© SPL, picturedesk.com state of the art MammaKarzinom DFP - Literaturstudium Jede neunte Frau in Österreich erkrankt an Brustkrebs; vor allem bei jüngeren Frauen nimmt die Häufigkeit zu. Während man auf die intra-operative Gefrierschnitt-Untersuchung verzichtet, kommt dem Einsatz der Chemotherapie vor der Operation immer größere Bedeutung zu. Therapie der Wahl ist die brusterhaltende Operation. Von Ernst Kubista et al* Einleitung D as Mammakarzinom ist die häufigste Krebserkrankung der Frau. In Österreich erkrankt jede neunte Frau im Laufe ihres Lebens daran. Obwohl besonders bei jüngeren Frauen die BrustkrebsHäufigkeit zunimmt, sinkt zumindest in den meisten Industriestaaten die Mortalität seit einigen Jahren kontinuierlich. Die Ursachen dafür liegen vor allem in flächendeckenden Früherkennungsprogrammen und in verbesserten Behandlungsmethoden. Die Aufgabe der Früherkennung ist es, ein Mammakarzinom in einem möglichst frühen Stadium festzustellen und durch eine rasche Therapie die Prognose zu verbessern. Durch die Entwicklung von immer effektiveren endokrinen Therapiestrategien und durch den Einsatz von zielgerichteten Therapien ist die Behandlung von Brustkrebs wirksamer und gleichzeitig schonender geworden. Symptome Das Mammakarzinom ist durch einen - zumindest im Anfangsstadium - symptomarmen Verlauf charakterisiert. Umso wichtiger sind daher die konsequente Durchführung von regelmäßigen Mammographien und die Untersuchung der Brust durch die Patientin und den Arzt. Dabei ist speziell auf folgende Symptome zu achten: • tastbarer, zumeist unscharf verschieblicher und derber Knoten; • Veränderung in Größe, Form oder Konsistenz der Brust; › österreichische ärztezeitung ‹ 11 › • Rötung und Verdickung der Haut; • Haut oder Mamilleneinziehung; • unilaterale Mamillensekretion; • Ekzem der Mamilla; • Hautödem. zu diagnostizieren. Von den dafür zur Verfügung stehenden Verfahren hat sich besonders die Mammographie als effektiv erwiesen. Bildgebende Diagnostik Sie wird in Screening-Programmen sogar ausschließlich verwendet, da sie relativ rasch durchgeführt werden kann, flächendeckend verfügbar und gut reproduzierbar ist. Sie ist auch die einzige Methode zum verlässlichen Nachweis von Mikroverkalkungen. Verkalkungen der Brust sind häufig und in den meisten Fällen gutartig; sie sind jedoch auch häufig ein früher und oft der einzige Hinweis auf einen malignen Prozess. Mikrokalk tritt vor allem sehr häufig beim so genannten „Duktalen Carcinoma in situ“ (DCIS) auf. Aber auch invasive Karzinome weisen häufig Mikroverkalkungen auf. Oft sind polymorphe, unregelmäßige Mikroverkalkungen der einzige Hinweis auf das Vorliegen einer malignen Läsion in der Brust. Seit einigen Jahren wird in Österreich die so genannte „BIRADS-Klassifikation“ vewendet. Dabei handelt es sich um ein standardisiertes, in den USA und einigen anderen europäischen Ländern bereits etabliertes mammographisches Befunderhebungssystem, welches sowohl dem Radiologen als auch dem behandelnden Gynäkologen die Möglichkeit gibt, die Dignität einer Veränderung entsprechend einzuschätzen und die notwendigen Maßnahmen und Behandlungsschritte zu setzen. Die bildgebende Diagnostik ermöglicht es in mehr als 90 Prozent der Fälle, eine Erkrankung der Brust früh Die Ultraschalluntersuchung ist eine wichtige Ergänzungsuntersuchung zur Mammographie; sie kann Screening- : Eine bereits erfolgte Exulzeration sowie palpable Lymphknotenvergrößerungen sind keine Frühsymptome, sondern deuten bereits auf eine lokal fortgeschrittene Erkrankung hin. Diagnostik Inspektion und Palpation der Brust Die Inspektion und die Palpation der Brust sind ein essentieller Teil der Brustuntersuchung und sollten auch vor jeder Mammographie durchgeführt werden. Da diese üblicherweise erst Tumoren ab einer Mindestgröße von einem Zentimeter entdeckt, ist die Palpation als alleinige Früherkennungsuntersuchung unzureichend. Der Vorteil der Methode liegt vielmehr in der Entdeckung eines bösartigen Tumors in einem möglichst frühen Stadium und erlaubt dadurch ein günstigeres kosmetisches Ergebnis und eine höhere Rate an brusterhaltenden Therapien. Der Wert der Selbstuntersuchung in Bezug auf ein günstigeres Überleben wird jedoch überschätzt. 10. Juni 2009 41 state of the art : verfahren nicht ersetzen. Vor allem bei jüngeren Frauen und relativ dichtem Brustdrüsengewebe stellt sie jedoch eine wichtige Ergänzung zur Mammographie dar, da sie Zysten von soliden Tumoren gut unterscheiden lässt. Bei der Magnetresonanztomographie (MRT) handelt es sich nicht um eine Routineuntersuchung. Sie wird indikationsbezogen durchgeführt und vor allem bei mammographisch und sonographisch unklaren Herdbefunden eingesetzt. Die Hauptindikation für eine MRT der Brust ist weiterhin die Abklärung von Brustveränderungen bei Frauen mit Brustimplantaten. Weiters erlauben sie eine Differenzierung von Narben beziehungsweise Rezidiven nach chirurgischen Eingriffen. Sie sind auch Teil eines intensivierten Früherkennungs-Programmes bei Frauen mit einer familiären Brustund Eierstockkrebsanamnese. Invasive Diagnostik (Core Biopsie) Die so genannte „Schnellschnittuntersuchung“ oder Gefrierschnittuntersuchung zur intraoperativen Bestimmung der Dignität einer Brustläsion wird zunehmend verlassen. Eine Diagnostik während der Operation bedeutet erhöhten personellen Aufwand, geringere diagnostische Sicherheit, eine erhöhte Rate an falsch negativen Resultaten und eine verlängerte Operationsdauer. Es sollte daher stets versucht werden, bereits vor Beginn der Operation eine präoperative Abklärung eines suspekten Tumors durchzuführen. Dies erfolgt gewöhnlich durch eine Stanzbiopsie („Core Biospie“). Dafür stehen mammographisch stereotaktische oder 42 sonographisch gesteuerte transkutane Biopsieverfahren zur Verfügung. Unter Einbeziehung dieser Verfahren ist in den meisten Fällen sowohl eine exaktere präoperative Diagnostik als auch eine entsprechende Auswahl der Operationsverfahren möglich. Bei diesem Verfahren werden Stanz-Zylinder gewonnen, an Hand derer sowohl die Karzinomdiagnostik als auch eine Charakterisierung des Karzinoms selbst möglich ist (Rezeptorbefund, Grading). Im Fall einer präoperativen systemischen Therapie ist die Diagnosesicherung durch Core-Biopsie sogar eine unabdingbare Voraussetzung. Operative Therapie des Mammakarzinoms In Österreich werden pro Jahr mehr als 5.000 Brustkrebsoperationen durchgeführt. Die Therapie der Wahl ist heute die brusterhaltende Operation (BET), bei der ein quadrantenförmiges, den Tumor enthaltendes Segment reseziert wird. Um eine vollständige Entfernung des Karzinoms zu gewährleisten, wird intraoperativ ein Gefrierschnitt zur Begutachtung des Resektionsrandes durchgeführt. Die Rate der brusterhaltenden Operationen hat in den letzen Jahren deutlich zugenommen und liegt inzwischen österreichweit bei etwa 60 Prozent. An spezialisierten Einheiten wird diese Rate weit übertroffen und liegt bei über 80 Prozent. Absolute Kontraindikationen für die brusterhaltende Operation stellen das multizentrische und das inflammatorische Karzinom sowie eine ungünstige Relation von Tumorgröße und Brustgröße dar. Auch bei größeren Tumoren ist es heute möglich, durch eine mehrmonatige präoperative, systemische Chemotherapie oder endokrine Therapiestrategien die Rate der brusterhaltend operablen Tumoren deutlich zu vergrößern, weil durch diese Therapie in den meisten Fällen eine deutliche Verkleinerung des Tumors eintritt. Mit modernen Chemotherapie-Schemata kann in etwa 20 Prozent der Fälle sogar eine komplette pathologische Remission (pCR) erzielt werden, die ihrerseits einen unabhängigen Prädiktor für eine günstige Prognose darstellt. Ist der Tumor in Relation zur Brust deutlich zu groß, um ein kosmetisch befriedigendes Ergebnis zu erzielen, sowie bei „multizentrischen“ Karzinomen (die sich über mehrere Quadranten ausdehnen), muss eine Mastektomie durchgeführt werden. Falls im selben oder bei einem späteren Eingriff eine Rekonstruktion geplant ist, wird heute meist die „skin-sparing“ Mastektomie bevor : zugt, um eine ausreichende Hautreserve BI-RAD-SYSTEM-Klassifikation* Kategorie Bewertung 1 Negativ 2 Gutartiger Befund 3 Wahrscheinlich gutartiger Befund 4 Suspekte Veränderung 5 Hochgradiger Verdacht auf Bösartigkeit Empfehlung Routine-Screening Routine-Screening Follow-up in kurzem Intervall, um Stabilität der Veränderung sicherzustellen (Karzinomrate unter einem Prozent) Transcutane Nadelbiopsie indiziert *) Indikation für operative Intervention *) oder operative Intervention * www.birads.at Tab. 1 › österreichische ärztezeitung ‹ 11 › 10. Juni 2009 state of the art : zu ermöglichen. Der Aufbau kann einerseits durch körpereigenes „autologes“ Gewebe mittels eines Latissimus dorsi Lappens oder mittels eines TRAM-Lappens erfolgen. Alternativ werden häufig zunächst Expander implantiert, die mittels Port langsam mit NaCl befüllt werden können, um in einem zweiten Schritt durch eine Silikonprothese ersetzt zu werden. Um die Bildung von Kapselfibrosen zu verhindern, werden Prothesen üblicherweise unter dem M. pectoralis major platziert. Axilladissektion und Sentinelknotenbiopsie (SLN) Der axilläre Lymphknoten-Status ist nach wie vor der wichtigste unabhängige Prognoseparameter, was das Wiederauftreten eines Mammakarzinoms angeht. Lymphknoten-negative Patientinnen haben deutlich bessere Heilungs-Chancen als jene Frauen bei denen bereits ein oder mehrere axilläre Lymphknoten befallen sind. Die weitere systemische Therapie wird daher vor allem von einem möglichen Lymphknotenbefall bestimmt. Auch stellt der Befall von mehr als drei axillären Lymphknoten eine Indikation für eine Strahlentherapie der Lymphabflusswege dar. Die vollständige axilläre Dissektion beinhaltet die Entfernung des Lymphknotenfettgewebes in der Axilla und soll auf jeden Fall mehr als zehn Lymphknoten betragen. Die vollständige axilläre Lymphadenektomie ist jedoch mit beträchtlichen Morbiditäten wie einer Bewegungseinschränkung des Armes, Schmerzen und dem postoperativen Lymphödems vergesellschaftet, das oft noch nach vielen Jahren auftreten kann. 44 Aus diesem Grund wurde die Methode der „Wächterlymphknotenbiopsie“ entwickelt. Sie kann bei Tumoren mit klinisch negativen axillären Lymphknoten eingesetzt werden und ist inzwischen in allen größeren Zentren in Österreich Methode der Wahl. Der erste Lymphknoten im lymphatischen Abflußgebiet der Brust ist in der Axilla gelegen und wird „Wächterlymphknoten“ (Sentinellymphknoten) genannt. Er wird bei dieser Operationsmethode entweder mit Patentblau oder durch Isotope (Technetium 99) markiert. Während der Operation wird dieser Lymphknoten aufgesucht und hinsichtlich eines möglichen Tumorzellbefalles untersucht. Falls dies nicht der Fall ist, kann auf die vollständige axilläre Dissektion verzichtet werden, was die Morbidität der Operation deutlich vermindert. Strahlentherapie Die Strahlentherapie ist ein integrierter Bestandteil des brusterhaltenden Behandlungskonzeptes. Dies gilt sowohl für invasive Tumore, also auch für das duktale Carcinoma in situ (DCIS). Die Hauptwirkung der lokalen Strahlentherapie ist die Verringerung des „loko-regionalen TumorRezidives“. Dieses Risiko kann von 30 Prozent ohne Strahlentherapie auf fünf bis zehn Prozent gesenkt werden. Auch für die Behandlung des Lokalrezidives nach Ablatio ist die Strahlentherapie die Therapie der Wahl. Die moderne Strahlentherapie im Rahmen der brusterhaltenden Therapie erfasst die gesamte Brust über zwei opponierende, tangential zur Thoraxwand gelegene Bestrahlungsfelder. Der mitbestrahlte Anteil der Lunge wird dadurch möglichst klein gehalten. Bei linksseitigen Karzinomen kann auch auf die Schonung des Herzens geachtet werden. In den meisten Fällen wird im Bereich des Operationsgebietes eine sogenannte „Dosisaufsättigung“ (Boost) vorgenommen. Dieser Boost kann über ein zusätzliches percutanes Strahlenfeld oder in Form von interstitiellen Implantationen appliziert werden. Wichtig für den Strahlentherapeuten ist dabei die Markierung des Operationsgebietes (Tumorbett) mit Metallclips. Nur so ist es möglich, die exakte Strahlendosis und vor allem den Boost in das Operationsgebiet zu applizieren, da erfahrungsgemäß im Operationsgebiet die höchste Rezidivgefahr besteht. Die Strahlentherapie selbst wird über einen Zeitraum von vier bis fünf Wochen ambulant durchgeführt. Für die interstitielle Applikation ist eine Aufnahme von drei bis vier Tagen notwendig. An einigen Zentren wird auch eine intraoperative Strahlentherapie durchgeführt, die eine besonders effektive Bestrahlung des Tumorbettes ermöglicht. Systemische Therapie Die adjuvante Therapie des Mammakarzinoms in Österreich erfolgt zumeist nach den jeweils aktuellen Richtlinien der St. Gallener Konsensus-Konferenz. Nach der derzeit gültigen Version unterscheidet man drei Risikogruppen mit unterschiedlicher Behandlung. Als entscheidende, die Klassifikation eines Karzinoms bestimmende Prognosekriterien gelten Nodalstatus, Tumorgröße, Grading, Hormonrezeptorstatus, HER2 Status und Alter (jünger oder älter als 35 Jahre). Bei rezeptorpositiven Patientinnen kommen je nach Menopausenstatus unterschiedliche antihormonelle Therapiestrategien zum Einsatz. Es sind dies bei prämenopausalen Patientinnen GNRH-Analoga in Kombination mit Tamoxifen. Bei prämenopausalen Frauen über 40 reicht auch : eine alleinige Tamoxifengabe aus. Bei › österreichische ärztezeitung ‹ 11 › 10. Juni 2009 state of the art : postmenopausalen Patientinnen galt Tamoxifen lange Zeit als Goldstandard. In den letzten Jahren haben sich Aromatase-Inhibitoren („AIs“) zunehmend etabliert und stellen derzeit die wirksamsten endokrinen Substanzen dar. Aromatase-Inhibitoren werden gewöhnlich für fünf Jahre verabreicht. Beim Auftreten von schwerwiegenden Nebenwirkungen wie beispielswei- se einer Osteoporose kann nach zwei Jahren auf Tamoxifen umgestellt werden, ohne dass die Patientin einen Nachteil bezüglich Tumorrezidiv und Übeleben hat. Auch nach einer fünf Jahre dauernden Tamoxifenbehandlung können Aromatase-Inhibitoren verabreicht werden. Eine kürzlich publizierte Studie konnte sogar einen Überlebensvorteil bei jenen postmenopausalen Patientinnen feststellen, die nach einer fünf Jahre dauernden Tamoxifentherapie weitere fünf Jahre mit einem Aromatase-Inhibitor behandelt wurden. Bei der Chemotherapie kommen Poly-Chemotherapie-Schemata zum Einsatz. Falls keine Kontraindikationen bestehen, werden heute gewöhnlich anthrazyklinhältige Kombinationen eingesetzt. Vor allem bei nodal-positiven Patientinnen sollten zusätzlich auch Taxane eingesetzt werden. Die Nebenwirkungen der Chemotherapie konnten in den letzten Jahren durch den Einsatz von Erythropoietinen und Granulozytenstimulierenden Faktoren effektiv bekämpft werden. Moderne Antiemetika haben auch die subjektiv belastende Chemotherapieindizierte Übelkeit zu einer gut therapierbaren Nebenwirkung gemacht. Chemotherapie-Schemata stellen auch im Zeitalter der zielgerichteten Therapien noch immer die Basis jeder Herceptin-Therapie dar. Eine zunehmend wichtigere Strategie bei der Anwendung von Chemotherapien ist ihr Einsatz noch vor der Operation. Diese Sequenz ermöglicht es nicht nur, das Ansprechen auf ein ChemotherapieSchema durch sequentielles Messen des Tumordurchmessers zu evaluieren, sondern auch die Rate an brusterhaltenden Operationen zu steigern und somit das kosmetische operative Ergebnis zu verbessern. Trastuzumab (Herceptin) ist ein Vertreter einer zielgerichteten Anti- 46 › österreichische ärztezeitung ‹ 11 › 10. Juni 2009 körpertherapie und wird adjuvant bei HER2 überexprimierenden Mammakarzinomen eingesetzt. Etwa 20 bis 30 Prozent aller Mammakarzinome sind durch eine Genamplikation des HER2 Genes und eine konsekutive Überexpression des HER2-Proteins charakterisiert. Die Zugabe von Herceptin hat bei solchen Tumoren zu einer signifikanten Verbesserung des rezidivfreien Überlebens geführt. Herceptin wird derzeit gewöhnlich für die Dauer eines Jahres verabreicht; die optimale Länge der Verabreichung ist jedoch noch nicht geklärt. Fallstrick Nr. 1 Eine 35-jährige Patientin stellt sich mit einer seit mehreren Wochen sehr geschwollenen und deutlich geröteten Brust vor. Sie hat eine negative Familienanamnese und war bereits für eine Woche mit Augmentin 3x2,2 g antibiotisch behandelt worden; darunter keine Besserung. Eine Mammographie war aufgrund der extremen Schmerzhaftigkeit der Brust nicht möglich. Weiterführung der Antibiose, umstellen auf eine alternative Antibiotikatherapie sind in diesem Fall keine adäquate Option, da hier der dringende Verdacht auf ein inflammatorisches Karzinom vorliegt. Der nächste diagnostische Schritt ist vielmehr die Durchführung einer Biopsie zum Ausschluss eines Malignoms. Fallstrick Nr. 2 Eine 67-jährige Patientin mit Zustand nach Ablatio und Axilladissektion (rezeptor-positives Mammakarzinom), das vor zwölf Jahren operiert wurde, stellt sich im Rahmen der Tumornachsorge mit zunehmenden Gelenkbeschwerden im Bereich der Fingergrundgelenke vor. Zusätzlich beschreibt sie einen lokalisierten Schmerz im Bereich der Lendenwirbelsäule. Anamnetisch ist eine primäre › österreichische ärztezeitung ‹ 11 › chronische Polyarthritis bekannt. Die Schmerzlokalisation im Bereich der LWS ist PCP-typisch und sollte daher genauer abgeklärt werden, idealerweise mit einer Kernspintomographie. Gerade bei rezeptor-positiven Mammakarzinomen kann es noch nach vielen Jahren zu einer Metastasierung - in diesem Fall zu einer Knochenmetastasierung - kommen. Zusammenfassung und Ausblick Die Therapie des Mammakarzinoms hat sich in den letzten Jahren grundlegend verändert und ist einem dynamischen Wechsel unterworfen. Vor allem in der Diagnostik hat die Entwicklung von GenexpressionsProfilen, welche die Dignität eines Tumors noch besser vorhersagen lassen, zu einer noch besseren individuellen Risikoabschätzung geführt. Therapeutische Antikörper wie Herceptin und Avastin haben sich bei der Behandlung des Mammakarzinoms inzwischen etabliert. Sogenannte „Small molecules“ und Tyrosinkinaseinhibitoren wie Lapatinib ermöglichen inzwischen auch einen zielgerichteten Angriff auf spezifische, pathognomische Oberflächenrezeptoren. Auch der operative Bereich hat durch die Verfeinerung der Operationstechnik, durch die Wächterlymphknoten-Biopsie und die Verbesserung der rekonstruktiven Maßnahmen einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, für die Frauen den Schrecken der früher ablativ durchgeführten Operationen zu vermindern. Viel geschehen ist auch auf dem Sektor der begleitenden psychoonkologischen Betreuung von Mammakarzinom-Patientinnen und deren Familien. Auch Selbsthilfegruppen spielen in der 10. Juni 2009 Betreuung von Brustkrebspatientinnen eine große Rolle und die öffentliche Aufmerksamkeit ist sowohl für die Früherkennung als auch für die Behandlung von Brustkrebs deutlich gestiegen. 9 Literatur beim Verfasser *) Univ. Prof. Dr. Ernst Kubista, Univ. Prof. Dr. Christian Singer, Univ. Prof. Dr. Michael Seifert: alle: Universitätsklinik für Frauenheilkunde/ AKH Wien, Klinische Abteilung für Spezielle Gynäkologie; Währinger Gürtel 18-20, 1090 Wien, Tel: 01/40 400/28 01; E-Mail: [email protected]; Univ. Prof. Dr. Christian Marth, Universitätsklinik für Frauenheilkunde, Anichstraße 35, 6020 Innsbruck Herausgeber: Abteilung für Spezielle Gynäkologie, Universitätsklinik für Frauenheilkunde, AKH Wien in Kooperation mit der Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG) Lecture Board: Univ. Prof. Dr. Christian Menzel, LKH Salzburg/Universitätsklinik für Spezielle Gynäkologie Univ. Prof. Dr. Walter Neunteufel, KH Dornbirn/Abteilung für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Univ. Prof. Dr. Edgar Petru, Medizinische Universität Graz/Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Diesen Artikel finden Sie auch im Web unter www.arztakademie.at/ls 47 Literaturstudium in der ÖÄZ › Mammakarzinom Im Rahmen des Diplom-Fortbildungs-Programms der Österreichischen Ärztekammer ist es möglich, durch das Literaturstudium in der ÖÄZ Punkte für das DFP zu erwerben. Nach der Lektüre des State of the Art-Artikels beantworten Sie bitte die Multiple choice-Fragen. Eine Frage gilt dann als korrekt beantwortet, wenn alle möglichen richtigen Antworten markiert sind. Verlagshaus der Ärzte GmbH z. H. Frau Claudia Chromy, 1010 Wien, Nibelungengasse 13, Fax: 01/512 44 86/24 Einsendeschluss: 28. Juli 2009 (Datum des Poststempels) Insgesamt müssen vier von sechs Fragen richtig beantwortet sein, damit zwei DFP-Punkte „Gynäkologie und Geburtshilfe“ im Rahmen des Literaturstudiums anerkannt werden. Schicken Sie diese Seite entweder per Post oder Fax an: 1) Die primär systemische („neoadjuvante“) Therapie hat folgende Vorteile: 3 Antworten richtig a) Tumorverkleinerung b) Evaluierung der Wirksamkeit einer Therapie in vivo c) Erhöhung der Rate der brusterhaltenden Operationen d) Wirkt sich positiv auf das gesamte Überleben aus 4) Aromatasehemmer wirken über: 1 Antwort richtig a) Blockierung des Spindelapparates während der Zellteilung b) Hemmung der Konversion von androgenen Vorstufen zu Östrogenen c) Direkter kompetitiver Mechanismus am Östrogenrezeptor d) Komplette Inhibition des HER-2 Rezeptors 2) Eine 30jährige rezeptornegative Patientin mit einem 3 cm großen Tumor und positiven axilliären Lymphknoten erhält folgende Therapie: 1 Antwort richtig a) Chemotherapie b) Bilaterale Ovarektomie c) LHRH-Analoga d) Aromataseinhibitoren 5) Eine zielgerichtete Herceptin-Therapie ist derzeit in Österreich zugelassen zu einerseits bei 1 Antwort richtig a) HER-2 exprimierenden Patientinnen, unabhängig von Ausmaß der Proteinexpression b) Allen prämenopausalen Patientinnen c) Allen postmenopausalen nodal-positiven Patientinnen d) Nur bei drei+ Überexpression oder fish-positiven Mammakarzinomen 3) Taxane sind inzwischen Standard State of Art bei: 2 Antworten richtig a) bei nodal-negativen, rezeptor-hochpositiven Patientinnen b) nodal-positiven, rezeptor-negativen Patientinnen c) metastasierten Patientinnen 6) Mikrokalk lässt sich am besten darstellen in der 1 Antwort richtig a) Sonographie b) Mammographie c) MRT d) bei der ärztlichen Palpation Mehr als zwei Drittel der Fragen richtig beantwortet: Fragen: Absender: Bitte deutlich in Blockbuchstaben ausfüllen, da wir sonst die Einsendung nicht berücksichtigen können! Zutreffendes bitte ankreuzen: Name: Facharzt/Fachärztin für Ort: Telefon: 48 Ich besitze ein gültiges DFP-Diplom. Altersgruppe: < 30 31–40 41–50 51–60 › österreichische ärztezeitung ‹ 11 › > 60 10. Juni 2009 ✃ Strasse: Arzt/Ärztin für Allgemeinmedizin