Fachartikel Januar 2015 Autor: Dr. Christian Ellwein Schutz von Elektromotoren Elektromotoren werden als läuferkritisch bezeichnet, wenn der Läufer im blockierten Zustand, schneller eine kritische Grenztemperatur als die Statorwicklung erreicht. Erreicht die Statorwicklung schneller die kritische Temperatur, dann wird die Maschine als statorkritisch bezeichnet. Generell kann man sagen, dass Asynchronmaschinen großer Bauleistung läuferkritisch sind, hingegen sind Kleinmaschinen eher statorkritisch. Um Elektromotoren gegen Übertemperatur zu schützen, werden nach dem Stand der Technik zwei verschiedene Methoden angewandt. Bei der direkten Methode wird die Statortemperatur mittels Temperatursensoren, die in die Statorwicklung eingebaut sind, gemessen. Diese Methode ist bei Asynchronmaschinen mit einer Bauleistung bis ca. 15 kW sinnvoll, da Kleinmaschinen statorkritisch sind [1]. Bei der sogenannten indirekten Temperaturüberwachung werden die Motorströme messtechnisch erfasst. Wenn man davon ausgeht, dass die Erwärmung der Maschine im Wesentlichen durch Stromwärmeverluste im Stator bzw. im Rotor verursacht wird, dann kann man von der Stromaufnahme auf die Erwärmung der Wicklungen rückschließen. Häufig werden zur Stromerfassung Bimetallelemente eingesetzt, die vom Statorstrom durch oder umflossen werden. Die Bimetalle lösen aus, wenn ein kritischer Überstrom für eine bestimmte Zeitdauer anliegt. Hierdurch kann näherungsweise ein i2t-Schutz realisiert werden. Bei läuferkritischen Motoren ist nach dem derzeitigen Stand der Technik, eine Temperaturerfassung in der Statorerwicklung nicht ausreichend, da die Läufertemperatur schneller als die Statortemperatur ansteigt. Bei einer typischen Abschalttemperatur in der Ständerwicklung von 140°C und einem blockierten Läufer eines auf Raumtemperatur abgekühlten Motors, dauert es über 30 Sekunden bis die Temperatursensoren in der Ständerwicklung die Abschalt-temperatur erreichen, um den Motor abzuschalten. In dieser Zeit kann die Temperatur im Läufer bereits 300°C und mehr erreicht haben. Bei dieser Temperatur befindet sich ein Aluminiumdruckgussläufer bereits in einem sehr kritischen thermischen Zustand. Das gilt insbesondere dann, wenn diese Temperatur auch noch auf die Statorwicklung rückwirkt. Deshalb basiert das Motorschutzsystem eines läuferkritischen Motors typischerweise nicht nur auf einem in der Ständerwicklung eingebauten Temperatursensor. In diesen Fällen werden heute zusätzliche oder auch ausschließlich strommessende Schutzgeräte eingesetzt [2, 3]. Die Strommessung als Motorschutz hat aber den großen Nachteil, dass die Umgebungstemperatur, die Belüftung und Ausgangstemperatur des Motors zum Zeitpunkt t0 (Motorstart) nicht oder nur schwierig einbezogen werden können. Ein blockiertes oder gebrochenes Lüfterrad oder eine zu hohe Umgebungstemperatur werden nicht überwacht. Auch bei Betriebsarten, die von S1 abweichen, gestaltet sich die Modellierung der echten Motortemperatur als schwierig. Je nach dem, wie lange der Motor vor dem aktuellen Einschalten in welchem Arbeitspunkt gelaufen ist, hat ein vom KRIWAN Januar 2015 Schutz von Elektromotoren_DE.docx 1/3 Stromsensor gemessener Strom unterschiedliche weitere Erwärmung der Maschine zur Folge. Zusammen mit der Hochschule in Aalen und dem Motorhersteller Dietz-motoren GmbH & Co.KG in Dettingen unter Teck hat KRIWAN ein neues Schutzkonzept für läuferkritische Motoren entwickelt. Die KRIWAN Industrie-Elektronik GmbH ist seit fast fünf Jahrzehnten im Bereich „Schutz von Maschinen und Anlagen“ tätig. Das neue Schutzkonzept basiert auf einem neuartigen Temperatursensor, der in die Statorwicklung des Motors eingebettet wird und behält die Vorteile des TMSMotorschutzes: Weitgehende Unabhängigkeit von der Leitungslänge des Sensors Anreihbarkeit von Temperatursensoren Betriebsarten > S1 werden automatisch korrekt geschützt Ausgefallene Belüftung wird erkannt Zu hohe Umgebungstemperatur wird erkannt Gleichzeitig wurde das System aber so erweitert, dass auch der bisher thermisch nicht überwachbare Fehler „blockierter Läufer“ mit dem System geschützt werden kann. Dadurch kann das Gesamtschutzsystem für einen läuferkritischen Motor vereinfacht werden. Kern des neuen Systems ist einer Weiterentwicklung der bei KRIWAN schon etablierten und weit verbreiteten dR/dt Technologie. Hierbei wird nicht nur der absolute Widerstandswert eines Messfühlers in der Motorwicklung analysiert und beim Erreichen der Nennansprechtemperatur der Motor vom Netz getrennt, sondern es wird auch die Anstiegsgeschwindigkeit des Widerstandes und damit der Temperatur berechnet und als Abschaltkriterium eingesetzt. Dieses Verfahren ist bei Kältemittelverdichtern seit vielen Jahren etabliert und wird auch von Prüfstellen akzeptiert. Mit dem gemessenen Widerstandswert des Temperatursensors in der Motorwicklung wird also zum einen eine Überwachung des gemessenen Werts gegenüber dem entsprechenden Wert einer Grenztemperatur durchgeführt: Zum anderen werden auch die Anstiegsgeschwindigkeit und –beschleunigung überwacht: ² ² Nun wurde das Verfahren technisch erweitert, indem Auflösung und Dynamik in Softund Hardware verbessert wurden und ein neuartigen PTC Temperatursensor eingesetzt wurde. Dieser neue Sensor hat im hohen Temperaturbereich eine steile Anstiegscharakteristik, wie sie von den PTCs her bekannt ist. Die PTCs haben den enormen Vorteil, dass sie als sicheres Bauteil auch in kritischen Applikationen wie dem Explosionsschutz bewährt sind und dass bei ihrem Einsatz die Abschalttemperatur nicht geändert werden kann. Der PTC Sensor wird in die Motorwicklung eingebettet und die Grenztemperatur, bei der der Widerstandswert steil ansteigt, ist im PTC selber festgelegt. Die Grenztemperatur kann also nicht durch Verstellen von Schaltern oder Potentiometern geändert werden. KRIWAN Januar 2015 Schutz von Elektromotoren_DE.docx 2/3 Der neue e Temperatu ursensor ist eine e Reihensschaltung aus einem PTC C und einem KTY Sensor. Dadurch erg gibt sich folge ende Kennlin nie: k PTC C +Drilling KTY PTC C+ ºC Bild 1: K Kennlinie de es neuen PT TC+ Sensors s In grau isst die klassissche Kennlin nie des PTC zzu sehen, grrün ist die Ke ennlinie des K KTY Sensors dargestellt. Die Reihens schaltung auss beiden Messelementen n, der PTC+ Sensor, ist in violett im i Diagramm m eingezeich hnet. Die statissche Überwa achung der Motortemper M ratur erfolgt, wie bekannt, im steilen A Anstieg der Wide erstandsfunkktion am rech hten Rand. Ü Über den gan nzen Messbe ereich hinwegg ist der Wide erstandswertt jetzt aber monoton m steig gend und diffferenzierbar.. Deswegen können a auch bei nied drigen Temp peraturen (z.B B. Raumtem mperatur von 25°C), die Ableitung gen gebildett werden und d die Anstieg sgeschwindiigkeit berech hnet werden. Dieser S Sensor wurde e in eine zwe eipolige, läufe erkritische 11kW 1 Maschine von Dietzzmotoren eingebaut und u mit dem neuen Motorrschutzrelais s überwacht. Über ein Funkmod dul der Hoch hschule Aalen, das direktt an der Moto orwelle befes stigt wurde, könnten bei dem lauffenden Moto or Temperatu urdaten des drehenden Rotors R gemeessen werden. KRIWAN JJanuar 2015 Schutz von Elektro omotoren_DE.d docx 3/3 Bild 2: Motor mit Funkmodul In verschiedenen Messungen wurde der Läufer des Motors sowohl im kalten als auch im betriebswaren Zustand blockiert und die Abschaltzeit ermittelt: Messung Nr. 1 Blockiermessung kalt Rotor Ring Blech Betriebsstab 120 Temperatur[°C] 100 80 60 40 20 0 0 20 40 60 80 100 t[s] Bild 3: Temperaturverläufe des kalten Rotors im Blockierfall KRIWAN Januar 2015 Schutz von Elektromotoren_DE.docx 4/3 Messung Nr.1 Blockiermessung kalt Stator PT100Stator Kriwan 120,0 6 100,0 5 4 80,0 Spannung[V] Temperatur[°C] Raumtemperatur 3 60,0 2 40,0 1 20,0 0 0,0 -1 0 20 40 60 80 100 t[s] Bild 4: Temperaturverlauf des Stators und Motorschutzrelais KRIWAN Wie in Bild 4 ersichtlich, schaltet das Motorschutzrelais ca. 3 Sekunden nach dem Start des blockierten Motors ab (der Motor wurde nicht bei t = 0s gestartet, sondern bei ca. t = 10s) Weiterhin wurde der Motor mit 150% der angegebenen Nennlast betrieben, um festzustellen, ob das Motorschutzrelais in diesem Fall zu früh auslöst. Das Ziel war, ein Schutzkonzept zu entwickeln, das schnell genug auf den blockierten Läufer reagiert, das aber bei einer unkritischen Überlastung erst bei der statischen Grenztemperatur in der Wicklung (in diesem Fall 140°C) auslöst: Messung Nr.4 Motor bei 150 % Nennlast 54Nm Rotor Ring Blech Betriebsstab Anlaufstab Temperatur[°C] 100 90 80 70 60 0 100 200 300 400 500 600 700 t[s] Bild 5: Temperaturverläufe des Rotors bei 150% Nennlast KRIWAN Januar 2015 Schutz von Elektromotoren_DE.docx 5/3 Messung Nr.4 Motor bei 150% Nennlast 54Nm Stator Stator Kriwan 100,0 5 80,0 4 60,0 3 40,0 2 20,0 1 0,0 0 0 100 200 300 400 500 600 Spannung[V] Temperatur[°C] Raumtemperatur 700 t[s] Bild 6: Temperaturverläufe des Stators bei 150% Nennlast und Motorschutzrelais KRIWAN Ergebnisse Bei den zeitkritischen Belastungen des blockierten Läufers hat das Schutzgerät den Motor nach 2 – 3 Sekunden vom Netz getrennt und eine gefährliche Überhitzung von Läufer oder Stator sicher vermieden. Gleichzeitig war es träge genug, um bei einer unkritischen Last von 150% der Nennlast nicht sofort abzuschalten. Die Parametrierung des Gerätes erwies sich als sehr einfach, weil über die echte Temperaturmessung, wie oben beschrieben, keine komplizierten Annahmen über Umgebungstemperatur, Belüftung, Betriebsart, Laufzeiten etc. zu treffen waren. [1] Pawlowski, Claudia: „Motorschutz im Überblick“, Seite 30, 1. Auflage, 2001, Moeller GmbH [2] Rockwell Automation AG, „Grundlagen für die Praxis Motorschutz, 1997, Seite 5.1 [3] Peter, Klaus; Seifert, Dieter: „Intelligenter thermischer Motorschutz, Antriebstechnik 12/2009, Seiten 34 bis 39 KRIWAN Januar 2015 Schutz von Elektromotoren_DE.docx 6/3 Über KRIWAN Industrie-Elektronik GmbH Der Sensorikhersteller KRIWAN ist seit über 45 Jahren auf den Schutz industrieller Maschinen und Anlagen vor Überlastung und Betriebsausfall spezialisiert. Heute ist KRIWAN Weltmarktführer bei Elektronik und Sensorik für Kältemittelverdichter, bei Temperatursensoren für Elektromotor-Wickelungsschutz und in der industriellen Wettermesstechnik. Mit über 200 Mitarbeitern in Forchtenberg, sowie Tochtergesellschaften in China, Frankreich, Italien, Österreich und in den USA ist KRIWAN weltweit aktiv. Alle Produkte der Sensorik, Überwachungs-, Steuerungs- und Diagnoseelektronik werden vollständig am Standort Forchtenberg produziert. Das unabhängige Familienunternehmen KRIWAN entwickelt seit der Gründung 1968 als Pionier und Innovationsführer kontinuierlich neue Ideen und setzt diese in wirtschaftlichen und maßgeschneiderten Produkten und Systemen für seine Kunden um. Seit 1997 betreibt KRIWAN in Forchtenberg ein Testzentrum, in dem Unternehmen aus aller Welt ihre Produkte und Neuentwicklungen auf den Prüfstand stellen können. Weitere Informationen: KRIWAN Industrie-Elektronik GmbH Sabine Stosch Director Corporate Marketing Allmand 11 74670 Forchtenberg Telefon: +49 79 47 / 8 22-0 Telefax: +49 79 47 / 8 22 97 49 E-Mail: [email protected] www.kriwan.de KRIWAN Januar 2015 Schutz von Elektromotoren_DE.docx 7/3