cis-Dioxomolybdän-Komplex mit Haloperoxidase-Aktivität Robert Debel, Winfried Plass Institut für Anorganische und Analytische Chemie Friedrich-Schiller-Universität Jena 1. Einführung Vanadiumhaloperoxidasen (VHPO) gehören zu den Oxidoreduktasen. Sie katalysieren die Zweielektronenoxidation von Halogenid durch Wasserstoffperoxid zur korrespondierenden hypohalogenigen Säure. Das Aktive Zentrum der Vanadiumchloroperoxidase (VCPO) enthält ein Vanadat, das mit dem Nε2-Atom des His496 eine kovalente Bindung bildet und durch Wasserstoffbrückenbindungen stabilisiert wird (Abb. 1).[1] Basierend auf Mutationsversuchen wurde für die VCPO ein Bi-Bi-Ping-Pong-Mechanismus vorgeschlagen (Abb. 2).[2, 3] Das Vorhandensein eines Peroxid-Intermediats konnte kristallographisch bestätigt werden (Abb. 3).[4] Für Molybdat anstelle des Vanadats als Cofaktor der VHPO konnte keine KatalyseAktivität gezeigt werden.[5] Der für das Enzym vorgeschlagene Mechanismus kann mit Hilfe von Modellkomplexen untersucht werden. Ebenso wie für Vanadat als einfachstes Strukturmodell der Vanadiumhaloperoxidase konnte für Molybdat Haloperoxidase-Aktivität nachgewiesen werden.[6, 7] Bisher sind nur wenige Beispiele für Molybdänmodellkomplexe mit Haloperoxidase-Aktivität beschrieben und mechanistisch untersucht. VHPO + − HOX + H2O H2 O2 + H + X Abb. 1: Struktur des Aktiven Zentrums der VCPO aus C. Inaequalis (PDB ID: 1IDQ).[1, 4] Abb. 3: Aktives Zentrum des VCPO-Peroxo-Intermediats aus C. Inaequalis (PDB ID: 1IDU).[1, 4] Abb. 2: Vorgeschlagener Bi-Bi-Ping-Pong Reaktionsmechanismus der Vanadium-Chloroperoxidase aus C. Inaequalis.[2, 3] 2. Synthese 3. Kinetische Untersuchung Für die kinetischen Untersuchungen des cis-Dioxomolybdänkomplexes [MoO2(salhyp)(MeOH)] wurde Monochlordimedon (MCD) als organisches Substrat verwendet. Es wurde jeweils die Abhängigkeit der Reaktionsgeschwindigtkeit von H2O2-, NaBr-, HClO4- bzw. von [MoO2(salhyp)(MeOH)]-Konzentration mit und ohne konstanter Ionenstärke untersucht (I = 4,00 M, NaClO4). OH H2N + NH2 O O + MeO - MeOH - H2 O CH3OH O OH O O O Mo O MoO2(acac)2 MeOH/ 65°C N N N H N MCD + HOBr [MoO2(salhyp)MeOH] H2salhyp Br-MCD + H2O Abb. 4: Synthese des N-Salicylidenliganden und des cis-Dioxomolybdänkomplexes 5. Resultate 4. Kristallstruktur Das Molybdänatom des cis-Dioxomolybdänkomplexes liegt in einer verzerrt oktaedrischen Koordinationsumgebung vor. Die Donoratome Phenolatsauerstoff (O1), Iminstickstoff (N1) und Carbonylsauerstoff (O2) des Liganden und eine Oxogruppe (O4) der cis-Dioxomolybdäneinheit bilden eine Ebene. Ober- und Unterhalb dieser Ebene befindet sich die zweite Oxogruppe (O3) der cis-Dioxomolybdäneinheit. Apikal koordiniert das Sauerstoffatom (O1M) eines Methanol-Moleküls (Abb.5). Abb. 5: Darstellung der Molekülstruktur des Komplexes [MoO2 (salhyp)(MeOH)]. Abb. 6: Oben: Reaktionsgeschwindigkeit gegen Komplex-Konzentration bei 293 K; Unten: Reaktionsgeschwindigkeit gegen H2 O2 -Konzentration bei 293 K. Abb. 7: Oben: Reaktionsgeschwindigkeit gegen NaBr-Konzentration bei 293 K; Unten: Reaktionsgeschwindigkeit gegen HClO4 -Konzentration bei 293 K. 6. Diskussion Bei allen kinetischen Untersuchungen konnte durch Zugabe von Fremdsalz NaClO4, d.h. bei konstanter Ionenstärke (I = 4,00 M), eine erhöhte Katalysegeschwindigkeit nachgewiesen werden. Die Katalyse verläuft bei konstanter Ionenstärke ca. 20% schneller als ohne Fremdsalzzusatz. Die Abhängigkeit der Reaktionsgeschwindigkeit von der Komplex-Konzentration zeigt lineares Verhalten (Abb. 6 oben) und es gilt folgender Zusammenhang (kI= konst.= 1,20·10−1 s−1, kI=konst. = 1,42·10−1 s−1): v = k · [Mo]0 (1) Die Abhängigkeit der Reaktionsgeschwindigkeit von der Bromid- Konzentration zeigt lineares Verhalten (Abb. 7 oben). Die der HClO4-Konzentration ist in Abb. 7 (unten) dargestellt und zeigt einen typischen hyperbolischen Kurvenverlauf. Die doppelreziproke Darstellung nach Lineweaver-Burk liefert für HClO4 eine Geradengleichung erster Ordnung, so daß das die Geschwindigkeitsgesetze sich folgendermaßen zusammensetzen: Die Gleichung 3 gibt ein Geschwindigkeitsgesetz quadratischer Abhängigkeit wieder. [H2O2]2 v = kIV + kV [H2O2]2 (3) Gleichung 1 lässt sich somit schreiben als: v = k · [Mo]0 = k · [H2O2]2[H+][Br−][Mo]0 (4) Die zu beobachtende erhöhte Katalyseaktivität bei Fremdsalzzugabe ist vermutlich auf den kinetischen Salzeffekt zurückzuführen. Demnach sollten am geschwindigkeitsbestimmenden Schritt zwei gleichgeladene Spezies miteinander reagieren. Betrachtet man den nukleophilen Angriff des Bromids als den geschwindigkeitsbestimmenden Schritt, so könnte eine negativ geladene end-on Peroxomolybdän-Spezies für diesen Effekt verantwortlich sein. OH + [H ] v = kI · [Br ] ; v = kII + kIII [H+] − O O O (2) O 2H2O2 Mo O O O Br- H2O2 OBr- H+ O O H O O Mo O Abb. 8: Darstellung nach Lineweaver-Burk mit 1/v gegen 1/[H2 O2 ]. O Mo O Die Untersuchung der H2O2-Abhängigkeit liefert einen hyperbolischen Kurvenverlauf (Abb. 6 unten). Der Auftragung nach Lineweaver-Burk ist in Abb. 8 dargestellt. O O Abb. 9: Vorgeschlagener Mechanismus mit einer end-on Peroxomolybdän-Spezies Literatur [2] W. Hemrika, R. Renirie, S. Macedo-Ribeiro, A. Messerschmidt, R. Wever. J. Biol. Chem. 1999. 274, 23820–23827. [5] E. Deboer, K. Boon, R. Wever. Biochemistry 1988. 27, 1629–1635. [3] W. Plass. Coord. Chem. Rev. 2003. 237, 205–212. [6] M. S. Reynolds, S. J. Morandi, J. W. Raebiger, S. P. Melican, S. P. E. Smith. Inorg. Chem. 1994. 33, 4977–4984. [1] A. Messerschmidt, R. Wever. Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A. 1996. 93, 392–396. [4] A. Messerschmidt, L. Prade, R. Wever. Biol. Chem. 1997. 378, 309–315. [7] M. S. Reynolds, K. J. Babinski, M. C. Bouteneff, J. L. Brown, R. E. Campbell, M. A. Cowan, M. R. Durwin, T. Foss, P. O’Brien, H. R. Penn. Inorg. Chim. Acta 1997. 263, 225–230.