30 2.5 KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK Kondensatoren und Feldenergie Aus den Rechnungen für eine unendlich ausgedehnte Platte mit homogener Ladungsdichte, die wir in den Abschnitten 2.2 und 2.4 vorgenommen haben, können wir für das elektrische Feld zwischen zwei planparallele Platten zwanglos folgern, dass: 1 1 E= · ε0 A ! Qlinks Qrechts − 2 2 " Mit der Vorgabe, dass Qlinks = Qrechts = Q folgt für E E= 1 1 · ·Q ε0 A (2.26) Die Energie, die benötigt wird, um eine Probeladung q " Q von links nach rechts zu verschieben, beträgt somit: d = q · V, wobei V = E · d = Potenzial ( differenz) zwischen beiden Platten. U = q · E · #$%& #$%& Kraft Weg 1 d Mit (2.26) ⇒ (q) · · · Q = (q) · V ε0 A ε0 A oder Q = ·V (2.27) d ⇒ Ladung und Potenzialdifferenz sind proportional zueinander. Der Proportionalitätsfaktor ist eine Eigenschaft des Objekts und wird Kapazität genannt. Je höher die Kapazität ist, desto mehr Ladung wird bei gegebener Spannung auf die Platten geladen. C = ε0 A Kapazität eines Plattenkondensators d Kapazitäten (von Kondensatoren) spielen in Schaltkreisen aber auch bei der Energiespeicherung eine wichtige Rolle, insbesondere dann wenn (kurzfristig) hohe Leistungen gewünscht sind. [Q] 1C = = 1F Farad [V ] 1V ' ( A = [ε0 ] = [ε0 ] · m d [C] = 2.5. KONDENSATOREN UND FELDENERGIE 31 ⇒ Angabe von Kapazitäten ist auch in Längeneinheiten möglich. Jedoch ist C = 1 cm keine Angabe in S.I. Einheiten, kann aber durch Multiplikation mit "0 leicht umgerechnet werden. ⇒ Die Kapazität ist proportional zur Lineardimension des Bauteils. Bei der Miniaturisierung eines Schaltkreises wächst also die Energiedichte quadratisch mit dem Quadrat der inversen Lineardimension, was auch besondere Anforderungen an die in diesen Schaltungen verwendeten Materialien stellt. Die Kapazität kann nicht nur für zwei parallele Platten definiert werden, sondern für allgemeine Paare von metallischen Objekten. Kapazität eines Koaxialkabel: Ein Koaxialkabel besteht aus zwei voneinander isolierten Metalldrähten, siehe Abbildung. Ra Im letzten Kapitel: Ri λ 1 · 2 π ε0 R E= g replacements +Q für Ri < R < Ra −Q d λ= ∆Q Q ≈ ∆l l Gesamtladung Gesamtlänge ∆l ist ein Längensegment Die Energie, die benötigt wird, um eine kleine Testladung von R = Ri nach R = Ra zu verschieben, ist: U = q ) Ra Ri λ E(R) dR = q · · 2 π ε0 ) # Ra Ri 1 dR R $% & a ln R|R R =ln Ra −ln Ri =ln i (2.28) Ra Ri 32 KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK ⇒U = q· λ Ra · ln 2 π ε0 Ri # $% & mit λ= Q l ⇒ Q = 2 π ε0 · ln RRai $% & # Potenzialunterschied V l ·V (2.29) C (Koaxialkabel) ⇒ Ein 100 m langes Kabel mit Ra = 2 m und Ri = 1 m hat dieselbe Kapazität wie ein gleich langes Kabel mit Ra = 20 nm und Ri = 10 nm, nämlich C/"0 = 200π ln 2 m. Kugelkondensator: Die Beschreibung eines Kugelkondensators und die Berechnung seiner Kapazität ist den Übungen zu entnehmen. In elektrischen Schaltungen werden Kondensatoren oft seriell oder parallel zu Widerständen, Spulen aber auch zu anderen Kondensatoren geschaltet. Man kann dann jeweils parallel oder seriell geschaltete Kondensatoren vereinfacht mit der Angabe einer effektiven Kapazität beschreiben. Parallelschaltung von Kapazitäten: Q1 eplacements C1 +Q −Q −Q Q PSfrag replacements Q2 +Q d −Q C2 C d V V Ersatzschaltbild → Die Gleichstromquelle (V ) gibt die Potenzialdifferenz vor. An jeder Kapazität liegt dieselbe Spannung an. ⇒ Q1 = C 1 · V Q2 = C2 · V Qgesamt = Q1 + Q2 = (C1 + C2 ) · V (2.30) 2.5. KONDENSATOREN UND FELDENERGIE 33 ⇒ Parallelgeschaltete Kapazitäten addieren sich! siehe auch: Cgesamt = ε0 · (A1 + A2 ) d Die Flächen einer in zwei Teile geschnittenen Kapazität addieren sich. Serienschaltung von Kapazitäten: Q1 Q2 g replacements +Q PSfrag replacements −Q +Q d C1 −Q Q C2 −Q C d V V Ersatzschaltbild → Die Summe der Spannungen muss den externen Spannung entsprechen! ⇒ V1 = 1 ·Q C1 V = Q = V2 = ! ! 1 1 + C1 C2 1 1 + C1 C2 " 1 ·Q C2 ·Q "−1 ·V In Serienschaltung addieren sich die inversen Kapazitäten. Siehe auch 1 1 1 1 = · (d1 + d2 ) = + C ε0 A # $% & C1 C2 =d (2.31) 34 KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK PSfrag replacements +Q −Q d d1 d2 Auch komplizierte Serien- und Parallelschaltungen von Kondensatoren lassen sich als effektive Kapazität darstellen, siehe Übungen. Bei ganz genauer Betrachtung muss man allerdings die Kapazität als eine Matrix ansehen. Dies zu vertiefen sprengt aber den Rahmen der Vorlesung. Energie in einem Kondensator PSfrag replacements +Q −Q d Qrechts Qlinks Jede Partialladung in der linken Platte ”fühlt” das Potenzial der Ladungen auf der rechten Platte. Die Gesamtenergie, die in der Wechselwirkung zwischen den Ladungen steckt, kann prinzipiell über Summation bzw. Integration berechnet werden. Alternativ: Rechte Platte erzeugt ein E-Feld: E=− 1 Qrechts · 2 ε0 A F = Qlinks · E (2.32) 2.5. KONDENSATOREN UND FELDENERGIE 35 Nun verschiebe man die linke Platte nach rechts bis sich die beiden Platten berühren. ) d (−1) Qrechts · dr 2 ε0 A 0 1 Qrechts + Qlinks Q2 d = − · ·d = · 2 ε0 A 2 ε0 A ⇒U = Qlinks · Damit ist die Energie: Q2 2C (2.34) 1 C · V 2. 2 (2.35) U= oder wenn wir Q = C · V setzen: U= (2.33) Das ist die Energie, die wir benötigen, um eine Kapazität zu laden. Diese Formel gilt auch für allgemeine Kondensatoren. Interessanter Weise gibt es offensichtlich keine “Selbstenergie” einer Platte in dieser Rechnung. Alternative Sichtweise: Energie steckt im Feld der wechselwirkenden Ladungen. Ladungen selbst wechselwirken nicht, sondern sie erzeugen ein Feld, das Energie hat. Im Plattenkondensator: E= Q ε0 A in (2.33) eingesetzt: Q = ε0 · A · E (ε0 · A · E)2 d 1 ⇒U = · = ε0 E 2 · (A · d) 2 ε0 A 2 (2.36) U 1 Energie = Energiedichte = = ε0 E 2 Volumen A·d 2 (2.37) Diese Formel gilt allgemein - also auch außerhalb eines Plattenkondensator. Hintergrundwissen: Feldenergie eines Protons Ein Proton ist prinzipiell ein Punktteilchen. Bei genauer Betrachtung stellt sich jedoch heraus, dass es einen zwar sehr kleinen, aber dennoch endlichen Radius, R = 0.877 fm hat. Man kann nun annehmen, dass die Ladungsdichte ρ innerhalb dieses Radius konstant ist und außerhalb 36 KAPITEL 2. ELEKTROSTATIK gleich null und die Feldenergie berechnen. ρ= PSfrag replacements +Q −Q * 0 r>R ρ0 r < R E Q 4 π ε0 · R 2 d R Betrachte nur Feldenergie außerhalb des Protons, wo der Betrag des elektrischen Feldes gegeben ist durch: |E| = 1 1 · 2 4 π ε0 r Volumen einer Kugelschale der Dicke ∆R: ∆V = 2 4# π ·∆r $%r& Oberfläche einer Kugel ) ∞ ε0 ε0 E 2 e2 1 dr 4 π r2 · · ⇒U = ∆V · → 2 · 4 2 2 (4 π ε0 ) r R r>R ) ∞ 1 1 e2 = dr = 8 π ε0 R r 2 8 π ε0 · R # $% & ∞ 1 − 1r | = R R + Setzen wir Zahlenwerte ein, erhalten wir U = 0.82 MeV. Mit Hilfe der Formel E = m · c 2 (hier steht E für Energie), kann man der Energie eine Masse zuordnen. Das Ergebnis ist m = 1, 46 · 10−30 kg. Dies ist nicht die Masse eines Protons sondern ungefähr die eines Elektrons (me = 0, 91 · 10−30 kg.) bzw. die seines Antiteilchen. Die Vermutung steckt nun nahe, dass es einen tieferen Zusamenhang gibt zwischen Protonen und Elektronen. In der Tat kann man durch Zuführung von Energie dem Proton ein Positron entlocken: p + !ω → n + e+ + νe Lese: Proton plus Energie kann übergehen in Neutron plus Positron plus ein Elektronneutrino.