Zacken-Erdschildkröte: Geoemyda spengleri von Udo Schews Seit mehreren Jahren halte ich Zacken-Erdschildkröten, die zur Familie der Sumpfschildkröten zählen. Obwohl diese Schildkrötenart ein großes Verbreitungsgebiet hat, ist auch die ZackenErdschildkröte in ihrem ursprünglichen Habitat vom Aussterben bedroht. Hierfür verantwortlich ist zum einen die Zerstörung des Lebensraumes, zum anderen auch das systematische Absammeln zum Verkauf auf einheimischen und zunehmend auch auf chinesischen Märkten. Verbreitungsgebiet: Die Zacken-Erdschildkröte stammt aus Vietnam und dem südlichen China. Habitat: Die Zacken-Erdschildkröte lebt im feuchtwarmen Klima der Nebelregionen der Bergregenwälder mit jährlichen Niederschlagsmengen von 1500 – 2700 mm (im Vergleich: Darmstadt 450 – 960 mm [Quelle: Amt für Einwohnerwesen, Wahlen und Statistik – Darmstadt]). In ihrem natürlichen Lebensraum hält die ZackenErdschildkröte von November bis Februar eine Winterruhe bei Temperaturen zwischen 5 und 15 °C. Selten fallen im Herkunftsgebiet die Temperaturen unter den Gefrierpunkt. Größe: Die Größe der von mir gepflegten Zacken-Erdschildkröten schwankt zwischen 10 und 11 cm. Die Weibchen haben ein Gewicht bis zu 180 g, die Männchen bis zu 160 g. Kurzbeschreibung: Ein paar Photos sind in aller Regel doch aussagefähiger als lange Beschreibungen. Die Zacken-Erdschildkröte verfügt über einen flachen Carapax (Rückenpanzer) mit einem sich deutlich von den beiden Seitenkielen abhebenden Mittelkiel (Wirbelkiel). Am Hinterrand ist der Carapax stark gezackt. Vermutlich eine Schutzfunktion gegen Predatoren (von engl. Predator für Räuber, Raubtier). Durch die rötlich-braune oder auch gelbe Farbe und die Form des Carapax, der an ein Blatt erinnert, fällt die Zacken-Erdschildkröte in der Blätterschicht des Habitats kaum auf. Das Plastron (Bauchpanzer) ist dunkelbraun bis schwarz und weist auf beiden Seiten einen schmalen gelben Streifen auf. Die Vorder- und Hinterbeine sind rötlich geschuppt. Der lange Hals und der Kopf sind schuppenlos. Die Zacken-Erdschildkröte besitzt einen Hakenschnabel sowie leicht vorstehende Augen, welche unabhängig voneinander bewegt werden können. Geschlechtsunterschiede: An Hand der Schwanzlänge sowie der Dicke der Schwanzwurzel lassen sich adulte Männchen und Weibchen gut unterscheiden. An Kopf und Hals der Weibchen wie auch der Jungtiere befinden sich gelbe Längsstreifen. Meine Haltungsbedingungen: Grundsätzlich sollte man sich über die Lebensweise und die Lebensbedingungen im Herkunftsgebiet der Zacken-Erdschildkröten informieren und versuchen, dies bei den Haltungsbedingungen weitgehend umzusetzen. Aufgrund ihrer geringen Größe kann die Zacken-Erdschildkröte gut im Terrarium gehalten werden. Allerdings benötigt sie eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit. Diese kann durch den Einsatz eines Ultraschallverneblers erzielt werden, von dessen Einsatz ich aber mittlerweile wieder abgekommen bin. Ich pflege meine Zacken-Erdschildkröten in einem geschlossenen Terrarium (150 x 70 x 70). Als Bodengrund verwende ich ein Torf-Kokosfaser-Gemisch, welches ich stets feucht halte. Ein Teil des Bodens ist mit Moos ausgepolstert, da dieses die Feuchtigkeit sehr gut hält. Im Gegensatz zu manch anderen Empfehlungen halte ich meine Tiere ganzjährig zusammen. Wichtig ist hierbei, dass sich die Tiere durch ausreichend Platz und Versteckmöglichkeiten auch zurückziehen können. Bei den zur Strukturierung des Terrariums eingesetzten Pflanzen ist zu berücksichtigen, dass sie auch Staunässe vertragen müssen. Als Versteck- und Klettermöglichkeiten habe ich Rindenstücke, Wurzeln und Steine eingebracht. Obwohl jedem der Tiere ein eigener Unterschlupf zur Verfügung steht, findet man sie meist alle im gleichen Unterschlupf. Auf einem Sandplatz befindet sich zum Trinken und Baden eine Wasserschale mit frischem Wasser, deren Wasserstand nur wenige Zentimeter beträgt und die ich täglich reinige. Eine das Pflanzenwachstum garantierende Beleuchtung genügt völlig, da zu grelles Licht von dieser Schildkrötenart gemieden wird. Als zusätzliche Lichtquelle verwende ich 40 W-Spotstrahler, die von 8.00 – 16.30 Uhr eingeschaltet sind. Befindet sich das Terrarium in einem normal beheizten Raum (18 – 24°C) wird eigentlich keine zusätzliche Wärmequelle benötigt. Eine Ausnahme bilden hier teilweise eiertragende Weibchen, bei denen zu beobachten ist, dass sie sich morgens unter einem der Spotstrahler aufwärmen, so dass ich auch einen 40 W-Strahler als Wärmequelle einsetze. Diese Wärmequelle habe ich auf dem Sandplatz bei der Wasserschale installiert. Bei höheren Temperaturen (über 30 °C) werden die Tiere apathisch. Die benötigte hohe Luftfeuchtigkeit erreiche ich, indem ich das Terrarium regelmäßig der simulierten Jahreszeit gemäß übersprühe. Jahresrhythmus: Zur artgerechten Pflege von Zacken-Erdschildkröten ist es erforderlich, den Tieren einen Jahresrhythmus einzurichten. Deshalb übersprühe ich das Terrarium nach der Winterruhe im Februar ausgiebig. Die Regenzeit zur Zeit der Eiablage (April – August) simuliere ich, indem ich das Terrarium in diesem Zeitraum mehrmals täglich übersprühe. Nach der Eiablagezeit bereite ich die Tiere auf die trockene Zeit der Winterruhe vor, indem ich das Übersprühen des Terrariums auf zweimal pro Woche reduziere und während der Winterruhe (Dezember – Februar) stelle ich das Übersprühen gänzlich ein. Winterruhe: Meine Zacken-Erdschildkröten halten ca. 2 Monate Winterruhe (Dezember – Januar). Zur Vorbereitung auf die Winterruhe schränke ich die Fütterung ab Oktober auf einmal pro Woche ein und das Terrarium wird nur noch zweimal pro Woche übersprüht. Die Brenndauer der Spotstrahler, die als zusätzliche Licht- und Wärmequelle dienen, reduziere ich kontinuierlich, bis sie schließlich Ende November ganz ausgeschaltet bleiben. Meine Tiere verbleiben während der Winterruhe in ihrem Terrarium. Die Umgebungstemperatur beträgt während dieser Zeit 10 – 12 °C. Während der Winterruhe bringe ich auf das Bodensubstrat noch eine Laubschicht auf. Anfang Februar entferne ich die Laubschicht, übersprühe das Terrarium ausgiebig und fahre die Spotstrahler wieder kontinuierlich hoch. Nach ein paar Tagen kommen die Zacken-Erdschildkröten aus ihrem Winterruheunterschlupf und nach ca. einer Woche wird auch das angebotene Futter wieder angenommen. Fütterung: Die Zacken-Erdschildkröte ist eine nimmersatte Schildkröte. Während der kühleren Übergangszeiten biete ich einmal pro Woche Futter an, während der warmen Jahreszeit dreimal pro Woche. Die Zacken-Erdschildkröten sind agile und gute Jäger, die sich fast ausschließlich carnivor (Fleisch fressend) ernähren. Zur Ernährung eignen sich: Regenwürmer Gehäuse- und Nacktschnecken Grillen, Heimchen Heuschrecken Kellerasseln Schwarzkäferlarven (Zophobas) Wachsmotten Babymäuse Rosenkäferlarven Zucht: Erspäht das Männchen seine ausgewählte Partnerin, läuft es mit lang ausgestrecktem Hals auf sie zu. Ist auch das Weibchen paarungsbereit, beginnen beide mit Nickbewegungen des Kopfes. Nach kurzer Zeit klettert das Männchen auf den Rücken des Weibchens, klemmt sich mit den Füßen an den Oberschenkeln des Weibchens fest und dann erfolgt die Kopulation. Nach vollzogener Kopulation läuft das Weibchen solange mit dem Männchen durch das Terrarium, bis das Männchen von ihm ablässt. Bei einem nicht paarungswilligen Weibchen kann man beobachten, dass es mit seitlich gelegtem Kopf das Maul weit öffnet, so als ob es das Männchen beißen würde. Das Männchen zieht sich daraufhin meist zurück. Inkubation: Bei der Inkubation der Eier habe ich verschiedene Methoden ausprobiert. Zuerst probierte ich eine Methode mit einem Inkubator (BRUJA) aus, den ich bei etwa 26 °C einstellte. Allerdings bin ich bei den letzten Versuchen dazu übergegangen die Eier im Terrarium zu belassen. Hierbei trage Sorge ich dafür, dass sich die abgelegten Eier in Ruhe entwickeln können, ohne von den anderen Schildkröten gestört zu werden. Schon nach wenigen Tagen wurde ein weißer Fleck auf der Eierschale sichtbar, der sich binnen kurzer Zeit zu einer Banderole schloss. Diese Herangehensweise bietet meiner Meinung nach die größten Chancen der erfolgreichen Bebrütung, verschweigen möchte an dieser Stelle allerdings nicht, dass sich die Inkubation massiv von der Zeit verlängert. Fazit: Die Zacken-Erdschildkröte ist eine sehr sympathische, hübsche, lebhafte und, wenn man den Bedürfnissen der Schildkröte Rechnung trägt, eine in Menschenobhut sehr gut zu haltende Schildkrötenart. Sie kann auch von Anfängern, die sich für eine klein bleibende Schildkrötenart für die Terrarienhaltung begeistern, angeschafft werden, zumal sie durch ihre Winterruhephase durchaus als robust empfohlen werden kann.