428 Augenerkrankungen Die seltene Skleritis zeigt ebenfalls eine gemischte Injektion mit livider buckelförmiger Skleraschwellung und bläulich lividen und dunklen Gefäßen (Abb. 916). Differenzialdiagnostisch ist sie von einer Episkleritis abzugrenzen (s. u.), bei welcher sich die Gefäße durch Gabe von Phenylephrin nicht konstringieren. Eine Skleritis ist eine schwerwiegende Entzündung, die mit bohrendem, in die Umgebung ausstrahlendem Schmerz einhergeht. Eine nekrotisierende Form der Skleritis (Abb. 917) kann zur Perforation führen. Bei rund der Hälfte der Fälle sind rheumatische Erkrankungen assoziiert. Entzündliche Reize können multiple kleinere, umgebende Vorwölbungen der Conjunctiva tarsi erzeugen. Wir unterscheiden eine follikuläre und eine papilläre Form. Erstere stellt Lymphfollikelhyperplasien dar. Sie haben ein helles glasiges Zentrum, sind von einem Gefäßring umschlossen und treten vorwiegend bei Viren- oder Chlamydieninfektionen auf. Die Papillen (Abb. 918) zeigen ein kleines zentrales Gefäßbäumchen. Dies ist typisch für allergische Entzündungen. Eine erhöhte Gefäßpermeabilität erzeugt eine lachsfarbene Bindehautschwellung oder Chemosis (Abb. 919 und 920). Stark geschlängelte Episkleralvenen (BonamourZeichen) sind Zeichen einer lokalen Abflussbehinderung der Vortexvene und führen zur Stauungshyperämie. Sie können beim Glaucoma absolutum, bei Netzhautvenenthrombosen, okulären oder orbitalen Tumoren sowie bei Rechtsherzinsuffizienz oder Bluthyperviskosität auftreten (Abb. 921). Das Hyposphagma ist ein lokaler lackartiger, homogener Bluterguss unter der Bindehaut (Abb. 922). Dieses schmerzlose, scharf begrenzte subkonjunktiva- le Hämatom kann spontan nach Anstrengung mit Valsalva-Manövern – Pressen, Husten, Niesen –, unter der Geburt sowie bei Hypertonus, Gefäßsklerose, hämorrhagischer Diathese oder Behandlung mit Antikoagulanzien auftreten. Es ist harmlos und resorbiert sich von allein in wenigen Tagen. Weitere gleichzeitige Blutungen (Schlaganfall) ergeben sich nicht daraus. Bei Trauma-Anamnese muss eine Perforation des Auges unbedingt ausgeschlossen werden! Blutungen in die Vorderkammer werden als Hyphäma bezeichnet (Abb. 923). Es kann Folge eines Traumas, einer hämorrhagischen Iritis, z. B. beim Zoster ophthalmicus, sowie einer Rubeosis iridis sein. Als häufigste schwere Komplikation gilt das Sekundärglaukom. Durch Sedimentierung der Erythrozyten kommt es zur Spiegelbildung. Als Tyndall-Phänomen beschreibt man die diffuse Trübung des Kammerwassers durch Exsudation von Fibrin. Die noduläre Episkleritis (Abb. 924) ist eine rezidivierend verlaufende Entzündung der Faszienumhüllung zwischen Bindehaut und Sklera. Die radiär verlaufenden Bindehautgefäße liegen innerhalb der Tenon-Kapsel und lassen sich leicht über dem Knötchen verschieben. Im Bereich der sektorförmig geröteten Bindehaut ist der Augapfel extrem druckdolent. Die Patienten klagen über bohrenden Schmerz, Photophobie und Epiphora. Die Ursache ist unbekannt; die noduläre Episkleritis scheint aber oft mit einem Immungeschehen assoziiert zu sein. Sie tritt häufig zusammen mit Krankheitszuständen wie Hyperurikämie, systemischem Lupus erythematodes, chronische rheumatoide Polyarthritis und anderen Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, Rosazea, Sarkoidose und Stevens-Johnson- bzw. Lyell-Syndrom auf. Augenerkrankungen 429 Schwellungen, Rötungen und Blutungen des Auges: Skleritis, papilläre Vorwölbungen der Bindehaut, Bonamour-Zeichen, Hyposphagma, Hyphäma, Chemosis, Episkleritis 916 917 918 919 920 921 922 923 924