Die fünf Säulen des Islam Säulen dienen zur Stabilisierung eines Gebäudes. Genauso werden die folgenden fünf Säulen des Islam als gottesdienstliche Handlungen betrachtet, welche das Gebäude der Religion des Islam, also der Gottergebenheit, aufrecht und stabil halten (Hingabe im Geiste soll zur Hingabe im Handeln führen und umgekehrt). Hierbei ist es notwendig darauf hinzuweisen, dass diese Handlungen freiwillig (ohne äußeren Zwang) zu erfolgen haben. Denn Ziel dieser Handlungen und der Gott-Mensch-Beziehung sollen Begeisterung, Dankbarkeit, Respekt, Vertrauen, Freude, Liebe und Hingabe sein. Zwang lässt solche Gefühle jedoch gar nicht erst aufkommen. Glaubensbekenntnis Der Übertritt zum Islam erfolgt durch das bewusste und verinnerlichte Aussprechen der Schahada (dem islamischen Glaubensbekenntnis), welche sich hier sinngemäß folgendermaßen wiedergeben lässt: „Ich bezeuge, dass es keine Gottheit gibt außer Gott und dass Muhammed sein Diener und Gesandter ist“. Wesentlich ist hierbei der Akt des Bezeugens/Zeugnisablegens, welches nach einer hinterfragten Überzeugung verlangt. Vergleiche hierzu: „Komme durch Wissen zu der Gewissheit, dass es keine Gottheit außer Allah gibt [...].“ (47:19) Die zwei Hauptteile der Shahada sind einmal das Zeugnis an den einen Schöpfer und seiner Eigenschaften (Monotheismus). Sowie die Bestätigung des Prophetentum Muhammeds (womit alle vorherigen Propheten eingeschlossen werden). Im Zusammenhang mit der Schahada lassen sich weitere Glaubenswahrheiten ableiten, welche auch verbindlich für einen Muslim sind (die sechs Glaubensgrundsätze, die fünf Säulen des Islam, Gebote, Verbote und Normen des Qur’an). Die islamische Sichtweise von der Übereinstimmung von Wissenschaft (Wissen) und Iman (Glaube, Religion) lässt sich anhand eines Gleichnisses festmachen: Ein Mensch steht auf der einen Seite eines Berges, während auf der anderen Seite des Berges für ihn nicht sichtbar, weil durch den Berg verdeckt, ein Feuer brennt. Er kann jedoch den Rauch des Feuers hinter dem Berg aufsteigen sehen. Mit Hilfe von Wissenschaft, Verstand, Logik und Erfahrung schließt er nun zurück von der Wirkung (Rauch) zur Wirkursache (Feuer). Ähnlich fordert Allah die Muslime auf, durch die Erforschung der Wirkungen in ihnen und um sie herum (Naturwissenschaften, Verstand, Lernen, Vernunft) einen rationellen Zugang zur Wirkursache zu bekommen. Man kann vereinfachend sagen, dass die Eigenschaften eines Gegenstandes auf seinen Erschaffer (seine Wirkursache) hinweisen. Vom Kunstwerk zum Künstler. Wissenserwerb gilt im Islam als religiöse Verpflichtung. Das Gebet Das Gebet (Salah) ist den Muslimen zu den fünf verschiedenen Tageszeiten (morgens, mittags, nachmittags, abends, nachts) vorgeschrieben. Es handelt sich bei den Gebetszeiten nicht um Zeitpunkte sondern eher um Zeiträume, innerhalb derer, wenn die Umstände es zulassen, das Gebet verrichtet werden soll. Falls die Richtung bekannt ist, wenden sich die Muslime während des Gebetes gen Mekka und dort im Speziellen in Richtung der Kaaba (schwarzer kubusförmiger Bau). Die Kaaba gilt als Gebetshaus, das von Abraham und Ismael im Auftrag Gottes wieder aufgebaut wurde. Sie hat damit einen besonders hohen Stellenwert als ein Symbol des Monotheismus (also den Glauben an den einen Gott Abrahams, Jesus’, Muhammeds, also aller Propheten). Die während des Gebetes rezitierten Texte sind in der Regel Qur’anverse und werden in der arabischen Sprache rezitiert. Dabei ist es wichtig, den wesentlichen Bedeutungsinhalt zu kennen. Die Arabischkenntnisse, die für das rituelle Pflichtgebet notwendig sind, lassen sich auf einer DIN-A4-Seite zusammenfassen. Der Vorteil, dass das Pflichtgebet auf eine Sprache festgelegt ist, liegt darin, dass Muslime an allen Orten der Welt an den dort verrichteten Gemeinschaftsgebeten vollwertig teilnehmen und die wesentlichen Inhalte verstehen können, da ja nicht in der jeweiligen Landessprache gebetet wird (dies gilt jedoch nur speziell für das rituelle Pflichtgebet). Das Gebet kann einzeln und in der Gemeinschaft verrichtet werden, wobei das Gemeinschaftsgebet als vorzüglicher gilt. Das Gebet kann auch an jedem Ort verrichtet werden, wobei man dabei auf die Sauberkeit des Ortes achten sollte. Die rituelle Reinheit des Betenden als Bedingung für das rituelle Pflichtgebet erfordert es, bei bestimmten Anlässen (z.B. nach einem Gang zur Toilette) die Gebetswaschung zu vollziehen. Dies hat sowohl physische (Beseitigung von Schmutz) als auch spirituelle Hintergründe (geistige Vorbereitung auf das Gebet). Das Gebet ist an bestimmte Bewegungsabläufe gebunden, wobei die markantesten das gerade Stehen, die Verbeugung, die Niederwerfung und das Sitzen sind (in beschriebener Reihenfolge). Die Psychologie lehrt uns heute, dass ca. 80 % der Kommunikation nonverbal sind. Dies zeigt, wie sehr die Seele/der Geist sich durch den Körper artikuliert. Es wird nun deutlich, dass bestimmte Körperhaltungen also auch umgekehrt einen Einfluss auf die Seele bzw. den Zustand des Menschen haben. Die einzelnen Bewegungsabläufe können unter anderem und im Wesentlichen als Ausdrucksformen von Begeisterung, Dank, Respekt, Freude, Demut, Vertrauen, Hingabe und Liebe verstanden werden. Das Gebet ist somit ganzheitlich, da es versucht, alle Qualitäten/Fähigkeiten des Menschen mit einzubeziehen (Denken, Fühlen, Sprechen, Sinneswahrnehmung, Körper). Ziel dieses Gebetes ist unter anderem das gelebte und lebendige Gespräch und die Beziehung zu Gott, welches vor allem durch die oben genannten Gefühle und Zustände geprägt sein soll. Da wir im Islam Religion auch als Beziehung definieren und Beziehung immer auch Kommunikation bedeutet, lässt sich nun der Sinn in der Häufigkeit (fünfmal am Tag) des Gebetes verstehen. Die Frage nach der gelebten Beziehung zu Gott ist somit auch die Frage nach der Kommunikation mit Gott, also der Momente, die gemeinsam mit Gott verbracht wurden. Somit verstehen wir das rituelle Gebet eigentlich auch nur als eine Art Weckruf, um das Leben nicht in Gottvergessenheit zu verbringen. Eine Erinnerung Gottes, Seiner auch zwischen diesen Zeiten zu gedenken. Interessant ist hier besonders, dass wir die oben genannten Gebetshaltungen auch im Neuen und Alten Testament wiederfinden können, sowie auch in anderen Religionen. Es gibt zusätzlich zum rituellen Gebet noch andere Formen des Gebetes (z.B. das persönliche Bittgebet), in welchen der Gläubige in der Sprachen seines Herzens (Muttersprache) zu Gott spricht. Fasten Während des jährlich wiederkehrenden Fastenmonats Ramadan, dem Offenbarungsbeginn des Qur’an, enthalten sich die Muslime in der Zeit vom Beginn des Frühlichtes bis zur Zeit des Sonnenuntergangs von allen Handlungen, die das Fasten brechen. Dazu zählt insbesondere die Enthaltsamkeit von Lebensmitteln. Das Fasten ist nur denen auferlegt, welche die dazu notwendigen (psychischen und physischen) Bedingungen auch erfüllen. Dabei soll das Fasten nicht als rein körperlicher Prozess, sondern vor allem als eine spirituelle Handlung verstanden werden. Der Fastende ist gerade in dieser Zeit dazu aufgefordert, mehr denn je an der Läuterung seiner Seele, der Verbesserung seines Charakters und der Umsetzung und Auseinandersetzung mit seiner Religion zu arbeiten. Unter den zahlreichen Aspekten solcher spirituellen Vorzüge der offensichtlichen Weisheiten des Fastens sollen hier nur zwei Beispiele genannt werden: - „Der Mensch erkennt den Wert einer Sache nur durch sein Gegenteil“: Die Gesundheit wird oft erst in der Krankheit geschätzt, die Jugend meist erst im Alter. Durch den Schleier der Gewohnheit verlieren die Dinge für den Menschen allzu oft an Wert. Durch die mit dieser einhergehenden mangelnden Wertschätzung sinken jedoch auch die wahrgenommene Lebensqualität und das wahrgenommene Glück des Menschen. Das Fasten soll uns durch den Verzicht wieder einen neuen Zugang zur Begeisterung, Dankbarkeit und Respekt diesen doch eigentlich unschätzbaren Gnadengaben gegenüber vermitteln. - „Das Wort Mitleid kommt von Leid“: Gerade wer in einer Wohlstandsgesellschaft aufgewachsen ist, weiß oft nicht den Wert eines trockenen Stücks Brotes zu schätzen und kennt nicht das Gefühl, das Menschen haben, die hungern. In dem Maße jedoch, wie wir das Leid einer Person kennen, vielleicht sogar im Ansatz mitempfinden, kann auch in uns die Motivation steigen, diesen Menschen helfen zu wollen. Armenabgabe Der Übergang zur Armenabgabe, der vierten Säule des Islam, ist somit fließend. Arabisch Zakat, hierzulande oft als Armenabgabe oder Almosensteuer übersetzt, heißt in seiner ursprünglichen Wortbedeutung „sich reinigen“. Die Zakat ist die Verpflichtung aller dazu fähigen Muslime einen festgelegten Betrag, jedoch mindestens 2,5 % ihrer Vermögenswerte (ausschließlich des zum Leben notwendigen Gutes), an bedürftige Menschen weiterzugeben. Alles darüber hinaus Gegebene heißt Sadaqa und wird als wohltätige Spende übersetzt. So reinigt sich also ein Mensch sinnbildlich, der einen Teil seines Vermögens an Bedürftige abgibt, eventuell auch spirituell von negativen Charaktereigenschaften wie Geiz, Egoismus und Raffgier. Aber auch Barmherzigkeit und Nächstenliebe werden durch Taten umgesetzt. Gerade im Zusammenhang zum jährlich wiederkehrenden einmonatigen Fasten kann hier ein Bewusstseinswandel in Gang gesetzt werden. Die Zakat fördert zusätzlich das soziale und ökonomische Gleichgewicht (Vermögen soll nicht angehäuft werden). Abschließend soll noch erwähnt werden, dass der Zakatzahlende durch die Verpflichtung zur Abgabe vor Hochmut und Stolz bewahrt wird, denn es ist ja seine von Gott auferlegte Pflicht. Der Empfänger der Abgabe wiederum hat ein Recht darauf und soll so vor dem demütigenden Gefühl des Bettelns und sich Erniedrigen-Müssens bewahrt werden. Pilgerfahrt Jeder dazu fähige Muslim soll einmal im Leben die Pilgerfahrt (Hadsch) unternehmen. Innerhalb eines festgelegten Zeitraumes besucht er dabei bestimmte Orte um die Gegend von Mekka herum und vollführt dabei bestimmte rituelle Handlungen. Die Pilgerfahrt selbst dauert ca. eine Woche, wobei Muslime oft die Gelegenheit nutzen noch länger vor Ort zu bleiben. Die Pilgerfahrt selbst ist ein zu großes Thema, als dass sie hier näher behandelt werden könnte. Wir wollen deshalb nur ein zwei Beispiele ansatzweise erläutern, um einen kleinen Einblick in die tiefere Bedeutung der Pilgerfahrt und ihrer rituellen Handlungen zu geben. Die Hadsch ist eine Zeit, in der die Muslime sehr bescheiden unter Aufhebung fast aller sichtbaren sozialen Unterschiede zusammenkommen (ca. 2-4 Mio. Pilger). Dabei leben sie für einige Tage gemeinsam in Zelten und tragen die Ihram-Kleidung. Dabei handelt es sich um zwei einfache weiße Tücher, die gleich Badehandtüchern um die Körper gewickelt werden. In gewisser Weise erinnert uns dies an das „letzte Hemd“, das ja bekanntermaßen keine Taschen hat. In diesem Zustand verrichten die Muslime den siebenmaligen Umlauf um die Kaaba (Tawaf), welches sinnbildlich als ein sich Einfügen in den harmonischen Kreislauf der Schöpfung verstanden werden kann. Der Mensch tut dies im Gegensatz zum Rest der Schöpfung auf Basis seines Bewusstseins und seines freien Willens. Die Kaaba (als Symbol für den Monotheismus und den Dienst an einen Gott) ist nun der Mittelpunkt seiner Kreisbahn. Sein Leben dreht sich fortan um Gott und nicht mehr nur um sich selbst (Egoismus). Resultat soll der Friede mit sich, der Schöpfung und somit auch mit Gott sein. Eine weitere rituelle Handlung der Pilgerfahrt ist das gemeinsame Stehen in Arafat, einem Wüstental bei Mekka. Alle drei bis vier Millionen Muslime stehen hier auf einer Ebene versammelt zum Gebet. Gekleidet in zwei weißen Tüchern entsteht hier sofort die Assoziation mit dem Tod und der Wiederauferstehung. Menschen aller Nationen und Hautfarben sind hier gleich, Unterschiede sind kaum noch sichtbar. Ob Mann oder Frau, reich oder arm, schwarz oder weiß zählt hier nicht mehr. Was jetzt nur noch zählt, ist lediglich wie wir als Menschen gelebt und gehandelt haben (was der Mensch an guten und schlechten Taten vorausgeschickt hat). Hier stellt sich die Frage, ob man denn mit der Leistung seiner bisherigen Taten gerne (wie am Jüngsten Tag) vor Gott treten würde. Gäbe es da nicht noch Dinge, die man anders machen würde? Die Hadsch kann als eine Art Rollenspiel verstanden werden, bei dem es vom Einzelnen abhängt, in welchem Maße er sich darauf einlassen und inwiefern er sein Bewusstsein dadurch erweitern und ein Stück weit seinem Leben neue Impulse geben will. (Hauptvorbilder der Hadsch sind Abraham, seine Frau Hagar und Ismael).