Hyperthyreose - Österreichische Ärztezeitung

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Hyperthyreose
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› österreichische ärztezeitung ‹ 4 › 2008
Die häufigsten Ursachen für eine Hyperthyreose stellen der
M. Basedow sowie die thyreoidale Autonomie dar. Mitunter kann es
schwierig sein, zwischen diesen beiden Krankheitsgruppen zu
unterscheiden, was aber von zentraler Bedeutung ist, da die beiden
Erkrankungen ein jeweils anderes Therapiekonzept erfordern.
Von Alois Kroiss*
T
rotz der exakten diagnos­
tischen Möglichkeiten zum
Ausschluss beziehungsweise
Nachweis einer Schilddrüsenfunk­
tionsstörung müssen die Anamnese
und die körperliche Untersuchung an
erster Stelle stehen. Daraus leitet sich
das erforderliche diagnostische Spek­
trum ab, das auch in hohem Maß von
der Erfahrung des Untersuchers be­
stimmt wird.
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Grundsätzliche wichtige Fragen:
Wurden bereits früher Schilddrü­
senuntersuchungen durchgeführt
oder haben bereits früher Schild­
drüsenerkrankungen
bestanden
(thyreostatische Therapie, Opera­
tion oder Radiojodtherapie)
Perkutane Radiatio der Halsregion
(erhöhtes Risiko für die Entwick­
lung eines Schilddrüsenmalignoms
beziehungsweise längerfristig einer
Hypothyreose)
Einnahme von Medikamenten (jod­
haltige Medikamente wie zum Bei­
spiel Amiodaron), orale Antikon­
zeptiva und Östrogenpräparate, Me­
dikamente mit Einfluss auf die
Blutgerinnung (cave Schilddrüsen­
punktion)
Jodexposition durch Röntgenkon­
trastmittel
Schwangerschaft
Schilddrüsenerkrankungen in der
Familie
Klinische Symptome, die auf eine
Funktionsstörung der Schilddrüse
hinweisen
Lokale Beschwerden im Halsbereich
wie
Schilddrüsenvergrößerung
(Struma)
und
Druckgefühl,
schmerzhaftes Ausstrahlen in den
Ohrbereich (wie zum Beispiel Thy­
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reoiditis de Quervain) etc.
Heiserkeit bedingt durch den me­
chanischen Druck auf den N. recur­
rens.
Die Palpation der Schilddrüse bezie­
hungsweise der Halsregion erfolgt von
vorne oder besser von hinten mit bei­
den Händen am sitzenden Patienten.
Dabei wird besonders geachtet auf:
Größe
Konsistenz
Schluckverschieblichkeit
eventuell Knoten
regionale Lymphknoten
Einflussstauung.
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Die hyperthyreote Stoffwechsellage
ist durch eine erhöhte Produktion und
Wirkung von Schilddrüsenhormonen
definiert. Sie kommt bei der Immun­
thyreopathie, bei Entzündung und bei
funktionellen Autonomien, bei Neo­
plasien, durch TSH oder TSH­ähnliche
Aktivitäten im Zusammenhang mit Jod­
exzess sowie exogener Hormonzufuhr
vor.
Im Vordergrund stehen die Basedow­
Hyperthyreose und die thyreoidale Au­
tonomie. Die Zuordnung zu einer die­
ser Krankheitsgruppen ist im Einzelfall
auch für Schilddrüsenzentren schwierig
und manchmal unmöglich. Für die Be­
handlung und Betreuung des Patienten,
der an einer Hyperthyreose erkrankt
ist, ist dies aber von entscheidender Be­
deutung, da ein Morbus Basedow ein
anderes Therapiekonzept erfordert als
eine Schilddrüsenautonomie.
Das Vorliegen einer Immunhyper­
thyreose kann nur bei Patienten mit
einer endokrinen Orbitopathie oder
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schwirrenden Struma als klinisch gesi­
chert gelten. In Verbindung mit dem
positiven Nachweis von Schilddrü­
senantikörpern bei einem hyperthyre­
oten Patienten hat die Aussage im Fall
eines M. Basedows ebenfalls eine hohe
Richtigkeit. Die thyreoidale Autono­
mie findet sich häufiger bei Patienten
über 50 Jahre und bei einer knotig ver­
änderten Struma.
Immunhyperthyreose
Die Erstbeschreibung dieser „klas­
sischen Form” der Hyperthyreose mit
Schwellung der Schilddrüse, hervortre­
ten der Augen und Herzjagen stammt
von Parry aus dem Jahre 1825 und :
Ursachen für
eine Hyperthyreose
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Bei Immunthyreopathie
bei Morbus Basedow
bei anderen (z. B. Hashimoto-Thyreoiditis)
Bei anderen Entzündungen
z. B. bei subaktuer Thyreoiditis de
Quervain, Strahlenthyreoiditis
Bei funktioneller Autonomie
disseminiert
unifokal (sogenanntes „autonomes
Adenom”)
multifokal
Bei Neoplasien
Adenome
Karzinome
Durch TSH oder TSH-ähnliche Aktivitäten
hypophysär
paraneoplastisch
im Zusammenhang mit Jodexzess
durch exogene Hormonzufuhr (Thyreotoxicosis factitia)
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Ursache des M. Basedow
Die Erkrankung ist ein komplexes,
multifaktorielles Geschehen, bei dem
genetische und immunologische Fak­
toren, aber auch exogene und psycho­
soziale Stressfaktoren beteiligt sind.
Es liegt ein genetisch determinierter,
HLA-assoziierter Immundefekt vor,
der durch exogene Faktoren (Stress,
Umweltfaktoren, Infektionen) ver­
stärkt wird und zum Zusammenbruch
der Selbsttoleranz gegen thyreoidale
Antigene führt.
Aktivierte T-Zellen lösen eine BZell-Proliferation mit Produktion
eines TSH-Rezeptor Antikörpers aus.
Dieses Thyreoidea Stimulierende Hor­
mon (TSH), das an seinem Rezep­
tor den Antikörper verdrängt, ist ein
Thyreoidea stimulierendes Immun­
globulin (IgG), das die Hyperthreose
bewirkt. Neben diesen „inneren“ Fak­
toren haben äußere Einflüsse ebenfalls
großen Stellenwert bei der Auslösung
einer Immunhyperthyreose:
Virusinfekte,
psychischer und/oder sozialer
Stress
und vor allem Rauchen.
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Klinik
Die Hyperthyreose kann in jedem
Lebensalter vorkommen, zwei Drittel
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© A. Kroiss
: von Graves aus dem Jahre 1835.
Unabhängig davon erfolgte 1840 die
klassische Beschreibung des Krankheits­
bildes im deutschen Sprachraum durch
den Merseburger Arzt von Basedow
(Merseburger Trias): Tachykardie, Stru­
ma, Exophthalmus. Der M. Basedow
wird heute als Multisystemerkrankung
immunogener Genese aufgefasst. Diese
Erkrankung kann mit Hyperthyreose,
einer diffusen Vergrößerung der Schild­
drüse sowie einer infiltrativen Ophthal­
mopathie, Dermopathie und Akropa­
chie einhergehen.
Szintigramm bei homogener Speicherung mit deutlich erhöhtem Uptake
der Patienten sind über 35 Jahre. Der
M. Basedow ist bei Frauen fünf Mal
häufiger als bei Männern.
Die Symptome des klassischen M.
Basedow sind:
Gewichtsverlust
Innere Unruhe
Tachykardien
Vorhofflimmern
Schlaflosigkeit
Diarrhoen
Schweißausbrüche
Schwächezustände
Tremor
Muskelschwäche.
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Bei der klinisch physikalischen Un­
tersuchung dieser Patientengruppe fällt
die feuchtwarme Haut auf, die Dauer­
tachykardie, der Blutdruck ist oft er­
höht mit hoher Blutdruck-Amplitude,
bei vorgestreckten Armen und ausge­
streckten Fingern finden sich ein fein­
schlägiger Tremor und entsprechende
Augenzeichen im Sinn einer endokri­
nen Orbitopathie. Bei der Altershyper­
thyreose finden sich atypische Verlaufs­
formen, die meist monosymptomatisch
verlaufen und daher fehlgedeutet wer­
den. Bei den älteren Patienten mit Ge­
wichtsverlust wird wesentlich häufiger
an ein Malignom gedacht und durch
eine Durchuntersuchung, bei der oft
auch jodhaltige Kontrastmittel notwen­
dig sind, eine wesentliche Verschlechte­
rung der Hyperthyreose provoziert.
Diagnostik
Allein durch sorgfältige Erhebung
der klinischen Symptomatik lässt
sich die Diagnose bei einem hohen
Prozentsatz vermuten. Bei einer der­
artig schweren Krankheit mit Rezi­
divneigung ist allerdings eine exakte
Absicherung absolut notwendig. Die
Abklärung der peripheren Stoffwech­
sellage ist notwendig durch den erhöh­
ten T4 und erhöhten T3-Wert in ge­
bundener oder freier Form mit einem
niedrigen basalen TSH-Wert und im
Zweifelsfall eventuell der TRH-Test
mit fehlendem Anstieg des niedrigen
basalen TSH. Die Bestimmung der
Schilddrüsenautoantikörper
(antiTG-Antikörper, TPO-Antikörper) und
der TSH-Rezeptorantikörper (TRAK)
ist von äußerster Wichtigkeit, um eine
genaue Abgrenzung zur funktionellen
Autonomie zu erzielen.
Bei der Schilddrüsensonographie
wird man typischer Weise eine Echoar­
mut des gesamten Schilddrüsenparen­
chyms und meist eine mäßige Schild­
drüsenvergrößerung mit deutlicher
Zunahme des Tiefendurchmessers fin­
den. Im Farbdoppler ist die Durchblu­
tung erhöht, es zeigt sich eine verstärkte
Vaskularisation. Die quantitative Szin­
tigraphie zeigt einen diffus erhöhten
Uptake und ist nach Ansicht des Autors
vor dem Beginn einer Therapie indiziert
(siehe Abb. oben) :
› österreichische ärztezeitung ‹ 4 › 2008
:
Medikamentöse Therapie
Grundsätzlich sollte die Zufuhr von
Jod vermieden werden und dem Pati­
enten entsprechende Informationen
über Nahrungsmittel, Kontrastmittel,
Medikamente mit erhöhtem Jodgehalt
vermittelt werden. Auch Rauchen ist
ein wahrscheinlicher Auslöser des M.
Basedow. Jod und Nikotinkarenz sollten
daher eine Grundvoraussetzung für eine
erfolgreiche Behandlung sein. Die medi­
kamentöse Therapie ist rein symptoma­
tisch ohne eindeutige Heilung durch die
Medikamente. Da die Immunhyperthy­
reose schubweise verläuft, hat die medi­
kamentöse Therapie lediglich das Ziel,
eine euthyreote Stoffwechsellage bis
zum Auftreten von Spontanremissionen
zu erreichen. Die Angaben für die Initi­
aldosis schwanken, wobei man aufgrund
von großen multizentrischen Studien
derzeit einer eher niedrigen Dosierung
zuneigt. (siehe Tab. 1)
Diese niedrige Dosierung erzielt
offenbar denselben Effekt und die
Nebenwirkungen werden niedriger
gehalten. Propylthiouracil (PTU)
wird während der Schwangerschaft
und in der Stillperiode bevorzugt. In
jüngster Zeit wird wieder die Kom­
binationstherapie von Thyreostatika
und Schilddrüsenhormon propagiert,
um einerseits Hormonschwankungen
geringer zu halten und andererseits die
Wirkung von stimulierenden Antikör­
pern zu unterdrücken. Die Monothe­
rapie hat allerdings den Vorteil, dass
die thyreostatische Therapie niedriger
gehalten werden kann. Die Kombi­
nationstherapie mit Levothyroxin ist
während der Schwangerschaft kontra­
indiziert.
Die Erhaltungsdosis soll individu­
ell abgestimmt sein und von entspre­
chenden Kontrollen – je nach Schwere­
grad des Krankheitsbildes – begleitet
werden. TSH, fT3, fT4 Kontrollen so­
wie Leukozytenkontrollen mit Differen­
tialblutbild sind neben einer klinischphysikalischen Untersuchung angezeigt.
Eine Kontrolle des sonographischen
Befundes (Volumenabnahme, Normali­
sierung der Echostruktur) ist hilfreich,
gelegentlich auch szintigraphische Kon­
trolle (Tc-uptake Messung). Die Kon­
trollen sollten in der Initialphase 14-tä­
gig, dann in sechs- bis achtwöchigen
Abständen erfolgen.
Nebenwirkungen der thyreosta­
tischen Therapie sind Agranulozytose,
Thrombo- und Leukozytopenie, Le­
berenzymveränderungen, Cholestase,
gelegentlich Juckreiz und allergische
Reaktionen.
Da die thyreostatische Therapie die
Neusynthese von Schilddrüsenhor­
monen hemmt, nicht aber die Sekretion
von bereits synthetisierten Schilddrü­
senhormonen, sollte eine Initialtherapie
immer mit einer Sedierung und – falls
keine interne Kontraindikation vorliegt
– Beta-Blockern (zum Beispiel Propa­
nolol) einhergehen. Die thyreostatische
Therapie wird über zwölf bis 18 Monate
durchgeführt. Im Fall einer Persistenz
oder eines Rezidivs der Basedow-Hyper­
thyreose sollte eine definitive Behand­
lung in Form einer Strumaresektion oder
Radiojodtherapie durchgeführt werden.
Operative Behandlung
Die Indikation zur operativen Be­
handlung wird heute großzügiger ge­
stellt. An der Abteilung des Autors
werden dabei folgende Punkte beachtet:
erfolglose medikamentöse Therapie,
mangelnde Kooperation des Patienten,
persistierende Hyperthyreose nach me­
dikamentösem Auslassversuch, Rezidiv
der Hyperthyreose nach medikamen­
tösem Auslassversuch, große Strumen,
vor allem bei nodulären Strumen mit
mechanischer Beeinträchtigung, :
Thyreostatika-Dosierungen
Thyreostatikum
Methimazol
Carbimazol
Propylthiouracil
Perchlorat
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Applikationsform
Initialdosis
Erhaltungsdosis
Tbl. à 20 mg   40 mg / die   5 mg / die
Tbl. à   5 mg   60 mg / die   5 mg / die
Tbl. à 20 mg  300 mg / die  60 mg / die
Tropfen
1200 mg / die
400 mg / die
(15 gtt = 300 mg)
Tab. 1
› österreichische ärztezeitung ‹ 4 › 2008
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: Nebenwirkung unter thyreosta­
tischer Therapie (zum Beispiel Leuko­
penie, Allergie). Bei der Immunhyper­
thyreose ist die Thyreoidektomie die
Therapie der Wahl.
Radiojodbehandlung
Die Radiojodtherapie kommt vor
allem bei normal großen und oft nur
gering und diffus vergrößerten Schild­
drüsen in Frage. Die Vorbereitung zur
Radiojodtherapie umfasst die thyreo­
statische Beseitigung der Hyperthyre­
ose. Posttherapeutisch wird bewusst
eine Hypothyreose erzeugt, wozu
Herddosen von >250 Gy erforderlich
sind. Im Anschluss an die Radiojod­
therapie ist in manchen Fällen eine
Fortsetzung der thyreostatischen The­
rapie bis zum Eintreten des strahlen­
therapeutischen Effektes nach etwa
drei Monaten erforderlich. Kontrollen
nach sechs Wochen und dann nach
drei, sechs und zwölf Monaten sind
angezeigt, um entsprechende gezielte
therapeutische Konzepte rechtzeitig
beginnen zu können.
Endokrine Orbitopathie
und prätibiales Myxödem
Nach der heutigen Aufassung han­
delt es sich bei der Hyperthyreose
vom Typ M. Basedow, der endokrinen
Orbitopathie und der HashimotoThyreoiditis um drei eigenständige
Autoimmunerkrankungen, die vielfach
gemeinsam vorkommen und ineinan­
der übergehen können.
Der primäre Defekt liegt in einer Stö­
rung der Immunüberwachung, wobei es
zu lymphozytären und plasmazellulären
Infiltrationen in den extrazellulären
Muskel und in die Augenanhangsgebil­
de kommt.
abzuklären. Zumindest die Jodkarenz
ist zu empfehlen und der Fuktionssta­
tus laufend zu überprüfen.
Die endokrine Dermatopathie ist
vorzugsweise im anterolateralen Bereich
der Unterschenkel anzutreffen. Die
histologischen Befunde haben weitge­
hende Ähnlichkeit mit den Befunden
retrobulbärer Gewebe bei der endokri­
nen Orbitopathie. Die Therapie der
endokrinen Orbitopathie ist nach wie
vor problematisch und reicht von der
Spontanremission bis zur Stoß-Therapie
mit Glucocorticoiden, Orbitaspitzenbe­
strahlung, Immunsuppressiva, Plasma­
pherese, Thyreoidektomie und lokalen
operativen Eingriffen. Entscheidend ist
bei der gleichzeitig vorhandenen Hy­
perthyreose die optimale Einstellung im
euthyreoten Bereich, wobei speziell hy­
pothyreote Zustände vermieden werden
sollen. Patienten mit endokriner Orbi­
topathie – vor allem solche mit Doppel­
bildern - sind unverzüglich einer Schild­
drüsen-Spezialambulanz zuzuweisen !
Funktionelle
Autonomie der Schilddrüse
Subklinische Hyperthyreose
Der TSH Wert ist – bei normalem
T4 und T3 – supprimiert. Die subkli­
nische Hyperthyreose ist ein Risiko­
faktor für das Auftreten von Vorhof­
flimmern, Hypertonie, psychischen
Veränderungen, Demenz, Osteoporo­
se, Diabetes mellitus und daher genau
› österreichische ärztezeitung ‹ 4 › 2008
Die thyreoidale Autonomie ist eine
Folgeerkrankung einer lang bestehen­
den Jodmangelstruma. Die autonomen
Schilddrüsenzellen produzieren nicht
mehr bedarfsgerecht Schilddrüsenhor­
mon, sondern eben „autonom”. Die
Freisetzung von Schilddrüsenhormon
aus multinodulären oder solitären auto­
nomen Adenomen erfolgt unabhängig
von der hypophysären TSH-Regulation
und ohne Beziehung zum peripheren
Hormonbedarf. Eine Jodexpositon bei
Patienten mit disseminierter Autonomie
und einem autonomen Adenom kann
eine Hyperthyreose bis hin zur thyreoto­
xischen Krise auslösen. Die thyreoidale
Autonomie kann disseminiert, unifokal
und multifokal auftreten.
Die Klinik der Schilddrüsenautono­
mie ist sehr vielfältig. Im Vordergrund
stehen dabei:
Tachykardie
Gewichtsverlust
Nervosität
Ruhelosigkeit
Schwitzen
Wärmeempfindlichkeit
Schlaflosigkeit
:.
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: Anamnese
Bei der Erhebung der Anamnese ist
speziell nach einer vorangegangenen
Jodexposition zu fragen. Die klinische
Untersuchung zielt vor allem ab auf
die Palpation der Schilddrüse, Blutdruckmessung, Puls, Auskultation,
Reflexverhalten, Augenbeurteilung.
Diagnostik
Der TSH-Wert muss niedrig sein,
fT4 hoch, um eine Hypophysenvorderlappeninsuffizienz
auszuschließen. Wenn der TSH erniedrigt ist
und der fT4 normal ist, muss man
bei klinischem Verdacht einen T3/fT3
Wert bestimmen, um eine T3-Hyperthyreose auszuschließen (gegebenenfalls
Antikörper zur Abgrenzung einer immunogenen/nicht-immunogenen Hyperthyreose). Für die Diagnose ist eine
Ultraschalluntersuchung angezeigt, wobei sich meist eine echoarme Struktur
mit zystischen Anteilen zeigt (vor allem
bei den unifokalen Autonomien), die
autonomen Bezirke können auch echonormal oder echoreich sein (etwa bei 25
Prozent).
Das Szintigramm bei einer Schilddrüsenautonomie sollte möglichst quantitativ (Tc-U) durchgeführt werden.
Der Gesamt-Uptake der Schilddrüse
muss aber nicht unbedingt erhöht sein,
wenn sich die stärker speichernden Knoten mit den unterdrückten Arealen der
Schilddrüse aufheben.
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Bei Verdacht auf Autonomie trotz
Vorliegen einer peripheren Euthyreose
und nicht supprimiertem basalen TSH
wird man eine Suppressionszintigraphie
durchführen.
Die disseminierte Autonomie wird
oft zu spät diagnostiziert und therapiert, während das autonome Adenom wegen des meist bereits tastbaren
Knotens früher diagnostiziert und
einer Behandlung zugeführt wird.
Die disseminierte Autonomie ohne
Hyperthyreose muss nicht unbedingt
behandelt werden. Man sollte diese
Patientengruppe auf die Gefahr einer
Jodexposition hinweisen und engmaschig kontrollieren.
Therapie
Die medikamentöse thyreostatische
Therapie bei der funktionellen Autonomie mit manifester Hyperthyreose
ist nur als Überbrückung bis zum Erreichen der Euthyreose zu sehen. Bei
der unifokalen funktionellen Schilddrüsenautonomie empfiehlt sich eine
chirurgische Sanierung, vor allem bei
großen Adenomen, jüngeren Patienten
und Schwangeren im zweiten und dritten Trimenom sowie bei Adenomen
mit multinodösen Strumen, vor allem
bei gleichzeitigem Vorliegen von szintigraphisch „kalten“ Arealen mit Malignomverdacht.
Die therapeutische Wirkung der
Radiojodtherapie beruht vorwiegend
auf der Emission von Betastrahlen. Bei
einer Schwangerschaft, Malignomverdacht sowie bei mechanischen Komplikationen ist eine chirurgische Sanierung anzuraten. Es bestehen keine
Bedenken gegen eine Schwangerschaft
nach erfolgter Radiojodtherapie. Allerdings sollte während der ersten sechs
Monate nach einer Jod-131-Therapie
eine Konzeption vermieden werden.
Absolut kontraindiziert ist eine Radio­
jodtherapie während der Schwangerschaft. Eine thyreostatische Vorbehandlung sollte zwei Wochen vor
geplanter 131-Jod-Therapie unterbrochen werden oder zumindest die Thyreostatikatherapie sehr niedrig dosiert
werden, um eine Aufnahme in den
stark hormonell aktiven Arealen nicht
zu verhindern. Die Wirkung einer Radiojodtherapie erfolgt etwa nach drei
bis sechs Monaten, sodass nach einer
Radiotherapie die Wiederaufnahme
einer thyreostatischen Behandlung erforderlich sein kann.
Die Äthanolinjektion (Sklero­
therapie) sei hier der Vollständigkeit
halber erwähnt; sie hat sich in Österreich aber nicht als Standardtherapie
etabliert. 9
Univ. Doz. Dr. Alois Kroiss,
Privatklinik Döbling
Heiligenstädterstr. 57-63
Institut für Nuklearmedizin,
1190 Wien;
Tel.: 01/360 66/570;
E-Mail: [email protected]
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