state of the art

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DFP-Literaturstudium
Mammakarzinom
In Österreich erkrankt jede neunte Frau an Brustkrebs. Die Inzidenz hat zwar in den letzten Jahren zugenommen, die Mortalität jedoch abgenommen. Eine wesentliche Rolle
kommt dabei den bildgebenden Verfahren zu. Ihre Aufgabe ist es, ein Mammakarzinom
in einem frühen Stadium festzustellen und dadurch die Prognose zu verbessern.
Von Ernst Kubista et al.*
In Österreich erkranken jährlich
rund 5.000 Frauen an Brustkrebs. Brustkrebs tritt meistens einseitig auf. Lediglich fünf Prozent aller Mammakarzinome sind beidseitig.
Verdächtige Veränderungen bei der Inspektion und Palpation (Symptome):
state of the art
. Harter indolenter Knoten,
1
schlechte Verschieblichkeit
. Verziehung oder Einziehung der
Mamilla
. Rötung und Verdickung der Haut
(Orangenhaut)
. Einseitige Sekretion aus der
Mamilla
. Ekzem der Mamilla und ein
Hautödem
. Einseitige Verkleinerung oder
Vergrößerung einer Brust
. Exulzeration
. Palpable Lymphknoten
Diagnoseverfahren
. Inspektion: Form, Größe, Vor-
wölbungen, Einziehungen, Sekretion aus den Mamillen, Veränderungen der Haut;
. Palpation: Mittels bimanueller
Palpation werden Homogenität und
Tumore (Größe, Verschieblichkeit,
Konsistenz, solitär, multiple) beurteilt.
. Röntgen
. Ultraschall
. MRT
Bei einseitiger Sekretion aus der
Brust soll eine Galaktographie (Milchgangsfüllung) und eine Sekretzytologie
durchgeführt werden. Bei suspekten
Hautveränderungen der Brust und der
Mamilla (ekzematöse Rötung) soll eine
Hautstanze in Lokalanästhesie durchgeführt werden.
Präoperative Diagnostik
Stanzbiopsie, Feinnadelbiopsie,
Aspirationszytologie
Dank der verbesserten Früherkennung des Mammakarzinoms werden
heute häufig suspekte Mammographieund Ultraschallbefunde erhoben, bei
denen eine weitere Abklärung erforderlich ist. Bei palpablen Tumoren - in zunehmendem Maß auch bei nicht tastbaren Befunden - sollte bereits präoperativ eine histologische Abklärung erfolgen. Palpable Tumore können problemlos in Lokalanästhesie ambulant
biopsiert werden. Ein erfahrener Operateur gewinnt dabei mehrere Stanzzylinder, deren Dignität schnell mittels
Gefrierschnittdiagnostik bestimmt werden kann. Nicht tastbare Areale werden radiografisch- oder ultraschallgezielt gestanzt. Mittels Stanzbiopsie (=
Core-Biopsie) oder Vakuumstanze werden Gewebezylinder gewonnen, die
eine histologische Diagnostik erlauben.
Probeexzision
Dabei ist die Entnahme des gesamten suspekten Areals mit einer entsprechenden Sicherheitszone anzustreben.
In gleicher Sitzung kann eine
Schnellschnittdiagnose erfolgen.
Eine Inzisionsbiopsie ist aus onkologischer Sicht abzulehnen. Bei
subkutan gelegenen und gut tastbaren Tumoren ist die Exzision in
Lokalanästhesie möglich. Nicht
tastbare Tumore werden präoperativ
mittels Drahthäkchen radiologisch
oder ultraschallgezielt markiert. Bei
Malignomverdacht und geplanter Gefrierschnittuntersuchung wird die Probeexzision üblicherweise in Allgemeinanästhesie vorgenommen.
Bildgebende Diagnostik
Derzeit erkrankt jede neunte Frau in
Österreich im Lauf ihres Lebens an
einem Brustkarzinom, wobei in den
letzten Jahren zwar die Inzidenz zugenommen, die Mortalität jedoch abgenommen hat.
Eine ganz wesentliche Rolle
bei der Erkennung von Brusttumoren kommt den verschiedenen bildgebenden Verfahren
zu. Diese ermöglichen - zusammen mit Inspektion und
Palpation - in mehr als 90
Prozent der Fälle die Entdeckung einer Erkrankung
der Brust. Zur Zeit werden die
folgenden Verfahren für die
Diagnose von Brustläsionen
eingesetzt: Mammographie, Ultraschall, Magnetresonanz-Tomographie sowie die Transkutane Biopsie.
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© CONTRAST
Symptome
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DFP-Literaturstudium
Bildgebende Verfahren
Mammographie
Mammographische Untersuchungen
werden im Rahmen der Vorsorge und zur
Abklärung eines fraglichen pathologischen Befundes durchgeführt.
Die Empfehlung der American
Cancer Society lautet: Basismammogramm ab dem 35.
Lebensjahr,
KontrollMammographien zwischen dem 40. und 49.
Lebensjahr in zweijährigem
Abstand
und ab dem 50. Lebensjahr in einjährigem Abstand.
state of the art
Große ScreeningStudien haben gezeigt, dass die
mammographische Vorsorgeuntersuchung
die
Auffindungsrate
von kleinen, nicht
palpablen Karzinomen ganz wesentlich
erhöht. Damit wird
die Prognose entscheidend verbessert, die
Mortalität nimmt um 30
bis 50 Prozent ab. Digitale
Mammographiegeräte verfügen bereits über einen
hohen
technischen Standard
und
werden
künftig die konventionellen
Geräte ersetzen.
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DFP-Literaturstudium
Ultraschall
Differenzialdiagnostik
Eine Ultraschall (US)-Untersuchung kann die Mammographie
als Screeningverfahren nicht ersetzen. Wird sie jedoch mit Hilfe
eines hochauflösenden Schallkopfes (7,5-15MHz) durchgeführt, ist sie die wichtigste Ergänzungsuntersuchung zur Mammographie. Die Ultraschall-Untersuchung ermöglicht in erster Linie
die Unterscheidung von Zysten
und soliden Tumoren, wird aber
auch zur Differenzierung von soliden Tumoren eingesetzt (DD: Fibroadenom, Karzinom).
Die häufigsten gutartigen Erkrankungen der Brustdrüse sind
die Mastopathie, Zysten und Fibroadenome. Das häufigste
Mammakarzinom ist das invasive
ductale Karzinom und das ductale Karzinom in-situ (DCIS).
Mastopathie
state of the art
MagnetresonanzTomographie (MRT)
3
Bei der MRT handelt es sich
nicht um eine Routine-Untersu- Schnittführungen bei Brusttumoren innerhalb der Hautspaltlinien
chung; sie wird indikationsbezogen durchgeführt. Hauptindikationen für die MRT der Brust sind:
phisch-stereotaktischen oder sonograAbklärung von Brustimplantaten, Difphisch gesteuerten transkutanen Biopsie steht eine Methode zur Verfügung,
ferenzierung von Narben beziehungsdie kostengünstiger ist und im Fall
weise von Rezidiven nach chirurgieines positiven Ergebnisses die bessere
schen Eingriffen, präoperatives StaPlanbarkeit der Operation ermöglicht;
ging, Verlaufsuntersuchungen bei Pabei einem negativem Ergebnis erspart
tienten mit hohem Karzinomrisiko
sie die Operation.
(unter anderem Genträger, positive
Familienanamnese etc.) und Klärung
Bei der Stanzbiopsie beziehungsweivon nicht eindeutigen beziehungsweise Vakuumbiopsie wird ein Gewebszyse diskrepanten klinischen, mammolinder gewonnen, der eine histologigraphischen oder sonographischen Besche Untersuchung ermöglicht. Stanzfunden.
biopsien beziehungsweise VakuumbiopTranskutane Biopsie
sien werden stereotaktisch-mammograDer zunehmende Einsatz bildgebenphisch oder sonographisch-handgesteuder Verfahren in der Brustdiagnostik
ert mit Hilfe von automatisierten Biopführt vermehrt zur Darstellung von
siepistolen oder Vakuumsystemen
nicht-tastbaren Veränderungen mit
durchgeführt. Stanzbiopsie und Vakufraglicher Dignität, weswegen die Notumbiopsie weisen eine hohe Genauigwendigkeit einer histologischen Abkeit auf (Fehlerrate liegt bei rund zwei
klärung besteht. Mit der mammograProzent).
Abb. 2a
Dieser Begriff erfreut sich einer
sehr großzügigen Verwendung, er
wird in der Regel für uncharakteristische Brustschmerzen und
Brustbeschwerden verwendet und
ist die häufigste Zuweisungsdiagnose. In typischen Fällen findet
sich klinisch palpatorisch ein verAbb. 1
dichtetes, knotiges, schmerzhaftes Drüsengewebe; nicht selten
menstruationsabhängig. Für die
histologische Unterscheidung der
verschiedenen Arten der Mastopathie
gibt es kein klinisches oder röntgenologisches Korrelat. Somit ist die Mastopathie weder mammographisch noch sonographisch darstellbar.
Zysten
Zysten entstehen durch lokale Erweiterung des Gangsystems und sind
mit einem Epithel ausgekleidet. Sie
sind mit klarer Flüssigkeit gefüllt und
zeigen eine dünne glatte Wand. Zysten
sind die häufigsten gutartigen Veränderungen der weiblichen Brust. In der
Mammographie imponieren sie als glatt
begrenzte Herdläsionen, im Ultraschall
als echolose, glatt begrenzte Läsionen.
Durch Einblutung beziehungsweise Zystenwandproliferation können sogenannte “komplizierte Zysten” entstehen.
In einem solchen Fall ist eine histologische Abklärung zu empfehlen.
Abb. 2b
Abb. 2c
Tumorlokalisation im unteren, äußeren Quadranten, Schnittführung zur Erhaltung der Brustform (Shape)
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Abb. 3
Abb. 3a
Patientin mit Tumor von zwei Zentimeter Durchmesser, retromamillär gelegen.
Fibroadenom
Fibroadenome sind die häufigsten
gutartigen, soliden Tumore. Sie kommen vor allem bei jungen Frauen zur
Darstellung. In der Mammographie imponieren sie als glatt begrenzte, rundlich bis ovaläre Herdläsionen, die teilweise schollig verkalken. In der Sonographie imponieren sie echoarm und
glatt begrenzt.
Mikroverkalkungen der Brust
Die Mammographie ist die einzige
Methode zum Nachweis von Mikroverkalkungen. Verkalkungen der Brust
sind häufig und überwiegend gutartig.
Sie sind jedoch auch häufig ein früher
und oft der einzige Hinweis auf einen
malignen Prozess.
state of the art
Mammakarzinom
4
Aufgabe der bildgebenden Verfahren ist es, ein Mammakarzinom in
einem frühen Stadium festzustellen und
dadurch die Prognose zu verbessern.
Beim Mammakarzinom unterscheidet
man das duktale Karzinom in-situ
(DCIS) mit einer Häufigkeit von zehn
bis 30 Prozent und das häufigere invasiv
duktale Mammakarzinom (60 bis 85
Prozent). Das invasiv lobuläre Karzinom ist selten (fünf Prozent). Die häufigste und typische Form des Mammakarzinoms ist die sternförmige Verdichtung (70 bis 80 Prozent), seltener unregelmäßig begrenzte Verdichtungen (20
bis 30 Prozent), sehr selten gibt es auch
Karzinome mit rundlicher, glatter
Oberfläche (0,5 Prozent). Die Sensitivität des bildgebenden Nachweises in
einer dichten parenchymreichen Brust
ist wesentlich geringer (60 bis 70 Prozent) als in einer fettreichen Brust
(größer als 95 Prozent).
Der “bösartige” Mikrokalk ist ein
überaus wichtiger und oft der einzige
Hinweis auf die Bösartigkeit einer mammographisch fassbaren Läsion. Invasive
duktale Karzinome zeigen in rund 30
Prozent Verkalkungen, wesentlich häufiger ist dies beim Duktalen Carcinoma
in situ der Fall (80 bis 85 Prozent).
Fallgruben
Die Fallgruben bei der Diagnose des
Mammakarzinoms sind vielschichtig.
Das häufigste Problem dabei stellt die
Fehlinterpretation bildmäßig erfasster
Läsionen dar. Demnach sind qualitätssichernde Faktoren in den technischen
Belangen beziehungsweise bei der Fortbildung von Radiologen und radiologisch-technischem Personal ein Grundpfeiler in der optimalen Abklärung von
Brustläsionen. Internationale und nationale Richtlinien unterstützen dieses
Verlangen.
So wurde in Österreich vor mehr als
einem Jahr ein standardisiertes, in den
USA bereits etabliertes, mammographisches Befunderhebungssystem (BIRAD - SYSTEM ) eingeführt. Dieses
System ermöglicht eine klare und prägnante Befundung durch die Anwendung anerkannter Terminologien (Tab.
1). Die verschiedenen bildgebenden
Verfahren ermöglichen eine Differenzierung von gutartigen und bösartigen
Brustläsionen. Allerdings erreicht
keine der Methoden, auch wenn sie
kombiniert angewendet werden,
100prozentige Genauigkeit. Nach genauer Analyse der verschiedensten
bildgebenden Verfahren stellt die
transkutane Nadelbiopsie ein verlässliches Instrument zur Diagnosesicherung
dar.
Die erfolgreiche Diagnostik und
Therapie des Mammakarzinoms basiert
auf einer optimalen Zusammenarbeit
von Radiologen, operativen Gynäkologen/Chirurgen, Pathologen, Onkologen und Strahlentherapeuten.
Palpable Tumore stellen an Radiologen und Operateur geringere Anforderungen bei der präoperativen Abklärung, der intraoperativen Lokalisation und Therapie als nicht palpable, lediglich mittels bildgebender Verfahren
diagnostizierte Veränderungen. Auch
die Beurteilung der Resektionsgrenzen
im Gefrierschnitt palpabler Tumore ist
meistens einfacher durchzuführen als
bei nicht palpablen Veränderungen.
Mikrokalkareale sind meist ein
Hinweis auf das Vorliegen eines intraduktalen Karzinoms (DCIS). Oft sind
die Veränderungen beim DCIS mammographisch kleiner als in der definitiven Histologie; sie werden intraoperativ häufig in ihrer Ausdehnung unterschätzt. Speziell beim DCIS sind
die Resektionsränder jedoch von besonderer Bedeutung für die Lokalrezidivrate.DCIS ohne Mikroverkalkung
stellen besonders hohe Anforderungen
an die Diagnostik.
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Auch die parenchymreiche und
somit dichte Brust stellt Probleme in
der radiologischen Diagnostik dar. Jüngere Frauen und Frauen unter klassischer Hormonersatztherapie zeigen zumeist eine diffuse Parenchymverdichtung. Dies kann ein Grund dafür sein,
warum kleinere Läsionen oft spät diagnostiziert werden. Nicht palpable Läsionen müssen präoperativ markiert werden, damit intraoperativ der zu exzidierende Bezirk lokalisiert werden kann.
Markierungen erfolgen meist an der auf
dem Bauch liegenden Patientin mit
komprimierter Brust, sodass hier gegenüber der Operation andere topographische
Verhältnisse herrschen. Darüber hinaus
kann auch bei völlig korrekter Lage die
Drahtmarkierung bis zur Operation dislozieren. Deswegen ist die Markierung
der Resektionshöhle mittels Metallclips
unbedingt erforderlich. Eine postoperative Kontrollmammographie bei suspektem Erstbefund und negativer Histologie
sollte im Abstand von drei bis sechs Monaten jedenfalls erfolgen.
Bei positiver Histologie dient die
Clipmarkierung der Therapieplanung für
die Strahlentherapeuten.Intraoperativ
sollte jedes Exzidat unbedingt topographisch für den Pathologen markiert werden. Dies erfolgt einfach mittels mehrer geknüpfter Fäden am Resektat und entsprechender Erklärung
auf der histologischen Zuweisung. Anhand dieser Informationen kann der
Pathologe dem Operateur die jeweiligen Resektionsränder korrekt beschreiben.
Eine onkologische Fallbesprechung
gemeinsam mit den einzelnen für Diagnose und Therapie verantwortlichen
Spezialisten sollte obligat sein. Hierbei
können wichtige Informationen ausgetauscht und die Therapie konsensuell
festgelegt werden.
Systemische Therapie
Die adjuvante Therapie des Mammakarzinoms erfolgt nach den Richtlinien
der St. Gallen Konsensus Konferenz von
2003, welche zwischen zwei Altersgruppen, zwei Risikogruppen und nach dem
Hormonrezeptor-Status unterscheidet.
Als Prognosekriterien gelten Nodalstatus, Tumorgröße, Grading, Hormonrezeptoren und Alter (jünger/älter als 35
Jahre). Alle nodalpositiven Patientinnen
gelten
als
HochrisikoPatientinnen.
Bei der Chemotherapie kommen Polychemotherapie-Schemata zum Einsatz. Zumeist werden anthrazyklinhältige Kombinationen eingesetzt.
BI-RADSTM-Klassifikation*
Kategorie
Bewertung
Empfehlung
1
Negativ
Routine-Screening
2
Gutartiger Befund
Routine-Screening
3
Wahrscheinlich gutartiger Befund
Follow-up in kurzem Intervall, um
Stabilität der Veränderung sicherzustellen (Karzinomrate unter
einem Prozent)
4
Suspekte Veränderung
Transcutane Nadelbiopsie indiziert *)
5
Hochgradiger Verdacht
auf Bösartigkeit
Indikation für operative Intervention
*) oder operative Intervention
* www.birads.at
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Östrogenrezeptor (ER) und Progesteronrezeptor (PgR) gelten prognostisch als gleichwertig.
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Abb. 4b
Abb. 4a
Patientin postoperativ mit Prothese links und Augmentation mit 100cc rechts.
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Anthrazykline haben gegenüber der
CMF-Chemotherapie signifikante Verbesserungen bezüglich des krankheitsfreien Überlebens und des Gesamtüberlebens gezeigt (EBCTCG-MetaAnalyse). Die Rolle der Taxane in der
adjuvanten Therapie wird nach wie
vor
widersprüchlich
beurteilt.
Während einige Studien Vorteile für
Taxan-hältige Schemata (CALGB
9344, Nabholtz, Bonnetere, Jassem)
zeigen, konnten andere Studien dies
nicht bestätigen (NSABP 28, Biganzoli, Carmichael). Beim St. Gallen Konsensus 2003 konnte keine einheitliche
Stellungnahme zum Einsatz von Taxanen in der adjuvanten Therapie erzielt
werden.
6
Trastuzumab (Herceptin®) soll adjuvant nur im Rahmen von Studien bei
Her2-neu+++ oder FISH-positiven Tumoren eingesetzt werden. Außerhalb
von Studien ist dieses Präparat nur im
metastasierten Stadium des Mammakarzinoms registriert.
Operative Therapie des
Mammakarzinoms
Im Jahr 2000 wurden in Österreich
5.654 Brustkrebsoperationen durchgeführt. Bei 2.296 (41 Prozent) Frauen
wurde eine Radikaloperation durchgeführt, bei 3.360 (59 Prozent) konnte
brusterhaltend operiert werden.
Entscheidend für die Möglichkeiten
der Tumorchirurgie sind
1. die Größe des Tumors
2. Lage des Tumors in der Brust
3. die Größe der Brust.
Aus onkoplastischer Sicht sollte
noch zusätzlich die Form der Brust und
die Symmetrie zur kontralateralen, gesunden Seite sowie die Konsistenz nach
möglicher Brustrekonstruktion beachtet werden.
Faktoren, die immer gegen eine brusterhaltende Therapie sprechen, sind das
multizentrische und das inflammatorische Karzinom.
1. Größe des Tumors
Auch bei größeren Tumoren ist es
heute möglich, durch präoperative
systemische Therapie die Rate der
brusterhaltend operablen Tumoren
deutlich zu vergrößern. Es sollte jedoch immer das ursprüngliche Tumorbett (Clipmarkierung vor systemischer Therapie !) exzidiert werden,
um mögliche vorhandene Tumorzellnester zu entfernen. Durch die präoperative Therapie kann nun meist
aber der Sicherheitssaum um den
Tumor kleiner gewählt werden, sodass
häufiger brusterhaltend operiert werden kann.
2. Lage des Tumors in der Brust
Optimale operative Bedingungen ergeben sich bei kleinem Tumor und relativ großer Brust. Die Schnittführung
erfolgt entweder entlang der Hautspaltlinien oder bei gesamter Quadrantektomie unter Mitentfernung einer größeren Hautspindel (Abb. 1). Auch
ungünstige Tumorlokalisationen in den
kaudalen Quadranten können durch
geeignete Schnittführung ohne stärkere Veränderungen der Brustform operiert werden (Abb. 2).
Abb. 4c
3. Die Größe der Brust
Hier liegen sicherlich eindeutige Limitationen für die brusterhaltende Therapie. Wie in Abb. 3 zu erkennen ist,
bedeutet für eine sehr kleine Brust bereits ein Tumor von rund zwei Zentimetern Durchmesser eine Indikation für
eine Ablatio. In diesem Fall wurde die
Rekonstruktion mittels Prothese und
angleichender Augmentation auf der
kontralateralen Seite vorgenommen.
Axilladissektion
Die axilläre Dissektion ist nach wie
vor ein wichtiger Prognoseparameter.
Lymphknoten-negative Patientinnen
haben wesentlich bessere Heilungschancen. Außerdem wird die systemische Therapie ebenfalls dem Lymphknotenbefall angepasst; auch die
Strahlentherapie der Abflusswege
hängt vom Befall der axillären Lymphknoten ab. Eine vollständige axilläre
Dissektion beinhaltet die Entfernung
des Lymphknotenfettgewebes im Dreieck zwischen Vena axillaris, Thoraxwand und Musculus latissimus dorsi.
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als erste Wahl anzusehenden brusterhaltenden Therapie (BCT) ermöglicht,
da durch eine postoperative Radiotherapie (RT) das Lokalrezidivrisiko gegenüber einer brusterhaltenden Operation ohne Radiotherapie um den Faktor
3-4 gesenkt werden kann (von bis zu 40
Prozent auf maximal zehn Prozent).
Abb. 6
Tangential zur Thoraxwand gelegene Bestrahlungsfelder
Infraklavikuläre Lymphknoten werden
nur in Ausnahmefällen entfernt. Bei
dieser Operation sollen die Hauptgebilde der Axilla, der Nervus thoracicus
longus und der Truncus thoraco-dorsalis mit seinen Nebenästen geschont
werden. Trotzdem hat eine vollständige
axilläre Lymphadenektomie eine Morbiditätsrate von bis zu 15 Prozent hinsichtlich Bewegungseinschränkung des
Armes, Schmerzen im Operationsgebiet und dem postoperativen Lymphödem, das oft noch nach vielen Jahren
auftreten kann.
state of the art
Die Methode der Wächterlymphknotenbiopsie bei Tumoren bis zu zwei
Zentimetern Durchmesser und klinisch
negativen axillären Lymphknoten hat
sich als echte Alternative entwickelt.
Mit der Markierung des ersten Lymphknotens in der Axillas (Wächterlymph-
7
Sentinelwächterlymphknoten
knoten) durch Patentblau oder durch
Isotope (Technetium 99) gibt es die
Möglichkeit, diesen Lymphknoten gezielt aufzusuchen. Sind sowohl die intraoperative Gefrierschnittbestimmung
dieses Lymphknotens als auch die postoperative histologische Sicherung negativ, kann auf eine weitere vollständige axilläre Dissektion verzichtet werden. Die Morbidität in der Axillarregion und in der Schulter und bezüglich
des Lymphödems ist dabei äußerst gering (Abb. 5). Bei multizentrischen Tumoren oder nach neoadjuvanter Chemotherapie ist dieses Verfahren noch
nicht etabliert.
Strahlentherapie
beim Mammakarzinom
Die wichtigste Indikation zur Strahlentherapie bei Brustkrebspatientinnen
ist die Nachbestrahlung im Rahmen brusterhaltender Therapiekonzepte. In mehreren randomisierten
Studien konnten für
Frühstadien des invasiven
duktalen
Mammakarzinoms
gleiche Überlebensraten nach radikaler
Mastektomie sowie
nach brusterhaltender Operation mit
nachfolgender Strahlentherapie gezeigt
werden. Eigentlich
hat erst die StrahAbb. 5
lentherapie
den
Durchbruch der nun
Vielfach besteht die Meinung, dass
durch die Strahlentherapie primär nur
die Lokalrezidivrate günstig beeinflusst
wird. Tatsächlich haben aber Patientinnen mit einem Lokalrezidiv eine wesentlich schlechtere Prognose. Zumindest bei mastektomierten Patientinnen
konnte ein positiver Einfluss der Strahlentherapie auf Fernmetastasierung und
Überleben bereits nachgewiesen werden. Das Risiko, ein Lokalrezidiv zu erleiden, wird nach dem Vorhandenoder Nichtvorhandensein bestimmter
Risikofaktoren abgeschätzt. Niedriges
Alter (< 40) ist in der Literatur der
wichtigste Faktor, der das Auftreten
eines lokalen Rezidivs begünstigt.
Als weitere Risikofaktoren werden
auch die Tumorgröße, befallene axilläre
Lymphknoten sowie ein niedriges histopathologisches Tumorgrading angeführt. In vielen retrospektiven Studien
über Patientinnen mit einer brusterhaltenden Therapie wurde ein erhöhtes Lokalrezidivrisiko vor allem bei Vorhandensein einer extensiven intraduktalen
Komponente (EIC) angegeben. Als
wichtigster therapeutischer Faktor für
die Entstehung eines Lokalrezidivs ist
der Resektionsrand (RR) anzusehen, da
in unmittelbarer Umgebung des Tumors
in einem höheren Prozentsatz Tumorzellen nachgewiesen werden können.
Bestrahlungstechnik
Die am meisten verbreitete Bestrahlungstechnik im Rahmen der brusterhaltenden Therapie erfasst die gesamte
Brust über zwei opponierende, tangential zur Thoraxwand gelegene Bestrahlungsfelder (= Tangenten oder Tangentialfelder, Abb. 6). Der mitbestrahlte
Anteil der Lunge in den axialen CTSchnittbildern sollte möglichst klein
gehalten werden. Bei linksseitigen Karzinomen muss auch auf die Schonung
des Herzens geachtet werden. Zur Verringerung des Lokalrezidivrisikos erscheint - besonders bei positivem oder
knappem Resektionsrand - eine Dosis-
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operative Strahlentherapie) zum Einsatz. Bei diesen Behandlungskonzepten
ist vor allem auch eine hervorragende
interdisziplinäre Zusammenarbeit essentiell, um eine richtige Patientenselektion zu ermöglichen; aber auch um
Fallgruben - wie beispielsweise den geographic miss - zu vermeiden.
Prognosekriterien
Niedriges Risiko
Mittleres und hohes Risiko
Nodalstatus
Negativ
Negativ und nodal positiv
Tumorgröße
Bis 2 cm
Ab 2 cm
Grading
G1
G2 und G3
Hormonrezeptoren ER u./o. PgR positiv
ER u/ PgR positiv oder negativ
Alter
Unter 35 Jahre
über 35 Jahre
Bestrahlung der Thoraxwand
nach Mastektomie
Einteilung in Risikogruppen:
Risiko
Prämenopausal
Postmenopausal
Niedriges Risiko
Tamoxifen oder nihil
Tamoxifen/ Anastrozol oder nihil
Mittleres und
hohes Risiko
GnRH Analogon oder
Ovarektomie + Tamoxifen
oder CHT Tamoxifen
+/- GnRH Analogon oder
Ovarektomie oder Tamoxifen
oder GnRH Analogon
oder Ovarektomie
Tamoxifen/ Anastrozol* oder
CHT Tamoxifen/ Anastrozol*
Nach Mastektomie bei einer Patientin mit einem T3- oder T4-Tumor ist
eine Bestrahlung der Thoraxwand
ebenfalls über tangentiale Felder, die
sich prinzipiell nicht von jenen bei
einer brusterhaltenden Therapie unterscheiden, angezeigt.
Adjuvante systemische Therapie bei nodal negativen, ER u./o. PgR positive Patientinnen
Risiko
Praemenopausal
Postmenopausal
Niedriges Risiko
Nihil
Nihil
Mittleres und hohes Risiko
CHT
CHT
Adjuvante systemische Therapie bei nodal negativen, ER u./o. PgR negativen Patientinnen
Risiko
Praemenopausal
Postmenopausal
Mittleres und
hohes Risiko
CHT Tamoxifen
+/- GnRH Analogon oder
Ovarektomie oder
(GnRH Analogon oder
Ovarektomie + Tamoxifen
+/- CHT in Studien)
CHT Tamoxifen/ Anastrozol*
oder Tamoxifen/ Anastrozol*
*Anastrozole bei Kontraindikation und Unverträglichkeit gegen Tamoxifen
aufsättigung (Boost) sinnvoll. Auch bei
Patienten mit negativem Resektionsrand zeigten randomisierte Studien,
dass eine Dosisaufsättigung im Bereich
des Tumorbettes, wo der höchste Anteil verbliebener Tumorzellen vermutet
wird, wirksam ist. Der Boost kann über
ein zusätzliches Strahlenfeld oder in
Form von interstitiellen Implantationen appliziert werden.
Unabhängig von der vorhandenen
Technik ist es für den eher kleinvolumigen Boost wichtig, dass das ehemalige Tumorbett vom Operateur mit Metallclips markiert wird, um dem Strahlentherapeuten das Auffinden zu ermöglichen. Einige Studien konnten
zeigen, dass - wird eine solche Markierung nicht durchgeführt - es in bis zu 60
Prozent der Fälle zu einem sogenannten
“geographic miss” kommen kann, der
letztendlich zu einer Bestrahlung an
einer falschen Stelle führt. Da das Auf-
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Tab. 2
treten eines Lokalrezidivs zu 80 bis 90
Prozent in unmittelbarer Nähe des ursprünglichen Tumorbettes zu erwarten
ist, werden in jüngster Zeit im Rahmen
von Studien auch Bestrahlungskonzepte verwirklicht, die nicht mehr die
ganze Brust umfassen. Eine solche Partialbrustbestrahlung hat nur noch das
ursprüngliche Tumorbett mit einem Sicherheitsabstand als Zielgebiet. Aufgrund des wesentlich kleineren Bestrahlungsvolumens kann es in einem
deutlich kürzeren Zeitabschnitt appliziert werden (vier bis fünf Tage statt
fünf bis sieben Wochen).
Dadurch kann eine Terminkollision
mit einer eventuell gleichfalls geplanten Chemotherapie vermieden und die
Gesamtbehandlungsdauer deutlich verkürzt werden. An Bestrahlungstechniken kommen hierfür Teletherapie, als
auch verschiedene Brachytherapiemethoden oder auch eine IORT (intra-
Bestrahlung der
regionären Lymphstationen
Vielfach wird eine Bestrahlung der
Axilla bei metastatischem Befall von ≥4
axillären Lymphknoten oder extrakapsulärer Tumorausbreitung empfohlen.
Wenn eine Lymphknotenbestrahlung
angezeigt ist (ob für die Supraklavikularregion, den axillären Level III oder
die gesamte Axilla), sollten die geplanten Dosen auf das Ausmaß der Dissektion abgestimmt werden. Die Indikationsstellung erfolgt individuell, wobei
das geschätzte Lokalrezidivrisiko und
die zu erwartende radiogene Morbidität
gegeneinander abzuwiegen sind.
*) Univ. Prof. Dr. Ernst Kubista: AKH Wien, Universitätsklinik für
Frauenheilkunde, Klinische Abteilung für Spezielle Gynäkologie; Univ.
Prof. Dr. Michael Seifert, Univ. Prof. Dr. Thomas Helbich:
AKH Wien, Universitätsklinik für Radiodiagnostik, Chirurgisches Röntgen;
Univ. Prof. Dr. Alexandra Resch: AKH Wien, Universitätsklinik für
Strahlentherapie, Klinische Abteilung für Brachytherapie
Kontakt: Univ. Prof. Dr. Ernst Kubista; Tel. 01/40 400/ 28 81;
Fax-DW: 01/40 66 749; e-mail: [email protected]
Lecture Board: Univ. Prof. Dr. Wolfgang Seitz, AKH Wien,
Universitätsklinik für Strahlentherapie, Klinische Abteilung für Brachytherapie;
Univ. Prof. Dr. Teresa Wagner, AKH Wien, Universitätsklinik für
Frauenheilkunde Wien, Klinische Abteilung für Spezielle Gynäkologie
Univ. Prof. Dr. Georg Wolf, AKH Wien, Universitätsklinik für Radiodiagnostik, Chirurgisches Röntgen
Herausgeber: Klinische Abteilung für Spezielle Gynäkologie, Universitätsklinik für Frauenheilkunde, Allgemeines Krankenhaus in Kooperation
mit der Universitätsklinik für Strahlentherapie und der Universitätsklinik
für Radiodiagnostik
Diesen Artikel finden Sie auch im Web
unter www.arztakademie.at
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Prognosefaktor
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