AK ADEMIE für ärztliche Fortbildung Atypische Pneumonien,Teil I Der Begriff »atypische Pneumonie« wurde 1938 von Reimann geprägt, der erstmals den uncharakteristischen, atypischen Verlauf einer Pneumonie beschrieb, die nicht auf die damals gängigen Sulfonamide ansprach. Initial wurden virale interstitielle Pneumonien »atypisch« genannt. Später wurde dieser Begriff auch für Pneumonien verwandt, die durch Mycoplasmen, Chlamydien und Legionellen verursacht wurden. Eine Unterscheidung von »typischen« oder »atypischen« Pneumonien ist jedoch klinisch, radiologisch und durch Laboruntersuchungen oft nicht sicher möglich. Folgende Erreger kommen differentialdiagnostisch für das klinische Bild einer atypischen Pneumonie in Frage: ■ Mycoplasma ■ Coxiella pneumoniae burnetii (Q-Fieber ) ■ Chlamydia trachomatis (bei Neugeborenen) ■ Chlamydophila psittaci ■ Chlamydia pneunomiae ■ Legionella pneumophila ■ Virale Pneumonien mit unterschiedlichen Erregern Die Mycoplasmen-Pneumonie Der Erreger ist ein sehr kleines, submikroskopisches Bakterium ohne starre Zellwand: Mycoplasma pneumoniae, das eine hohe Affinität zum Zylinderepithel des menschlichen Respirationstraktes aufweist, vor allem zum Flimmerepithel. Hier heftet sich der Erreger mit seiner Adhäsionsstruktur an und zerstört den Zilienapparat der Zelle durch Freisetzung von Enzymen und Sauerstoffradikale. Mycoplasmen vermehren sich langsam, vorwiegend extrazellulär, können aber auch in die Zellen eindringen. Die Infektion führt röntgenologisch zu charakteristischen submukösen und peribronchialen Infiltraten, die nur einen dezenten auskultatorischen Befund verursachen. Die Infektion mit M. pneumoniae löst eine humorale und zelluläre Immunantwort aus, die infektionsimmunologisch nachweisbar ist. Bei vielen Patienten kommt es darüber hinaus zur Induktion von Autoantikörpern (Kälteagglutininen), die mit dem I-Antigen der autologen Erythrozyten reagieren. Epidemiologie und Klinik In manchen Jahren stellt die Mycoplasmen-Pneumonie die häufigste Form der ambulant erworbenen Pneumonie dar, vor allem bei Kindern und Jugendlichen. Ihr Auftreten zeigt Zyklen, die alle 4−6 Jahre einen Gipfel bilden. Die Übertragung erfolgt über infektiöse Aerosole und erklärt die hohe Atypische Mykoplasmen-Pneumonie Prävalenz epidemischer Ausbrüche in Einrichtungen mit hoher Personendichte, wie Kindergärten, Schulen, Kasernen, öffentlichen Verkehrsmittel, oder innerhalb einer Familie. Die Inkubationszeit beträgt 2−3 Wochen. Bei 20−25 % der Patienten verläuft die Infektion asymptomatisch, bei weiteren 50−60 % milde mit geringer Symptomatik im oberen Respirationstrakt. Nur etwa 10 % der Patienten entwickeln eine schwerere Verlaufsform mit Pneumonie. Pneumonische Verlaufsformen beginnen protrahiert mit Fieber, trockenem Husten, Kopfschmerz, Kältegefühl und starker Abgeschlagenheit. Das zum Teil ausgeprägte Krankheitsgefühl kann sehr lange persistieren, auch wenn längst eine spezifische antibiotische Therapie eingeleitet wurde. Der Auskultationsbefund ist im Vergleich zu anderen bakteriell bedingten Pneumonien spärlich und imponiert meist durch feine Rasselgeräusche. Begleitend finden sich meist eine Pharyngitis und Laryngitis, nicht selten eine hämorrhagische Myringitis. Ohne eine spezifische antibiotische Therapie klingen die klinischen Symptome etwa 2−3 Wochen nach ihrem Auftreten nur sehr langsam ab. Aber auch nach einer spezifischen Antibiotika-Therapie kann sich der Rehabilitationsverlauf noch über Wochen hinziehen. Symptome an extrapulmonalen Organen dienen als wichtige klinische Indizien für eine Mykoplasmainfektion. Hierzu gehören die hämolytische Anämie durch Kälteagglutininbildung, Hautexantheme bis hin zum ausgeprägten StevenJohnson-Syndrom, peri- und postinfektiöse Arthritiden und Beteiligungen des Gastrointestinaltraktes mit Hepatitis und Pankreatitis. Auch Myokarditis, Perikarditis und Herzrhythmusstörungen sowie Erkrankungen des zentralen Nervensystems wie Meningitis, Meningoencephalitis und Guillain Barree Syndrom können auftreten. ➤ Atypische Pneumonien, Teil 1 ■ AK ADEMIE für ärztliche Fortbildung Diagnostik benötigt das Labor Eine Mycoplasma-Infektion im oberen Respirationstrakt oder eine Pneumonie lässt sich trotz eingehender Anamnese-Erhebung und klinischer Untersuchung, incl. Standardlabor und Röntgenkontrolle nicht sicher von anderen Infektionen der oberen und unteren Atemwege oder atypischen Pneumonien unterscheiden. Die Diagnose muss sich daher auf die klassische Serologie und molekularbiologische Nachweisverfahren stützen. Wegen der relativ langen Inkubationszeit ist bei Beginn der klinischen Symptomatik in der Regel eine humorale Immunantwort nachweisbar. So werden zuerst verschiedene Screeningverfahren, z.B. eine Komplement-Bindungsreaktion (KBR) oder ein Hämaagglutinationstest (HAT) eingesetzt. Bei auffälliger KBR >1:64 oder HAT >1:80 folgen dann spezifische Antikörpernachweise (ELISAs), um IgA-, IgM- und IgG-Antikörper zu detektieren. Aus der Gesamtbetrachtung der vorhandenen Testergebnisse lässt sich wegen der hohen Spezifität der ELISAs meist eine eindeutige Diagnose und Aktivitätsbestimmung ableiten. Für spezielle Fragestellung, wie z.B. für die differenzierte Erregersuche bei postinfektiösen Arthritiden oder beim Guillain-Barree-Syndrom stehen auch noch Immunoblot-Verfahren zur Verfügung. Der »direkte« Erregernachweis ist heute mittels molekularbiologischer Verfahren, z. B. Realtime-PCR innerhalb weniger ■ Stunden möglich. Mit spezifischen PCRs auf M. pneumoniae oder Multiplex-PCRs zum gleichzeitigen Nachweis weiterer Erreger, lässt sich heute aus Rachenspülwasser, Nasenabstrich oder Bronchiallavage mit hoher Sensitivität und Spezifität der Erreger nachweisen und die Diagnose damit sichern. Die Zeitersparnis und die damit mögliche frühzeitige spezifische Antibiose sprechen für eine breitere Nutzung dieser Verfahren, auch wenn sie relativ kostenintensiv sind. Therapie vor allem mit Makroliden Therapiert wird vorrangig mit Makroliden: Erythromycin, Azitromycin, Clarithromycin und Roxithromycin. Auch das Telethromycin weist ähnlich niedrige MHK90-Werte auf. Doxycylin ist ebenfalls geeignet. Von den neueren Gyrasehemmern weist nur das Moxifloxacin sehr gute, das Gatifloxacin eher mittelmäßige MHK-90 Werte auf. ■ Kontakt Prof. Dr. med. Holger Blenk synlab Nürnberg Email: [email protected] · Tel. 0911/9 71 44 35 Atypische Pneumonien, Teil 1 Veranstaltungen der synlab Akademie 17.10.2007 Praxisworkshop Marketing und IGel-Verkauf ITL-Systemhaus, Münchberg 24.10.2007 Ausstellung Farbbegegnungen synlab Heidelberg, Wasserturmstraße 71 17.10.2007 Stress vermeiden, aber wie? synlab Nürnberg, Rohrmannstraße 12 24.10.2007 Lipiddiagnostik - Bewährtes und Neues synlab Heidelberg, Wasserturmstraße 71 17.10.2007 Allergiediagnostik u. Therapie im Kindes- u. Jugendalter Nahrungsmittelallergien. Geißeln des 21. Jh. Kardiologische Praxis Dr. Martin Prohaska, Mühldorf 24.10.2007 Keine Haare mehr - was tun? Hyatt Hotel, Köln Nähere Informationen beim Akademie-Sekretariat unter 0911/9714-435 oder unter www.synlab.de/veranstaltungen. Anmeldung: [email protected] www.synlab.de Stand 10/2007 24.10.2007 Zelluläre Allergiediagnostik bei der Abklärung von Insektengiftallergien Diakonissen-Krankenhaus, Augsburg