangerschaftswoche ist eine Entbindung anzustreben. Das optimale Vorgehen nach frühem vorzeitigem Blasensprung wird kontrovers diskutiert. Das mütterliche Risiko muss gegenüber dem fetalen Benefit abgewogen werden. Das Spektrum der angewandten Maßnahmen reicht von der sofortigen Entbindung bis zum abwartenden Verhalten unter Einsatz von Tokolytika und Antibiotika. Eine prophylaktische Gabe von Antibiotika führt zu einer deutlichen Verringerung des Risikos einer Chorioamnionitis oder des Auftretens einer neonatalen Infektion, sowie zu einer Reduktion der Häufigkeit von intraventrikulären Hämorrhagien bei den Frühgeborenen (Kenyon et al. 2003). Eine prophylaktische Lungenreifung nach vorzeitigem Blasensprung wird zwischen der Schwangerschaftswoche 24 und 32 empfohlen (National Institute of Health 1995). In diesem Zeitfenster ist der Nutzen der einmaligen Lungenreifung klar erwiesen und führt zu einer Verringerung des Auftretens eines Atemnotsyndroms oder einer nekrotisierenden Enterokolitis sowie der Häufigkeit von intraventrikulären Hämorrhagien (Harding et al. 2001). Obwohl es keinen Beweis gibt, daß Tokolytika zu einer Verbesserung des kindlichen Outcomes führen, können auch diese im Management des vorzeitigen Blasensprungs eine wichtige Rolle einnehmen. Klar belegt ist, dass eine medikamentöse Wehenhemmung zu einer Verlängerung der Schwangerschaft innerhalb eines Zeitraumes von 2–7 Tagen nach Beginn der Therapie führen (Gyetvai et al. 1999). Einleitung Abb.2 Management des frühen vorzeitigen Blasensprungs (Leitlinien, Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, Nr. 015/029) 1.4 Intrauterine Infektionen Intrauterine Infektionen, meist als Folge aszendierender Infektionen spielen eine zentrale Rolle sowohl beim vorzeitigen Blasensprung, als auch in der Pathologie der Frühgeburt. Die intrauterine Infektion ist als dynamischer Prozess zu verstehen, der von einer choriodezidualen Infektion bis zum Vollbild der neonatalen Sepsis reicht. Die verschiedenen Erscheinungsformen intrauteriner Infektionen werden einzeln besprochen. 9 Einleitung 10 1.4.1 Amnioninfektionssyndrom (AIS) /Chorioamnionitis Das AIS ist eine klinische Diagnose, die bei 1-2% aller Graviditäten auftritt. Sie bezeichnet eine intra- oder präpartal erworbene intrauterine Infektion des FW, der Eihäute, der Plazenta und /oder der Frucht (Bühling, Friedmann: Intensivkurs Gynäkologie und Geburtshilfe). Meist handelt es sich um aszendierende Infektionen durch anaerobe und aerobe Bakterien (Briese 1999). In 2-4 % aller Geburten, besonders häufig bei Frühgeburten und vorzeitigem Blasensprung ist, mit einem AIS zu rechnen. Eine intrauterine Infektion kann sich in verschiedenen Schichten der fetomaternalen Einheit (choriodezidualer Raum), in den fetalen Membranen (Amnion und Chorion), in der Plazenta, im Fruchtwasser, in der Nabelschnur oder am Fetus manifestieren (siehe Abb.3): Abb.3 : Bakterielle Infektion am Uterus. Infektionen, die nur die fetalen Membranen betreffen, werden als Chorioamnionitis bezeichnet. Bei isolierter Infektion der Nabelschnur spricht man von einer Funisitis, eine Infektion des Fruchtwassers bezeichnet man als Amnionitis (aus Goldenberg et al. 2000) Einleitung 11 Klinisch macht sich die Infektion erst bemerkbar, wenn das AIS bereits manifest ist. Häufig verläuft die Infektion subklinisch (Vintzileos et al. 1996). Folgende Kriterien gelten bisher für die Diagnose eines AIS (Leitlinien DGGG): • Mütterlicher Temperaturanstieg (> 38 °C) • Maternale Tachykardie (>100 Spm) • Fetale Tachykardie (>150 bpm) • Druckschmerzhafter Uterus • Zunehmende Wehentätigkeit • Übelriechendes Fruchtwasser • Leukozytose (> 15000/µl) • CRP- Erhöhung (serieller Anstieg) Sobald der Verdacht eines AIS gestellt wurde, müssen umgehend therapeutische Maßnahmen eingeleitet werden, da es sowohl zu einer erheblichen Gefährdung des Kindes als auch der Mutter kommen kann (Leitich 2003; Petersen 1997). Oboro et al. (2006) fanden eine signifikante Beziehung zwischen Chorioamnionitis und nachteiligem neonatalem Outcome bei Frauen mit frühem vorzeitigem Blasensprung, im Gegensatz zu Schwangerschaftsverläufen ohne Chorioamnionitis. Andere Studien bestätigen die erhöhte Morbidität bei Kindern, die in utero einer Chorioamnionitis ausgesetzt waren (Ramsey et al. 2005). Um das Vollbild der Amnioninfektion zu verhindern, sind rechtzeitig eine Antibiotikatherapie sowie die Entbindung angezeigt. Werden die AIS- Warnsymptome nicht wahrgenommen, besteht die Gefahr der lokalen und systemischen Ausbreitung (z.B. Myometritis, Endomyometritis, Peritonitis, hämatogene Streuung mit früher septischer Pneumonie oder Schocklunge) (Bergström et al. 2003; Ustün et al. 1998). Einleitung 12 1.4.2 Fetal inflammatory response syndrome (FIRS) Die fetale Inflammationsreaktion (FIRS, fetal inflammatory response syndrome) ist durch den Nachweis einer umbilikalen Entzündungsreaktion bzw. erhöhten Serumspiegeln von proinflammatorischen Zytokinen gekennzeichnet. In klinischen und experimentellen Studien wurde die systemische fetale Inflammationsreaktion als wichtiger Risikofaktor für eine schlechte pulmonale und neurologische Entwicklung der überlebenden, extrem unreifen Frühgeborenen determiniert (Kramer et al. 2006, Ville et al. 2001). Funisitis und/ oder Omphalovaskulitis beschreiben eine fetale Inflammationsreaktion, die auch biochemisch durch Bestimmung von Inflammationsparametern im fetalen bzw. neonatalen Serum nachweisbar ist. Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang der Anstieg der fetalen bzw. neonatalen Morbidität bei Nachweis einer fetalen Inflammationsreaktion gegenüber einer zunächst maternalen Entzündung bei Vorliegen einer Chorioamnionitis (D’Alquen et al. 2005). Die Erstbeschreibung des FIRS erfolgte 1998 durch Gomez et al. Romero et al. (2003) teilten intrauterine Infektionen in vier Stadien ein. Dies verdeutlicht noch einmal den dynamischen Charakter einer intrauterinen Infektion, der eine Diagnose mitunter erschwert. Tab.1 : Phasen der intrauterinen Infektion nach Romero et al. 2003 Stadium 1 Veränderung des pH-Werts der Vaginalflora durch potentiell pathologische Keime Stadium 2 Nach Passage der Cervix, Infektion der Dezidua Stadium 3 Weitere mögliche Infektion : Choriovaskulitis, Amnionitis, sowie sämtliche Anteile des Uterus und intrauterine Strukturen können betroffen sein Stadium 4 Fetale Infektion (FIRS) Einleitung 13 Die klinischen Symptome einer Infektion des Neugeborenen sind unspezifisch. Zu diesen zählen laut AWMF –Leitlinien (Leitlinien, Gesellschaft für Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin, Nr. 024/008): • Veränderungen des Hautkolorits • Störungen der Atmung (Apnoe, Dyspnoe, Stöhnen) • Störung des Kreislaufes (Zentralisierung mit verlängerter Rekapillarisierungszeit > 3 sec, arterieller Hypotonie, Tachykardie) • neurologische Symptome (Hypotonie, Lethargie, Hyperexzitabilität) • intestinale Symptome (geblähtes Abdomen, Trinkschwäche) • Temperaturinstabilität bzw. Anstieg der zentral-peripheren Temperaturdifferenz Zur Identifizierung einer neonatalen Infektion werden laut Leitlinien folgende Laboruntersuchungen empfohlen (Leitlinien, Gesellschaft für Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin, Nr. 024/008): • Blutbild mit Differenzialblutbild (I/T- Quotient = Quotient aus allen unreifen (I) und der Zahl aller (T) Granulozyten) • C-reaktives Protein • Ergänzend hilfreich sind zu Beginn: IL-6 oder IL-8 Besonders B-Streptokokken, Koagulase- negative Staphylokokken, Gruppe A – Streptokokken, Hämophilus influenza und Escherischia coli (E.coli) sind mit einer neonatalen Infektion assoziiert. Während die Gebärmutter normalerweise ein steriler Aufenthaltsort, kann nach einem Blasensprung der Fetus vor allem von den eben genannten aszendierenden Mikroorganismen des maternalen Genitaltraktes kolonisiert werden. Das Risiko für das Neugeborene und somit die perinatale Morbidität korrelieren mit einem FIRS. Gomez et al. (1998) zeigten eine Assoziation von erhöhter Morbidität des Neugeborenen mit erhöhten IL-6-Spiegeln. Auch die erhöhten IL-6 Spiegel im Nabelschnurblut sind wahrscheinlich Folge einer bakteriellen Infektion der Amnionhöhle oder der maternalen Kompartimente. Infektionsmarker könnten also potentiell für die Diagnose eines FIRS eingesetzt werden, da Mikroorganismen fetale Zellen direkt zur Zytokinproduktion (z.B. IL-6) stimulieren können (Romero et al. 1993). Einleitung 14 1.4.3 Neonatale Sepsis Eine gravierende Folge einer intrauterinen Infektion ist die nachgewiesene neonatale Sepsis bzw. die klinische Sepsis. Die Neugeborenensepsis ist eine bakterielle Erkrankung, die durch die klinischen Symptome einer systemischen Infektion und durch eine Bakteriämie gekennzeichnet ist. Bei etwa 2% der Lebendgeborenen tritt eine neonatale Sepsis auf. Bei vorzeitigem Blasensprung erhöht sich die Inzidenz auf 3-5%. 25% der Sepsispatienten erkranken auch an einer Meningitis (Muntau, Intensivkurs Pädiatrie). Man teilt die Sepsis je nach zeitlichem Verlauf ein. Treten die Symptome innerhalb von 12 Stunden nach Geburt auf spricht man von einer very-early-onsetSepsis, nach 12-72 Stunden von einer early- onset- Sepsis oder nach mehr als 72 Stunden postpartal von einer late- onset- Sepsis. Gerade bei einer early-onset – Sepsis ist es wahrscheinlich, dass Infektionen schon intrauterin erworben wurden. Die wahrscheinlichste Ursache dafür ist eine vaginal aszendierende Infektion, seltener kann es retrograd über die Tuben, iatrogen oder durch hämatogene Streuung über die Plazenta zu einer intrauterinen Infektion kommen. Das Risiko steigt mit einem sehr geringen Geburtsgewicht um das 10 - fache an (Stoll et al. 2005). Eine Gefahr für die Mutter besteht insbesondere bei einer Sepsis innerhalb der ersten 72 Stunden nach Geburt, bei einer late onset Sepsis ist hingegen kein erhöhtes Risiko für die Mutter bekannt. Tab. 2: Definitionen von Sepsis und klinischer Sepsis (Pacora et al. 2002): Sepsis - Positive Blut- oder Liquorkultur Klinische Sepsis - negative Blut- / Liquorkultur - Leukozyten < 5000 mm³ - Linksverschiebung im Differentialblutbild (I/T-Ratio<0,2) - Thrombozyten <150000/mm³ - CRP- Erhöhung - klinische Zeichen: Tachykardie, Hypotension, Temperaturinstabilität, Trinkschwäche Einleitung 15 1.4.4 Akutmorbidität und Langzeitfolgen Die intrauterin erworbene Infektion des Feten stellt eine besondere Herausforderung an die pädiatrische Intensivmedizin. Zusätzlich zu den Folgen des inflammatorischen Geschehens kommt die Frühgeburtlichkeit und somit die Unreife des Kindes. Folgende Krankheitsbilder treten häufig bei frühgeborenen Kindern mit einem FIRS auf. Atemnotsyndrom Das Atemnotsyndrom des Frühgeborenen (Respiratory Distress Syndrom) stellt eine durch Surfactantmangel bedingte akute pulmonale Erkrankung einer morphologischen, biochemischen und funktionell unreifen Lunge dar. Dies führt zu einer alveolären Instabilität, einem Kollaps der Alveolen mit herabgesetzter Lungencompliance, verminderter Ventilation und Perfusion. Als Folge länger dauernder Beatmung können chronisch reparative – proliferative Veränderungen der Alveolen und Bronchiolen entstehen, die als bronchopulmonale Dysplasie bezeichnet werden. Die Diagnose erfolgt klinisch, durch Blutgasanalyse und röntgenologisch (Kulotzig 1994). Intrazerebrale Hämorrhagie Die typische Form einer intrazerebralen Hämorrhagie (ICH) bei Frühgeborenen ist die intra-/ periventrikuläre Hirnblutung. Sie hat ihren Ursprung in der germinalen Matrix, einer Hirnregion, die sich mit zunehmender Reife des Feten nahezu vollständig zurückbildet. Kennzeichnend für diese Blutgefäße ist eine besonders geringe Reißfestigkeit. Sub- und postpartale Schwankungen des zerebralen Blutflusses führen somit leicht zu intrakraniellen Hämorrhagien (Berger et al. 1998). Die Einteilung erfolgt sonographisch in vier Stadien (Huang et al. 2006). Bei Schädigung oder Nekrose in der periventrikulären weissen Substanz droht eine periventrikuläre Leukomalazie oder ein Hydrocephalus. Je nach Schwere und Komplikationen können daraus eine infantile Zerebralparese, kognitive oder andere neurologische Störungen resultieren. Nekrotisierende Enterokolitis Unter einer nekrotisierende Enterokolitis (NEC) versteht man eine transmurale gangränöse Entzündung von Dünn- und Dickdarm. Sie betrifft vor allen Früh- und Einleitung 16 Mangelgeborene, wobei parenterale Ernährung und maschinelle Beatmung einen besonderen Risikofaktor darstellen. Noxen wie Sauerstoffmangel- Mangel, Hypoglycämie, Hypothermie, Medikamente oder pathogene Keime induzieren eine pathophysiologische Kaskade. Die auslösende Ursache ist unbekannt. Wahrscheinlich führt eine mesenterial-intestinale Ischämie zur Mukosaschädigung und bakteriell aeroben und anaeroben sowie viralen Infektionen. Es bilden sich Ulzerationen, Nekrosen und in der Submukosa Hämorrhagien und gasförmige Zystchen (Pneumatosis intestinalis). Im weiteren Verlauf kann es zu einer Durchwanderungs-Peritonitis und Darmperforation kommen. 90% der Fälle betreffen Frühgeborenen vor der 33. SSW, FG unter 1500g KG sind bis zu 10%, FG unter 1000g KG bis 20% gefährdet (Leitlinien, Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie, Nr. 006/116). 1.5 Infektionsmarker Entzündungsmarker werden als zentrale pathophysiologische Mediatoren angesehen, die bei intrauterinen Infektionen gebildet und im Fruchtwasser nachgewiesen werden können. Es liegen zahlreiche Studien vor, die den Zusammenhang zwischen einem Anstieg von Markern im Fruchtwasser oder im Serum mit intrauterinen Infektionen dokumentieren (Jun et al. 2000; Gibbs et al. 2004; Romero et al. 1993). Bei aszendierenden genitalen Infektionen induzieren die einwandernden Keime die Zytokinproduktion in intrauterinen Geweben. Der histologische Nachweis einer akuten entzündlichen Reaktion der Plazenta korreliert mit erhöhten Konzentrationen an Interleukin-1, Interleukin-8 und Tumornekrosefaktor im Fruchtwasser (Potter et al. 1992). Dies ist auf die lokalen Veränderungen im Zusammenhang mit einer aszendierenden Infektion zurückzuführen und nicht auf systemische Veränderungen im mütterlichen Organismus. Die histologischen Zeichen einer mütterlichen Inflammation im Amnion und einer fetalen Reaktion in der Nabelschnur korrelieren mit Zytokinkonzentrationen der Nabelschnur. Keinen Bezug haben solche Veränderungen zu den mütterlichen Serumzytokinkonzentrationen (Salafia et al. 1997). Diese Erkenntnisse wurden auch von Shobokshi et al. (2002) bestätigt, die bei Frauen mit einem vorzeitigen Blasensprung und einer nachgewiesenen Infektion erhöhte Zytokine (IL-6, TNF-α, IL-1 beta) im Fruchtwasser fanden, nur die Hälfte dieser Patienten hatten unterdessen erhöhte Serum-ZytokineKonzentrationen. Einleitung 17 1.5.1 Tumornekrose-Faktor-alpha (TNF-α ) TNF-α (Synonyme: Lymphotoxin B, Catechin) ist ein pleiotropes proinflammatorisches Zytokin. Es wurde 1975 zum erstem mal von Carswell et al. (1975) isoliert. Es hat verschiedene Effekte, darunter die Stimulation der Immunantwort. Das Zytokin mit einer Molekülgröße von 26 kDa wird vorwiegend in Fett, Muskelgewebe aber auch der Plazenta von Zellen des Makrophagen/Monozytensystems produziert. Röntgenstrukturanalysen haben gezeigt, dass die biologisch aktive Form von TNF-α ein Homotrimer ist, in dem TNF-α Monomere nicht-kovalent zusammen gelagert sind, um eine pyramidale Struktur auszubilden (Smith et al. 1987; Eck et al. 1998; Eck et al. 1989; Jones et al. 1989). Sowohl die C- als auch die N-Termini der Monomere befinden sich nahe der Basis der pyramidalen Struktur. Ein TNF-α Trimer kann bis zu drei Rezeptormoleküle binden (Loetscher et al. 1991). Dadurch kann eine Aggregation von Rezeptormolekülen erfolgen, welche die Aktivierung der rezeptorgekoppelten Signalwege induziert. Die membranständige Form des TNF ist nicht nur als membranständige Proform des löslichen Liganden anzusehen, sondern als biologisch aktiver Ligand, der seine Antworten im Zell-Zell-Kontakt vermittelt (Kriegler et al. 1988; Perez et al. 1990). TNF-α ist ein akutes Phase-Protein, das eine Kaskade von inflammatorischen Zytokinen aktiviert, die Gefäßpermeabilität erhöht und auf Makrophagen und Neutrophile wirkt. Verschiedene Zellen zeigen die Fähigkeit zur TNF-α-Produktion, wie Makrophagen, CD4- Zellen und NatürlicheKiller- Zellen nach Stimulation mit Lipopolysacchariden. Dabei wirkt TNF-α auch auf folgende Zellen: Granulozyten, Endothelzellen, Fett- und Muskelzellen, Monozyten/ Makrophagen. TNF-α aktiviert Interleukin-1, wird aber auch durch IL-1 reguliert. TNF-α dient in niedrigen Konzentrationen der autokrinen und parakrinen Regulation von Entzündungszellen im Gewebe. Mittels der durch TNF-α initiierten Expression von Adhäsionsmolekülen auf Endothelzellen und der Aktivierung eingewanderter Leukozyten kommt es zur weiteren Zytokinausschüttung und zur Akkumulation von Entzündungszellen am Ort der Inflammation (Vassali 1992). Wird TNF-α in größeren Mengen freigesetzt, kann es in den Blutkreislauf gelangen und so systemisch wirksam werden. Dies führt u.a. durch Temperatursollwertverstellung im Hypothalamus zur Fieberinduktion, zur Ausschüttung weiterer Zytokine wie IL-1 und IL-6 und synergistisch mit diesen zu veränderter Proteinsynthese in den Hepatozyten der Leber. Weiterhin beeinflusst TNF-α die Gerinnung, bewirkt eine katabole Stoff- Einleitung 18 wechsellage und führt direkt oder indirekt durch Induktion von Mediatoren wie Stickstoffoxid (NO) - über die Reduktion des Gefäßmuskeltonus und der Myokardkontraktilität zur Abnahme des Blutdrucks. Bei massiver TNF-α -Ausschüttung kann es so zu verminderter Gewebeperfusion, zu schweren metabolischen und Gerinnungsstörungen bis hin zum Multiorganversagen und Schock kommen (Vassali 1992; Parrillo 1993; Hack et al. 1997). TNF-α ist bei Schwangeren mit vorzeitigen Wehen und Amnioninfektion erhöht, während es bei gesunden Schwangerschaftsverläufen nicht detektierbar ist (Romero et al. 1992). Im Fruchtwasser wird TNF-α als bester prädiktiver Infektionsmarker angesehen (Baud et al. 1999). 1.5.2 Interleukin-6 (IL-6) IL-6 ist ein multifunktionales Protein aus 184 Aminosäuren mit vielfältiger biologischer Wirksamkeit. Deshalb existieren auch zahlreiche Synonyme wie B-cell stimulating protein (BCSF), cytolytic differentiation factor (CDF) oder hepatocyte stimulating factor (HSF). IL-6, zusammen mit IL-1 und Glucocorticoiden, sind in erster Linie verantwortlich für die Aktivierung der Akute-Phase-Proteine in der Leber, bei inflammatorischen Prozessen oder Läsionen. Der Hauptbildungsort von IL-6 im Knochenmark sind Makrophagen, wo es zusammen mit anderen Zytokinen, Vorläuferzellen der hämatopoetischen Reihe stimuliert. Aktivierte B-Zellen exprimieren IL-6 Rezeptoren, die zu Antikörperproduktion führen. Physiologisch wird IL-6 durch extraembryonales mütterliches Gewebe in der späten Schwangerschaft gebildet, um Interaktionen wie Angiogenese und die Ausbildung von neuen Blutgefäßen zu kontrollieren. Erhöhte IL-6-Werte im Fruchtwasser können bei Schwangeren mit einer Amnioninfektion gemessen werden und können auf eine fetale Infektion hinweisen (Steinborn et al. 1998). Die IL-6 Spiegel sind während der Schwangerschaft im mütterlichen Blut und auch im fetalen Nabelschnurblut sehr niedrig. Im Fruchtwasser liegen die Werte etwa um den Faktor 100 höher als im mütterlichen Blut (Stallmach et al. 1995). Eine Erhöhung der Konzentration inflammatorischer Zytokine im Fruchtwasser als ein zuverlässiger Indikator für eine intrauterine Infektion ist auch von anderen Arbeitsgruppen beschrieben worden (ElBastawisti et al. 2000; Hatzidaki et al. 2005; Holst et al. 2007). Interleukin-6 wird intrauterin von der fetomaternalen Einheit produziert. Ein Großteil dieses Zytokins scheint seinen Ursprung in der Eihaut zu haben, denn diese ist zur Interleukin-6- Einleitung 19 Produktion in der Lage. Die Freisetzung erfolgt zum Beispiel nach einer Stimulation mit Lipopolysacchariden, also einer Stimulation, die eine bakterielle Infektion simuliert (Menon et al. 1995; Fortunato et al. 1996). Erhöhte IL-6-Konzentrationen im Fruchtwasser korrelieren mit einem positiven mikrobiologischen Befund aus Fruchtwasser- und Plazentakulturen (Andrews 1995). Es gibt eine Korrelation zwischen erhöhten Interleukin-6-Konzentrationen im Fruchtwasser und einer höheren perinatalen Morbidität. Das erhöhte Risiko besteht bei dieser Konstellation für das Auftreten einer neonatalen Sepsis, einer nekrotisierenden Enterokolitis und weiteren Erkrankungen, die im Zusammenhang mit prä- und perinatal erworbenen Infektionen stehen (Yoon et al.1995). 1.5.3 Lipopolysaccharid- bindendes Protein (LBP) Die Synthese von LBP (LPS bindendes Protein) erfolgt hauptsächlich in den Hepatozyten und wird durch Synergie mit IL-1-ß und IL-6 stimuliert. Das LBP bindet an den Lipidanteil des Lipopolysacharids (Endotoxin) der gram- negativen Zellwand. Zusätzlich werden aber auch Lipidanteile der gram- positiven Bakterienzellwand gebunden. Die vom LBP gebundenen Bakterienbestandteile werden zu den CD 14 Rezeptoren (LPS- Rezeptor) auf Monozyten transportiert, die wiederum die Entzündungskaskade stimulieren. Gebundenes LPS komplexiert über LBP/ HDL/LDL/ Apolipoprotein. Dieser Komplex kann abgebaut und aus der Zirkulation entfernt werden. Von Gardella et al. (2001) wurden LBP und sCD14 als Mediatoren der frühen Entzündungsphase in Fruchtwasserproben schon ab der 20. SSW nachgewiesen. Die Werte waren jedoch deutlich niedriger als im mütterlichen Serum. In den letzten Jahren wurden im Rahmen der Grundlagenforschung die Interaktionen von LPS, LBP, Endotoxin-Rezeptor (CD14) und inflammatorischen Zytokinen in der Frühphase der unspezifischen Abwehr gegen gram- negative Bakterien intensiv erforscht (Schuhmann et al. 1999). Niedrige Konzentrationen von LBP vermitteln den Transfer von LPS (Endotoxin, Zellwandbestandteil von gram –negativen Bakterien) zu zellständigen Endotoxinrezeptoren (CD14) auf Makrophagen und anderen Zellen, die daraufhin mit einer Aktivierung der Zytokinkaskade (z.B. IL-6, IL-8, IL-1ß, TNF-α) reagieren. Der LPS-LBP –Komplex aktiviert dabei Makrophagen in bis zu 1000-fach niedrigeren Konzentrationen als LPS alleine (Amplifizierungsmechanismus). Damit tragen niedrige LBP- Konzentrationen zu einer initialen Verstärkung der Entzündungsreaktion bei (Gardella et al. 2001). Reichelt et al. (2005) beschrieben Einleitung 20 LBP zur postmortem Diagnose bei Sepsis (>10 µg /ml). Berner et al. (2001) fanden im Nabelschnurblut bei Neugeborenen mit early-onset Sepsis signifikant erhöhte LBP- und sCD14 –Spiegel, während die CRP-Konzentrationen in diesen Fällen in der Regel noch unauffällig waren. Diese Arbeit postulierte auch, dass LBP und sCD14 schon zum Zeitpunkt der Geburt vom Neugeborenen gebildet werden und damit zum angeborenen Immunsystem gehören. Abb. 4: LPS-abhängige Induktion proinflammatorischer Abwehrmechanismen in Monozyten, Makrophagen und Endothelzellen. Das Lipopolysaccharid (LPS) Gram-negativer Bakterien wird durch das LPS bindende Protein (LBP) monomerisiert und von LBP und sCD14 zu seinem zellulären CD14/TLR4 (toll-like receptor)/MD2-Rezeptorkomplex transportiert. Das sCD14 ermöglicht die Stimulation CD14-negativer Zellen. Über die intrazelluläre Domäne von TLR4 kommt es zur Aktivierung intrazellulärer Signaltransduktionskaskaden, die u.a. die Synthese proinflammatorischer Zytokine bewirken. Es kommt zu einer systemischen Wirkung der Zytokine. (Büttner M, Dissertation HU Berlin). 1.5.4 C- reaktives Protein (CRP) Das CRP oder Kapselreaktive Protein ist ein kohlenhydratfreies Protein, das in der Leber gebildet wird. Gemeinsam mit Coeruloplasmin, Fibrinogen, Haptoglobin, Ferritin und Präalbumin gehört das CRP zu den Akute-Phase-Proteinen. CRP stellt diagnostisch bisher das wichtigste Akute- Phase-Protein dar. Den stärksten Stimulus Einleitung 21 der Akute-Phase-Reaktion bilden dabei bakterielle Infektionen. Das CRP wird als unspezifischer Entzündungsparameter, unter anderem zur Beurteilung des Schweregrades entzündlicher Erkrankungen herangezogen. Auch ohne klinische Symptomatik müssen erhöhte CRP-Konzentrationen immer abgeklärt werden. Die Plasmahalbwertszeit von nicht mit Liganden beladenem CRP beträgt ungefähr 19 Stunden. Bei Bindung an den Liganden erfolgt eine schnellere Elimination. Grundsätzlich steigt die CRP- Konzentration im Plasma mit 12-24 Stunden Latenz zur Krankheitsaktivität an (Egarter 2001). CRP ist Teil des Immunsystems. Es ist ein Opsonin, welches das Komplementsystem aktivieren kann. Die CRP Produktion der Leber wird am stärksten durch IL-6 angeregt. 1.6. Fragestellung und Zielsetzung der Arbeit 1. In dieser Studie soll mit Hilfe einer nicht- invasiven Methode der Fruchtwassergewinnung eine intrauterine Infektion frühzeitig erkannt werden, um so Risikopatientinnen für ein fortgeschrittenes Amnioninfektionssyndrom und eine manifeste fetale Infektion zu identifizieren. Das Fruchtwasser soll durch tägliches Auspressen von Binden gewonnen werden. 2. Durch den Vergleich der zeitlichen Verläufe von frühen Infektionsmarkern im Fruchtwasser (IL-6, TNF-α, LBP) mit maternalem Serum- CRP soll ermittelt werden, ob diese Parameter ein AIS und/ oder eine fetale Infektion früher anzeigen als die CRP- Messung. Die Bestimmung der Infektionsmarker erfolgt auf einem ImmuliteLaborautomaten. 4. Durch retrospektive Evaluation der Plazentahistologie und der kindlichen peripartalen Anamnese mit den präpartal gemessenen frühen Infektionsmarkern soll die prognostische Aussagekraft der Parameter beurteilt werden. 5. Weiterhin soll geklärt werden, inwieweit abgehendes Fruchtwasser als Probematerial für die klinische Diagnostik geeignet ist, da diese Proben mit variierenden Anteilen von Zervix-/Vaginalsekreten kontaminiert sind. 6. Im Rahmen der Studie sollen die prognostischen Wertigkeiten von IL-6, TNF-α und LBP verglichen werden. Für prognostisch nutzbare Parameter sollen immunologisch quantifizierbare Streifen-Schnellteste getestet werden. Material und Methoden 22 2 Material und Methoden 2.1 Materialien 2.1.1 Immunoassays LBP Immulite-Kit und Verdünner DPC Biermann, Bad Nauheim TNF-α Immulite-Kit DPC Biermann, Bad Nauheim IL-6 Immulite-Kit und Verdünner DPC Biermann, Bad Nauheim Zytokin-Kontrollen DPC Biermann, Bad Nauheim LBP-Kontrolle DPC Biermann, Bad Nauheim 2.1.2 Material zur Fruchtwassergewinnung • Pipetten: Pasteurpipetten, 150mm Länge, Füllvolumen 8,0ml steril, geringe Adsorptioneigenschaften, integrierter Pumpballon verhindert Kreuzkontamination. Unzerbrechlich aus PE-LD, nicht toxisch, zum Einfrieren in flüssigem Stickstoff geeignet. VWR International ,Darmstadt • Handelsübliche Knoblauchpresse zur Fruchtwassergewinnung aus Binden • Wöchnerinnen- Vorlagen, Samu plus, Paul Hartmann AG, 89522 Heidenheim • Plastikgefäße, 15 ml, unsteril 2.2 Patienten Die vorliegende Studie wurde nach positivem Votum durch die lokale Ethikkomission der Medizinischen Fakultät an der Albert-Ludwig-Universität Freiburg durchgeführt (Nr.312/2001). Die Patientinnen wurden über den Inhalt der Studie aufgeklärt und erst nach einer schriftlichen Einverständniserklärung in die Studie aufgenommen. 2.2.1 Patientengut Zwischen Juli 2005 und Mai 2007 wurden 27 Patientinnen, bei denen die Diagnose eines frühen vorzeitigen Blasensprungs gestellt wurde und die sich in stationärer Behandlung befanden, in die Studie eingeschlossen. Material und Methoden 23 Von diesen Patientinnen wurde täglich abgehendes Fruchtwasser aus Binden gewonnen. Sofern es möglich war, wurde auch bei Aufnahme während der Spiegeleinstellung Fruchtwasser entnommen. 2.2.2 Ein- und Ausschlußkriterien Einschlusskriterien : Patientinnen mussten folgende Kriterien erfüllen, um in die Studie aufgenommen zu werden: • Vorzeitiger Blasensprung bis einschließlich der vollendeten 34. SSW • Fruchtwasser-Proben aus den letzten drei Tagen vor Geburt vorhanden Ausschlusskriterien: Patientinnen, die ein oder mehrere der nachfolgenden Kriterien erfüllten, wurden nicht in die Studie aufgenommen: • Stoffwechselerkrankungen der Mutter • Fetale Anomalien • Chromosomale Aberrationen des Feten • Signifikante vaginale Blutungen • Höhergradige Mehrlingsschwangerschaft (>2) 2.2.3 Klinische Daten Es wurden folgende Daten erfasst: a) Mutter • Patientenidentifikationsnummer (PIZ) • Hinweise auf eine mütterliche Infektion • Zuteilung zu Fall- bzw. Kontrollgruppe • Vaginalabstrich • Antibiotikatherapie • Indikation zur Sectio caesarea • Parität • Sonstige relevante Daten Material und Methoden 24 b) Neugeborene • Patientenidentifikationsnummer (PIZ) • IL-6 im Nabelschnurblut • CRP im Nabelschnurblut • Neonatale Sepsis • Plazentahistologie • Daten aus dem Arztbrief (Gewicht, Status bei den Erstuntersuchungen, Diagnose scherwiegender Morbidität (siehe Tab.3)) • Nachgewiesene Erreger c) Daten zu Blasensprung und Geburt • Datum des Blasensprungs • Gestationswoche bei Blasensprung • Datum der Geburt • Gestationswoche bei Geburt 2.3 Fallgruppen-Einteilung Die Einteilung in die jeweiligen Gruppen erfolgte retrospektiv, nach Auswertung der klinischen Daten aus der Frauenklinik und der Kinderklinik. Als Parameter dienten hierzu Befunde der Plazenta- Histologie, IL-6 und CRP-Werte im Nabelschnurblut, positive Abstriche der Plazenta und ein positiver Keimnachweis beim Neugeborenen. Aus der Kinderklinik wurden dabei folgende Befunde herangezogen: • Laborwerte des Neugeborenen • Klinik des Neugeborenen • Plazentahistologie Insgesamt wurden drei Studiengruppen definiert • Kontrollgruppe (K-Gruppe) • Amnioninfektion (AIS-Gruppe) • Fetale Infektionsgruppe ( FIRS-Gruppe) Material und Methoden 25 Die Einteilung in die Gruppen erfolgte retrospektiv nach klinischer Beurteilung des Neugeborenen und Beurteilung der Plazenta durch die Pathologie: Tab. 3: Zuordnung zu Kontroll- und Fallgruppen anhand der Plazentahistologie und klinischen Befunde der Neugeborenen: Klinik des Plazenta – CRP IL-6 des Abstriche Blutkultur Neugeborenen 1) histologie 2) Des NG zyten des NG des NG 5) /Liquorkultur 3) (pg/ml) LeukoNG 4) des NG 6) K Unauffällig unauffällig Keine Chorio- schwerwiegende amnionitis Morbidität (CA) FIRS Schwerwiegende Aus- AIS Morbidität geprägte CA N N/ N N/ <100 negativ negativ >100 negativ negativ >100 negativ/ negativ/ positiv positiv Klinik des Neugeborenen (nach Gomez et al. (1998)): unter schwerwiegende Morbidität fallen Krankheitsbilder wie Nekrotisierende Enterokolitis, Intrazerebrale Hämorrhagie, periventrikuläre Leukomalazie, schweres Atemnotsyndrom, Pneumonie, Meningitis, neonatale Sepsis ( positive Blutkultur oder Liquorkultur) und klinische Sepsis (negative Blut-/Liquorkultur, Leukozyten < 5000/mm³, Linksverschiebung im Differentialblutbild, Thrombozyten <150000/mm³, CRP- Erhöhung, klinische Zeichen: Tachykardie, Hypotonie, Temperaturinstabilität, Trinkschwäche), (Pacora et al. (2002)). Die klinische Beurteilung ist für die Diagnose eines FIRS maßgebend. 2) Positive Plazentahistologie: nachgewiesenes inflammatorisches Geschehen. Die Beurteilung erfolgte durch den Pathologen. CA= Amnion + Chorion-Dezidua: 5-20 Polymorphkernige Leukozyten/Gesichtsfeld, ausgeprägte CA: Amnion + Chorion-Dezidua: Funisitis, und/oder zahlreiche Polymorphkernige Leukozyten in der Chorionplatte und/ oder Chorionvaskulitis, (nach Salafia et al. 1989). 3) CRP in mg/l: normal (N) = <3mg/ l; Erhöhung: > 3mg/l 4) Leukozyten /mm³: normal (N) : < 5000 /mm³; erhöht : >5000/mm³ 5) Positive Abstriche/ Blutkulturen des Neugeborenen (NG): Keimnachweis in Oberflächenabstrichen des Neugeborenen (NG) durch die Mikrobiologie. 6) Blutkultur/Liquorkultur des Neugeborenen (NG): Keimnachweis in der Blutkultur durch die Mikrobiologie. 1) Material und Methoden 2.4 Probengewinnung Abgehendes Fruchtwasser wurde von Patientinnen mit frühem vorzeitigen Blasensprung bis zur 34. Schwangerschaftswoche, die in der Universität Frauenklinik zur Behandlung aufgenommen wurden, gesammelt. Das Fruchtwasser wurde durch zwei verschiedene Methoden gewonnen. 2.4.1 Spiegeleinstellung Als Eingangsprobe wurde abgehendes Fruchtwasser durch Spiegeleinstellung, die bei allen Patientinnen mit Verdacht auf einen frühen vorzeitigen Blasensprung routinemäßig bei der Eingangsuntersuchung durchgeführt wird, entnommen. Dazu wurde ein steriles Spekulum in den Vaginalkanal eingelegt und mit einer Pipette das abgehende Fruchtwasser aufgenommen. Die Proben wurden dann unverzüglich bei - 20° C eingefroren. Abb. 5: Darstellung einer Spiegeleinstellung und steriler Pipetten 2.4.2 Gewinnung von abgehendem Fruchtwasser aus Binden Die Patientinnen wurden gebeten, ihre Einmalbinden in einen Plastikbeutel zu verpacken und diesen luftdicht zu schließen. Bis zur täglichen FW-Asservierung wurden die Beutel in einem Sammelcontainer bei Raumtemperatur zwischengelagert. Die Patientin dokumentierte auf dem Plastikbeutel Probedatum und Uhrzeit der Binde. Es wurde darüber aufgeklärt, eine eventuelle Kontamination der Binde mit Urin zu dokumentieren, bzw. die Binde zu verwerfen. 26 Material und Methoden 27 Ärzte und Laborpersonal sammelten die Binden täglich ein, um daraus Fruchtwasserproben zu gewinnen. Alle relevanten Daten wie Datum, Uhrzeit, Probenbeschaffenheit und eventuelle Besonderheiten wurden in einem vorgefertigten Dokumentationsbogen festgehalten. Auspressen des Fruchtwassers aus der Binde: Die Binde wurde innerhalb von 24 Stunden bearbeitet. Das abgehende Fruchtwasser wurde mit einer Presse aus der Binde gewonnen. Dazu wurde die oberste Membran der Binde entfernt, um die mit Fruchtwasser getränkten Wattestücke auszuschneiden und in der Presse zu platzieren. Durch mehrmaliges Auspressen der Wattestücke wurden in der Regel bis zu 5 ml Probe gewonnen. Bei sehr trockenen Binden war es teilweise nicht möglich, Fruchtwasser zu extrahieren. Abb.6: Manuelles Auspressen der Binden 2.4.3 Makroskopische Beschaffenheit der Proben In einem vorgefertigten Dokumentationsbogen wurde die Fruchtwasserprobe makroskopisch bezüglich Auffälligkeiten in Farbe, Geruch, Konsistenz und Blutbeimengung beschrieben. Dabei wurde die Beimengung von Blut blickdiagnostisch in drei Grade eingeteilt. Zur möglichen Identifizierung einer Urinkontamination der Probe, war die geruchliche Beurteilung relevant. Material und Methoden 28 2.5 Immunologische Bestimmungen von TNF-α, IL-6 und LBP 2.5.1 Immulite- Laborautomat Die TNF-α, IL-6 und LBP- Bestimmung wurden auf einem Immulite-Laborautomaten mit Festphasen-Sandwich-Chemilumineszenz-Enzymimmunoassays der Firma DPC Biermann, Bad Nauheim durchgeführt. Die Immulite-Teströhrchen enthalten eine mit spezifischen monoklonalen Primärantikörpern (Maus-AK) beschichtete Polystyrolkugel als Festphase. LBP, IL-6 bzw. TNF-α aus der Probe, der mit alkalischer Phosphatase-markierte polyklonale Sekundärantikörper (Kaninchen-AK) und der primäre Antikörper bilden während der 30-minütigen Inkubation bei 37°C einen Sandwichkomplex. Ungebundene Reaktionspartner werden mit einer Zentrifugal-Waschtechnik entfernt. Zugegebenes Chemilumineszens- Substrat (PPD) wird vom gebundenen Enzym während der folgenden 10-minütigen Inkubation umgesetzt. Die dabei ausgelöste Lichtemission ist der Konzentration des in der Probe gemessenen Parameters direkt proportional. Immulite nutzt eine Chemilumineszenztechnik, bei der die Menge des gebundenen Enzymkonjungats mit Hilfe eines extrem sensitiven Chemilumineszenzsubstrates, dem Adamantyldioxyetanphenylphosphat (ADDPP), bestimmt wird. Durch enzymkatalysierte Dephosphorylierung wird über einen längeren Zeitraum ein instabiles Adamantyldioxyetanphenyl-Anion (ADP) gebildet. Dessen Zerfall führt zu einer Lichtemission. Die dauernde Bildung des instabilen Zwischenproduktes und die somit anhaltende Aussendung von Licht ermöglichen es, mehrere Messungen durchzuführen. Der Immulite TNF-α-Assay erfasst neben der bioaktiven Form auch inaktive Formen des TNF-α (persönliche Mitteilung, DPC Biermann). Zur Messung wurden die Proben aufgetaut, gevortext und bei Zimmertemperatur in den Immulite eingesetzt. Da die Erwartungsbereiche für Infektionsparameter im Fruchtwasser unterschiedlich sind, wurden die Proben mit den assayspezifischen Verdünnungesreagenzien vorverdünnt. Für den Messparameter LBP wurde der in der Anleitung beschriebene Verdünnungsschritt für Serum-LBP (1:100) modifiziert (siehe Tab.4+5). Material und Methoden 29 Auf der Basis von Literaturdaten wurde mit folgenden Erwartungsbereichen gerechnet: Tab. 4: Erwartungsbereiche der verschiedenen Messparameter: IL-6 (pg/ ml) TNF-α (pg/ml) LBP (ng/ml) <100000 < 20000 <10000 Tab. 5: Vorverdünnung der verschiedenen Messparameter: IL-6 TNF-α LBP 1:50 oder höher 1:5 oder 1:20 1:5 Nachweisgrenzen: Laut Herstellerangaben liegen die unteren Nachweisgrenzen des Assays für IL-6 bei 5pg/ml, für LBP bei 0,2µg/ml und für TNF-α bei 1,7pg/ml. Die Nachweisgrenzen gelten für die vom Hersteller empfohlenen Vorverdünnungen. Bei Proben mit zu hohen Analytkonzentrationen wurde die Messung mit verdünnten Proben wiederholt. 2.5.2 Quickline-Schnelltest Der Schnelltest der Firma Milenia ist ein Lateralflussimmunoassay, mit welchem die Analyte qualitativ bzw. semiquantitativ erfasst werden können. Bisher stehen Schnellteste für IL-6, IL-8 und LBP im Serum zur Verfügung. Schnellteste für TNF-α und IL-6 im abgehenden Fruchtwasser wird im Rahmen der vorliegenden Studie entwickelt. Die Testbestecke bestehen aus einem Streifen, der aus mehreren Membranen zusammengesetzt ist und sich in der Regel in einem speziell entwickelten Plastikgehäuse befindet. Nach Auftragen der Probe an der entsprechenden Stelle des Plastikgehäuses strömt diese in Folge der wirkenden Kapillarkräfte durch das Membransystem. Die Probe wird von einem „Sample Application Pad“ aufgesaugt. Wird Vollblut als Probe eingesetzt, so trennt sich im „Sample Application Pad“ das Plasma von den Zellen. Die Zellen werden zurückgehalten, das Plasma fließt weiter durch das System. Unter dem „Sample Application Pad“ liegt das „Conjugate Release Pad“, in dem sich Material und Methoden 30 ein Gold-Konjugat des Primärantikörpers befindet. Im „Conjugate Release Pad“ bindet der Analyt an den Gold- konjugierten Antikörper. Danach strömt der Immunkomplex auf die analytische Membran. Dort sind hintereinander zwei Linien aufgetragen. Auf der ersten Testlinie ist ein Analytspezifischer sekundärer Antikörper immobilisiert, der ein zum Primärantikörper unterschiedliches Epitop erkennt. Auf der anderen Kontrolllinie werden überschüssige Goldpartikel durch Goldkonjugat-spezifische Antikörper abgefangen. Somit können sich eine oder zwei farbige Banden bilden. Eine Bande, wenn der Analyt nicht in der Probe enthalten ist, zwei Banden, wenn der Analyt in der Probe enthalten ist. Dabei ist die Intensität der Testlinie proportional zur Konzentration des Analyten. Die ungebundene Flüssigkeit mit den an der Test- bzw. Kontrolllinie nicht gebundenen Goldpartikeln strömt weiter durch das Membransystem, bis sie vom „Wicking Pad“ aufgesaugt werden, das dementsprechend einen Rückfluss verhindert. Durchführung: Testeinheit und Laufpuffer werden vor dem Öffnen auf Raumtemperatur (18-28°C) gebracht. 1.) 100µl Fruchtwasser oder Serum werden mit einer Pipette oder 3 Tropfen mit der im Kit beiliegenden Einweg-Transferpipette in den Probenauftrag der Testeinheit gegeben. 2.) Nach 5-10 Minuten Inkubation (die Membran darf in der Zeit jedoch nicht austrocknen) werden 1-2 Tropfen Laufpuffer direkt aus dem Fläschchen in die Auftragsstelle gegeben. 3.) Wird ein hoher Wert erwartet, ist das Ablesen bereits nach 5 Minuten möglich, nach maximal 15 Minuten kann der Test mittels der speziellen Auswertekarte im Auswertefenster abgelesen werden. Die Ergebnisse sollten nicht später beurteilt werden. Die Auswertung der Ergebnisse erfolgt qualitativ und quantitativ: Die Konzentration des gemessenen Parameters korreliert direkt mit der Farbintensität der Testlinie. Die qualitative Auswertung des Quickline-Tests erfolgt durch visuellen Vergleich der Farbintensität der Testlinie von den drei verschiedenen Referenzbanden, die auf der im Kit befindlichen Auswertekarte abgebildet sind. Die Kontrollbande muss immer sichtbar werden. Sie dient als Funktionskontrolle des Tests. Material und Methoden 31 Die quantitative Auswertung erfolgt mit dem Pico Scan, einem Gerät, das die Intensität der Banden auf dem Teststreifen densitometrisch auswertet und entsprechend der Signalstärke eine Beurteilung der untersuchten Probe vornimmt. Die Messergebnisse des Pico Scan-Gerätes sind über eine logistische Funktion mit der Konzentration korreliert. Die Intensität der optischen Dichte kann als Konzentration interpretiert werden und einer Klasse zugeordnet werden. Abb.7: Pico Scan- Messsystem der Fa Matest 2.6 Statistische Methoden Für die statistische Auswertung und die graphische Darstellung wurden die Mittelwerte der jeweils letzten zwei gültigen Messwerte der Fruchtwasserproben gebildet. Dies wurde so festgelegt, um möglichst zeitnah zur Geburt Werte für inflammatorische Marker im Fruchtwasser zu erhalten. Die statistische Auswertung erfolgte computergestützt mittels Sigma Stat (Fa. Systat Software, Erkrath). Für die deskriptive Analyse der Daten dienten Mittelwert und Mediane. Die Normalverteilung wurde mit dem Kolmogorov- Smirnov Test und Gruppenunterschiede mittels Kruskal- Wallis Test untersucht. Für die Überprüfung der statistischen Signifikanz wurde der paarweise Vergleich zwischen Kontroll- und Fallgruppe nach der Methode von Dunn durchgeführt. Das Signifikanzniveau wurde dabei auf p < 0,05 festgesetzt. Ergebnisse 32 3 Ergebnisse Ein wesentlicher Bestandteil der vorliegenden Studie war es, intrauterine Infektionen bei frühem vorzeitigem Blasensprung durch Bestimmung von inflammatorischen Markern im abfließenden Fruchtwasser zu identifizieren. Als Parameter wurden hierzu TNF-α, IL-6 und LBP untersucht. Insgesamt wurden im Zeitraum von Juli 2005 bis Mai 2007 in der Universitätsfrauenklinik Freiburg 56 Patientinnen mit einem Blasensprung vor der vollendeten 34. SSW stationär aufgenommen. In die Studie konnten 27 dieser Patientinnen aufgenommen werden. Bei dem größten Teil der übrigen Patientinnen folgte dem Blasensprung innerhalb von 24 Stunden die Entbindung, so dass es nicht möglich war, von diesen Patientinnen eine Proben zu gewinnen. Bei einigen Patientinnen konnte bei Ahydramnion kein Fruchtwasser asserviert werden. Aus organisatorischen Gründen konnten 8 Patientinnen nicht in die Studie aufgenommen werden. Nur eine Patientin lehnte es ab an der Studie teilzunehmen, aufgrund ihrer psychosozialen Belastungssituation bei mehrfacher Abortanamnese (siehe Abb. 8). 8 4 Studie 1 27 16 Entbindung innerhalb von 24 h Oligohydramnion Organisatorische Probleme/ Ausschluss Keine Einwilligung Abb. 8: Anteil der Studienteilnehmerinnen an der Gesamtzahl der stationären Patientinnen mit frühem vorzeitigem Blasensprung an der Universitätsfrauenklinik Freiburg (Juli 2005 bis Mai 2007) und Verteilung der Patientinnen, die nicht in die Studie aufgenommen wurden. Ergebnisse 33 Ursprünglich sollten 100 Patientinnen in die Studie aufgenommen werden. Diese Zielsetzung der Fallzahl beruht auf den Ergebnissen einer Fallzahlabschätzung nach einer Pilotstudie an der Universitätsfrauenklinik (Breuer, Promotion 2008). Im Rahmen dieser Pilotstudie wurden im Zeitraum eines Jahres etwa 50 Patientinnen mit einem vorzeitigen Blasensprung vor der 34. SSW aufgenommen. Diese Fallzahl wurde im hier untersuchten Zeitraum nicht erreicht. 3.1 Probengewinnung und Logistik Bei Aufnahme der Patientin wurde in der Regel eine erste Fruchtwasser-Probe bei der routinemäßigen Spiegeleinstellung gewonnen. Teilweise war dies aus technischen/organisatorischen Gründen nicht möglich. Bei vier Patientinnen konnte keine Probe gewonnen werden, da die Binden zu trocken waren. Dies war vor allem dann problematisch, wenn dadurch eine Probe der letzten drei Tage vor Geburt verloren ging. Bei der makroskopischen Beurteilung wurde die Blutbeimengung in drei Grade eingeteilt (siehe Kap. 2.4.3). Drei Patientinnen hatten Fruchtwasserproben mit Blutbeimengungen 2. Grades, eine Patientin eine Blutbeimengung 1. Grades. Der Mittelwert der Lagerungszeitdauer (bei -20°C) bis zur Messung betrug 70 Tage, (Medianwert = 57 Tage). 3.2. Studiengruppen Die Patientinnen wurden retrospektiv nach der Geburt anhand der Plazentahistologie und des kindlichen Outcomes, den Fall- bzw. Kontrollgruppen zugeordnet. Für jede Patientin wurde TNF-α, IL-6 und LBP im abgehenden Fruchtwasser in den letzten Tagen vor der Geburt gemessen. Von den 27 Studienteilnehmerinnen ließen sich 10 Patientinnen eindeutig der Kontrollgruppe zuordnen. Die Plazentahistologie zeigte in dieser Gruppe keine Anzeichen einer Entzündung. Die Oberflächenabstriche des Kindes, sowie die mikrobiologischen Untersuchungen von Magensaft, Blut und Mekonium waren bezüglich spezifischer Erreger negativ. Die CRP-Werte des Kindes bei der Erstuntersuchung lagen im Normbereich (alle <3 mg/l), und auch die IL-6-Werte im Nabelschnurblut waren nicht erhöht. Der Mittelwert lag bei 38,0 pg/ml. Ergebnisse 34 Zehn Patientinnen in der Studie wurden der AIS- Gruppe zugeordnet. Die Entscheidung für die Einteilung in diese Gruppe erfolgte durch die Beurteilung der Plazentahistologie und der klinischen Beurteilung des Neugeborenen. Die Histologie der Plazenta zeigte bei allen Fällen dieser Gruppe entzündliche Veränderungen im Sinne einer Chorioamnionitis. In zwei Fällen zeigte der Entzündungsverlauf schon ein fortgeschritteneres Stadium, wie eine Omphalovaskulitis und eine beginnenden Funisitis. In den Oberflächenabstrichen der Neugeborenen wurden keine spezifischen Erreger nachgewiesen. Im Gegensatz zur Kontrollgruppe war der IL-6 – Wert im Nabelschnurblut in dieser Gruppe erhöht (>100 pg/ml). Es gab jedoch auch Fälle in der AIS- Gruppe, bei denen der IL-6-Wert unter dieser Grenze lag, die aber aufgrund der eindeutigen Plazentahistologie der AIS- Gruppe zugeordnet wurden. Der Mittelwert von IL-6 im Nabelschnurblut lag bei 763 pg /ml, der CRP- Wert lagen bei allen Kindern < 3 mg/l. Sieben Fälle wurden der FIRS-Gruppe zugeordnet. Die Plazentahistologie verifizierte ein fulminantes fortgeschrittenes Entzündungsgeschehen (z.B. eine ausgeprägte Funisitis). Der IL-6 Wert im Nabelschnurblut war mit einem Mittelwert von 11690 pg/ml deutlich erhöht, und es wurden spezifische Erreger wie Escherischia coli, BStreptokokken oder Pilze in den Oberflächenabstrichen oder Blutkulturen der Neugeborenen nachgewiesen. Der CRP- Mittelwert lag < 3 mg/l. Bei diesen Fällen traten schwerwiegende Krankheitssymptome wie beispielsweise kongenitale Sepsis, schweres Atemnot-Syndrom, intraventrikuläre Blutung oder nekrotisierende Enterokolitis auf. Ergebnisse 35 3.3 Zytokine und LBP in abgehendem Fuchtwasser 3.3.1 TNF-α-Messung In der Kontrollgruppe lagen TNF-α-Werte im Fruchtwasser aus Bindenextraktion zwischen 4 pg/ml und 151 pg /ml. Der Mittelwert der gemessenen Proben betrug 38 pg/ml (Median = 25 pg/ml). In der AIS- Gruppe lagen die TNF-α-Werte zwischen 47 pg/ml und 3910 pg /ml. Dabei lag der Mittelwert für TNF-α mit 785 pg/ml signifikant über dem der Kontrollgruppe (Median = 706 pg/ml). In der FIRS-Gruppe wurden erhöhte Werte gegenüber der Kontrollgruppe gemessen. Auch im Vergleich zur AISGruppe waren die TNF-α-Werte erhöht, zeigten in der statistischen Auswertung jedoch keine signifikanten Unterschiede. Bei zwei Fällen der FIRS-Gruppe wurden ähnlich niedrige Konzentrationen, wie bei Fällen der Kontrollgruppe gemessen. Diese Fälle werden in der Diskussion noch gesondert besprochen. Insgesamt lagen die gemessenen Werte zwischen 37 pg/ml und 5440 pg/ml. Der Mittelwert lag bei 2264 pg/ml und ist somit der höchste Wert von den drei Gruppen (Median = 2570 pg/ml). Die Messdaten wurden sowohl für alle drei Gruppen, als auch im Vergleich für Kontrollgruppe vs. Intrauterine Infektionen (AIS+ FIRS) ausgewertet. Die statistische Auswertung zeigte signifikante Unterschiede zwischen der AIS- und Kontrollgruppe bzw. zwischen der FIRS- und der Kontrollgruppe (p<0,05). Ein signifikanter Unterschied zwischen der AIS- und FIRS- Gruppe wurde nicht nachgewiesen. Tab. 6 : Mittelwerte und Mediane für TNF-α: TNF-α-Mittelwert Kontrollgruppe AIS-Gruppe FIRS-Gruppe 38,8 785,3 2264,3 25,0 706,7 2570,0 (pg/ml) TNF-α-Median (pg/ml) Ergebnisse 36 A B 1000 1000 pg/ml 10000 pg/ml 10000 100 10 1 100 10 Kontrolle AIS+FIRS 1 Kontrolle AIS FIRS Abb. 9: A TNF-α –Werte in pg /ml für zwei Gruppen. B Aufspaltung in drei Gruppen. AIS- und FIRS- Gruppe unterscheiden sich jeweils signifikant von der Kontrollgruppe (p<0,05). AIS+FIRS vs. Kontrollgruppe unterscheidet sich ebenfalls signifikant (p<0,05). Ein signifikanter Unterschied zwischen AIS und FIRS besteht nicht. Für die Werte der graphischen Darstellung wurden jeweils die letzten beiden gültigen Messwerte genommen und daraus der Mittelwert gebildet. Bei einem Cut-off- Wert von 200 pg/ml lag die Sensitivität bei 76,5 % die Spezifität bei 100% für die Unterscheidung zwischen Kontrollgruppe vs. Infektionsgruppe (AIS+ FIRS). Werte > 2000 pg/ml wurden ausschließlich in der FIRS-Grupppe gemessen. 3.3.2 IL-6- Messungen Aus den Messdaten ist ersichtlich, dass IL-6-Konzentrationen im FW allgemein höher waren, als die anderen Entzündungsparameter. In der Kontrollgruppe wurden IL-6Werte zwischen 2 pg/ml und 2665 pg/ml gemessen. Der Mittelwert für IL-6 lag in der Kontrollgruppe bei 463 pg/ml (Median = 600 pg/ml). In der AIS-Gruppe wurden IL-6Konzentrationen zwischen 3891 und 74740 pg /ml gemessen. Die Verteilungen der IL-6-Werte, waren in der AIS-Gruppe also wesentlich breiter gestreut. Der Mittelwert der IL-6- Messungen lag mit 26502 pg/ml deutlich über dem der Kontrollgruppe (Median = 21300 pg /ml). In der FIRS- Gruppe wurden signifikant erhöhte IL- 6 Werte gemessen. Die Werte lagen ähnlich der AIS- Gruppe breit gestreut zwischen 1000 und 100000 pg/ml. So lag auch der Mittelwert mit 24281 pg/ml deutlich über dem der Kontrollgruppe, jedoch unter dem der AIS- Gruppe (Median = 5075 pg/ml). Die statistische Auswertung zeigte signifikante Unterschiede zwischen der AIS- und Kontrollgruppe bzw. zwischen der FIRS- und der Kontrollgruppe (p<0,05). Ein Ergebnisse 37 signifikanter Unterschied zwischen der AIS- und FIRS- Gruppe wurde nicht nachgewiesen. Tab. 7: Mittelwerte und Mediane für IL-6: IL-6- Mittelwert Kontrollgruppe AIS-Gruppe FIRS-Gruppe 463,9 26502,2 24281,7 600,0 21300,0 5075,0 (pg/ml) Il-6 Median (pg/ml) A B 104 104 103 103 pg/ml 105 pg/ml 105 102 102 101 101 100 Kontrolle AIS + FIRS 100 Kontrolle AIS FIRS Abb. 10: A IL-6 –Werte in pg /ml für zwei Gruppen. B Aufspaltung in drei Gruppen. Die Kontrollgruppe unterscheidet sich signifikant von der AIS- und FIRS- Gruppe(p<0,05). AIS+FIRS vs. Kontrollgruppe unterscheidet sich ebenfalls signifikant (p<0,05). Die Darstellung in drei Gruppen zeigt, dass sich die AIS- und FIRS- Gruppe nicht signifikant voneinander unterscheiden. Die Werte wurden aus den jeweils letzten zwei gültigen Werten der Fruchtwasserproben errechnet. Bei einem Cut-off- Wert von 1000 pg/ml lag die Sensitivität bei 94,1 % die Spezifität bei 100% für die Unterscheidung zwischen Kontrollgruppe vs. Infektionsgruppe (AIS+ FIRS). Ergebnisse 38 3.3.3 LBP-Messung In der Kontrollgruppe wurden LBP-Konzentrationen zwischen 35 ng/ml und 2250 ng/ml gemessen. Der Mittelwert für LBP lag in der Kontrollgruppe bei 542 ng/ml (Median = 265 ng/ml). In der AIS-Gruppe wurden LBP-Konzentrationen zwischen 158 und 1899 ng /ml nachgewiesen. Der Mittelwert lag in dieser Gruppe bei 579 ng/ml (Median = 385 ng/ml). In beiden Gruppen wurden ähnliche Werte gemessen und auch in der FIRS- Gruppe waren die Werte im Gegensatz zur Kontroll- oder AISGruppe nicht signifikant erhöht. Sie lagen in der FIRS- Gruppe breit gestreut zwischen 86 ng/ml und 4228 ng/ml. Der Mittelwert lag bei 1327 ng /ml (Median = 758 ng/ml). Die statistische Auswertung ergab keine signifikanten Unterschiede unter den Gruppen. Tab. 8: Mittelwerte und Mediane für LBP: Kontrollgruppe LBP-Mittelwert AIS-Gruppe FIRS-Gruppe 541,6 578,9 1326,8 264,8 385,4 758,4 (ng/ml) LBP- Median (ng/ml) B 105 105 104 104 ng/ml ng/ml A 103 103 102 102 101 101 Kontrolle AIS+FIRS Kontrolle AIS FIRS Abb.11: A graphische Darstellung der LBP- Werte in ng/ml in 2 Gruppen. B Aufspaltung in drei Gruppen. Die drei Gruppen zeigen Überlappungen. Die Werte erlauben keine Unterscheidung der einzelnen Gruppen. Die statistische Auswertung zeigt keinen signifikanten Unterschied zwischen den drei Gruppen untereinander. Ergebnisse 39 3.4. Maternales Serum- CRP und Leukozyten-Werte Routinemäßig wurden während des stationären Aufenthaltes der Patientin regelmäßig die CRP- und Leukozytenwerte im mütterlichen Serum bestimmt. In den folgenden Graphiken sind die mütterlichen Werte in den letzen drei Tagen vor der Geburt für die verschiedenen Studiengruppen gezeigt. In der statistischen Auswertung, wurden keine signifikanten Unterschiede in den Studiengruppen für CRP und Leukozytenzahl gefunden. 50 Abb. 12: Mütterlichen CRP-Werte vor der Geburt. Die Werte bilden sich als Mittelwert aus den letzten drei Tagen vor der Geburt. Die statistische Auswertung zeigte keinen signifikanten Unterschied der drei Studiengruppen untereinander (p>0,05). 40 mg/l 30 20 10 0 Kontrolle AIS FIRS Abb.13 : Mütterlichen Leukozyten vor Geburt Die Werte stellen die Mittelwerte der letzten drei Tagen vor Geburt dar. Auch bei der mütterlichen Leukozytenzahl besteht kein signifikanter Unterschied der drei Studiengruppen untereinander (p>0,05). Tsd/µl 20 10 0 Kontrolle AIS FIRS Ergebnisse 40 3.5 Mütterliche Parameter und kindliches Outcome Mütterliche und kindliche Klinik sind in Tabelle 9 zusammenfassend dargestellt. Die Gruppen wurden nach Plazentahistologie eingeteilt. Als mütterliche Faktoren wurden Alter, Multiparität, Primiparität, Gestationsalter bei Blasensprung und zervikale Insuffizienz mit einbezogen. Als kindliche Kriterien wurden kongenitale Sepsis, schweres Atemnotsyndrom, intraventrikuläre Blutung und nekrotisierende Enterokolitis gewählt. Junge Erstgebärende dominieren in der Gruppe mit einer negativen Plazentahistologie, wohingegen ältere Mehrgebärende in den beiden anderen Gruppen zu einem größeren Prozentsatz vertreten waren. Das Gestationsalter bei Blasensprung war in der Kontrollgruppe mit durchschnittlich 30, 6 Wochen höher. Mit Fall 7 wurde auch ein Fall mit neonataler Morbidität und Mortalität der Kontrollgruppe zugeordnet. Unter schwerwiegender neonataler Morbidität wurden Parameter wie neonatale Sepsis, schweres Atemnotsyndrom, bronchopulmonale Dysplasie, intraventrikuläre Blutungen und nekrotisierende Enterokolitis mit einbezogen (siehe Tab.3). Ergebnisse 41 Tab. 9: Mütterliche und kindliche klinische Daten: Parameter Kontrollgruppe (n=10) AIS und FIRS- Gruppe (n=17) Alter der Mutter 27,75 31,7 Primiparität 40 % (n= 4) 29,4 % (n= 5) Multiparität 60% (n= 6) 70,5 % (n=12) Gestationsalter beim 30,6 Wochen 27,7 Wochen 12 Tage 14 Tage 31,4 Wochen 29,3 Wochen Zervikale Insuffizienz 25 % 14,2% Kongenitale Sepsis 0% (n=0) 11,8 % (n=2) schweres 20 % (n=2) 35,2 (n=6) Intraventrikuläre Blutung 0% (n=0) 11,8 % (n=2) Nekrotisierende 0% (n=0) 11,8 % (n=2) Geburtsgewicht 1652,5 g 1347,8 g Signifikante neonatale 0% (n=0) 41,1 % (n=7) 10 % (n=1)* 0% (n=0) Blasensprung (MW) Latenzzeit zwischen Blasensprung und Geburt Gestationalter bei Geburt (MW) Atemnotsyndrom Enterokolitis (NEC) Morbidität Neonatale Mortalität (*Fall 7, siehe auch Kap. 3.5.2) Ergebnisse 42 3.6 Falldarstellungen Neben typischen Verläufen in den verschiedenen Gruppen werden auch einige Grenzfälle dargestellt werden, um die Problematik der Gruppenzuordnung zu verdeutlichen. 3.6.1.Typische Fälle aus Fall- bzw. Kontrollgruppen Im folgenden Kapitel wurden drei Fälle mit kurzer Anamnese aus der jeweiligen Studiengruppe vorgestellt. Es wurden die TNF-α, IL-6 und LBP-Konzentrationen im Fruchtwasser mit mütterlichem Serum- CRP verglichen (siehe Tabelle 5). Fall 1: Kontrollgruppe (Patientin 4) Mutter : 20-jährige GI/PI, Schwangerschaft kompliziert durch Zervixinsuffizienz, vorzeitige Wehen und fVBS in der 30+6 SSW. Lungenreife erfolgt, CRP unter Antibiose zuletzt <3 mg/l. Indikation zur Sectio caesarea in der 31+1 SSW wegen mütterlicher Infektionshinweise. Kind: Frühgeborenes (FG) in der 31+1 SSW, 1780g, Atemnot- Syndrom, ApnoeBradykardie-Syndrom, IL-6 im Nabelschnur-Blut: 4 pg /ml. Plazentahistologie: unauffällig, normgerecht, kein Hinweis auf Infektion. Fall 2: AIS- Gruppe (Patientin 2) Mutter: 34-jährige GIV/GI, Z.n Spätabort in der 19.SSW, sowie zwei ExtrauterinGraviditäten. Schwangerschaft kompliziert durch vorzeitige Wehen und VBS in der 24+5 SSW. Lungenreifeinduktion abgeschlossen, Antibiose erfolgt, Abstriche negativ, CRP zuletzt 3 mg/l. Indikation zur Sectio caesarea: zunehmende Wehentätigkeit trotz maximaler Tokolyse. Kind: FG in der 25+2 SSW, 740 g, AIS, Apnoe-Bradykardie-Syndrom, Hyperbilirubinämie, IL-6 : 210 pg/ml. Plazentahistologie: floride Chorioamnionitis und Omphalovaskulitis. Ergebnisse 43 Fall 3: FIRS- Gruppe (Patientin 17) Mutter : 31-jährige GV/PI mit VBS in der 25+6 SSW, Lungenreife abgeschlossen, Antibiose und Antimykotika, da Candida albicans im Vaginalabstrich, CRP am Tag vor der Geburt auf 43 mg/l angestiegen, davor 3 mg/l. Indikation zur Sectio in der 26+4 SSW: Verdacht auf AIS. Kind : FG in der 26+4 SSW, 820 g, AIS, Konnatale Pilzinfektion, Nekrotisierende Enterokolitis, Apnoe-Bradykardie-Syndrom, IL-6: 179 pg/ml. Plazentahistologie: floride Chorioamnionitis placentae et parietalis, mit Deckplattenvaskulitis, Omphalovaskulitis und Funisitis, ausgeprägte Amnioninfektion. Tab. 10: Zytokinkonzentrationen bei den dargestellten Fallbeispielen (siehe Text) im zeitlichen Verlauf der letzten Tage vor der Geburt: IL-6 (pg/ml) LBP CRP (mg/l) Zeitverlauf TNF-α (d) ¹ (pg/ml) E-2 28 375 401 12 E-1 54 305 203 50 E <20 660 228 47 E-2 256 3690 1564 13 E-1 295 2410 517 8 E 1610 15850 470 3 FIRS- E-4 1615 23450 1238 3 Gruppe E-3 336 nicht messbar 1416 3 E-2 1910 100000 1441 27 E-1 (7 Uhr) 6750 >100000(1:150)² 2530 43 E-1 (17 Uhr) 4130 >100000 (1:150) 2465 Kontrolle AIS-Gruppe (µg/ml) ¹ E = Entbindungstag, (E- 1 = ein Tag vor der Entbindung) ² 1: 150: Probe wurde im Verhältniss 1: 150 vorverdünnt In Tabelle 10 wurden TNF-α, IL-6 und LBP im Fruchtwasser und mütterliches SerumCRP von den letzten Tagen vor der Geburt verglichen. Bei den letzten beiden Proben der FIRS-Fälle, waren die Werte selbst bei einer Verdünnung von 1: 150 für Ergebnisse 44 die Immulitemessung zu stark konzentriert. Der TNF- Verlauf zeigte steigende Werte bei den AIS- und FIRS-Fällen, wobei dies bei dem FIRS-Fall am deutlichsten war. In der Kontrolle waren die Werte deutlich niedriger. Ähnliche Verläufe ließen sich auch für IL-6 nachweisen. Durch den CRP- Verlauf, ließen sich die drei Gruppen nicht voneinander unterscheiden. Der Kontrollfall zeigte z.B. höhere Werte, als der FIRSFall. 3.6.2 Sonder- und Grenzfälle Fall 4: Mütterlicher Diabetes mellitus Typ 1 Dieser Fall, der nach der Beurteilung der Plazenta und des kindlichen Outcomes in die Kontrollgruppe eingeteilt worden wäre, wurde nicht in die Studie einbezogen. Bei diesem Fall wurden trotz fehlenden Infektionszeichen beim Neugeborenen hohe TNF-α-Konzentrationen im Fruchtwasser nachgewiesen. Diese Proben waren mit Blut kontaminiert und die TNF-α-Werte waren bei diesen Proben schon eine Woche vor Geburt auffällig hoch (ca. 400 pg /ml) Dieser Fall wurde jedoch aufgrund eines mütterlichen Diabetes Typ 1 nicht berücksichtigt, da eine mütterliche Stoffwechselerkrankung zu den Ausschlusskriterien der Studie zählt. Dieser Fall zeigt, dass mütterliche Erkrankungen Ergebnisse verfälschen können. Mutter : 38-jährige GI /PI, mit VBS in der 28+ 6 SSW. Diabetes mellitus Typ I mit Insulinpumpe seit 1981, seit 3 Jahren mit Pumpe. Indikation zur Sectio in der 32+5 SSW wegen Beckenendlage und blutigem Fruchtwasser. Die mütterlichen Infektionswerte peripartal, waren nicht erhöht. Kind : FG in der 32+5 SSW, Geburtsgewicht 1850 g, respiratorische Anpassungsstörung, Labor: IL-6 im Nabelschnurblut: 8 pg/ml, CRP <3 pg/ml. Mikrobiologie: unauffällig Plazentahistologie: normgewichtig, altersentprechend Ergebnisse 45 Fall 5: Fulminante Escherischia coli (E.coli) – Infektion (Patientin 5+ 3) Patientin 5: Mutter: 31-jährige GIV/PII mit VBS in der 30+4 SSW, im Vaginalabstrich wurde E.coli nachgewiesen, es erfolgte eine antibiotische Behandlung mit Zinacef. Die Geburt erfolgte spontan in der 32+5 SSW morgens. Kind: FG in der 32+5 SSW, Geburtsgewicht 1860 g, Neugeborenensepsis durch E.coli, Atemnotsyndrom, Kreislaufinsuffizienz. Labor : IL-6 im Nabelschnurblut: 5497 pg/ml, CRP <3 mg/l. Mikrobiologie: Oberflächenabstrich und Blutkultur : Nachweis von E.coli. Plazentahistologie: Chorioamnionitis placentae et parietalis, geringe Omphalovaskulitis. Patientin 3 : Mutter: 31-jährige GVI/PV mit VBS in der 28+4 SSW, Adipositas, im Vaginalabstrich vereinzelt E.coli, es erfolgte eine antibiotische Behandlung mit Zinacef. Die Geburt erfolgte spontan in der 30+2 SSW. Kind: FG in der 30+2 SSW, Geburtsgewicht 2180 g, Frühgeboreneninfektion mit E.coli, phototherapiepflichtige Hyperbilirubinämie. Labor : IL-6 im Nabelschnurblut: 2400 pg/ml, CRP <3 mg/l. Mikrobiologie: Oberflächenabstrich und Blutkultur : Nachweis von E.coli. Plazentahistologie: Chorioamnionitis placentae et parietalis, Deckplattenvaskulitis, Omphalovaskulitis. Die TNF-α-Werte im abgehenden Fruchtwasser von Patientin 5 waren mit Werten zwischen 20 und 60 pg /ml niedrig und auch die IL-6- und LBP- Werte waren nicht erhöht. Hier ist der Zeitpunkt der letzten Probenentnahme von besonderer Bedeutung. Diese erfolgte ca. 24 h vor der Geburt. Bei Patientin 3 konnte ein massiver Anstieg des TNF-α-Konzentration im abgehenden Fruchtwasser zeitlich dokumentiert werden. Bei dieser Patientin konnte innerhalb der letzten 24 Stunden noch eine Probe gewonnen werden. Ergebnisse 46 Tab. 11: TNF-α-Werte am Tag der Entbindung bei Patientin 3: Zeitpunkt der Probengewinnung TNF-α-Wert in pg/ml Tag vor der Entbindung 9.30 Uhr 140 pg/ml Tag vor der Entbindung 22.00 Uhr 5000 pg/ml Ähnlich der Konzentration der Probe von Patientin 5, bei der die letzte Probengewinnung auch am morgen des Tages vor der Entbindung war, wurden in dieser Probe relativ niedrige Werte gemessen. In diesem Fall lässt sich der fulminante TNF-α Anstieg dokumentieren. Bereits bei einer Latenzzeit von 12 Stunden zwischen den beiden Probengewinnungen fand ein deutlicher Anstieg statt. Fall 6: Typischer Grenzfall zwischen Kontrollgruppe und AIS-Gruppe (Patientin 23) Mutter : 23-jährige GI/PI mit VBS in der 27+5 . Es kam zu einer nicht hemmbaren Wehentätigkeit und aufgrund eines leichten Anstiegs der mütterlichen Infektionsparameter wurde die Indikation zur Sectio in der 29+ 4 SSW gestellt. Kind: FG in der 29+4 SSW, Geburtsgewicht 1350 g, Apnoe-Bradykardie-Syndrom, Verdacht eines Amnioninfektionssydroms. Labor: IL-6 im Nabelschnurblut: 110 pg/ml, CRP< 3 mg/l. Mikrobiologie : negativ Plazentahistologie: es fand sich eine diskrete Entzündung im Bereich der Nabelschnur, ansonsten keine wesentlichen Entzündungszeichen. Die TNF-α und IL-6 Werte im abgehenden Fruchtwasser waren mit Werten von 50 – 240 pg/ml niedrig bis mäßig erhöht. Der IL-6 Wert im Nabelschnurblut lag mit 110 pg/ml leicht über dem festgelegten Cut-off- Wert von 100 pg/ml. In der Plazentahistologie fanden sich nur diskrete Entzündungszeichen, das Labor des Kindes zeigte nur mässig erhöhte IL-6 Werte. Dieser Fall wurde in die AIS-Gruppe eingestuft, war jedoch nicht deutlich von der Kontrollgruppe abzugrenzen. Dies ist ein Grenzfall, bei welchem es schwierig ist, eine eindeutige Gruppenzuteilung vorzunehmen. Ergebnisse 47 Fall 7: Postpartaler Tod eines Kindes aus der Kontrollgruppe (Patientin 20) Mutter: 36-jährige GI/PI mit VBS in der 20+2 SSW, Oligohydramnion/ Ahydramnie, zuletzt E.coli- Besiedlung vaginal, keine mütterlichen Infektionshinweise peripartal. Indikation zur Sectio in der 30+0 SSW, da vaginale Besiedlung mit E.coli und Ahydramnie. Kind: FG in der 30+0 SSW, Gewicht 1270 g, Lungenhypoplasie bei Ahydramnie, pulmonale Hypertonie mit Rechts- Links- Shunt über persistierenden Ductus arteriosus, metabolische Azidose, persistierendes foramen ovale mit Links- RechtsShunt, Kreislaufinsuffizienz. Labor : CRP<3 mg/l, IL-6 21 pg/ml. Mikrobiologie: Abstriche negativ Plazentahistologie: keine Hinweise für eine Infektion. Das Besondere an diesem Fall ist die lange Latenzzeit von 70 Tagen zwischen Blasensprung und Entbindung. Bei dem Neugeborenen wurde eine Lungenhypoplasie bei Ahydramnie in utero nachgewiesen. Das Kind verstarb circa zwei Wochen nach der Geburt aufgrund von Kreislauf-Insuffizienz und respiratorischer Insuffizienz. Eine intrauterine Infektion oder eine Infektion in den ersten Tagen nach Geburt wurde nicht diagnostiziert. Die gemessenen Infektionsparameter passen zu diesem Befund, sie waren mit 4-50 pg/ml für TNF-α und 600-800 pg/ml für IL-6 entsprechend der fehlenden Infektion niedrig. Ergebnisse 48 3.7 Schnelltestuntersuchungen für TNF- α In Zusammenarbeit mit der Firma Milenia (Bad Nauheim) wird an der Entwicklung eines Schnelltest-Sytems zur Messung von TNF-α aus abgehendem Fruchtwasser gearbeitet. Bei einem ersten Testdurchlauf wurde deutlich, dass die Empfindlichkeit des Schnelltests bisher zu hoch war. Die die TNF- α -Konzentrationen im abgehenden Fruchtwasser waren für den bisher entwickelten Test zu hoch. Der Test ist derzeit noch in weiterer Entwicklung, zur Optimierung der Messgenauigkeit. Abb. 14 Ausschnitt aus den ersten Messungen von TNF-α im abgehenden Fruchtwasser mit Hilfe des Schnelltests. In der linken Spalte sind die Schnellteste mit deutlicher Kontrollbande sichtbar. In der mittleren Spalte wurden die Probennummern notiert. Darstellung der Messergebnisse in pg/ml in der rechten Spalte. Diskussion 49 4 Diskussion Der fVBS ist eine Hauptursache perinataler Morbidität und Mortalität. Das therapeutische Vorgehen bei Patientinnen mit fVBS ist unter anderem durch bisher unzureichende diagnostische Möglichkeit schwierig. Die etablierten klinischen Parameter (z.B. maternales CRP, maternale Leukozytose, maternales Fieber, fetale Tachykardie, Druckdolenz des Uterus oder übelriechendes Fruchtwasser (FW) (Leitlinien DGGG)) sind für die Erkennung eines erhöhten Risikos für den Feten weniger aussagekräftig, da es sich um späte und unspezifische Parameter im Entzündungsgeschehen handelt. Der Konflikt zwischen abwartendem und aktivem Vorgehen ist entscheidend für das mütterliche Wohl und die Prognose des Kindes. Für ein rational begründetes Management des fVBS spielt die Infektionsdiagnostik eine entscheidende Rolle. In der vorliegenden Studie wurde durch eine nichtinvasive Methode abgehendes Fruchtwasser gewonnen und auf inflammatorische Zytokine untersucht. Es wurden TNF-α, IL-6 und LBP als potentielle frühe Entzündungsmarker im abgehenden Fruchtwasser gemessen. Ziel war es zu evaluieren, ob diese Parameter ein intrauterines inflammatorisches Geschehen (AIS oder FIRS) anzeigen können. Gleichzeitig wurde an der Entwicklung eines Schnelltests für TNF-α und IL-6 gearbeitet, die eine Untersuchung im Rahmen einer Bedside-Diagnostik ermöglichen. 4.1 Methoden der Fruchtwassergewinnung In zahlreichen Studien wurde bereits untersucht, ob Zytokine bei Infektionen aussagekräftige Parameter darstellen, um eine intrauterine Infektion frühzeitig zu erkennen (Holst et al. 2007; Baud et al. 1999; Menon et al. 2007). Für die klinische Praxis wird angestrebt, die Bestimmung inflammatorischer Zytokine direkt aus dem Fruchtwasser vorzunehmen, da Zytokinbestimmungen im maternalen Serum in ihrer Aussagekraft beschränkt sind (Shobokshi et al. 2002). In der Literatur wurden bereits die Untersuchungen von Infektionsparametern im Fruchtwasser beschrieben, welches durch Amniozentese gewonnen wurde. Jedoch ist diese Art der Fruchtwassergewinnung vor allem bei persistierendem Oligo- bzw. Anhydramnion technisch schwierig durchführbar und nicht mehrmals wiederholbar. Ausserdem kann die Anmniozentese selbst eine Infektion hervorrufen, den Fetus verletzen oder eine Frühgeburt auslösen (Kolibianakis et al. 2003; Scott et al. 2002). Diskussion 50 In der Pilotstudie von Breuer (2008) an unserer Klinik, wurden Methoden der invasiven und nicht-invasiven Fruchtwassergewinnung untersucht und Unterschiede der Zytokinkonzentrationen im reinen Fruchtwasser (aus Spiegeleinstellungen) vs. abgehendem Fruchtwasser (aus Bindenextraktion), welches durch andere Sekrete des weiblichen Urogenitaltraktes kontaminiert sein könnte, verglichen. Dabei standen die Sicherheit der Patientin und des Feten in utero im Vordergrund. Ein wesentliches Ziel war es auch eine Möglichkeit zu finden, das abfließende Fruchtwasser täglich zu gewinnen. Bei der Probengewinnung durch eine sterile Pipette ist eine Keimeinschleppung unwahrscheinlich. Dieses Verfahren ist jedoch für eine tägliche Fruchtwassergewinnung nicht praktikabel, da eine Spiegeleinstellung meistens nur bei der Aufnahme erfolgt. Bei der Gewinnung von abgehendem Fruchtwasser aus Binden ist die Kontamination der Fruchtwasserprobe durch andere Sekrete ein größeres Problem. So könnten durch Verdünnung falsch niedrige Zytokinwerte trotz einer manifesten Infektion gemessen werden. Jedoch könnten Werte bei dieser Art der Fruchtwassergewinnung auch falsch hoch gemessen werden, z.B. bei einer bakteriellen Vaginose der Patientin. Außerdem ist die Lagerungsdauer der Binden bis zum Auspressen des Fruchtwassers und anschließendem sofortigen Einfrieren ein kritischer Faktor. So zeigte sich in einer Studie zur Stabilität von Infektionsparmetern (Yu 2008, Promotion), dass es bei einer Probenlagerung bei 2-8 °C zu einem Abbau der Analyte von 5-8 % kommen kann, bedingt durch den Proteasegehalt des Vaginalmilieus. Bei höheren Temperaturen könnte der Zytokinabfall noch stärker ausfallen. Es sollte also darauf geachtet werden, dass die Binden nicht zu lange lagern und das Fruchtwasser möglichst zeitnah zur Gewinnung eingefroren bzw. direkt untersucht werden sollte. Durch Einsatz von Proteaseinhibitoren können die Proben zusätzlich stabilisiert werden. Problematisch sind Fälle mit fVBS, bei denen aufgrund des geringen Fruchtwasserabgangs keine Probe gewonnen werden kann. Bei Patientinnen mit einem Oligohydramnion kann dieses Phänomen über Tage anhalten. Eine Diagnostik wäre in diesem Zeitraum somit nicht möglich. Diskussion 51 Der Vorteil der Fruchtwasserasservierung aus Binden ist die Möglichkeit dieses täglich zu gewinnen. Damit wäre eine engmaschige Kontrolle möglich, um eine intrauterine Infektion zeitnah zu erkennen. Außerdem kann bei Fruchtwassergewinnung durch Bindenextraktion eine Art Arbeitsteilung stattfinden, die ohne Beteiligung ärztlichen Personals möglich ist. Die Patientin selbst sammelt die Binden in entsprechenden Tüten und beschriftet diese mit Datum und Uhrzeit. Das Auspressen der Binde kann nach einer kurzen Schulung von Labormitarbeitern, pflegerischem Personal oder anderen Personen durchgeführt werden. Zusammenfassend stellt die Bindenextraktion somit eine sinnvolle Alternative zur Gewinnung durch eine Pipette bei Spiegeleinstellung und zur invasiven Fruchtwasserentnahme wie der Amniozentese dar. 4.2 Infektionsparameter in abgehendem Fruchtwasser In der vorliegenden Studie wurde abgehendes Fruchtwasser bei Patientinnen mit frühem vorzeitigem Blasensprung auf die Infektionsparameter TNF-α, IL-6 und LBP untersucht. Die Auswertung der TNF-α –Messungen ergab signifikante Unterschiede zwischen der Kontrollgruppe vs. AIS – und FIRS-Gruppe (p<0,05) (siehe Abb. 9). Bei einem Cut-off-Wert von 200 pg/ml lag die Sensitivität bei 76%, die Spezifität bei 100% zur Identifikation Kontrollgruppe vs. Intrauterine Infektions-Gruppe (AIS+ FIRS). TNF-α-Werte von > 2000pg/ml wurden ausschließlich in der FIRS-Gruppe gemessen. Die IL-6-Messungen in abgehendem Fruchtwasser ergaben ebenfalls signifikante Unterschiede zwischen der Kontrollgruppe und der AIS- bzw. FIRS-Gruppe (siehe Abb. 10). Bei einem Cut-off-Wert von 1000pg/ml lag die Sensitivität bei 94 %, die Spezifität bei 100% zur Unterscheidung der Kontrollgruppe vs. einer Intrauterinen Infektion (AIS+ FIRS). Bei LBP wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen den drei Gruppen beobachtet (siehe Abb. 11). Aufgrund zahlreicher publizierter Daten ist es heute belegt, dass bei intrauterinen Infektionen die Spiegel von inflammatorischen Zytokinen (IL-6, IL-8, IL-1ß, TNF-α) im Fruchtwasser ansteigen (Holst et al. 2007; Baud et al. 1999; Romero et al. 1990; Shobokshi et al. 2002; Wang et al. 1998). Die Studie von Saito et al. (2001) untersuchte mögliche Entstehungsort der Zytokine und eine mögliche fetale Beteiligung der Zytokinproduktion. Nach dieser Arbeit sind Diskussion 52 sowohl die Dezidua, als auch die fetale Seite an der Zytokinproduktion beteiligt. Auf dezidualer Seite sind dies Makrophagen der Plazenta und deziduale Zellen. Zellen der fetalen Membran (=Amniochorion) exprimieren mRNA und Proteine für verschiedene Zytokine, wie IL-1, IL-6, IL-8 und TNF-α. 4.2.1 TNF-α In der vorliegenden Studie wurden signifikant höhere TNF-α-Konzentrationen bei Frauen mit fVBS mit nachweisbarer intrauteriner Infektion gemessen (siehe Abb. 9). Der Cut-off-Wert von 200 pg/ml (siehe 3.3.1) zur Unterscheidung von Kontrollgruppe vs. Intrauterine Infektion, kann aufgrund des kleinen Studienkollektivs zunächst nur als Orientierungswert angesehen werden. Bei allen drei gemessenen inflammatorischen Markern war kein signifikanter Unterschied zwischen AIS- und FIRS-Gruppe nachweisbar. Bei der Messung von TNF-α traten Werte > 2000 pg/ml ausschließlich in der FIRS-Gruppe auf. Bei zwei Fällen der FIRS Gruppe wurden aber deutlich niedrigere Werte als 2000 pg/ml gemessen. Diese Fälle werden in Kapitel 4.5 gesondert besprochen (siehe 4.5). Da die Fallzahl in der FIRS-Gruppe klein ist, spielen diese zwei Fälle durchaus eine Rolle bei der statistischen Auswertung. Trotz dieser Einschränkungen ließen sich besonders schwere Verläufe einer Infektion in utero in der vorliegenden Studie also am besten durch TNF-α-Messung identifizieren. Diese vorgelegten Ergebnisse stimmen mit bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen z.B. von Park et al. (2004) überein. In dieser Arbeit wurde TNF-α im Fruchtwasser untersucht, um eine mögliche early-onset Sepsis eines Frühgeborenen zu identifizieren. Das Fruchtwasser wurde mittels Amniozentese bei Frauen gewonnen, die innerhalb der nächsten 72 h eine Frühgeburt hatten. Die Arbeitsgruppe zeigte, dass TNF-α im Fruchtwasser bei einer Frühgeburt mit earlyonset -Sepsis erhöht war und als diagnostisch besser geeignet war, als eine Fruchtwasserkultur oder Plazentahistologie. Auch in der Arbeit von Baud O et al. (1999) wurde TNF-α, als der beste Vorhersageparameter für eine schwere kindliche Infektion beschrieben. Hier wurde Fruchtwasser auf die inflammatorischen Zytokine IL-1ß, IL-6 und TNF-α im Zusammenhang mit intrauterinen Infektionen untersucht. IL-1ß wurde als bester Diskussion 53 Vorhersageparameter der histologischen Chorioamnionitis identifiziert, TNF-α für eine frühe schwere neonatale Infektion. Jean-Pierre et al. (2006) untersuchten Fruchtwasser bei Patientinnen ohne frühen vorzeitigen Blasensprung mittels Amniozentese. Es konnte durch FW-Untersuchungen ex vivo nachgewiesen werden, dass es durch bakterielle Stimulation zu einer Potenzierung der TNF-α -Produktion kam. Die TNF-α-Konzentration kann also intrauterin im Fruchtwasser durch bestimmte Faktoren, z.B. bakterielle Besiedlung, erhöht werden und liefert so Hinweise auf eventuelle pathologische Veränderungen des Milieus. Der TNF-α-Spiegel kann durch weitere Faktoren beeinflusst werden. Bei einigen Fällen der vorliegenden Studie konnte beobachtet werden, dass manche Frauen extrem viel Fruchtwasser verloren und somit intrauterin ein sehr hohes Reservevolumen aufwiesen. Bei einigen dieser Patientinnen wurden im Fruchtwasser trotz einer nachgewiesenen Chorioamnionitis nur relativ niedrige TNFα -Spiegel nachgewiesen. Hier könnte durch ein besonders großes intrauterines Fruchtwasservolumen eine Verdünnung der Infektionsparameter erfolgt sein. Umgekehrt wurde von Yoon et al. (1999) berichtet, dass bei Frauen mit Oligohydramion und fVBS höhere Spiegel, unter anderem von IL-6 und TNF-α gemessen wurden. Zusammenfassend kann aufgrund der Ergebnisse der vorliegenden Arbeit und der bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse postuliert werden, dass TNF-α intrauterin im Fruchtwasser bei Frauen mit fVBS als aussagekräftiger Marker für eine intrauterine Infektion angesehen werden kann. In der vorliegenden Arbeit konnten jedoch nicht alle Fälle mit einer intrauterinen Infektion eindeutig identifiziert werden (Sensitivität = 76%). 4.2.2 IL-6 In der vorliegenden Studie wurden signifikant höhere IL-6-Konzentrationen bei Frauen mit fVBS mit nachweisbarer intrauteriner Infektion gemessen (siehe Abb. 10). Der Cut-off-Wert von 1000 pg/ml (siehe 3.3.2) zur Unterscheidung von Kontrollgruppe vs. Intrauterine Infektion, kann aufgrund des kleinen Studienkollektivs zunächst nur als Orientierungswert angesehen werden. Im Gegensatz zu TNF-α wurden in der FIRS-Gruppe keine höheren Zytokinkonzentrationen im Vergleich zur AIS-Gruppe gemessen. Aus den Messergebnissen der vorliegenden Arbeit ist Diskussion 54 ersichtlich, dass allgemein die Spiegel von IL-6 im Fruchtwasser sehr hohe Werte annehmen können. Dies wurde unter anderem auch von Shobokshi et al. (2002) beschrieben, die im Gegensatz zum Serum, viel höhere Spiegel IL-6Konzentrationen im Fruchtwasser fanden. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit werden durch andere Studien untermauert, bei denen eine Erhöhung der Konzentration inflammatorischer Zytokine im Fruchtwasser bzw. Zervixsekret als ein zuverlässiger Indikator für eine intrauterine Infektion beschrieben wurde (Holst et al. 2007; Wang et al. 1998; Gomez et al. 1995; Yoon et al. 1995; Kayem et al. 2005). Interleukin-6 wird intrauterin von der fetomaternalen Einheit produziert. Ein Großteil dieses Zytokins entstammt wahrscheinlich der Eihaut, die nach Stimulation mit LPS zur Interleukin-6-Produktion in der Lage ist. Es gibt eine Korrelation zwischen erhöhten Interleukin-6-Konzentrationen im Fruchtwasser und einer höheren perinatalen Morbidität. Bei erhöhter IL-6Konzentration ist das Risiko für das Auftreten einer neonatalen Sepsis, einer nekrotisierenden Enterokolitis und weiteren Erkrankungen, die im Zusammenhang mit prä- und perinatal erworbenen Infektionen stehen, erhöht (Yoon 1995). Kayem et al. (2005) untersuchten das vaginale Sekret von Frauen mit frühem vorzeitigem Blasensprung auf IL-6 und wertete dies mit Hilfe eines Schnelltests aus (Sensitivität 79%, Spezifität 56%). Der positive prädiktive Wert war in dieser Studie mit 30% recht niedrig. Dazu gibt es verschieden Erklärungsmöglichkeiten. Einerseits ist ein inflammatorisches intrauterines Geschehen nicht gleichbedeutend mit einer fetalen Infektion. Außerdem war die Latenzzeit bei dieser Arbeit zwischen Probenentnahme und Entbindung oft sehr lang. Dies unterstreicht noch einmal, dass eine tägliche oder sogar mehrmals tägliche Probengewinnung, einen entscheidenden Faktor darstellt, um eine verbesserte Diagnostik zu ermöglichen. In der vorliegenden Studie wurden auch erhöhte IL-6-Konzentrationen im Nabelschnurblut der Neugeborenen aus der AIS- und FIRS-Gruppe gemessen. Interleukin-6 wird als ein inflammatorisches Zytokin schon routinemässig im Nabelschnurblut von Neugeborenen gemessen (Satar et al. 2008; Berner et al. 2001; Krueger et al. 2001; Khassawneh et al. 2007). Die Erhöhung von Interleukin-6 im Nabelschnurblut deutet auf ein intrauterin begonnenes infektiöses Geschehen hin, welches auf den Feten übergreift. Dieser Zusammenhang erklärt auch die Verbindung zwischen erhöhten Konzentrationen an Interleukin-6 im Nabelschnurblut Diskussion 55 und der Entwicklung einer Sepsis und auch dem Auftreten von periventrikulären Läsionen im Sinne einer Leukomalazie (Yoon 1996). Die Studie von Berner et al. (2001) gibt Hinweise darauf, dass eine Besiedlung der Nabelschnur mit Erregern bereits in utero eine Zytokinproduktion auslöst, die als Folge hohe IL-6-Spiegel im Fruchtwasser nach sich ziehen und somit auch eine mögliche Infektion anzeigen. In der vorliegenden Studie zeigt sich dieser mögliche Zusammenhang durch präpartal erhöhte IL-6 Spiegel im Fruchtwasser bei einer postpartal nachgewiesenen Infektion des Kindes. Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit und die bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse, dass IL-6 bei intrauterinen Infektionen, als valider Marker beurteilt werden kann und somit die Untersuchung des abgehenden Fruchtwassers, eine diagnostischen Option darstellt. In der vorliegenden Arbeit konnte jedoch ein fetal inflammatory response syndrom nicht von einem AIS abgegrenzt werden. 4.2.3 LBP Der diagnostische Marker LBP zeigte keine signifikante Unterscheidung zwischen den Gruppen. In unserer Studie konnte LBP damit nicht als möglicher diagnostischer Parameter für eine intrauterine Infektion identifiziert werden. 4.3 Vergleich von Parametern im maternalen Serum vs. Infektionsparametern im abgehenden Fruchtwasser In der vorliegenden Arbeit wurden die CRP- und Leukozytenkonzentrationen im maternalen Serum in den letzten drei Tagen vor der Geburt statistisch ausgewertet. Hier traten keine signifikanten Unterschiede zwischen den drei Studiengruppen auf (siehe Abb.12/13). Die untersuchten Verläufen von TNF-α, IL-6, LBP und Serum-CRP zeigte, dass IL-6 und TNF-α-Konzentrationen früher anstiegen, als das CRP (siehe Tab. 10). Aufgrund mangelnder diagnostischer Alternativen richtet sich die Entscheidung zu aktiven vs. abwartenden therapeutischen Maßnahmen bei Patientinnen mit fVBS derzeit noch wesentlich an diesen Parametern im mütterlichen Serum (siehe Abb.2). Diskussion 56 Nach derzeitigem Wissensstand, ist das maternale Serum-CRP als diagnostischen Marker zur Identifizierung einer intrauterinen Infektion bei Frauen mit fVBS aber nicht ausreichen sensitiv oder spezifisch (Giles et al. 2005; Leitich 2003). Inflammatorische Zytokine im mütterlichen Serum wurden aufgrund der Ergebnisse der Pilotstudie (Breuer 2008) in der vorliegenden Studie nicht gemessen. In der Pilotstudie wurde ersichtlich, dass die Serum-Zytokine bei weitem nicht die diagnostischen Erfolge bieten, wie Zytokine des Vaginalsekretes oder des abgehenden Fruchtwassers. Die unmittelbare Nähe zum Entzündungsgeschehen, ist also ausschlaggebend. Zahlreiche Studien untersuchten bereits die Zytokine im mütterlichen Serum bei Frauen mit fVBS (Murtha et al. 2007; Saji et al. 2000; von Minckwitz et al. 2000, Pfeiffer et al. 1999). Die Literatur ist bezüglich mütterlicher Serumparameter zur Identifizierung einer intrauterinen Infektion nicht einheitlich. Pfeiffer et al. (1999) identifizierte mütterliches IL-6 als aussagekräftigen Parameter, der eine Infektion in utero früher anzeigt, als mütterliches Serum-CRP. Bei dieser Studie wurden Infektionsparameter im Fruchtwasser jedoch nicht im Vergleich untersucht. Shobokshi et al. (2002) fand bei Frauen mit frühem vorzeitigen Blasensprung mit nachgewiesener Infektion erhöhte inflammatorische Zytokine im Fruchtwasser. Bei nur der Hälfte der Fälle konnten auch erhöhte Serumzytokine nachgewiesen werden. Dies kann dadurch erklärt werden, dass proinflammatorische Zytokine normalerweise die Plazenta nicht passieren (Aalton et al. 2005). Maternale Serumspiegel sind also bezüglich der kindlichen Gefährdung nicht sehr spezifisch. Ihre Bestimmung zur Diagnostik einer intrauterinen Infektion scheint deshalb nicht sinnvoll. Diskussion 57 4.4 Sonder- und Grenzfälle Patientin mit Diabetes Typ I Bei einer Patientin mit fVBS und einem Diabetes Typ I wurden trotz fehlender Infektion hohe TNF-α –Konzentrationen im abgehenden Fruchtwasser gemessen (siehe 3.6.2). Die Patientin wurde aufgrund der mütterlichen Stoffwechselerkrankung nicht in die Studie miteinbezogen (siehe 2.2.2). In mehreren Studien wurde die Rolle von TNF-alpha bei diabetischer Stoffwechsellage untersucht. (Coughlan et al. 2001; Gonzales-Clemente et al. 2005; Cantor et al. 2005; Lee et al. 2005). Coughlan et al. (2001) fanden bei Frauen mit mütterlichem Gestationsdiabetes erhöhte TNF-α–Spiegel im Serum. In Geweben von Patientinnen mit einem Gestationsdiabetes korrelierten hohe Glucosewerte mit erhöhten TNF-αKonzentrationen. Die Autoren postulierten, dass TNF-α demnach eine regulatorische Funktion im Glucose- und Lipidstoffwechsel und bei der Insulinresistenz besitzt. In Anbetracht dass ein Gestationsdiabetes keine seltene Komplikation in der Schwangerschaft ist, sind diese Forschungsergebnisse von Relevanz für eine mögliche diagnostische Einschränkung. Patientin mit fulminanter Escherischia coli-Infektion. Bei einem Fall der FIRS-Gruppe wurden trotz fulminanter Infektion nur niedrige TNF-α-Konzentrationen im abgehenden Fruchtwasser gemessen (siehe 3.6.2, Fall 5). Es handelte sich um eine Patientin mit fVBS, bei der eine E. coli-Infektion nachgewiesen wurde. Die Latenzzeit zwischen letzter Probengewinnung und Entbindungszeitpunkt war > 24 Stunden. Der Vergleichsfall (siehe 3.6.2, Fall 3), ebenfalls mit E.coli- Infektion, bei dem innerhalb der letzten 24 Stunden vor Geburt noch eine Probe gewonnen werden konnte zeigte einen deutlichen Anstieg von TNFα in den letzten 24 Stunden vor Geburt. Gibbs et al. (2004) untersuchten intrauterine Infektionen bei schwangeren Kaninchen. In Rahmen dieser Untersuchungen wurden die Versuchstiere unter anderem mit dem Keim E.coli intrauterin infiziert, um das Infektionsgeschehen zu dokumentieren. Die Ergebnisse zeigten, dass bei einer Kontamination mit diesem Keim ein rascher Anstieg von TNF-α im Fruchtwasser stattfand. Dies zeigt, dass E.coli für ein fulminantes intrauterines Infektionsgeschehen verantwortlich ist. Ein massiver Diskussion 58 TNF-α-Anstieg im Fruchtwasser korrelierte dazu. Dieser Fall zeigt, dass sehr schnell verlaufende intrauterine Infektionen unter Umständen auch bei täglicher Probennahme nicht erkannt werden können. Schwierige Zuordnung zwischen Kontrolle- und AIS- Gruppe Die Einteilung der Fälle in die verschiedenen Gruppen war teilweise schwierig und nicht immer konnten die Fälle eindeutig voneinander abgegrenzt werden. Insbesondere die genaue Differenzierung zwischen der Kontrollgruppe und der Patientinnen mit einer manifesten Chorioamnionitis stellte sich im Einzelfall als schwierig dar. So zeigte bei Fall 6 (siehe 3.6.2) die Plazentahistologie eine diskrete Entzündung im Bereich der Nabelschnur, jedoch wurden bei der weiteren Begutachtung keine sonstigen Zeichen einer Entzündung gefunden. Das kindliche CRP war unauffällig und der IL-6-Wert im Nabelschnurblut lag mit 110 pg/ml knapp über dem Cut-off-Wert. Die TNF-α-Konzentrationen, sowie die anderen Infektionsparameter, waren dementsprechend nur mäßig erhöht und lagen somit genau zwischen den Werten der Kontrollgruppe und der AIS-Gruppe. Es lässt sich somit vermuten, dass die Höhe der Zytokinspiegel mit dem Grad und Ausmaß der Entzündung korrelieren. Dies bestätigen auch Holst et al. (2007). Solche Grenzfälle sind mitunter oft schwierig zu bewerten und verdeutlichen die Dynamik im Infektionsgeschehen (Goldenberg et al. 2000). Oft findet ein kontinuierlicher Übergang zwischen einer Chorioamnionitis bis hin zur fulminanten Sepsis des Kindes statt. Patientin mit Oligohydramnion Bei einer Patientin mit fVBS bereits in der 21. Woche konnte die Schwangerschaft konnte bis zur 31.Woche prolongiert werden (siehe 3.6.2 Fall 7). Die Latenzzeit zwischen Blasensprung und Entbindung der Patientin belief sich auf insgesamt über 70 Tage. Die klinischen Parameter der Mutter waren während dieser Zeit unauffällig. Sonographisch wurde bei der Patientin ein persistierendes Oligohydramnion diagnostiziert. Das Kind verstarb etwa zwei Wochen nach der Geburt. Die Plazentahistologie lieferte keine Hinweise auf ein entzündliches Geschehen. Die Ursache für das Versterben des Kindes waren eine Kreislaufinsuffizienz und pulmonale Hypoplasie. Laut der Einteilungskriterien (siehe Tab. 3) wurde die Diskussion 59 Patientin der Kontrollgruppe zugeordnet und auch die Zytokin-Messungen im abgehenden Fruchtwasser zeigten keine erhöhten Werte. Ein früherer Entbindungszeitpunkt hätte für das Kind wahrscheinlich keine Vorteile ergeben. In diesem Zusammenhang ist die Arbeit von Mercer (2003) zu erwähnen. Hier wurde unter anderem das Outcome von Kindern bei Müttern mit vorzeitigem Blasensprung in unterschiedlichen Schwangerschaftswochen untersucht. Er betrachtete bei einem Blasensprung vor der 24. Woche vor die Entwicklung eines andauernden Oligohydramnions mit konsekutiver Lungenhypoplasie als kritischen Faktor. Diagnostisch dient zur Identifizierung eines Oligohydramnions ein sonographisches Screening (Lauria et al. 1995). 4.5 Ausblick: Schnelltest Diverse Schnelltests werden in der klinischen Praxis bereits standardmäßig eingesetzt. Sie bieten die Möglichkeit einer schnellen Diagnostik und ihre Auswertung erfordert wenig Hilfsmittel. Beispiele für gebräuchliche Schnelltest sind z.B. Schwangerschaftstest (hCG), Troponintestung in der Kardiologie oder Urinteststreifen. Für die Identifikation von Entzündungsparametern im abgehenden Fruchtwasser sind diese Testsysteme bisher nicht angelegt, da die Spiegel weit über der bisherigen Cut off-Grenze der Teststreifen liegen. In Zusammenarbeit mit der Firma Milenia wurde auf Grund der Ergebnisse der Pilotsstudie und der vorliegenden Studie ein Schnelltest für die semiquantitative Bestimmung von TNF-α und IL-6 im abgehenden Fruchtwasser entwickelt. Aktuell sind die Tests noch nicht fertig entwickelt und werden derzeit auf Grundlage der Studienergebnisse auf die Probenmatrix und die abzudeckenden Konzentrationsbereiche adaptiert. Vorteile solcher Schnellteste liegen z.B. in der Möglichkeit einer schnellen Entscheidungsfindung bezüglich der weiteren Therapie. Das Messsystem würde eine kontinuierliche, nicht-invasise Möglichkeit bieten, das Infektionsgeschehen fortlaufend und zeitnah zu überwachen und die Dringlichkeit einer notwendigen therapeutischen Maßnahme in einem angemessenen Zeitrahmen anzuzeigen. Ein Schnelltestdurchlauf nimmt nur etwa 20 Minuten in Anspruch, erfordert nur einen bescheidenen Arbeits- und Geräteaufwand und lässt sich nach einer Schulung durch Diskussion 60 das Pflegepersonal oder den behandelnden Arzt durchführen. Der Tests könnte sich somit problemlos in den Stationsalltag integrieren lassen. Eventuelle Problempunkte sollten an dieser Stelle auch diskutiert werden. Das Probenvolumen spielt eine weitere wichtige Rolle. Zur Durchführung des Test muss ein Volumen von mindestens 100µl zur Verfügung stehen. Es gibt Fälle bei denen die Frauen nur tröpfchenweise Fruchtwasser verlieren. Hier könnte der Schnelltest keine brauchbaren Ergebnisse liefern. Als weiterer Problempunkt sollte die Richtigkeit und Präzision genannt werden. Oft bieten diverse Schnelltest nicht die Präzision, wie quantitative Bestimmungen z.B. mit Immulite. Die Genauigkeit solcher Messsysteme sollte vor Einsatz deshalb genauestens geprüft werden. Zusammenfassend sind Schnellteste eine diagnostische Option, die es erlaubt einen zeitnahen und kontinuierlichen Einblick in ein dynamisches inflammatorisches Geschehen zu gewinnen und damit zu einer Optimierung der Diagnostik beitragen. Zusammenfassung 61 5 Zusammenfassung Der frühe vorzeitige Blasensprung (fVBS) ist eine Hauptursache perinataler Morbidität und Mortalität. Die davon betroffenen schwangeren Frauen stellen eine Hochrisikogruppe dar, weil aszendierende Infektionen hier zu einer vitalen Gefährdung des ungeborenen Kindes führen können. Die Schwierigkeit bei Patientinnen mit fVBS ist die frühzeitige Erkennung einer Infektion. Die aktuellen Testverfahren im maternalen Serum (CRP, Leukozytenzahl) sind für eine frühzeitige Erkennung einer fetalen Infektion nicht optimal. In der vorliegenden Studie wurde die diagnostische Wertigkeit von Infektionsmarkern in abgehendem Fruchtwasser evaluiert. Es wurden 27 Patientinnen mit einem fVBS vor der vollendeten 34. SSW untersucht. Die Patientinnen wurden in drei Gruppen eingeteilt (Kontroll-, AIS- und fetale Infektionsgruppe). Abgehendes Fruchtwasser wurde durch Auspressen von Binden in den letzten drei Tagen vor der Geburt gewonnen. Diese Art der Fruchtwassersammlung ist schonend und nicht-invasiv. Die Proben können jedoch durch Sekrete aus dem Uro-Genitaltrakt kontaminiert sein, oder das abgehende Fruchtwasser kann quantitativ nicht ausreichend sein. Es wurden die Infektionsmarker TNF-α, IL-6 und LPB gemessen. Dabei waren TNF-α- und IL-6Konzentrationen in der AIS- und FIRS- Gruppe gegenüber der Kontrollgruppe signifikant erhöht. Zwischen den beiden Studiengruppen AIS und FIRS wurde bei diesen Parametern kein signifikanter Unterschied gefunden. Bei TNF-α lag die Sensitivität bei einem Cut-off von 200 pg/ml bei 77%, die Spezifität bei 100%. TNF-αWerte > 2000 pg/ml wurden ausschließlich in der FIRS- Gruppe gemessen. Die Messungen von IL-6 zeigten bei einem Cut-off-Wert von 1000 pg/ml eine Sensitivität von 94,1% und eine Spezifität von 100%. Bei LBP wurden, ebenso bei der CRP- und Leukozytenmessungen im mütterlichen Serum keine signifikanten Unterschiede beobachtet. Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass Fruchtwasser aus Binden als Probenmatrix geeignet ist und die Infektionsparameter TNF-α und IL-6 in dieser Probenart eine höhere prognostische Aussagekraft bezüglich einer drohenden intrauterinen Infektion besitzen als die CRP- und Leukozytenmessung im mütterlichen Serum. Ob diese Parameter für die klinische Routinediagnostik geeignet sind, muss allerdings an einer größeren Fallzahl überprüft werden. Für die POCTDiagnostik sind Schnellteste für TNF-α und IL-6 in Entwicklung. Literaturverzeichnis 62 6 Literaturverzeichnis Aaltonen R, Heikkinen T, Hakala K, Laine K, Alanen A (2005): Transfer of proinflammatory cytokines across term placenta. 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(2008): Dissertation Universitätsfrauenklinik Freiburg, unveröffentlicht Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen 7 Verzeichnis der Tabellen Tab. 1: Phasen der intrauterinen Infektion Tab. 2: Definition von Sepsis und klinischer Sepsis Tab. 3: Zuordnung zu Fall- und Kontrollgruppen Tab. 4: Erwartungsbereiche der verschiedenen Messparameter Tab. 5: Vorverdünnung der Proben Tab. 6: Mittelwerte und Mediane für TNF-α Tab. 7: Mittelwerte und Mediane für IL-6 Tab. 8: Mittelwerte und Mediane für LBP Tab. 9: Mütterliche und kindliche klinische Daten Tab. 10: Zytokinkonzentrationen im zeitlichen Verlauf Tab. 11: TNF-α am Tag der Entbindung bei Patientin 3 Verzeichnis der Abbildungen Abb. 1: Histologische Darstellung von Amnion und Chorion Abb. 2: Management des frühen vorzeitigen Blasensprungs Abb. 3: Bakterielle Infektion am Uterus Abb. 4: LPS-abhängige Induktion proinflammatorischer Abwehrmechanismen Abb. 5: Darstellung einer Spiegeleinstellung Abb. 6: Manuelles Auspressen der Binden Abb. 7: Pico Scan-Messsystem Abb. 8: Anteil der Studienteilnehmerinnen Abb. 9: Graphische Darstellung der TNF-α-Werte Abb. 10: Graphische Darstellung der IL-6- Werte Abb. 11: Graphische Darstellung der LBP- Werte Abb. 12: Graphische Darstellung der mütterlichen CRP-Werte Abb. 13: Graphische Darstellung der mütterlichen Leukozyten-Werte Abb. 14: TNF-α- Messung mittels Schnelltest 75 Dankansagung 76 8 Dankansagung Die vorliegende Arbeit entstand in der Zeit von Juli 2005 bis Mai 2007 im Endokrinologischen Labor der Universitätsfrauenklinik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Meinen herzlichen Dank möchte ich allen aussprechen, die zum Entstehen und Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben! Mein besonderer Dank gilt Herrn PD Dr. Wolfgang Schäfer dafür, dass er mit mir das Thema dieser Arbeit überlassen hat und für seine vielseitige Unterstützung und ermutigende Hilfestellung während der Phase des Zusammenschreibens. Ein herzliches Dankeschön an Herrn Prof. Dr. W. Kreisel für die Übernahme des Zweitgutachtens. Ganz besonders bedanken möchte ich mich bei OÄ Frau Dr. Mirjam Kunze, die immer ein offenes Ohr für meine Fragen und Sorgen hatte, für den exzellenten fachlichen, wissenschaftlichen Rat, die aktive Mitarbeit bei der Probengewinnung, die Ermutigungen und seelisch- moralische Unterstützung, vor allem während der Phase des Zusammenschreibens. Außerdem möchte ich mich auch bedanken bei bei... ... Dr. Lena Otto für die Mitarbeit bei der Probensammlung ... Frau Sibylle Ritter für die Zusammenarbeit bei den Immulite-Messungen ... den Schwestern auf Station Pankow, für Informationen über neue Patientinnen. Mein Dank gilt ganz besonders allen Patientinnen, die ihr Einverständnis zur Teilnahme an dieser Studie bereitwillig gegeben haben. Den Mitarbeitern des Endokrinologischen und Klinisch-Chemischen Labors der Universitätsfrauenklinik danke ich für die freundliche Aufnahme im Labor. Meiner Familie und meinen Freunden und vor allem meinem Freund Holger danke ich für die seelische und moralische Unterstützung während der gesamten Arbeit. Lebenslauf 77 9 Lebenslauf • PERSÖNLICHE DATEN Name: Nomita Schwöppe Geburtstag: 07.06.1983 Geburtsort: Freiburg i.Br. Nationalität: deutsch Familienstand: ledig • • SCHULBILDUNG 09/1989 - 07/1993 Emil-Thoma- Grundschule Freiburg 09/1993 - 07/2002 Berthold-Gymnasium Freiburg 07/2002 Allgemeine Hochschulreife STUDIUM 10/2002 Beginn Studium der Humanmedizin, Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg i.Br. 08/04 Physikum 07/ 2005 Beginn der Promotion, Universitätsfrauenklinik 08/2007 Beginn des Praktischen Jahrs, Paris, Freiburg