CHE 172.1: Organische Chemie fŁr die Biologie

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9. Alkohole, Ether und Phenole
In diesem Kapitel werden wir als Schwerpunkte folgendes betrachten ; 1) Struktur,
Reaktionen und Darstellung und 2) Alkohole und Phenole als Säuren und Basen.
9.1 Nomenklatur
Alkohole
Nach der IUPAC-Nomenklatur werden Alkohole als Alkanderivate behandelt. Dem
Namen des Alkans wird die Endung -ol angehängt. Bei komplizierten verzweigten
Systemen richtet sich der Name des Alkohols nach der längsten Kette, die den OHSubstituenten trägt :
Um den Platz der funktionellen Gruppe im Molekül festzulegen, beginnt man mit der
Zählung so, dass die OH-Gruppe eine möglichst niedrige Nummer erhält. Die Namen
der Substituenten werden dem Alkanol vorangestellt :
Wie Alkylsubstituenten und Halogenalkane teilen wir Alkohole in primäre, sekundäre
und tertiäre Alkohole ein :
Phenole
Verbindungen mit Hydroxygruppen am Benzolring bezeichnet man als Phenole. Bei
der Benennung der substituierten Benzole haben die Carboxy- und die
Carbonylgruppe eine höhere Priorität als die Hydroxygruppe :
Ether
Die IUPAC-Nomenklatur behandelt Äther als Alkan mit einem Alkoxy-Substituent,
also als Alkoxyalkan. Der kleinere Substituent gilt als Teil der Alkoxygruppe, der
grössere Substituent bildet den Stamm des Moleküls :
9.2 Eigenschaften der Alkohole, Phenole und Ether
Die Struktur der Alkohole ähnelt der von Wasser. Unten werden die Strukturen von
Methanol, Wasser und Dimethylether miteinander verglichen :
Die Elektronegativität des Sauerstoffatoms bewirkt eine ungleichmässige
Ladungsverteilung im Molekül, sodass ein Dipolmoment ähnlich dem von Wasser
entsteht:
Alkohole haben im Vergleich zu Alkanen und Chloralkanen unterschiedliche
physikalische Eigenschaften: besonders auffalend sind die höheren Siedepunkte.
Siedepukte verschiedener Alkane, Chloralkane und Alkohole
Alkylgruppe, R Alkane, R-H Chloralkane, R-Cl Alkohole, R-OH
CH3-
-162
-24
64.5
CH3CH2-
-88.5
12.5
78.3
CH3CH2CH2-
-42
46.6
97
(CH3)2CH-
-42
36.5
82.5
CH3CH2CH2CH2- -0.5
83.5
117
(CH3)3C-
51
83
-12
Auch Phenole und aromatische Kohlenwasserstoffe haben unterschiedliche
Siedepunkte : z.B. Toluol Sdp 110oC, Phenol Sdp 182oC.
Wasser hat einen für seine Molekülmasse ungewöhnlich hohen Schmelz- und
Siedepunkt, der im Vergleich zu anderen intermolekularen Kräften mit der
Ausbildung starker Wasserstoffbrücken erklärt wird. Diese werden zwischen dem
Sauerstoffatom des einen Moleküls und dem Hydroxy-Wasserstoffatom eines
anderen Moleküls gebildet. Im kristallinen Zustand bildet sich ein regelmässiges Td-
Gitter, mit einer maximalen Zahl an stabilen H-Brücken. Beim Aufwärmen wird dieses
Gitter zuerst nur teilweise aufgebrochen, was zu einem noch dichter gepackten
Zustand führt (bei 4oC), der dann immer weiter aufgelockert wird (> 4oC):
im Kristall
bei 4 oC
Auch Alkohole können Netzwerke von H-Brücken im flüssigen Zustand ausbilden:
Diese Wechselwirkung führt zu einem weiten Netz derart verknüpfter Moleküle.
Obwohl eine H-Bindung viel schwächer ist (21 KJ/mol) als eine kovalente O-H
Bindung (435 KJ/mol, erschwert die Vielzahl der vorhandenen Wasserstoffbrücken
den Siedevorgang. Dies führt zu verhaltnismässig hohen Siedepunkten. Im Wasser ist
dieser Effekt noch stärker ausgeprägt.
9.3 Säuren und Basen
Alkohole und Phenole sind schwache Säuren. Aber sie können auch basisch reagieren,
indem das freie Elektronenpaar des Sauerstoffatoms ein Proton bindet (siehe auch
Kapitel 8.5.3). Was bedeutet Säure und Base, und wie werden ihre Stärken
verglichen ?
Nach dem Konzept von Brønsted sind Säuren Substanzen die ein Proton übertragen
können. Eine Base ist eine Substanz die ein Proton aufnehmen kann - sie muss ein
freies Elektronenpaar haben, um eine σ-Bindung mit H+ bilden zu können, z.B.:
Die Stärke einer Säure oder Base (in Wasser) wird durch ihre Aciditätskonstante Ka
oder pKa definiert, z.B.:
Die Konstante pKa ist der pH-Wert für den Fall [HA] = [A-]. Je kleiner der pKa-Wert
ist, umso stärker ist die Säure. Eine schwächere Säure hat ein höheres pKa.
Wenn Sie eine schwache Säure betrachten (z.B. Ethanol), dann ist ihre konjugierte
Base eine starke Base. Wenn Sie eine starke Säure betrachten (z.B. HCl) dann ist ihre
konjugierte Base eine schwache Base:
Relative Stärke verschiedener Säuren und ihrer konjugierten Basen
Säure
Name
pKa konjugierte Base
Name
CH3CH2OH Ethanol
16.0 CH3CH2O-
Ethanolat
H2O
Wasser
15.74 OH-
Hydroxid
HCN
Cyanwasserstoff 9.2
CH3COOH Essigsäure
CN-
Cyanid
4.72 CH3COO-
Acetat
HF
Fluorwasserstoff 3.2
F-
Fluorid
HNO3
Salpetersäure
NO3-
Nitrat
HCl
Chlorwasserstoff -7.0
Cl-
Chlorid
-1.3
Nach dem Konzept von Lewis sind Säuren Substanzen die ein Elektronenpaar
aufnehmen können (Elektronenpaar-Akzeptoren). Dagegen ist eine Lewis-Base eine
Substanz, die ein Elektronenpaar übertragen kann (Elektronenpaar-Donatoren).
z.B :
9.4 Alkohole und Phenole als Säuren
Wenn Sie einen Alkohol oder ein Phenol in Wasser lösen, ensteht ein Gleichgewicht :
Wenn wir ihre Stärke als Säuren vergleichen möchten, müssen wir ihre
Aciditätskonstante betrachten:
Alkohol oder Phenol
pKa
(Me)3COH
18.0
CH3CH2OH
16.0
HOH
[ 15.74 ]*
MeOH
15.54
p-Methylphenol
10.17
Phenol
9.89
p-Bromphenol
9.25
p-Nitrophenol
7.15
CH3COOH
[ 4.72 ]*
HCl
[ -7.00 ]*
*
Als Vergleich
Merke aber ! Mit Alkalimetallen findet eine vollständig irreversible Reaktion statt:
Warum sind Phenole stärkere Säuren als Alkohole ?
Der Grund dafür muss darin liegen, dass das Phenoxid-Anion im Vergleich zu einem
Phenol stabiler ist, als ein Alkoxid-Anion gegenüber einem Alkohol. Das PhenoxidAnion ist durch Resonanz (Mesomerie-Effekt) stabilisiert :
Wenn der Benzol-Ring auch einem Substituent trägt, kann das Phenol entweder eine
noch stärkere Säure oder eine schwächere Säure als das Phenol selbst sein :
z.B. Nitrophenol :
Es liegt schon bei pH 7 im Wasser fast bis zu 50% in der Phenoxid Form vor.
Ether haben kein Wasserstoffatom am O und sind deshalb nicht sauer. Sie verhalten
sich neutral.
9.5 Darstellung der Alkohole
Alkohole besetzen eine zentrale Position in der Organischen Chemie. Sie können
ausgehend von verschiedenen funktionellen Gruppen hergestellt werden und lassen
sich in zahlreiche andere funktionelle Gruppen umwandeln.
Welche Methoden haben wir schon gesehen ?
1) Hydratisierung von Alkenen (siehe Kapitel 4.3):
(Achtung - Die Reaktion ist reversibel, und Bedingungen die die gewünschte Richtung
bevorzugen, müssen gefunden werden).
2) Oxidation von Alkenen mit OsO4 (siehe Kapitel 4.5):
3) Nucleophile Substitutionsreaktionen (siehe Kapitel 8)
Ein wichtiger neuer Zugang zu Alkoholen, der uns bis jetzt nicht begegnet ist, ist die
Reduktion von Carbonyl-Verbindungen. (Die Mechanismen von Reaktionen an
Carbonyl-Gruppen werden wir erst im Kapitel 10-12 behandeln.
i) Durch die Reduktion von Aldehyden und Ketonen
Dieser Prozess kann folgenderweise geschildert werden :
Es gibt mehrere Reagenzien, die für diese Reaktionen geeignet sind. Wir werden zwei
betrachten, weil sie einen ziemlich breiten Anwendungsbereich haben :
Reduktion mit Natrium Borohydrid (NaBH4):
Reduktion durch heterogene Katalysatoren und Wasserstoff :
Diese Bedingungen werden auch für die Reduktion von Alkenen und Alkinen zu
Alkanen verwendet (siehe Kapitel 4.5, Kapitel 4.8). Aber Alkene und Alkine
können nicht mit NaBH4 reduziert werden.
ii Reduktion von Estern und Carbonsäuren
Die Reduktion von Estern und Säuren kann folgenderweise beschrieben werden (wird
später behandelt):
iii Nucleophile Addition von Grignard-Reagenzien an Carbonyl Verbindungen
Dieses Thema wird sorgfältig in den nächsten Kapiteln behandelt. Wir sollten hier
bemerken, dass Grignard-Reagenzien für die Synthese von 1o-, 2o- und 3o-Alkoholen
eingestetzt werden können,
9.6 Darstellung von Ethern aus Alkoholen
Ether stellt man am einfachsten durch die Reaktion eines Alkoxids mit einem
primären Halogenalkan oder einem Sulfonsäureester (Mesylat oder Tosylat - siehe
Kapitel 8.4.2) unter typischen SN2-Bedingungen her. Dieses Verfahren ist als
Williamson-Ethersynthese bekannt, z.B.:
Die Alkoxide können aus dem entsprechenden Alkohol und Na erzeugt werden. Da
Alkoxide starke Basen sind, bleibt ihre Anwendung bei der Ethersynthese auf primäre
ungehinderte Systeme beschränkt, da sonst ein erheblicher Anteil an E2-Produkt
entstehen würde.
9.7 Reaktionen von Alkoholen
9.7.1 Dehydratisierung
Wir haben schon auf (siehe Kapitel 8.5) Eliminierungsreaktionen für die Synthese von
Alkenen kennengelernt. Hier werden wir die Mechanismus von Dehydratisierungen
behandeln, z.B.:
Oxonium-Ionen entstehen durch Protonierung von Alkoholen. Sekundäre und teritäre
Oxonium-Ionen können daraufhin Wasser abspalten und relativ stabile sekundäre
oder tertiäre Carbenium-Ionen ausbilden :
9.7.2 Bildung von Halogenalkanen
Primäre Oxonium-Ionen hingegen sind bezüglich dieser Weiterreaktion recht stabil, da
das daraus entstehende primäre Carbenium-Ion zu energiereich (instabil) ist. Sie
können jedoch von einem Nucleophil angegriffen werden (siehe Kapitel 8.4.2) :
2o- und 3o-Alkohole lassen sich auch durch Behandlung mit HCl oder HBr bei 0oC
(jetzt SN1) in Halogenalkanen umwandeln. Am besten werden 1o- und 2o-Alkohole
durch Behandlung mit SOCl2 oder PBr3 zu Halogenalkanen umgesetzt (siehe Kapitel
8.2).
9.7.3 OXIDATION von Alkoholen
Im Abschnitt 9.5 wurde die Darstellung von Alkoholen aus Aldehyden, Ketonen und
Carbonsäuren beschrieben, die mit Wasserstoff (nur RCHO und RCOR) oder Hydriden
reduziert wurden. Auch die umgekehrte Reaktion, die OXIDATION von Alkoholen zu
Aldehyden, Ketonen oder Carbonsäuren ist möglich. Solche OXIDATIONSREAKTIONEN bilden eine der wichtigsten Reaktionsklassen, die für Alkohole möglich
sind, z.B.:
Primäre Alkohole können entweder zu Aldehyden oder zu Carbonsäuren oxidiert
werden ; welches Produkt gebildet wird, hängt von den Reagenzien und
Reaktionsbedingungen ab. Sekundäre Alkohole liefern nur Ketone.
Ein häufig verwendetes Reagenz zur Oxidation von Alkoholen ist Chrom (VI), ein
Übergangsmetall in einer hohen Oxidationsstufe. In dieser Form ist Chrom gewöhnlich
gelb bis orange. Bei der Umsetzung mit einem Alkohol wird Chrom (VI) zu tiefgrünem
Chrom (III) reduziert.
z.B. Alkohol zu Aldehyd :
Die Weiteroxidation zur Säure lässt sich vermeiden, wenn man wasserfrei arbeitet, da
dann das Aldehyd stabil ist :
Wenn die Oxidation in wässeriger Lösung durchgeführt wird, erhält man ausgehend
von 1o-Alkoholen Carbonsäuren, z. B.:
Das Aldehyd tritt als Zwischenprodukt auf, aber unter diesen Reaktionsbedingungen
wird es gewöhnlich weiter zur Säure oxidiert.
2o-Alkohole können entweder unter wasserfreien Bedingungen oder in wässeriger
Lösung zu Ketonen oxidiert werden :
9.8 Reaktionen von Ether
Ether sind recht reaktionsträge. Sie sind unter den meisten Bedingungen inert und
werden deswegen oftmals als Lösungsmittel verwendet. Einige Ether reagieren
jedoch langsam mit Sauerstoff zu Hydroperoxiden und Peroxiden nach einem
radikalischen Mechanismus. Peroxide sind gefährlich, da sie sich explosionsartig
zersetzen können.
9.8.1. Epoxide
Obwohl gewöhnliche Ether relativ inert sind, kann der gespannte Ring von Epoxiden
(Oxacyclopropan) eine Reihe von Ringöffnungsreaktionen mit Nucleophilen eingehen.
Unter mild-sauren Bedingungen reagieren Epoxide sehr schnell :
Zwei Millionen Tonnen Ethylenglycol für Automobil Frostschutzmittel wird jährlich
durch säure-katalysierte Hydratisierung aus Ethylen-Oxid hergestellt.
9.9 Phenole : Darstellung und Reaktionen
Die direkte elektrophile Addition von OH an Benzole ist schwierig, da Reagenzien, die
eine elektrophile OH-Gruppe wie OH+ erzeugen können, sehr selten sind.
Man kann aber Phenol aus Natriumbenzolsulfonat oder Chlorbenzol durch Erhitzen in
geschmolzenem NaOH darstellen (Mechanismus wird nicht behandelt) :
Phenole können nicht mit Säure dehydratisiert werden, und sie können nicht mit HX in
Arylhalogene umgewandelt werden.
Aber Phenole gehen in der Williamson-Ether-Synthese (siehe Kapitel 9.6) ein. Phenole
als elektronenreiche Aromaten gehen elektrophile Substitutionsreaktionen, wie
Nitrierung, Sulphonierung und Halogenierung, rasch ein (siehe auch Kapitel 5.5).
o- und p-Dihydroxybenzole (Hydrochinone) können leicht oxidiert werden und bilden
dadurch Chinone (Quinones), z.B.
Die Chinone wirken als milde Oxidationsmittel, wobei die Dion-Einheit zurück zum Diol
reduziert wird. Solche Chinone kommen in wichtigen Naturstoffen vor, wie dem
Ubichinon (Coenzym Q) und dem Vitamin K.
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