Schilddrüsenhormone Jodmangel In Deutschland liegt der Kropf endemisch vor (mehr als 10% der Bevölkerung betroffen). Diese Jodmangelkrankheit wird in Österreich schon länger durch das öffentliche Verteilen von Jod bekämpft, was in Deutschland (noch) nicht der Fall ist. Jodmangel kann zu einer Struma diffusa oder Struma nodosa führen. Die Struma nodosa wird eingeteilt nach szintigraphisch heißem Knoten (funktionelle Anatomie) und szintigraphisch kaltem Knoten. Vor allem bei starken Rauchern und in Gebirgsgegenden treten Kröpfe gehäuft auf. Bei Menschen, die schon während ihrer Kindheit einen Jod- bzw. Thyroxinmangel hatten, tritt der „Kretinismus“ auf, eine geistige und körperliche Unterentwicklung mit starker Kropfbildung. Ein schwerer Jodmangel liegt laut WHO bei einer Jodausscheidung <2µg/dl Urin vor, ein mäßiger bei 2-5µg/dl, ein milder bei 5-10µg/dl. Anatomischer Aufbau In der Schilddrüse liegen Follikelepithel- und C-Zellen um die Kolloidfolloikel herum. Die Follikelepithelzellen produzieren das Thyroxin, die C-Zellen das Calcitonin. Dieses ist Gegenspieler des Parathormons, das von den Epithelkörperchen gebildet wird, die um die Schilddrüse herumliegen. Calcitonin hemmt die Calciumaufnahme und mobilisiert die Osteoblasten. Parathormon sorgt in der Niere für eine Calciumrückresorption und legt die Osteoblasten ruhig. In den Epithelkörperchen kommen Hauptzellen und oxyphile Zellen vor, die kein Parathormon produzieren. Das Aussehen der Schilddrüsenfollikel hängt vom Funktionszustand ab; aktive Follikel haben ein hohes Epithel, inaktive ein flaches. Jodgehalt Der Jodgehalt in der Schilddrüse liegt im gesunden Gewebe bei 0,7-0,9 mg/g Gewebe und sinkt bei pathologischen Veränderungen: Kolloidstrum 0,4-0,6, beginnend hyperplastische Veränderungen 0,2-0,3, Hyperplasiie 0,1-0,2, Ausgeprägt hyperplastischen Knotenstruma <0,1mg/g. Beim Jod-Szintigramm wird 2h nach intravenöser Applikation von radioaktivem 123Jod oder 99mTcO4 (Technetium-Pertechnetat), das sich bis zu einem gewissen Grad wie Jod verhält, eine „Strahlungskarte“ der Schilddrüse angefertigt. Das 123J hat eine Halbwertszeit von 13h, das Technetium nur von 6h, weshalb eine geringere Dosis mit einer geringeren gesamten Strahlenbelastung ausreichend ist. Sucht man Metastasen, wird auch heute noch 131J verwendet, das eine Halbwertszeit von 8 Tagen hat, weil Metastasen das Jod nur langsam anreichern. Eine durchschnittliche Mittagsmahlzeit mit Fleisch enthält ca. 27µg Jod, mit Fisch dagegen 170µg Jod. Der tägliche Jodbedarf liegt laut WHO bei 150-300µg Jod. In Deutschland wird beim Jodsalz KJO3 verwendet, in Österreich und der Schweiz Jodid, das nicht so stabil ist und teilweise zerfällt, bis es verbraucht wird. Bei uns sind im Speisesalz 32mg/kg Kaliumjodat enthalten, das entspricht über 20mg/kg Kaliumjodid. Da das immer noch ein bisschen wenig ist, wird jetzt dem Vieh schon Jodsalz verfüttert, damit man auch über Fleisch mehr Jod aufnimmt. Die Jodaufnahme eines Menschen lässt sich recht gut an der Urinausscheidung messen. Diese stellt sich mit einer Latenz von 1-2 Monaten ziemlich genau auf die Jodaufnahme ein. Etwas Jod wird auch noch über die Faeces ausgeschieden. Von dem aufgenommen Jod geht ein Teil in die Schilddrüse, ein Teil wird gleich über die Niere ausgeschieden. Das in der Schilddrüse produzierte Thyroxin wird teilweise zu T3 (~50-60%), teilweise zum unwirksamen rT3 (~40-50%) verstoffwechselt und teilweise auch so wieder über die Niere ausgeschieden. Wie auch immer, im Endeffekt landet alles wieder in der Niere und damit im Urin. Struma Grad 0: Grad I: Grad II: Grad III: Keine Struma sichtbar oder tastbar. Tastbare Struma. Bei normaler Kopfhaltung sichtbare Struma Sehr große Struma. Obere Einflussstauung. Grenzwerte für normale Schilddrüsenvolumina: Frauen 18ml Männer 25ml Die Thyroidzelle und ihre Biochemie ClO4- und SCN- blockieren den aktiven Transport von I- aus dem Serum in die Thyroidzelle. Da Raucher viel Thiocyanat aufnehmen, haben sie öfter einen Kropf. Menschen mit Schilddrüsenüberfunktion kann man Perchlorid geben, das die Thyroxinproduktion so hemmt. Pendred-Syndrom: Es besteht aus Struma, Unterfunktion und Schwerhörigkeit. Dabei liegt eine Mutation am Pendrin-Transporter vor, der Jodid aus der Thyroidzelle in das Kolloid transportiert. Diese Transporter liegen auch im Innenohr vor, wo sie irgendwas mit der Perilymphe machen. Natürliche Goitrogene (Substanzen, die Kröpfe erzeugen können): - Thioglykoside; blockieren die Synthese der Schilddrüsenhormone im Kolloid. - Zyanogene Glykoside; blockieren Jodidbindungsplätze der Schilddrüse Iodierung des Tyrosins: Zuerst entsteht ein Monojodthyrosinmolekül entweder durch radikalische Addition oder durch Addition von Jodid an eine temporär positiv geladene Stelle des Sechsrings. Dieser Mechanismus kann sich wiederholen, damit ein Dijodtyrosin entsteht. T4 entsteht durch Koppelung zweier Dijodtyrosinmoleküle und Abspaltung der Aminosäurengruppe an einem Molekül, T3 und rT3 entstehen durch Koppelung eines Dijodtyrosinmoleküls mit einem Monojodtyrosin. Wenn den Schilddrüsen sehr große Mengen Jod angeboten werden, sinkt die thyreoidale Jodaufnahme stark ab. Bei 10µg/dl Jod im Serum liegt sie noch beim Maximum von 85µg/h, sinkt dann aber stark ab bis auf ~5µg/h bei ca. 70µg/dl. Jod in hohen Dosen blockiert die Schilddrüse schlagartig. Deshalb kann man zur schnellstmöglichen Wirkung einfach Jod in Milligrammdosen geben; damit wird auch die Thyroxinabgabe der Schilddrüse gestoppt. Cubilin und Megalin Megalin ermöglicht die Endocytose von Thyroglobulin, Cubilin kenn i net. Hormonsekretion der Schilddrüse Etwa 100nMol/Tag werden an T4 abgegeben, etwa 5nmol/Tag T3 und <5nmol/Tag rT3. Das T4 wird jedoch durch Dejodasen (selenhaltig) in der Blutbahn zu T3 (35nmol/Tag) und rT3 (45nmol/Tag) umgewandelt. Biologische Aktivität T4 T3 rT3 100 300-800 <1 Thyroxin und T3 werden zu 70-75% an TBG (Thyroxin-bindendes Globulin) gebunden, 15-20% des T4 an TBPA (Thyroxin-bindendes Prä-Albumin), 5-10% des T4 an Albumin. T3 dagegen wird noch zu 25-30% an Albumin gebunden. Das TBG verliert, wenn es in Entzündungsherde gelangt, seine gebunden Schilddrüsenhormone, so dass diese dort desinfizierend (Jod!) wirken können. Schilddrüsenhormone im Blut Schilddrüsenhormone sind praktsich wasserunlöslich, deswegen liegt T4 nur zu 0,3% und T3 nur zu 0,03% frei vor, dieser geringe Anteil ist jedoch entscheidend, da er direkt durch die Zellmembran diffundieren und auf die Zellen wirken kann. Deshalb liegt der Löwenanteil der Schilddrüsenhormone auch inaktiv, praktisch als Reservoir, vor. Die biologische Halbwertszeit ist entsprechend hoch: Für Thyroxin 8 Tage, für T3 1 Tag. Deshalb geht es Patienten, denen man Jod oder Thyroxinhememr verabreicht, auch nicht gleich besser, sondern erst im Verlauf von Tagen. Wenn ein Patient einen erhöhten Thyroxinspiegel von über 5-12ng/dl Serum hat, muss dies nicht bedeuten, dass er eine Hyperthyreose hat; man muss auch das TBG berücksichtigen. Der freie Hormonspiegel ist entscheidend, deshalb muss man das Verhältnis von Thyroxin zu TBG als Indikator nehmen. In der Schwangerschaft steigt zum Bleistift der Thyroxinspiegel stark, gleichzeitig aber auch der TBG-Spiegel, so dass der Gehalt an freiem Thyroxin konstant bleibt und keine Hyperthyreose vorliegt. Das Niedrig-T3-Syndrom tritt bei Schwerkranken oder Fastenden auf, da in der Leber weniger 5‘Dejodase gebildet wird; gleichzeitig steigt aber der rT3-Spiegel an. Sie baut nämlich T4 zu T3 und rT3 zu T2 um. Molekularer Wirkungsmechanismus von Trijodtyronin Die Thyroidrezeptoren gibt es in verschiedenen Versionen, manche davon binden gar kein T3 mehr. Bei Bindung von Thyroid an den Rezeptor dimerisiert dieser und bewirkt über Zinkfinger die Aktivierung spezifischer DNA-Bereiche, also deren vermehrte Translation. Schilddrüsenhormone fördern Allgemein Stoffwechsel Fette Eiweiß bei physiologischer Konzentration bei erhöhter Konzentration thermogenese Hyperthermie Muskelkontraktilität Adynamie durch Verminderung von Kreatinphosphat Wachstum und Reifung der Organe und des Tachykardie Skeletts Glykogensynthese Glykogenolyse (diabetische Stoffwechsellage) Cholesterinabbau Abbau sämtlicher Fettspeicher Triglyceridsynthese in der Leber Triglyceridabbau im Fettgewebe Oxydation freier Fettsäuren Proteinsynthese Katabolismus (Hemmung der Eiweißsynthese) Bei Hyperthyreose: Nervosität Irritabilität Probleme beim Schlafen Hervortretende Augen Gewichtsverlust Kropf Schneller Herzschlag Schwitzen stärker Hitzeunverträglichkeit Häufige Darmbewegungen Warme, feuchte Handflächen Feiner Fingertremor TSH Das TSH (Thyroidea-stimulierendes Hormon) unterliegt einem zirkadianen Rhytmus, es wird nachts am stärksten ausgeschüttet. Wenn der hCG-Spiegel (corion Gonadotropin) sehr hoch ist, kann es sein, dass der TSH-Spiegel suprimiert wird, da die Hormone sich chemisch sehr ähnlich sind. Im TSH-Rezeptor können Mutationen auftreten, die ihn aktivieren, so dass die betroffenen Zellen in der Schilddrüse zuviel Thyroxin produzieren. Wenn diese Zellen sich vermehren, kann es zu einem warmen Knoten (kompensiert) kommen, bei dem das restliche Schilddrüsengewebe noch aktiv ist, oder zu einem heißen Knoten (dekompensiert), bei dem der Regelkreis gekippt ist und so viel Thyroxin produziert wird, dass das restliche Schilddrüsengewebe völlig inaktiv ist. Es wird dann im Szintigramm bei zusätzlicher Gabe von Schilddrüsenhormonen kein Unterschied mehr festgestellt (kein Suppressionsszintigramm). Der Regelkreis ist allerdings noch viel komplexer, es spielen noch so viele Faktoren wie zentralnervöse Einflüsse und viele andere Hormone mit hinein, dass man sich mit diesem einfachen Modell nicht alles erklären kann; vieles ist auch noch überhaupt nicht verstanden. Bei der Jodorganifizierung werden auch in der Thyroidzelle Steuersubstanzen gebildet, die das Wachstum der Zellen und die weitere Jodumsetzung vermindern.