M E SSTEC H N I K Moderne Messtechnik verständlich gemacht: Folge 3 – Tympanometrie und Stapediusreflexmessungen mit einem Impedanzmessgerät Welche Messtechnik benötigt der Hörgeräteakusiker? Das Equipment engagierter Hörgeräteakustiker umfasst nicht nur Audiometer und Messbox auch ein Impedanzmessgerät findet sich oft im Bestand. Weil viele Kinder häufig unter Mittelohrentzündungen leiden, gehört insbesondere für den Pädaudiologen ein Tympanometer zur von den Berufsverbänden empfohlenen Ausrüstung. Die Schwingungsfähigkeit des Trommelfells kann durch eine Tympanometrie abgeklärt werden. Vor der Anpassung eines Hörsystems ist deshalb dieses Messverfahren, insbesondere bei einer Kinderversorgung, anzuraten. ■ Die Nachgiebigkeit des Trommelfells Trifft Schall auf das Trommelfell, so wird ein Teil davon reflektiert, während der Rest aufgenommen und weitergeleitet wird. Das Verhältnis von aufgenommener und reflektierter Schallenergie ist von den herrschenden Druckverhältnissen vor und hinter dem Trommelfell und von seiner Beschaffenheit abhängig. Der größte Wert der aufgenommenen Schallenergie, also die größte Nachgiebigkeit (Compliance) des Trommelfells, wird normalerweise bei beidseitig gleichem Luftdruck erreicht. Das bedeutet gleichzeitig, dass in diesem Fall die größte Energie für den Hörvorgang im Innenohr bereitsteht. Prinzip einer Impedanzmessung Rechnung automatisch bestimmt. Im Verlauf der Messung wird ein kontinuierlicher Wechsel von Überdruck zu Unterdruck über eine integrierte Luftpumpe erzeugt. Bei Unter- oder Überdruck versteift sich das Trommelfell und der Wert der Nachgiebigkeit nimmt ab. Aus der Form und den Werten des so gemessenen „Tympanogramms“ kann man also wertvolle Rückschlüsse auf den Zustand des Mittelohres ziehen. ■ Prinzip der Impedanzmessung Das Impedanzmessgerät besteht aus einer Messsonde und einer Datenauswertungselektronik. In der Messsonde befindet sich ein kleiner Lautsprecher, der über einen Schallschlauch einen tieffrequenten Ton in den Gehörgang vor dem Trommelfell abgibt. Der am Trommelfell reflektierte Schall wird über einen weiteren Schallschlauch dem Messmikrofon zugeführt. Mit einem dritten Schlauch kann der Luftdruck im Gehörgang verändert werden. Die Schläuche werden durch einen luftdichten Stöpsel geführt, der den Gehörgang nach außen abdichtet. Beim Impedanzmessgerät stehen dem Benutzer hauptsächlich zwei Messverfahren zur Verfügung: ■ Die Tympanometrie Bei der Tympanometrie wird die Nachgiebigkeit des Trommelfells aus zugeführter und reflektierter Schallenergie durch 104 Impedanzmessgerät MI 24 der Firma MAICO ■ Die Stapediusreflexmessung Während bei der Tympanometrie die Änderung der Nachgiebigkeit des Trommelfells bei Änderung des Luftdrucks im äußeren Gehörgang gemessen wird, verändert sich die Compliance bei der Stapediusreflexmessung durch Kontraktion des Stapedius-Muskels im Mittelohr. HÖRAKUSTIK DOZ 8-2005 M E SSTEC H N I K Abschließend teilt man mit, dass sich der Luftdruck im Gehörgang ändert und er auf keinen Fall während der Messung schlucken, kauen oder den Kopf bewegen soll. Blick auf das Trommelfell von der Paukenhöhle aus gesehen Der „Stapediusreflex“ bewirkt eine Verringerung der Nachgiebigkeit und wird unter anderem durch laute akustische Reize hervorgerufen. Unabhängig davon, ob der Schallreiz links, rechts oder beidseitig vorhanden ist, tritt der Stapediusreflex stets in beiden Ohren gleichzeitig auf. Der Stapediusreflex wird bei normalhörenden Erwachsenen durch Sinustöne mit Schalldruckpegeln etwa zwischen 70 und 90 dB ausgelöst. Impedanzmessung ■ Interpretation der Messergebnisse ■ Grundbedingungen Da während der Tympanometrie eine Druckdifferenz zwischen dem Gehörgang und dem Mittelohr aufgebaut wird, ist ein intaktes Trommelfell Grundvoraussetzung zur Durchführung einer Tympanometrie. Wird der Gehörgang von einem Ceruminalpfropf verschlossen, ist ebenfalls keine Messung möglich. ■ Durchführung der Messungen Bei den meisten Geräten muss man zunächst einen, für den jeweiligen Gehörgang passenden, Ohrstöpsel aussuchen. Dieser wird fest auf die Spitze der Messsonde aufgesteckt. Die Spitze der Messsonde sollte mit dem Ende des Ohrstöpsels abschließen. Ein wesentlicher Aspekt des Ohrstöpsels ist der dichte Abschluss des äußeren Gehörgangs. Die richtige Auswahl und Positionierung des Ohrstöpsels auf der Messsonde schafft daher die Grundvoraussetzungen für eine problemlose und fehlerfreie Messung. Ein möglicher Fehler ist auch eine durch Cerumen verstopfte Sondenspitze. Ergebnisse einer Impedanz Messung mit dem MI 34 Auf der linken Seite steht das Tympanogramm. Der angezeigte Rahmen zeigt den Bereich normaler Kurvenverläufe an. Im Beispiel ist der typische spitze Verlauf zu sehen. Das Ohr Volumen ist das Volumen zwischen dem Ohrstöpsel der Sonde und dem Trommelfell in ml. Die Compliance gibt den höchsten Wert der Nachgiebigkeit des Tympanogramms in ml ■ Einweisung des Probanden Vor jeder audiologischen Messung erfolgt eine Einweisung des Probanden. Diese ist eine wichtige Vorraussetzung für die erfolgreiche Durchführung. Bei der Impedanzmessung wird der Proband darauf hingewiesen, dass die Messung absolut schmerzlos ist. Außerdem wird er darüber informiert, dass nichts in den Gehörgang eindringt und dass er, während er den leisen, tiefen Prüfton hört, nicht zu antworten braucht. DOZ 8-2005 HÖRAKUSTIK Anzeige 105 M E SSTEC H N I K an, der bei dem unter Druck angegebenen Druck ermittelt wurde. Die Steigung gibt den Wert der Tympanogrammbreite bei halber maximaler Compliance in daPa an. Die automatische Erkennung des Stapediusreflexes wird durch „JA = Reflex erkannt“ oder „NEIN = kein Reflex erkannt“, angezeigt. Die richtige Interpretation der Messergebnisse für den Stapediusreflex kann nur im Zusammenhang mit dem Tympanogramm und weiteren vorliegenden Daten erfolgen. ■ Gerätevarianten Für die unterschiedlichen Einsatzbereiche hat die Industrie verschiedene Gerätevarianten entwickelt. Handtympanometer sind tragbare Geräte, mit denen man einen automatischen Tympanometrietest durchführen kann. Die Geräte sind häufig mit einem Datenspeicher und einer Computerschnittstelle ausgestattet. Die Energieversorgung erfolgt durch Batterien oder Akkus. Handtympanometer werden häufig für Screening Untersuchungen eingesetzt. Sie sind für den Hörgeräteakustiker meistens die richtige Wahl. Interacoustics bietet beispielsweise das Tympanometer MT10 an, das über eine Schnittstelle mit Noah verbunden werden kann. Ähnliche Geräte sind auch im Lieferprogramm von GN-Otometrics oder Maico präsent. Handtympanometer liegen in der Preisklasse von ca. 2000,– Euro. genschaften: Der zusätzliche 1000 Hz-Sondenton gewährt auch bei Kinderuntersuchungen die Sicherheit richtiger Messergebnisse. Die Sondendurchmesser beginnen bei 3 mm; somit ist sichergestellt, dass selbst bei Neugeborenen Messungen durchgeführt werden könnten. Durch eine kabellose Bluetooth-Verbindung ist eine große Bewegungsfreiheit gesichert. Auch die anderen Medizintechnikhersteller, wie Maico mit dem MI34 als auch Interacoustics mit dem AT235 haben leistungsfähige diagnostische Tympanometer in ihrem Programm. Außerdem gibt es Kombination von Impedanzmessgeräten mit Audiometern. Diagnostische Tympanometer Geräte beginnen mit einer Preiskategorie von 3 bis 4 Tausend Euro und können bis zu ca. 8000 Euro kosten. GN Otometrics Otoflex 100 Bild Interacoustics Handtympanometer MT10 ■ Diagnostische Tympanometer Diagnostische Tympanometer verfügen über zusätzliche Funktionen, zum Beispiel kann hier die Stapediusreflexmessung wahlweise contra oder ipsilateral erfolgen. Klinische Tympanometer sind noch umfangreicher ausgestattet. Das Otoflex 100 von GN-Otometrics ist z. B ein Tympanometer, welches unter anderem speziell für die Untersuchung von Kindern entwickelt wurde. Das äußert sich zum Beispiel in folgenden Ei- U beh nent rlich ! ■ Anwendungen Automatische Impedanz-Audiometer können für ScreeningUntersuchungen und diagnostische Aufgaben eingesetzt werden. Ein wichtiger Aspekt ist auch die Mobilität des Systems. Nicht nur für den Pädaudiologen empfiehlt es sich, die Mittelohrfunktionen vor einer Hörsystemanpassung zu überprüfen und zu dokumentieren. Jens Ulrich Heinz Diepes Augenglasbestimmung Inform Nr. 10, eine Beratungsfibel für den Augenoptiker, 108 Seiten 24,90 € inkl. ges. MwSt., zzgl. Porto u. Verpackung ISBN 3-922269-25-7 106 DOZ-Verlag Postfach 12 02 01 69065 Heidelberg Tel. (0 62 21) 90 5170 Fax (0 62 21) 90 5171 HÖRAKUSTIK DOZ 8-2005