IKB Kapitalmarkt-News – Gelddrucken und US

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IKB Kapitalmarkt-News – Gelddrucken und US-Notenbankpolitik – wo bleibt
die Inflation?
24. Oktober 2013
Dr. Klaus Bauknecht
[email protected]
In den letzten Monaten hat sich die Sorge über den Inflationsdruck in der Euro-Zone wie auch in den USA etwas gelegt, was
primär auf die rückläufige Preisdynamik zurückzuführen ist. Die jährliche Inflationsrate in der Euro-Zone lag im September bei
1,1 %, gemessen am Verbraucherpreisindex. In den USA betrug die Verbraucherpreisinflation im August 1,5 %. Wohlgemerkt,
die traditionellen Inflationsraten beziehen sich auf den Preisanstieg der letzten 12 Monate und sind somit nicht immer ein guter
Indikator für die aktuelle bzw. die zu erwartende Inflation. Die offiziellen Inflationsraten sind immer rückblickend. Zudem
beziehen sie sich auf einen Warenkorb, der den Konsumenten im Fokus hat und spiegeln somit nur die Preisanstiege von
konventionellen Verbrauchsgütern und Dienstleistungen wider.
Analysten haben schon seit Jahren davor gewarnt, dass eine Politik des billigen Geldes Inflation verursachen wird. Gegenwärtig
ist dies jedoch weniger ein Thema für die Euro-Zone, wo die Kreditvergabe bzw. Geldmenge nun schon seit geraumer Zeit
stagniert (siehe aktuelle IKB-Studie vom Oktober: Kreditrückgang in der Euro-Zone – Wie hoch ist das Wachstumsrisiko für
2014?); in den USA verhält es sich anders. Die Fed verfolgt genauso wie die britische oder japanische Zentralbank das Ziel der
direkten Geldmengenausweitung. So steigt die US-Geldmenge nun schon seit geraumer Zeit um einiges schneller als das BIPWachstum, was Sorgen über eine zunehmende Inflation aufkommen lässt. Als Gegenargument wird allgemein darauf verwiesen,
dass mit der schwachen Nachfrage Preise eher nicht steigen sollten, vor allem bei deutlichen Überkapazitäten in der Wirtschaft.
Inflation sei somit nicht zu erwarten, auch wenn die Geldmenge deutlich ansteigt. Doch bedeutet kein Preisdruck keine Inflation?
Es ist wichtig, zwischen Geldentwertung und gewöhnlicher, an Verbraucherpreisen gemessener Inflation zu unterscheiden. Wird
mehr Geld gedruckt als es der Anstieg der Produktionsmenge bei aktuellen Preisen eigentlich zulassen würde, findet eine
Geldentwertung statt – unabhängig davon, ob Preise steigen oder nicht, da je Geldeinheit weniger Güter zur Verfügung stehen.
Wird das Geld gespart, wird die Nachfrage nicht zunehmen und die Preise passen sich nicht an. Dennoch hat sich der Wert des
Geldes, gemessen an den realen Gütern, die gekauft werden können, reduziert. Die Tatsache, dass die Güter mit einem
Geldmengenanstieg nicht alle sofort nachgefragt werden und somit kein Preisanstieg verursacht wird, ist nicht entscheidend.
Solch eine Entwicklung mag sicherlich erst bei einem groben Vertrauensverlust in die Währung stattfinden, wenn das Bedürfnis
entsteht, Geld in reale Werte umzutauschen. So bedeutet jeglicher überschüssiger Geldmengenanstieg eine Inflation in dem
Sinne, dass die Vermögens- und Güterwerte pro Währungseinheit sinken.
Anfang der 70er-Jahre gab es solch einen Vertrauensverlust. Der US-Dollar war damals noch mit einem festen Wechselkurs
zum Gold umtauschbar. Die ansteigende Geldmengenausweitung ließ jedoch Zweifel an der Wertigkeit von US-Dollar in Gold
aufkommen, was Frankreich zum erhöhten Umtausch nötigte. Die USA hatten jedoch relativ zu ihrem US-Dollar-Volumen bei
einem festen Kurs von 35 US-Dollar pro Feinunze Gold nicht genug Goldreserven, da sie durch den Geldmengenanstieg ihre
Währung schon länger entwertet hatten. So ist der Goldpreis damals deutlich angestiegen, und der US-Dollar wurde gegenüber
Gold deutlich entwertet, wie Abbildung 1 veranschaulicht. Ein Vermögensanstieg (in diesem Falle Gold) ist somit mit einer
Geldentwertung gleichzustellen bzw. einer Umverteilung von realen Werten unter verschiedenen Vermögens- oder
Verbrauchsgütern. Dies gilt vor allem dann, wenn der Vermögensanstieg nicht durch höhere Rendite bzw. Produktivität des
Vermögens verursacht wird, was einen fundamental höheren Preis rechtfertigen würde. Solch eine Entwicklung scheint aber den
Notenbanken derzeit weniger Sorge zu bereiten, obwohl sie ebenso eine Entwertung des Geldes darstellt wie eine
Verbraucherpreisinflation. Bei Vermögen ist es jedoch geläufiger, von Wertsteigerungen und Vermögensaufbau zu sprechen, bis
man dann im Nachhinein auf eine Blase verweist. Solch ein Vermögensaufbau mag im Vergleich zu den Verbraucherpreisen in
der Tat auch stattfinden, nicht aber relativ im Vergleich zur Geldmenge.
Kapitalmarkt News
Abb. 1: Indizierter Preis für aus gewählte Währungen in Einheiten Gold
Index (Jan. 1970 = 1)
1,2
1,0
0,8
0,6
0,4
0,2
0,0
1970 1972 1975 1978 1981 1983 1986 1989 1992 1994 1997 2000 2003 2005 2008 2011
Euro
Pfund
US-Dollar
Yen
Gold
Quellen: WGC; Bloomberg; IKB
Interessant ist, dass alle Währungen und nicht nur der US-Dollar zum Goldpreis deutlich abgewertet haben und dass der relative
Wert einzelner Währungen auf längere Sicht eher stabil ist. Sprich: Nicht nur der US-Dollar, sondern auch alle anderen
Währungen haben zum Gold in ähnlicher Weise an Wert verloren. Der Yen hat zwar zwischen 1982 und 1999 seinen relativen
Wert verbessert, doch die Geldpolitik seit 2001 und damit die Phase des billigen Geldes hat den Wert des Yen jüngst wieder auf
das Niveau der übrigen Währungen gebracht. Abbildung 1 zeigt, dass langfristig keine der relevanten Notenbanken eine
grundlegend andere Geldpolitik umgesetzt hat als die, welche die Fed vorgibt. Wegen des Potenzials an deutlichen
Wechselkursverwerfungen wird die US-Politik des billigen Geldes auf mittlere Sicht auch die Euro-Zone nicht unberührt lassen.
Die EZB kann sich der Notenbankpolitik der USA nicht entziehen, vor allem wenn der Euro-Wechselkurs weiterhin so politisiert
wird und eine mögliche Aufwertung als wachstumsschädigend dargestellt wird. Vor dem Hintergrund der konjunkturellen
Situation ist solch eine Entwicklung jedoch erst in 2015 eine mögliche Konfliktsituation.
Doch zurück zur Inflation. Warum ist sie in den letzten Jahren nicht angestiegen, wie es in den späten 60er-Jahren und Anfang
der 70er-Jahre der Fall war? Seit 1987, als Alan Greenspan Präsident der Fed wurde, verfolgt die US-Notenbank eine Politik des
billigen Geldes, mal mehr und mal weniger ambitioniert. Und selbst nach fast 30 Jahren scheinen all die gedruckten US-Dollar
keinen Einfluss auf die US-Inflation zu haben. Die vielen US-Dollar haben auf einer anderen Ebene ihren Niederschlag gefunden
– nicht in konventionellen Güterpreisanstiegen. Würde die Geldmenge in einer geschlossenen Wirtschaft ansteigen, würde sich
dies sehr schnell im allgemeinen Preisniveau widerspiegeln. Denn in solch einem Fall würde es mehr Geld geben, aber generell
nicht mehr Güter, weder für den Konsum noch in der Vermögensbildung. Das Ergebnis wären ein allgemeiner Preisanstieg und
eine sichtbare Entwertung.
Ist die Wirtschaft offen und sind internationale Kapitalbewegungen erlaubt, ergeben sich jedoch andere Dynamiken. In einer
offenen Volkswirtschaft ist die Anzahl der Güter nicht begrenzt. Eine höhere US-Geldmenge kann größere Importmengen
generieren, solange das exportierende Land bereit ist, die US-Dollar zu akzeptieren. Die Globalisierung seit Anfang der 90erJahre und die damit einhergehende Industrialisierung der Schwellenländer hat die Möglichkeit geschaffen, dass ein Land seine
Nachfrage nach Gütern immer stärker durch globale Handelsvernetzungen deckt, die zudem durch billige Löhne sogar
deflationären Preisdruck bedeuten können.
Die Globalisierung bedeutet, dass im Gegensatz zu einer geschlossenen Wirtschaft, in der das einzige Ventil für ein
überschüssiges Geldmengenwachstum die lokale Inflation (auf Güter wie auch Vermögenswerte) darstellt, zwei weitere Ventile
vorhanden sind: Zum einen die bereits erwähnte Leistungsbilanz und die durch Globalisierung oftmals sinkenden Güterpreise.
Zum anderen globale und tiefe Kapitalmärkte, die die überschüssige Geldmenge absorbieren und es in die USA exportierenden
Unternehmen erlauben, US-Dollar-Reserven aufzubauen. Und weil die anderen Länder/Exporteure durch ihre Vernetzung mit
den US-Finanzmärkten in der Lage sind, die Währung zu halten, ergibt sich auch keine Wechselkursabwertung, die zu Inflation
führen würde und somit die Knappheit der Güter relativ zur Geldmenge/Nachfrage wieder korrigieren könnte. Abbildung 2 zeigt,
dass die Inflationsrate seit der erhöhten Globalisierung Anfang der 90er-Jahre und trotz der Geldpolitik seit Alan Greenspan
nicht nur niedriger, sondern auch stabiler ist. Eine offene Wirtschaft reagiert bei Weitem nicht so sensitiv auf reale Schocks wie
eine geschlossene Wirtschaft. Abbildung 2 zeigt den Erfolg der Globalisierung von realen sowie finanziellen Handelsströmen.
Kapitalmarkt News
Abb. 2: Entwicklung der US-Verbraucherpreise
in % zum Vorjahr
25
20
15
10
5
0
-5
-10
-15
-20
1920 1926 1932 1938 1944 1950 1956 1962 1968 1974 1980 1986 1992 1998 2004 2010
Quellen: Bloomberg; IKB
Globalisierung und der Aufbau von weltweiten US-Dollar-Reserven bedeuten jedoch nicht, dass die Geldmenge in den USA
reduziert wird und somit der Inflationsdruck niedriger ist, als angesichts der allgemeinen Geldmenge zu erwarten wäre. Alle USDollar-Bilanzen, die von nicht US-Institutionen gehalten werden, sind weiterhin in der US-Geldmenge und somit im USBankensystem enthalten. So kann nicht argumentiert werden, dass es keine Inflation gebe, weil mehr und mehr US-Dollar
außerhalb der USA gehalten werden. Doch weil es Institutionen wie Rentenfonds, Notenbanken oder Hedge-Fonds sind und
nicht Konsumenten, die vermehrt US-Dollar halten, ist die Implikation eine andere. Die US-Dollar werden primär im Kapitalmarkt
und nicht in Konsumgüter investiert und verursachen somit in diesen Märkten Preisanstiege bzw. Inflation. Hier setzt auch das
US-Aufkaufprogramm an. Denn die Aufkäufe zielen darauf ab, Inflation auf Vermögenswerte zu schaffen. Die Fed begründet die
Aufkäufe jedoch eher damit, Zinsen senken zu wollen.
Die anhaltende Nachfrage nach US-Wertpapieren, die durch die Geldmengenausweitung (bzw. die Vergütung von realen Gütern
durch US-Dollar) verursacht wird, verursacht relativ niedrige US-Zinsen. So haben die US-Langfristzinsen nun schon seit fast 30
Jahren eine sinkende Tendenz – auch preisbereinigt. Und weil die Mobilität von Kapital zur weltweiten Vernetzung der
Finanzmärkte geführt hat, sind Konsequenzen aus dieser Entwicklung nicht nur auf die US-Märkte begrenzt. Die Flut von USDollar und freie Kapitalbewegungen erreichen eine Inflationierung von globalen Vermögenswerten, die jedoch oftmals nur von
kurzer Dauer ist und somit Instabilität auf vielen Finanzmärkten bedeutet. Die Entwicklung auf den Zins- und
Wechselkursmärkten vieler Schwellenländer seit Mai ist hierfür ein Beispiel.
Fazit: Güterpreisinflation ist nur eine Möglichkeit, ein überschüssiges Geldmengenwachstum zu korrigieren. In einer offenen
Volkswirtschaft, wo sich Güter und Kapital frei bewegen, ergeben sich weitere Ventile wie Leistungsbilanzdefizit und globale
Kapitalmärkte. Diese führen allerdings zu deutlichen Ungleichgewichten sowie zu Blasen auf lokalen wie globalen
Finanzmärkten. So hat die lange Phase der überschüssigen US-Geldmengenausweitung, die mit Alan Greenspan 1987 ihren
Anfang genommen hat und die seit der Finanzkrise und mit den Fed-Aufkaufprogrammen größere Dimensionen erreicht hat,
nicht zu konventioneller Güterpreisinflation, sondern zu Finanzinflation und Instabilität geführt.
Nicht lokale Güterpreisinflation, sondern Inflation auf den globalen Finanzmärkten ist die Konsequenz der US-Geldpolitik. Eine
US-Dollar-Abwertung bzw. eine reduzierte Bereitschaft, US-Dollar als Investor zu halten, würde die konventionelle Inflation in
den USA forcieren. Doch solange die Bereitschaft anhält, US-Dollar trotz ständiger Entwertung durch überschüssige
Geldmengenausweitung weiter zu halten, ist mit erhöhter Volatilität auf den Finanzmärkten zu rechnen und nicht mit einer USInflation. Die Bereitschaft, US-Dollar selbst bei niedrigen Zinsen zu halten, ist immer noch sehr weit verbreitet – vor allem bei
Zentralbanken/Regierungen, die oftmals eine Aufwertung der lokalen Währung als kontraproduktiv für Wachstum sehen. So
folgen wichtige Notenbanken nicht nur der Geldpolitik der Fed, sie erlauben dieser auch eine Fortsetzung ihrer expansiven
Geldpolitik, indem sie selbst die Politik der anhaltenden Geldentwertung kopieren (Stichwort Aufkaufprogramme). Ob sich die
Euro-Zone, die aktuell eher unter schrumpfender Geldmenge leidet, solch einer Entwicklung auf Sicht entziehen kann, bleibt
abzuwarten. Festzuhalten ist, dass auch wenn eine Notenbankpolitik des billigen Geldes keine traditionelle Güterpreisinflation in
den letzten Jahrzehnten verursacht hat, wird eine solche Politik nicht ohne negative Folgen bleiben bzw. bedeutende
Vermögensumverteilungen implizieren. Denn jegliche exzessive Geldmengenausweitung ist eine Geldentwertung, auch wenn
sie oftmals als Vermögenswertanstieg klassifiziert wird.
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24. Oktober 2013
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