11. Leipziger Echokardiographie – Symposium 2014 Universitätsklinikum Leipzig Abstracts 27.-28.6.2014 Wissenschaftliche Leitung: Prof. Dr. med. Andreas Hagendorff Prof. Dr. med. Dietrich Pfeiffer Universitätsklinikum Leipzig Department für Innere Medizin, Neurologie und Dermatologie Abteilung für Kardiologie und Angiologie Liebigstraße 20 - 04103 Leipzig [email protected] Mit freundlicher Unterstützung Boston Scientific Medizintechnik GmbH © Veranstalter MIFO Medizinische Information und Organisation 2014 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Sitzung 1 Fibrose und Altersamyloidose Echokardiographie detektieren? - Was kann man mit der Wie detektiert man die restriktive Füllungskomponente des alternden Herzens? Was ist noch normal, was ist pathologisch? Wie analysiert man unterschiedliche Aspekte des linken bzw. rechten Herzens? Was unterscheidet die restriktive Füllungsdynamik bei Vorhofflimmern von der bei restriktiver Kardiomyopathie? Prof. Dr. med. Frank Weidemann, Universitätsklinikum Würzburg Die Amyloidose ist eine systemische Erkrankung, die durch interstitielle Ablagerungen von Amyloidfibrillen in den verschiedensten Organen, das Herz eingeschlossen, charakterisiert ist. Am stärksten ist das Herz bei der sogenannten primären Amyloidose betroffen. Beim älteren Menschen kann sich aber auch eine sogenannte „Altersamyloidose“ entwickeln. Auch bei dieser findet eine Verdickung der linksventrikulären Wand durch Ablagerung von Amyloid statt. Streng genommen ist diese Verdickung keine „echte Hypertrophie“ im Sinne einer rein myokardialen Hypertrophie, sondern eine Verdickung des Myokards, bedingt durch die Einlagerungen. Auch wenn echokardiographisch diese Differenzierung nicht zu treffen ist, so ist dies doch eine sehr wichtige (terminologische) Unterscheidung. In der Echokardiographie lässt sich häufig ein besonderes Charakteristikum darstellen, die sogenannte Sparkling Texture, ein wie gesprenkelt aussehendes Myokard und ein geringer Perikarderguss an der lateral Wand: Es ist jedoch zu bedenken, dass dies kein pathognomonischer Befund ist und sich eine Sparkling Texture auch bei Patienten mit HCM und anderen hypertrophen Kardiomyopathien finden kann. Eine linksventrikuläre Ausflusstraktobstruktion wird bei dieser kardialen Amyloidose nicht beobachtet. Ein weiteres charakteristisches Merkmal ist die Fibrosenentwicklung im linken Ventrikel. Deshalb wird diese Manifestation der Amyloidose auch „stiff heart syndrome“ genannt. Dieses ist gekennzeichnet durch eine frühe Beeinträchtigung der diastolischen Funktion und ein relativ langes Aufrechterhalten einer normalen systolischen Global-Funktion. Obwohl eine diastolische Dysfunktion sehr verbreitet ist, wird ein restriktives © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 2 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Füllungsmuster meist nur bei sehr fortgeschrittenen Krankheitsstadien gefunden. Diese Dysfunktion gepaart mit einem Anstieg des diastolischen Füllungsdrucks führt zu der typischen Dilatation des linken Vorhofs. Die Fibrose wird normalerweise im MRT durch die Late Enhancement Bildgebung detektiert. Aber auch die Echokardiographie bietet mit dem Speckle Tracking die Möglichkeit indirekt die Fibrose durch Funktionsmessungen zu detektieren. Typischerweise findet sich eine ausgeprägte reduzierte longitudinale linksventrikuläre Funktion. Interessanterweise ist die Maximalgeschwindigkeit der systolischen Deformation bereits in der isovolumetrischen Kontraktionsperiode erreicht, und der systolische Strain zeigt sich in der Ejektionsperiode stark reduziert: Im Gegensatz zu vielen anderen hypertrophen Kardiomyopathien zeigt sich die starke Erniedrigung der longitudinalen Funktion oft sehr homogen über den gesamten linken Ventrikel verteilt, wobei Strain Werte <10% der Regelfall sind. Nur die apikalen linksventrikulären Segmente zeigen manchmal noch eine erhaltene longitudinale Funktion (= Apikal Sparing). Gerade bei Patienten mit Vorhofflimmern, sind diese systolischen Messungen der Deformation sehr hilfreich, um indirekt die Folgen der Fibrose zu detektieren und um die Altersamyloidose von anderen kardialen Erkrankungen des älteren Menschen abzugrenzen. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 3 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Trikuspidalinsuffizienz und chronische Rechtsherzinsuffizienz Wie beeinflussen die echokardiographischen Befunde Therapieenscheidungen? die Welche Ursachen führen zur chronischen Rechtsherzinsuffizienz beim alternden Herzen? Welche Gründe verursachen langfristig Rechtsherzschwächen nach Herzoperationen? Wie analysiert man echokardiographisch Trikuspidalringdilatationen sowie Trikuspidalinsuffizienzen? Wann sollte man Trikuspidalringdilatationen operative behandeln? - Welche altersabhängigen Limitationen bestimmen die Therapieentscheidungen zur möglichen operativen Intervention? Prof. Dr. med. Andreas Borges, HELIOS Klinikum von Behring GmbH, Berlin Die moderate und hochgradige Trikuspidalklappeninsuffizienz und die chronische Rechtsherzinsuffizienz spielen im höheren Lebensalter eine klinisch und prognostisch bedeutsame Rolle, die therapeutischen Möglichkeiten reichen von der medikamentösen bis zur herzchirurgischen operativen Therapie und in individuellen Situationen sind auch schon kathetergestützte Therapiemöglichkeiten angewendet worden (Klappenimplantationen in eine oder beide Vv. cavae). 1. Welche Ursachen führen zur chronischen Rechtsherzinsuffizienz beim alternden Herzen? Eine Vielzahl kardiologischer und pneumologischer Erkrankungen können im höheren Lebensalter zur chronischen Rechtsherzinsuffizienz führen mit und ohne pulmonalarterieller Hypertonie. In der Mehrheit der Patienten entwickelt sich eine Rechtsherzinsuffizienz sekundär bei Vorhandensein einer Linksherzinsuffizienz, im höheren Lebensalter meist eine diastolische Herzinsuffizienz oder Herzinsuffizienz mit erhaltender Ejektionsfraktion (HFPEF), aber auch pulmonale Erkrankungen (COPD, Lungenfibrose, SchlafapnoeSyndrom; Postembolisches Syndrom) und primäre angeborene Erkrankungen (Links-Rechts-Shunt bei ASD oder fehlmündener Lungenvene; Trikuspidalinsuffizienz bei M. Ebstein) oder ein Z.n. rechtsventrikulärem Myokardinfarkt oder nach Endokarditis der Trikuspidalklappe oder der Pulmonalklappe können zur chronischen Rechtsherzbelastung führen. 2. Welche Gründe verursachen langfristig Rechtsherzschwächen nach Herzoperationen? Das Entstehen einer Rechtsherzinsuffizienz nach Herzoperation besitzt prognostische Bedeutung für den Patienten. Verschiedene, vor allem kleinere klinische Beobachtungsstudien konnten verschiedene Entwicklungen nachweisen: nach Korrektur-Op des M. Fallot konnte mittels MRT eine Restriktion und Fibrose des rechten Ventrikels gezeigt werden (durch Ischämie, Embolie, postoperative Inflammation u.a. Mechanismen spielen wahrscheinlich eine Rolle), auch nach 10-15 Jahren nach Mitralklappen-Op kann sich eine höhergradige Trikuspidalinsuffizienz entwickeln (sog. late onset TI); regelhaft nach einer Eröffnung des Perikards nach Herz-Op lässt sich eine chronische Reduktion von TAPSE in der Echokardiographie darstellen. Andererseits gibt auch Berichte über Verbesserungen von RVFunktionsparametern nach erfolgreicher Entlastung des rechten Herzens: © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 4 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Verbesserung des apikalen Strains nach Lungen-Transplantation; Verbesserung von TAPSE und Tei-Index nach Endarterietomie. Die Reduktion von TAPSE nach jeder Perikardiotomie, unabhängig vom Eingriff an RV oder LV entspricht am ehesten einer Reduktion der longitudinalen Funktion und nicht einer globalen Funktionsstörung des RV. Die radiale Funktion und die RVEF bleiben unverändert normal bei diesen Patienten, so dass die Interpretation als globale Funktionsstörung nicht aufrecht erhalten werden kann und die Reduktion der longitudinalen Funktion durch eine Veränderung der Geometrie des RV erklärbar ist. 3. Wie analysiert man echokardiographisch Trikuspidalringdilatationen und Trikuspidalklappeninsuffizienzen? [Und wie analysiert man Rechtsherzfunktion?] Wichtige Parameter der RV-Funktion sind die longitudinale Bewegung der Trikuspidalklappenebene (TAPSE, Grenzwert < 16 mm), der Nachweis einer messbaren isovolumetrischen Relaxationszeit im Gewebe-Doppler als Zeichen der RV-Dysfunktion, die systolische max. Geschwindigkeit der freien RV-Wand basal (Gewebe-Doppler) ( Grenzwert < 10 cm/s); der RV-Myokardiale Performance Index (Gewebe-Doppler); die RV-Area-Change (RAF; Grenzwert <35%) zeigten eine nur schwache bis mittelgradige (r von 0,45 -0,57) Korrelation mit dem MRT. Strain und 2D Strain-Werte zeigten eine regionale Heterogenität und sind derzeit noch keine Parameter für die klinische Praxis. Die Bestimmung der RV-EF ist mittels 3D Echokardiographie validiert worden (NW>44%) und noch kein Routineparameter. Es werden auch diastolische Funktionsparameter empfohlen anzuwenden: RV-E/A-Verhältnis und RV-E/E’ werden zur Diagnostik von Relaxationsstörungen und Restriktion herangezogen. Die systolischen Funktionsparameter sind altersunabhängig, dagegen sinken die E/A- und E’/A’-Quotienten (Gewebe-Doppler) im höheren Lebensalter als Ausdruck einer reduzierten Relaxation und erhöhten Steifigkeit des RV. Echokardiographisch lässt sich die Differenzierung zwischen den einzelnen Formen der Trikuspidalinsuffizienz (primär und sekundär oder nach Carpentier in I, II, IIa und IIIb) vornehmen und mit Hilfe der FarbdopplerEchokardiographie und des pw-/cw-Dopplers die semiquantitative Einschätzung des Schweregrades der Trikuspidalinsuffizienz: von einer schweren Trikuspidalinsuffizienz wird gesprochen bei einer Vena contracta > 7 mm; PISA-Radius >9 mm (bei Nyquist Grenze von 28 cm/s); EROA> 40 mm2 und Regurg.-Vol> 45 ml; systolische Flussumkehr in den Lebervenen; cwProfil zur semiquant. Einschätzung mit notch bei RA-Erhöhung; E-Welle > 1 m/s im pw-Doppler. Mit der 3D Echokardiographie läßt sich die Ringdilatation genauer bestimmen, die Erweiterung des Ringes in anterior-posteriorer Richtung darstellen, sowie die Formveränderungen des Ringes bei der Dilatation (von epllipsoid nach zirkulär; von sattelförmig zu abgeflachter 3D Form). Die Semiquantifizierung der TI folgt prinzipiell nach den gleichen Methoden wie bei der Mitralinsuffizienz, die validierten Methoden bei der TI sind aber weniger zuverlässig. In Zukunft kann die 3D Echokardiographie als eine neuere Methode angewandt werden, weil sie der anatomischen und funktionellen Komplexität der TK besser gerecht wird. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 5 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 4. Wann sollte man Trikuspidalklappendilatationen operativ behandeln? Die Durchführung einer Trikuspidalklappen-Plastik bei Ringdilatation und TI I° und geplanter linksseitiger Herz-Op wird derzeit noch kontrovers diskutiert. Als Grenzwert für eine Trikuspidalklappenringdilatation werden 40 mm bzw. 21 mm/qm KÖF angesehen. In den meisten Zentren werden Trikuspidalklappenrekonstruktionen meist mit Ringplastiken durchgeführt, einzelne Studien konnten aber auch zeigen, dass es keine Unterschiede im Vergleich zum TK-Ersatz gibt. Die aktuellen (2014) Guidelines der ACC/AHA empfehlen eine Op der Trikuspidalklappe bei: schwerer TI bei gleichzeitiger LV-seitiger Op (Klasse I), bei funktioneller TI (I-III°) bei LV-seitiger Op mit entweder TK-AnulusDilatation oder rechtsseitiger Herzinuffizienz (Klasse IIa) und bei symptomatischer schwerer TI bei Versagen der medikamentösen Therapie (Klasse IIa). Weiter besteht eine relative Op-Indikation bei moderater TI und PAH bei linksseitiger Op (Klasse IIb), bei asymtomatischer oder gering symptomatischer schwerer TI und zunehmender RV-Dilatation u./o. systolischer RV-Dysfunktion (Klasse IIb) und Reoperation nach vorangegangener linksseitiger Op bei persistierender Symptomatik bei schwerer TI ohne schwere PAH oder RV-Dysfunktion (Klasse IIb). Eine Behandlung mittels Op (Cone Rekonstruktion) auch bei älteren Patienten mit M. Ebstein sollte möglichst schon vor Ausbildung einer ausgeprägten Volumenbelastung und RV-Dysfunktion durchgeführt werden. 5. Welche altersabhängigen Limitationen bestimmen die Therapieentscheidungen zur möglichen operativen Intervention? Die meisten Studien und Empfehlungen zum Op-Risiko und die meisten Scores beziehen sich auf aortokoronare Bypass-Op oder linksseitige Klappen-Op. Im höheren Lebensalter besitzen die zunehmend vorhandenen Begleiterkrankungen wie COPD, arteriosklerostische Erkrankungen, Diabetes mellitus, Niereninsuffizienz u.a. eine prognosebestimmende Bedeutung im perioperativen Verlauf. Die perioperativen Risikoscores der verschiedenen internationalen Fachgesellschaften spiegeln in unterschiedlicher Weise die jeweiligen individuellen Risiken wieder. STS- und Euro-Score werden am häufigsten eingesetzt und erlauben auch eine Risikoabschätzung und Orientierung für Trikuspidal-Op. Die Aussage ist aber gerade bei älteren Patienten nur eingeschränkt und berücksichtigt einzelne Befunde nur unzureichend. Verschiedene „Frailty“ Indeces, die die Gebrechlichkeit und Alltags-Mobilität abbilden, geben für verschiedene Op und Proceduren (TAVI) das Verhältnis von Risiko und Nutzen wieder und sind eine sinnvolle Ergänzung zu den gängigen perioperativen Scores. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 6 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Op-Indikationen entsprechend der AHA/ACC-Empfehlungen 2014: © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 7 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Die degenerative Mitralstenose - in frühen Stadien oft übersehen? Welche altersabhängigen Veränderungenind am Mitralannulus nachweisbar? Sind leichtgradige degenerative Mitralstenosen im Alter relevant für weitere Therapieentscheidungen? Wann sind degenerative Mitralklappenveränderung auch ohne funktionelle Beeinträchtigungen operationsbedürftig? Welche prognostische Bedeutung haben Mitralringdegenerationen bei Mitralklappenoperationen? Prof. Dr. med. Dariusch Haghi, Kardiologische Praxisklinik Ludwigshafen Verkalkungen des Mitralrings sind ein häufiger echokardiographischer Befund. In einer Kohortenstudie an 1955 Teilnehmern im Alter > 40 J und ohne vorausgegangenen Myokardinfarkt oder Schlaganfall fand sich eine Mitralringverkalkung (MAC) bei 26.6 % der Teilnehmer. Sie war ein unabhängiger Prädiktor für das Auftreten eines Myokardinfarktes oder eines vaskulär bedingten Todes, nicht jedoch für das Auftreten eines Schlaganfalls. Schwere MAC (definiert als Dicke >4mm) hatte ein besonders hohes Risiko für das Auftreten dieser Komplikationen. In einer CT-Studie an 5895 Probanden > 45J und ohne kardiovaskuläre Begleiterkrankungen fand sich eine MAC bei 9% der Teilnehmer. In einem mittleren Nachbeobachtungszeitraum von 2.3 Jahren kam es bei 5% der Probanden, die zum Zeitpunkt der Eingangsuntersuchung keine MAC aufwiesen, zum Auftreten einer MAC. Hauptrisikofaktor für das Neuauftreten einer MAC war das Alter. Bei 63% der Probanden mit MAC kam es zu einer Progression (im Mittel um 10 Agatson Einheiten pro Jahr), während der Befund bei 37% konstant blieb oder sich sogar zurückbildete (im Mittel um -20 Agatson Einheiten pro Jahr). Verkalkungen des Mitralrings können zum Auftreten einer degenerative (=annulären) Mitralstenose führen. In den Frühstadien ist sie vermutlich durch eine unzureichende Zunahme der diastolischen Mitralringzirkumferenz bedingt. Im späteren Verlauf kommt die gestörte Beweglichkeit der Segel hinzu, die durch Verkalkungen der basisnahen Anteile der Segel entsteht. Allerdings kommen höhergradige Stenosen nur vor, wenn das anteriore Mitralsegel in nennenswertem Umfang betroffen ist. Im Gegensatz zur rheumatischen Mitralstenose, bei der es zu einer Restriktion der Beweglichkeit der Segelspitzen sowie zu einer Fusion der Kommissuren kommt, sind bei der annulären Mitralstenose die Mobilität der Segelspitzen erhalten und die Kommissuren in der Regel frei. Dadurch nimmt die Öffnung der MK bei der annulären Mitralstenose die Form einer Röhre an, während die rheumatische Mitralstenose eher konisch zuläuft (s. Bild). © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 8 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Die Quantifizierung der annulären Mitralstenose ist schwierig. Die PHTMethode, die bei jungen Patienten mit rheumatischer Mitralstenose, relativ zuverlässige Ergebnisse liefert, ist bei der annulären Mitralstenose kaum anzuwenden, da die PHT nicht nur eine Funktion der Klappenöffnung ist, sondern auch von der Compliance des linken Ventrikels und des linken Vorhofes abhängt, was beim typischen älteren Patienten mit annulärer Mitralstenose oft verändert ist. Der mittlere transmitrale Gradient ist ebenfalls ein Parameter, der nicht nur von der Klappenöffnungsfläche abhängt, sondern maßgeblich auch vom transmitralen Fluss. Außerdem gelten die Richtwerte für die Schweregradbestimmung der Mitralstenose (<5mmHg, 5-10mmHg und >10mmHg) für Herzfrequenzen zwischen 60/Min und 80/Min und sind v.a. für die rheumatische Mitralstenose validiert. Auch die Planimetrie der Mitralklappenöffnung, der Goldstandard bei der rheumatischen Mitralstenose, gestaltet sich bei der annulären Mitralstenose wegen der starken Verkalkungen schwierig. Erfolgversprechender sind die Bestimmung der Klappenöffnung mittels Kontinuitätsgleichung und die 3D-TEE geführte Planimetrie des schmalsten Farbjets durch die Klappe. All diese Schwierigkeiten bedingen, dass die annuläre Mitralstenose, zumindest in den Frühstadien, vermutlich oft übersehen wird. Die verkäsende Verkalkung des Mitralrings (auch Liquifizierungsnekrose des Mitralrings genannt) ist eine besondere und seltene Variante, die sich durch einen echoreichen Ring und einen echoärmeren Binnenanteil auszeichnet. Das innere besteht aus einem azellulären, eosinophilen Material mit pastöser Konsistenz. Sie nimmt häufig eine rundliche pseudotumorartige Form an und muss dann differentialdiagnostisch von echten Tumoren oder Thromben abgegrenzt werden. Hauptkomplikation ist eine Embolie des pastösen Inhaltes mit konsekutiven Organinfarkten. Einzelfälle wurden daher prophylaktisch operativ versorgt. Allerdings sind auch spontane Rückbildungen ohne klinische Auffälligkeiten gut dokumentiert, so dass es z.Z. noch offen ist, wie hier am besten vorgegangen werden sollte. Ausgeprägte Verkalkungen des Mitralrings können Kardiochirurgen sowohl im Rahmen von Mitralklappenrekonstruktionen als auch im Rahmen von Klappenersatzoperationen vor erhebliche Probleme stellen. Begriffe wie „feindseliger“ Mitralring verdeutlichen dies besonders plastisch. Komplikationen ergeben sich nicht nur durch Nahtdehiszens und paravalvuläre Lecks, sondern auch durch potentiell tödliche Folgen wie das Auseinanderreißen von Vorhof und Ventrikel, Ventrikelruptur, unstillbare Blutungen und Myokardinfarkt im Versorgungsgebiet der Circumflexarterie. In den letzten Jahren wurden viele operative Techniken entwickelt, um hier die Ergebnisse zu verbessern. Auch bei chirurgischen oder interventionellen Aortenklappeneingriffen spielt die Mitralringverkalkung eine wichtige Rolle, da sie ein unabhängiger Prädiktor für das Auftreten von postoperativen AVBlockierungen und im Rahmen einer TAVI für das Auftreten von Aortenringrupturen ist. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 9 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Die degenerative Aortenstenose und Mitralinsuffizienz Wann kann man den "alten" Patienten nicht mehr operieren? Was muss die Echokardiographie für die Operationsindikationsstellung bei Aortenstenose und Mitralinsuffizienz beim alten Menschen detektieren? Operationsentscheidungen bei isolierter Aortenstenose bzw. isolierter Mitralinsuffizienz. Echokardiographische Analysen bei Vorhofflimmern Prof. Dr. med. Michael Becker, Universitätsklinikum Aachen Die aktuellen Europäischen Leitlinien (Eur Heart J 2012) zur OP-Indikation der AS- und MI-Patienten nennen eine Reihe von echokardiographischen Parametern, die zur Entscheidungsfindung herangezogen werden sollten: die Bestimmung des Schweregrades des Vitiums, die linksventrikuläre (LV) Funktion, die LV Diameter und der systolische pulmonale Druck. Bei alten Patienten müssen zahlreiche Besonderheiten berücksichtigt werden, um eine korrekte Diagnose und eine optimale Therapieentscheidung zu sichern: 1. LVOT: Die Bestimmung (zur Quantifzierung der AS erforderlich) kann gerade bei kleinen Patienten fehlerhaft sein, da hier keine zirkuläre Struktur vorliegt und so eine Unterschätzung um 17% möglich ist. -> Einsatz der 3DEchokardiographie. Abbildung 1: Änderung der Klappenöffnungsfläche bei Bestimmung des LVOT in verschiedenen Ebenen (Tandon et al, JACC Cardiovasc Imag 2013) 2. Klappen-Sklerose: Die Bestimmung der Öffnungsfläche kann massiv erschwert und das Ergebnis deutlich unterschätzt sein. -> Einsatz der transthorakalen oder transoesophagealen 3D-Echokardiographie und kritische Wertung aller Ergebnisse (inkl. Doppler-Daten). 3. LV-Funktion: Bei reduziertem Schlagvolumen werden der Gradient über der Klappe und die Öffnungsfläche unterschätzt. -> Low-Dose-DobutaminEchokardiographie (bis 20μg/kgKG/min), Nachweis einer relevanten AS bei Anstieg der Öffnungsfläche <0.2cm² (weiterhin <1cm²) mit Anstieg des mittleren Gradienten >40mmHg. Weiterhin gilt das Vorliegen einer kontraktilen Reserve als wesentlicher prognostischer Faktor, jedoch sollten nach entsprechender kritischer Wertung aller Befunde auch Patienten ohne kontraktile Reserve in die OP-Diskussion eingeschlossen werden. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 10 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Abbildung 2: Überlebenskurve von Patienten nach Klappen-OP (AVR) oder medikamentöser Therapie mit (CR+) bzw. ohne (CR-) kontraktiler Reserve (Bhattacharyya et al, Circ Cardiovasc Imag 2013). Die Patienten ohne Reserve überleben deutlich besser mit einer Klappen-OP als nur mit medikamentöser Therapie. 4. Vorhofflimmern: Bei wechselndem RR-Intervall kommt es zu erhöhten (nach langem RR-Intervall) oder erniedrigten (nach kurzem RR-Intervall) Gradienten. -> Mittelung der erhobenen Daten über mehrere RR-Intervalle erforderlich. 5. Bradykardie/Tachykardie: Durch die Änderungen der Schlagvolumina ist eine Überschätzung (bei guter LV-Funktion) bzw. eine Unterschätzung (bei schlechter LV-Funktion) der Vitien möglich. -> Kontroll-Untersuchung nach Normalisierung der Herzfrequenz. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die im Alter häufig auftretende Kombination aus AS und MI. Durch die Reduktion des Schlagvolumens bei vorliegender MI ist eine Unterschätzung der AS denkbar, auf der anderen Seite kann durch die AS bedingte Erhöhung der Nachlast die MI überschätzt werden. Hier ist ein umfassender diagnostischer Work-up und eine Berücksichtigung aller Daten erforderlich, um das führende Vitium zu identifizieren. Eine Reduktion der MI nach einer AK-Operation ist eher bei einer funktionellen Genese zu erwarten (Vanden et al, Ann Thorac Surg 2007), kann aber auch durch echokardiographische Parameter vorhergesagt werden: hier wurde eine tenting area <1.4cm² (Abb. 3) und ein atrialer Diameter <5cm beschrieben. Abbildung 3: Definition der „tenting area“ als Fläche unter den MK-Segle zur Zeit des maximalen MK-Schlusses während Mitt-Systole (Matsumura et al, Am J Cardiol 2010). © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 11 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Sitzung 2 Wie integriert der Neurochirurg echokardiographische Befunde in seine Therapieplanungen und Therapieentscheidungen? Was will der Neurochirurg vor der Operation vom Kardiologen wissen? Welche Komplikationen können postoperative auftreten ? Wann ist in diesen Fällen die Echokardiographie notwendig? PD Dr. med. Ulf Nestler, Universitätsklinikum Leipzig Entsprechend der gemeinsamen Leitlinien [1] erlaubt eine präoperative Echokardiographie die Darstellung der ventrikulären Pumpfunktion und von Herzvitien. Sie ist indiziert, wenn sich in den letzten 12 Monaten eine vorbestehende Herzinsuffizienz verschlechtert hat, eine Dyspnoe unklarer Ursache neu aufgetreten ist, oder ein bisher unbekanntes Herzgeräusch vorliegt. Neurochirurgische Eingriffe sollen hierbei mit einem mittleren kardialen Belastungsrisiko bewertet werden. Was will der Neurochirurg vor der Operation vom Kardiologen wissen ? Aus neurochirurgischer Sicht ist bei der Planung von Eingriffen in Bauchlage wichtig, ob der Patient die kardiale Belastung über die Zeit von mehreren Stunden hinweg kompensieren kann. Die überwiegende Zahl der Wirbelsäuleneingriffe wird in Bauchlagerung durchgeführt, wobei insbesondere die Resektion spinaler Tumoren oder Instrumentierungen zur spinalen Stabilisierung mit langen Operationszeiten verbunden sind. Für Operationen in sitzender Lagerung soll ein persistierendes Foramen ovale ausgeschlossen sein, da sonst eine paradoxe Luftembolie durch Übertritt von Luft aus dem rechten Vorhof in den linken droht. Dies kann in der Folge zu cerebralen Ischämien mit nachfolgendem Schlaganfall führen. Sitzende Lagerungen sind notwendig, wenn sehr grosse Raumforderungen in der hinteren Schädelgrube angegangen werden sollen, das Tentorium sehr steil steht, oder möglichst wenig Retraktion auf das umgebende gesunde Gewebe ausgeübt werden soll. Welche Komplikationen können (postoperativ) auftreten ? Aus der Vielzahl möglicher Komplikationen seien stellvertretend die venöse Luftembolie bei sitzender Lagerung genannt, und die intrakardialen Veränderungen durch einliegende ventrikulo-atriale Liquorshunts zur Hydrocephalusbehandlung, da bei ihnen der Echokardiographie eine besondere Rolle zukommt. Eine intraoperative Luftembolie tritt auf, wenn während der Diastole durch den im Sitzen negativen Druck im zentralen Venensystem Luft in den rechten Vorhof gelangt (Abb. 1). Insbesondere die cerebralen Sinusvenen kollabieren nach Eröffnung durch den Chirurgen nicht, da sie in den Duraduplikaturen der Knochenrinnen aufgespannt sind. Aufgrund des grossen Anteils der Gehirndurchblutung am Herzzeitvolumen fliesst durch den Sinus sagittalis superior etwa 1 Liter Blut pro Minute, so dass sehr schnell grosse Mengen an Luft eindringen können. Zunächst verteilen sich kleinere Luftmengen als pulmonale Embolien, die zu Rechtsherzbelastung, Gasaustauschstörungen und Tachykardie führen. Jedoch kann es bei einem grossen Volumen aspirierter Luft zum "Leer"-Schlagen des rechten Herzens kommen, so dass kein Blutfluss mehr den linken Vorhof erreicht, es kommt zum Zusammenbruch des Blutkreislaufs. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 12 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Eine paradoxe Luftembolie bezeichnet in diesen Fällen den Übertritt der Luft vom rechten Vorhof in den linken. Dies kann bei einem persistierenden Foramen ovale direkt geschehen. Zusätzlich kann durch die embolisch verursachte Erhöhung des Drucks im pulmonalen Kreislauf, und damit im rechten Vorhof, ein in der präoperativen Echokardiographie funktionell geschlossenes Foramen wieder zu einem Rechts-Links-Shunt führen. Daneben wurden auch Fälle beobachtet, bei denen es offensichtlich im Bereich apikaler Lungengefässe zum extrakardialen Übertritt von Luft in den systemischen Kreislauf kam [2]. In der Folge drohen Myokardischämien bei Verlegung der Koronargefässe oder cerebrale Schlaganfälle. VA-Shunt Seit etwa Mitte der 90er Jahre ist die Technik des Ventrikulo-Atrialen VAShunts zur Behandlung des Hydrocephalus weitgehend verlassen worden (Abb. 2). Meist wird ein Ventrikulo-Peritonealer VP-Shunt angelegt, oder es kann durch eine endoskopische Fensterung des Bodens des dritten Gehirnventrikels gänzlich auf die intracerebrale Anlage von Fremdmaterial verzichtet werden. Gerade bei Shunt-Systemen, die seit vielen Jahren einliegen, kann es zur Thrombenbildung im rechten Vorhof kommen, zum Teil sogar mit kalzifizierenden Konkrementen. Diese führen entweder zum direkten Verschluss des distalen Liquorkatheters oder durch rezidivierendes Ausschwemmen in die pulmonale Strombahn zu einer chronischen Rechtsherzbelastung. Wann ist in diesen Fällen die Echokardiographie notwendig ? Für eine Operation in sitzender Lagerung ist präoperativ eine Echokardiographie indiziert, um die Situation im Bereich des Foramen ovale abzuklären. Bei persistierendem Foramen ovale müssen alternative Lagerungsformen erwogen werden. Bei jeder sitzenden Lagerung soll intraoperativ ein transoesophageales Echokardiogramm durchgeführt werden, verbunden mit einer präkordialen Doppler-Sonographie, um Luftembolien frühzeitig zu erkennen und kreislaufwirksame Folgen verhindern zu können [4]. Bei Patienten, die mit einem VA-Shunt versorgt sind, muss bei klinischen Zeichen einer Rechtsherzbelastung ein Echokardiogramm durchgeführt werden, um chronische Veränderungen im Sinne von Thromben oder Herzklappenschädigungen ausschliessen zu können. Bei Verdacht auf eine Unterfunktion eines VA-Shunts kann neben der Bildgebung des Kopfes und der Röntgenuntersuchung des Shunt-Verlaufes auch ein Echokardiogramm hilfreich sein. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 13 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Abb. 1 Eine intraoperative Luftembolie tritt auf, wenn während der Diastole, durch den im Sitzen negativen Druck im zentralen Venensystem, Luft in den rechten Vorhof gelangt Abb. 2 Technik des Ventrikulo-Atrialen VA-Shunts zur Behandlung des Hydrocephalus REFERENZEN 1. Präoperative Evaluation erwachsener Patienten vor elektiven, nicht kardiochirurgischen Eingriffen – Gemeinsame Empfehlung der DGAI, DGIM, DGC Anaesth Intensivmed 51: 788-797, 2010 2. Schlundt J, Tzanova I, Werner C A case of intrapulmonary transmission of air while transitioning a patient from a sitting to a supine position after venous air embolism during a craniotomy Can J Anesth 59: 478-482, 2012 3. Scarff JE Treatment of hydrocephalus: an historical and critical review of methods and results J Neurol Neurosurg Psychiat 26(1): 1963 4. Feigl GC, Decker K, Wurms M, Krischek B, Ritz R, Unertl K, Tatagiba M Neurosurgical procedures in the semisitting position: evaluation of the risk of paradoxical venous air embolism in patients with a patent foramen ovale World Neurosurg 81(1): 159-164, 2014 doi: 10.1016/j.wneu.2013.01.003 © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 14 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Das Spektrum der echokardiographischen neurochirurgischen Patienten Befunde bei Die Diagnostik des offenen Foramen ovale; morphologische Varianten desinteratrialen Septums, interatriale Kommunikationsdefekte und Shunts, Herzfunktion unter Chemotherapie bei Tumorpatienten, kardiale Erkrankung und ihre Bedeutung in der Operationsplanung, kardiale Komplikationen nach ZNS-OPs Prof. Dr. med. Klaus Tiemann, Isar Herz Zentrum München Bei neurochirurgischen Eingriffen besteht aufgrund der Positionierung des Patienten ein erhöhtes Risiko embolischer Ereignisse (bes. Luftembolie). Bestehen kardiale shunts, kann es aufgrund der ungünstigen Druckverhältnisse zu einer gekreuzten Embolie kommen, die zu einer relevanten Komplikation führen kann. Echokardiographisch können besondere Risiko-Konstellationen (z.B. PFO mit relevantem R/L-shunt) präoperativ evaluiert werden. Zum screening werden daher häufig präoperativ Untersuchungen zum Ausschluss von shunts angefordert. Häufig werden im Rahmen einer screening-Untersuchung micro-bubbles (z.B. agitierte NaCl) nach Valsalva-Manöver als sog. HITS (High-Intensity-Transien-Signals) im Duplex der hirnversorgenden Gefäße detektiert. Werden HITS nachgewiesen, besteht der V.a. einen kardialen Shunt, der dann meist echokardiographisch weiter evaluiert wird. Da ein PFO mit einer Häufigkeit von 20-25% auch beim Erwachsenen vorliegt, ist die Wahrscheinlichkeit eines kleinen Rest-Shunts auf Vorhofebene hoch. Doch nicht jedes PFO birgt ein hohes Risiko eines gekreuzten Shunts. Mittels TTE und TEE lassen sich das Ausmass eines Shunts und vor allem die ggf. gefährliche Shunt-Umkehr bei geänderten Druckverhältnissen gut untersuchen. Dabei kommt der Morphologie des interatrialen Septums eine besondere Rolle zu. Besondere Risiko-Konstellationen im Vorfeld einer OP zu erkennen ist Aufgabe einer differenzierten echokardiographischen Diagnostik. Abb.:Shunt-Diagnostik (TTE) durch i.v. Injektion von agitierter KochsalzLösung. Neben einem massiven Übertritt von Luftbläschen in LA und LV ist ein sog. Auswasch-Phänomen zu erkennen (ASD). © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 15 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Bei elektiver OP können weitere kardiale Erkrankungen und deren Therapie (z.B. Antikoagulation oder Thrombozyten-Aggregationshemmung) den OPErfolg durch Blutungskomplikationen beeinträchtigen. Im Vorfeld muss daher eine sorgfältige Risikostratifikation durchgeführt werden. Auch hier kommt der Echokardiographie eine besondere Bedeutung zu. Treten post-operativ bei Patienten mit kardialer Vorerkrankung Komplikationen auf, muss auch hier sorgfältig zwischen Nutzen (z.B. PCI/Revaskularisation) und Risiko (zerebrale Blutung bei aggressiver Thrombozytenaggregationshemmung) abgewägt werden. Auch hier spielt das Echo eine entscheidende Rolle. Daher sollte bei diesen Patienten die Möglichkeit, ein qualitativ hochwertiges Echo durchzuführen, gegeben sein. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 16 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Echokardiographisches Monitoring besonderer Problemkonstellationen bei neurochirurgischen Patienten Hämodynamisches Monitoring bei kardialen Komplikationen - perioperative Myokardischämie, postoperative Lungenembolie, Endokarditis bei septischen Hirnembolien, medikamentös induzierte Myokardtoxizität Prof. Dr. med. Andreas Hagendorff, Universitätsklinikum Leipzig Allgemein besteht bei Operationen in Bauchlage oder sitzender Position die Gefahr einer Luftembolie und bei offenen Foramen ovale auch die Gefahr von arteriellen - und damit zerebralen Luftembolien und anderen Embolien. In einer Arbeit von Fathi et al. im British Journal of Anaesthesia von 2009 wurde eine Gesamtrate von Luftembolien bei neurochirurgischen Eingriffen von 39% für die Chirurgie im Bereich der hintere Schädelgrube (meist AkusticusNeurinom) und von 12% für die Halswirbelsäulen-.Chirurgie beschrieben. Da heutzutage mit modernen transösophagealen Ultraschallsonden und -geräten eine Diagnostik des offenen Foramen ovale sowohl morphologisch, als auch farbdoppler-echokardiographisch und Kontrast-echokardiographisch nahezu sicher möglich ist, sollte vor einer derartigen Intervention eine diesbezügliche Diagnostik vorgenommen werden. Bei elektiven neurochirurgischen Eingriffen ist individuell daher auch ein interventioneller Verschluss eines offenen Foramen ovale vor einer Operation zu diskutieren. Bei der Diagnostik von intracraniellen Tumoren werden bisweilen in der Diagnostik auch bisher nicht bekannte kardiale Tumore zufälligerweise detektiert - in der Regel Myxome. In diesen Fällen muss die therapeutische Planung zugunsten des mutmaßlich im Vordergrund stehenden Problems durchgeführt werden was eine enge Zusammenarbeit zwischen Neurochirurgen, Kardiologen und Kardiochirurgen erfordert. Ein anderes Problem im Falle von neurochirurgischen Interventionen ist oft durch die Koinzidenz des neurochirurgischen Problems und einer kardiovaskulären Erkrankung gegeben. Insbesondere im Falle einer interventionell durchgeführten Behandlung einer koronaren Herzerkrankung (durch Ballondilatation oder Stent-Implantation - speziell auch mit Medikamenten freisetzenden Stents) oder bei Vorhofflimmern mit reduzierter linksatrialer und linksventrikulärer Pumpfunktion besteht oft die Konstellation einer Nutzen-Risiko-Abwägung im Hinblick auf die bestehende aggressive Thrombocytenaggregation oder Antikoagulation und der Durchführung der neurochirurgischen Operation. In diesen Situationen besteht bei Absetzen einer Thrombocytenaggregation die Akutgefahr einer Stentthrombose oder bei Absetzen einer oralen Antikoagulation die Gefahr einer Thrombusbildung in den Totwasserzonen des Herzens mit konsekutiver Emboliegefahr. Solche Komplikationen haben dann oft fatale Folgen, da im Falle einer Operation am zentralen Nervensystem in den seltensten Fällen kardiologisch akut interveniert werden kann, da diese Intervention ja eine aggressive Thrombocytenaggregation oder Antikoagulation zur Folge haben müsste. Somit muss dann diese Komplikation in der Regel konservativ behandelt werden. Eine andere komplexe Situation stellt die Komplikation einer Lungenembolie dar. In der Regel embolisieren bei prädisponierten Patienten - z. B. bei Bettlägerigkeit oder bei aktiviertem Gerinnungsstatus infolge von Tumorerkrankungen - Thromben aus den tiefen Beinvenen in die Lungenstrombahn mit entsprechend hämodynamischen Folgen. Auch hier ist © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 17 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 nach neurochirurgischen Eingriffen eine aggressive therapeutische Hemmung der Gerinnung oft kontraindiziert. Septische Hirnembolien bei Endokarditis mit konsekutiver mykotischer Aneurysmabildung und potentieller Einblutung bzw. intrakranieller Blutung stellen weitere komplexe Situationen einer notwendigen intensiven Zusammenarbeit zwischen Kardiologen, Kardiochirurgen, Neurologen und Neurochirurgen dar. Bei malignen Grunderkrankungen mit neurochirurgischer Behandlungsnotwendigkeit (z. B. bei Metastasen-Extirpation) können Problemkonstellationen primär bei reduzierter linksventrikulärer Funktion zu erwarten sein, welche u.a. durch eine kardiotoxische Chemotherapie induziert worden sein kann. Die kardiologische Überwachung einer onkologischen Therapie mit kardiotoxischen Nebenwirkungen ist essentiell zur Abschätzung der möglichen Therapieoptionen. Auch in diesen Fällen muss individuell der Effekt der Therapie auf das funktionsfähige Myokard beurteilt werden. Einem Patienten nach altem Myokardinfarkt sollte nicht aufgrund einer per se schlechten Ventrikelfunktion eine Therapie versagt bleiben, wenn man diese prinzipiell durchführen kann und durch engmaschiges echokardiographisches Monitoring überwachen kann, indem man frühzeitig negative Effekte auf die Kontraktionsfähigkeit des Myokards detektiert. Kardiologie und Neurochirurgie haben in der Diagnostik und bei der Therapie der Patienten einige Schnittmengen. Eine funktionierende Kooperation dieser beiden Fachbereiche ist daher eine conditio sine qua non für ein gutes Patientenmanagement von Patienten mit perativen Behandlungsoptionen am zentralen Nervensystem. Abbildung 1: Triplane transösophageale Darstellung eines offenen Foramen ovale durch BubbleÜbertritt mittels Rechtsherzkontrastechokardiographie (links); Darstellung eines sogenannten Foramen ovale ASD mit kontinuierlichem Links-Rechts-Shunt durch die ursprüngliche PFORegion mittels farbkodierter Echokardiographie. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 18 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Abbildung 2: Darstellung in der nativen triplanen transthorakalen Echokardiographie eines apikalen Thrombus bei Vorderwandinfarkt (links); konsekutive Darstellung in der triplanen transthorakalen Kontrast-Echokardiographie mit Linksherz-Kontrastmittel (rechts) © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 19 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Sitzung 3 Die Pathophysiologie der Aorteninsuffizienz Die echokardiographische Charakterisierung der Hämodynamik bei den verschiedenen Stadien der Aorteninsuffizienz; echokardiographische Quantifizierung des Schweregrades der Aorteninsuffizienz, Festlegung des Operationszeitpunktes bei chronischer Aorteninsuffizienz anhand echokrdiographischer Kriterien; welche Bedeutungen haben moderne Funktionsanalysen für die Operationsentscheidung bei Patienten mit chronischer Aorteninsuffizienz Prof. Dr. med. J.-U. Voigt, University Hospital Leuven, Belgien Um die Mechanismen der Aortenklappeninsuffizienz zu verstehen, muß die Aortenklappe als funktionelle Einheit betrachte werden, die aus drei Strukturen zusammengesetzt ist: 1) dem funktionellen Aortenklappenring 2) den drei Sinus 3) und den Klappentaschen mit Ihren Ansatzpunkten. Eine Aorteninsuffizienz entsteht durch ein Problem an den Klappentaschen, einer Dilatation der Aortenwurzel oder einer Kombination aus beiden. Häufigste Ursache einer Aortenklappeninsuffizienz sind noch immer die rheumatischen Erkrankungen; in Westeuropa und Nordamerika dominieren jedoch eher kongenitale (häufig Bicuspidie) oder degenerative Ursachen, einschließlich der Dilatation der Aortenwurzel. Akute Insuffizienzen entstehen meist durch traumatische Ereignisse oder eine Endokarditis. Entsprechend kann die AI ätiologisch auch als primär (rheumatisch, kongenital, endokarditisch, degenerativ, traumatisch) oder sekundär (Aortenwurzeldilatation, Dissektion) bezeichnet werden. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 20 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Die AI verursacht eine Volumenbelastung des linken Ventrikels; der LV muß nun bei jedem Herzschlag das Schlagvolumen und das Pendelvolumen auswerfen. Im Gegensatz zur Mitralinsuffizienz, bei der dieses zusätzliche Pendelvolumen gegen die relativ niedrige Impedanz des LA ausgeworfen werden muß, wird es bei der Aorteninsuffizienz mit Systemdruck ausgeworfen. Die AI verursacht somit neben der Erhöhten Vorlast auch eine erhöhte Nachlast. Die erfolgreiche Behandlung einer AI für somit häufiger zu einer verbesserten LV Funktion, auch wenn diese präoperativ bereits vermindert war. Patienten mit AI bleiben häufig lange symptomlos, selbst wenn echokardiographisch deutliche morphologische und funktionelle Veränderungen zu sehen sind. Zunehmende Atemnot bei immer geringeren Belastungen ist die typische Beschwerde. Tachykardien, Arrhythmien und Angina pectoris können vorhanden sein. Neben dem Auskultationsbefund fällt bei AI-Patienten die hohe systolisch-diastolische Blutdruckdifferenz auf. Die diagnostische Beurteilung der AI im klinischen Alltag stützt sich vorwiegend auf die Echokardiographie. Ziel ist die Beurteilung des Schweregrades der Insuffizienz, die Beschreibung der Morphologie des Klappenapparates und die Untersuchung des Insuffizienzmechanismus. Weiterhin ist die Beschreibung von Morphologie und Funktion des LV wesentlich für die folgenden Therapieentscheidungen. Eine schwere AI kann angenommen werden wenn die Vena contracta weiter als 6mm ist, die PHT unter 200 liegt und in der Aorta descendens ein holodiastolischer Rückfluß mit einer Endgeschwindigkeit von 20cm/s vorliegt. Die PISA Methode erlaubt in einzelnen Fällen die Quantifizierung der effektiven Regurgitationsfläche und des Regurgitationsvolumens. Bei werten über 30mm² bzw. 60ml ist ebenfalls von einer schweren AI auszugehen. Wichtig ist in allen Fällen die Integration von echokardiographischen Meßwerten und den klinischen Befunden, da alle beschrieben Meßmethoden erhebliche Fehler haben können. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 21 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Die Entscheidung zur Operation wird nach den neuesten Leitlinien der Fachgesellschaften gestellt und hängt ab von der Symptomatik, dem Schweregrad der AI, der Größe und Funktion des LV sowie eventuellen Begleitbefunden (z.B. op-pflichtige KHK). Standardmethode der Wahl ist der biologische oder mechanische Klappenersatz. Klappenerhaltende Rekonstruktionen der Aortenwurzel sind eine gute Alternative zum Klappenersatz wenn die Klappentaschen selbst unversehrt sind. Rekonstruktionen der Taschen sind möglich, bleiben aber noch immer hochspezialisierten Zentren vorbehalten. TAVI ist eine Alternative von zunehmender Bedeutung. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 22 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Sitzung 4 Linksund rechtsventrikuläre Wanddicken-Analyse: Ist die Progression bzw. Regression einer linksventrikulären Hypertrophie zuverlässig echokardiographisch zu ermitteln? LV-Masse: Echokardiographische Messmethoden - M-Mode, 2D-, 3D- im Vergleich zu MRT. Wie genau ist die Echokardiographie? Wie genau und mit welcher Bildqualität muss man zur Myokardmassenbestimmung dokumentieren? PD Dr. med. Ole Breithardt, Herzzentrum Leipzig GmbH © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 23 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Linksventrikuläre Funktionsanalyse: Welche Verfahren eignen sich zur Beurteilung der Myokardschädigung nach medikamentöser und interventioneller Therapie? Die biplane EF-Bestimmung als echokardiographischer Goldstandard ? Oder gibt es aktuell bessere Analyseverfahren? Konventionelle Methoden der linksventrikulären Funktionsanalyse im Vergleich zu modernen Analyseverfahren. Praktikabilität und Zeitaufwand bei modernen Funktionsanalysen. Lösen Strain und regionale Volumen-Veränderungen die konventionellen echokardiographischen Parameter ab? PD Dr. med. Fabian Knebel, Charite Universitätsmedizin Berlin Campus Mitte Die häufigste Frage an die Echolabore ist die Bestimmung der linksventrikulären Funktion. Oft wird dabei die Information aus dem Echolabor „Normale LVEF“ mit „Normaler Herzfunktion“ gleichgesetzt. Aus diesem Grunde sollte die systolische Funktion durch LVEF, Hämodynamik und Deformations-Imaging beurteilt werden: Welche Methode der Bestimmung der LVEF sollte angewandt werden? Der erfahrene Untersucher kann sich auf das „eye balling“ verlassen; für den weniger erfahrenen Untersucher sollte die LVEF mindestens biplan, besser triplan bestimmt werden. Bei ausreichend guter Schallbarkeit und Erfassung des gesamten linken Ventrikels kann die LVEF auch aus dem 3D Datensatz ermittelt werden. Bestimmung der LVEF aus einem Volumen-Datensatz Limitationen der „LVEF“ sind: Vor allem Reflektiert v.a. die radiale Ventrikelkontraktion, weniger die longitudinale. Oft ist initial die longitudinale Funktion bei Myokardschädigungen beeinträchtigt. In diesem Falle sind Veränderungen früher durch die longitudinale Deformations-Bildgebung zu erfassen. Bei Patienten mit Mitralklappeninsuffizienz kann es trotz normaler LVEF und Myokard-Kontraktilität zu einer reduzierten systolischen Funktion kommen. In diesen Szenarien muss zusätzlich zur LVEF auch das Herzminutenvolumen mittels Echokardiografie bestimmt werden. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 24 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Bei hypertrophen und restriktiven Kardiomyopathien sind die Ventrikelvolumina oft sehr klein. Hier kann es – insbesondere unter Belastung - trotz normaler LVEF zu einer „low output“-Situation kommen. Auch in diesen Szenarien muss die LVEF-Bestimmung durch eine HZV-Bestimmung und Deformations-Bildgebung ergänzt werden. Das Herzminutenvolumen kann mittels Echokardiografie schnell und unkompliziert beurteilt werden. Die ermittelten Werte korrelieren recht gut mit den invasiv gemessenen Werten. Oft stellt die korrekte Messung des LVOT eine Herausforderung dar. Diese sollte in der parasternalen langen Achse (Zoom!) erfolgen und bei einem LVOT Diameter von < 20 mm sollte die Messung kritisch überprüft werden. In der Intensivmedizin kann die LVOT Messung auch aus der TEE erfolgen. Das PW-Doppler-Sample aus dem LVOT sollte mit dem minimalsten Winkelfehler aus den apikalen Schnitten erfolgen. Bestimmung des Velocity Time Integrals im LVOT zur Beurteilung des Herzminuten-Volumens Der Messbereich muss optimiert sein. Die Messwerte sollten immer auf die Körper-Oberfläche des Patienten bezogen werden. Limitationen der HZVMessung: Bei Patienten mit Arrhythmien sollten mehrere Herzzyklen gemessen und gemittelt werden. In den meisten Echo-Laboren kann heute das Deformations-Imaging (longitudinal, radial, zirkumferentiell) durchgeführt werden. Aus meiner Sicht hat dies den Vorteil, dass schnell und Untersucher-unabhängig eine Aussage über die linksventrikuläre Funktion getroffen werden kann. Hierbei können regionale Störungen (Ischämien, Narben) erkannt werden sowie bestimmte Kardiomyopathien mittels „Mustererkennung“ anhand der typischen Änderungen des Bull’s Eyes erkannt werden (z.B. kardiale Amyloidose). Typisches Muster der longitudinalen linksventrikulären Funktions-Störung bei kardialer kardialer Amyloidose: „apical sparing“ © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 25 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Darstellung der ausgedehnten longitudinalen Kontraktions-Störung bei RCX-NSTEMI mittels 2D Strain Imaging Wie kann nach interventioneller / medikamentöser Therapie die systolische Ventrikelfunktion beurteilt werden? Am Beispiel von akut kardial dekompensierten Patienten in der Intensivmedizin möchte ich darstellen, wie rasch sich die longitudinale linksventrikuläre Funktion bessern kann – früher als die LVEF. Auch im Langzeit-Verlauf nach interventionellem Aortenklappen-Ersatz kommt es zu einer Verbesserung der longitudinalen LV-Funktion, als Ausdruck der Nachlastreduktion, ohne dass es zu einer Zunahme der LVEF kommt. Zunahme der longitudinalen linksventrikulären Funktion nach TAVI bei (A) normal Flow AS, (b) pardoxical low flow low gadient AS, (C) low flow AS. Spethmann S, Knebel F. Eur Heart J Cardiovasc Img 2013 Zusammengefasst, sollte die Beurteilung der systolischen Funktion des linken Ventrikels immer auf einer Integration der LVEF, der Messung der Hämodynamik (HZV) und der Deformation (v.a. longitudinale Deformation) beruhen. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 26 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Die Analyse der Herzkammern und der thorakalen Aorta im Verlauf: Wie sind die kardiale Dimensionen der Herzhöhlen echokardiographisch valide zu erfassen? Wie können Größenveränderungen der Herzhöhlen echokardiographisch sicher detektiert werden und objektiv dokumentiert werden? Wie untersucht man die LV-Dimensionen bei Kontrolluntersuchungen von chronischen Klappenfehlern? Wie analysiert man die thorakale Aorta in der Echokardiographie? Wie häufig sind Kontrolluntersuchung der Herzdimensionen und der Aorta ascendens sowie des Aortenbogensdurchzuführen? Welche echokardiographischen Kriterien führen zu Operationsentscheidungen? Prof. Dr. med. Helmut Kücherer, Klinik Eichstätt Die Echokardiographie hat sich in den vergangenen Jahren zum festen Bestandteil der modernen kardiologischen Diagnostik entwickelt. Die rasche Verfügbarkeit der echokardiographischen Bildgebung trägt zu einem zielgerichteten Arbeitsablauf in der Diagnostik und Therapie von Patienten mit myokardialen, Herzklappen- und Aortenerkrankungen bei. LV-Funktion: Zusammen mit der klinischen Präsentation der Patienten ist der Echokardiographiebefund wichtig um die Indikation zur invasiven Untersuchung bzw. zur operativen Versorgung zu klären. Die Verlaufsbeobachtung von Herzklappenfehlern beinhaltet vor allem die rechtzeitige Erfassung einer progredienten linksventrikulären Dysfunktion und Ventrikelvergrösserung. Die Funktionsbeurteilung des linken Ventrikels durch die Betrachtung der Ventrikelgeometrie und Auswurftätigkeit scheint eine banale Angelegenheit in der täglichen Routine zu sein, zwingt aber den Untersucher bei Vorliegen von Klappenerkrankungen zu einer sehr viel differenzierteren Betrachtungsweise. In der Akutdiagnostik genügt die visuelle Abschätzung der Auswurffraktion (EF) zur Evaluierung der globalen systolischen Funktion durch den erfahrenen Untersucher und wird entsprechend den aktuellen Empfehlungen der American Society of Echocardiography (ASE) und der European Association of Echocardiography (EAE) als hyperkinetisch, normal (≥55%), leichtgradig (45-54%), mittelgradig (30-44%) oder hochgradig reduziert (<30%) angegeben (Lang R et al, J Am Soc Echo 2005). In handelsüblichen Echokardiographiegeräten ist standardmässig die Analyse der linksventrikulären Volumina und der EF anhand der Scheibchensummationsmethode implementiert, online mittels Planimetrie bestimmbar und gefordertes Standardverfahren (Lang R et al, J Am Soc Echo 2005). Die quantitative Bestimmung der EF über eine M-ModeRegistrierung nach der von Teichholz et al. beschriebenen Methode ist obsolet, da die Ventrikelgeometrie nicht sphärische ist sondern einem Rotationsellipsoid entspricht. Als klassischer Verlaufsparameter bei chronischen Mitralund Aorteninsuffizienzen gelten endsystolische und diastolische Diameter (Vahanian Eur Heart J 2007). Bei isolierter Betrachtung eines solchen eindimensionalen Parameters kann aber eine sich verschlechternde LV Funktion übersehen werden. Der direkte (side by side) Vergleich der dokumentierten zweidimensionalen Bildsequenzen zur visuellen Beurteilung der LV Funktion und Erfassung einer Funktionsverschlechterung ist eine ratsame und praktikable Lösung. Die sorgfältige Quantifizierung der EF nach Standardkriterien minimiert untersucherabhängige Fehlermöglichkeiten in der seriellen Beurteilung der LV Funktion. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 27 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Die Beurteilung der LV Funktion anhand der Ejektionsfraktion alleine ist jedoch ebenfalls problematisch. Ein Pitfall in der Befundinterpretation ist die Annahme einer erhaltenen linksventrikulären Funktion bei numerisch normaler Auswurfleistung (EF) im Zusammenhang mit hochgradigen Klappeninsuffizienzen. Neue Untersuchungen mittels Deformationsbildgebung (strain und strain rate imaging) tragen dazu bei eine Abnahme der Myokardkontraktilität trotz noch normaler Auswurfleistung zu erkennen. Derzeit werden EF, ESD und EDD herangezogen um Patienten mit chronischer Volumenbelastung seriell zu untersuchen und eine Progression des Vitiums bzw. eine Verschlechterung der LV Funktion zu erfassen. Als klassisches Kriterium der Indikation zur Klappenersatzoperation bzw. Klappenrekonstruktion bei hochgradiger Mitralinsuffizienz gilt das Überschreiten eines endsystolischen Diameters von ≥45mm und eine EF < 60%. Bei Aorteninsuffizienzen wird die Bestimmung des end-diastolischen und end-systolischen linksventrikulären Durchmessers im Verlauf wird als Kriterium für die Beurteilung der Operationsindikation herangezogen. Empfohlene Grenzwerte für eine Operationsindikation bei asymptomatischen Patienten sind ein LVEDD ≥70 mm, EF < 50% und eine LVESD ≥50 mm (Vahanian Eur Heart J 2007). LV Dimensionen variieren um ca. 4-10% (S. Gottdiener JACC 1995). Bei der Bewertung der linksventrikulären Pumpfunktion im Verlauf muss die Variabilität der Messgrössen berücksichtigt werden. Wichtige Komponenten sind biologische Variabilität, untersucherabhängige Variabilität im Prozess der Bildakquisition und die Variabilität bei der planimetrischen Vermessung. All diese Faktoren tragen zu einer Grundschwankung der Messwerte bei. Änderungen der EF müssen folglich im Bereich von >10% liegen um als valide gelten zu können (s. Abb unten, aus Kuecherer et al, JASE 1991, Thavendiranathan P & T.Marwick JACC 2013) und dies unter „Studienbedingungen“ d.h. besonders sorgfältiger Bildgewinnung und Planimetrie und Mittelung von 3-5 Herzzyklen. Im Vergleich zu Ventrikelvolumina und Schlagvolumen ist die EF noch der robusteste Parameter. Ein robusteres Verfahren mit geringer Variabilität stellt die 3D Echokardiographie in der Hand spezialisierter Labors dar– hier können Veränderungen im Rahmen von ca. 5% zuverlässig erkannt werden (Thavendiranathan P & T.Marwick JACC 2013). Aortenaneurysma: Die Echokardiographie stellt das zentrale Screeningverfahren dar um Aneurysmata der Aorta primär zu erfassen. Normwerte sind geschlechts- und altersabhängig. Typische Messlokalisationen sind Aortenannulus, Sinus Valsalvae, sinutubulärer Übergang, mittlere Ao. Aszendens, Beginn und Ende des Aortenbogens. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 28 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Speziellere Bildgebung mittels CT und MRT sind insbesondere dann notwendig, wenn Aortendurchmesser oberhalb der Normwerte liegen bzw. im Bereich operationswürdiger Befunde. Grössenzunahmen von > 5mm pro Jahr, Dimensionen > 55mm und klinische Symptome sprechen für eine operative Versorgung. Bei zugrunde liegendem Marfansyndrom oder bikuspider Aortenklappe wird die Operationsindikation bereits bei Werten ab > 44-50mm gesehen (Elefteriades et al AJ, JACC 2010, Hiratzka LF et al, Circulation 2010). Bei Aortendiametern über 44mm wird eine halbjährliche Kontrolluntersuchung empfohlen um Grössenzunahmen zu erfassen. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 29 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Die Analyse der Herzklappenfunktion: Wonach richtet sich das Intervall bei Kontrollen von chronischen Herzklappenfehlern? Wann sind Stressuntersuchungen bei Herzklappenfehlern anzuwenden? Welche Rolle spielen die Aortendimensionen bei der Operationsentscheidung einer valvulären Aortenstenose? Welche echokardiographischen Befunde sind für die Operationsplanung bei Aortenstenose wichtig? Welche hämodynamischen Parameter, wie z.B. Blutdruck, Volumenstatus und Herzfrequenz, beeinflussen die Schweregrade von Aortenstenose und Mitralinsuffizienz? Verlaufsbeurteilung von Klappenmorphologie und Klappenfunktion bei Endokarditis PD Dr. med. R.-S. von Bardeleben, Johannes Gutenberg-Universität Mainz - Klinikum © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 30 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Sitzung 5 Mechanische Prothesen normale Befunde und Regurgitationen: pathologische und Prothesen-spezifische Regurgitationen: klassische Charakteristika von Kunstklappen (alte und neue Prothesen) in der Echokardiographie; die Bedeutung der Gradienten bei Kunstprothesen; der Einfluss der Hämodynamik auf Gradienten und Regurgitationen von Kunstprothesen; die Beurteilung der Scheibenmobilität in der Echokardiographie. Normalbefunde und Thrombosierungen; Prothesemorphologie und -funktion bei Endokarditis PD Dr. med Wolfgang Fehske, St. Vinzenz-Hospital, Köln © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 31 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Bioprothesen: pathologische und normale Befunde Wann sind Regurgitationen bei Bioprothesen pathologisch? Welche Veränderungen treten bei Bioprothesendegenerationen auf und wie können sie echokardiographisch sicher detektiert werden? Das Patienten-Prothesen-Mismatch bei Bioprothesen, ein morphologisches oder ein funktionelles Problem? Prof. Dr. med. Dietrich Pfeiffer, Universitätsklinikum Leipzig Bioprothesen weisen je nach implantiertem Modell (gerüsttragend oder gerüstfrei) immer eine modell-, größen- und operationsabhängige Stenosekomponente, jedoch keine konstruktionsbedingten Regurgitationen auf, sie besitzen eine geringere Neigung zur späten Prothesenendokarditis im Vgl. zu mechanischen Prothesen, neigen im chronischen Verlauf nach Endothelialisierung (ohne zusätzliche thrombophile Ursachen, z.B. Tumoren) kaum zur Thrombosierung und bedürfen daher keiner Langzeitantikoagulation. Sie können jedoch v.a. bei jüngeren Implantatträgern degenerieren und +/verkalken. Infolge Frakturierung von Kollagenfasern, Perforationen bis zur Ruptur eines Segels oder gar partieller Embolisation kann die Prothese weitgehend morphologisch und funktionell zerstört werden. Häufigster Befund an einer Bioprothese ist eine akut auftretende oder chronisch zunehmende transvalvuläre Insuffizienz der Prothese, die mittels Farbund CW-Dopplerechokardiographie leicht erkennbar ist. Die Quantifizierung der Insuffizienz erfordert jedoch stets den Vergleich mit Vorbefunden und sehr viel Erfahrung. Auch paravalvuläre Insuffizienzen durch Nahtausriß oder infolge Endokarditis sind bekannt. Bioprothesen können durch überschießende Vernarbung (pannus), Verdickung und Versteifung der Segel stenosieren mit allen bekannten Doppler-Befunden der Stenose der betroffenen Klappe. Bioprothesen führen zu einer konstruktionsbedingten Flußbeschleunigung infolge einer Einengung der Fläche für den Fluß durch das Implantat. Ein Patienten-Prothesen-Mismatch ist charakterisiert durch eine morphologisch gut funktionierende Klappenprothese, die jedoch eine inadäquate hämodynamische Performance aufweist. Dabei handelt es sich in der Regel um ein funktionelles Problem, als dessen Ursache ein für das jeweilige Modell zu hoher transvalvulärer Gradient identifiziert werden kann. Ein Mismatch ist regelhaft unmittelbar nach der Implantation der Klappe präsent und persistiert bis zum Auftreten degenerativen Veränderungen nicht. Dieser Befund muß von degenerativen Veränderungen an der Prothese abgegrenzt werden, die initial nicht nachweisbar sind und im Verlauf zunehmen. Daraus folgend ist eine standardisierte echokardiographische und dopplerechokardiographische, transthorakale und transoesophageale Dokumentation der Prothesenfunktion frühzeitig nach der Implantation und im Verlauf unerlässlich, um neu auftretende Insuffizienzen (trans- oder paravalvulär) und zunehmende Druckgradienten zu erfassen und ein vorbestehendes PatientenProthesen-Mismatch zu dokumentieren und zu quantifizieren. Grundsätzlich gelten die Regeln der Quantifizierung von Stenosen und Insuffizienzen mit den bekannten Einschränkungen ebenso bei Bioprothesen. Von der Präzision und Erfahrung des Untersuchers hängen alle therapeutische Entscheidungen (Reoperation/konservatives Procedere) ganz entscheidend ab. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 32 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Die echokardiographische Beurteilung des Interventionserfolges nach TAVI Welche Systematik ist in der echokardiographischen Dokumentation und Beurteilung von Patienten nach TAVI erforderlich? Wie beurteilt man paravalvuläre Leckagen nach TAVI? Werden Leckagen nach TAVI in ihrer hämodynamischen Relevanz unterschätzt? Welchen Einfluss hat eine plötzliche Insuffizienz auf ein kleines Herz mit akut behandelter Aortenstenose? Dr. med. Roland Brandt, Kerckhoff-Klinik Bad Nauheim Neben einer konventionellen Operation an der Herz-Lungen-Maschine steht für Patienten mit schwerer Aortenklappenstenose (AS) heute die TranskatheterAortenklappen-Implantation (TAVI) auf transfemoralem oder transapikalen Weg als neue Therapieoption zur Verfügung. TAVI wird primär bei inoperablen Patienten und solchen mit erhöhtem Operationsrisiko durchgeführt. Der Echokardiographie kommt bei der Auswahl geeigneter Patienten und der Überwachung des Eingriffs eine zentrale Bedeutung zu. Darüber hinaus ist die Echokardiographie das primäre bildgebende Verfahren zur Nachuntersuchung. Generell folgt die Untersuchung dem Protokoll für chirurgisch implantierte Aortenklappen mit Bestimmung der effektiven Öffnungsfläche (EOA) und der genauen Quantifizierung einer eventuell vorhandenen Aortenklappeninsuffizienz (AI). Bei der Berechnung der EOA mittels Kontinuitätsgleichung ist zu beachten, dass die für die Bestimmung der proximalen Messwerte die Messzelle beim gepulsten Doppler außerhalb des Stents platziert werden muss, da innerhalb des Stents bereits eine Flussbeschleunigung stattfindet. Bei einer fälschlichen Messung innerhalb des Stents werden zu hohe Dopplerwerte ermittelt, was zu einer falsch hohen EOA führt. Bei der Beurteilung einer eventuellen Aorteninsuffizienz mittels Farbdopplerechokardiographie kann vor allem in der parasternalen Kurzachse zwischen valvulärer und paravalvulärer AI unterschieden werden. Eine valvuläre (zentrale) AI kann zum Beispiel bei einer überdimensionierten Prothese durch suboptimale Stententfaltung resultieren mit möglicher Faltenbildung der Segel und negativen Auswirkungen auf die Haltbarkeit der Prothese. In diesem Fall sind bei einem zentralen Jet die konventionellen Kriterien, wie Farbdopplerjetdimensionen, Vena contracta und Druckhalbwertszeit zur Quantifizierung hilfreich. Postprozedural treten paravalvuläre Lecks häufig an mehreren Stellen mit multiplen, exzentrischen und divergierenden Jets mit unterschiedlicher Form und Breite auf. Exzentrische Jets sind häufig gegen die Wand des LV Ausflusstraktes gerichtet (‚entrainment‘) und breiten sich fächerförmig aus. Diese Besonderheiten erschweren eine korrekte Beurteilung einer paravalvulären AI. Für eine semiquantitative Beurteilung kann man zusätzlich der Anteil der paravalvulären Jets an der Zirkumferenz des Nahtrings berechnen: <10 % des Rings spricht für eine leichte, 10 – 20 % für eine mittelgradige und >20 % für eine schwere Insuffizienz. Diese Methode geht von einer Kontinuität des paravalvulären Jets aus, wobei viele kleine und voneinander getrennte Jets zu einer Überschätzung des Schweregrads führen können. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 33 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Außerdem wird bei dieser Methode die radiale Breite des/der Jets nicht berücksichtigt. Zusätzlich sollten daher eine quantitative Methoden wie der Vergleich des gesamten Schlagvolumens durch die Aortenklappe mit dem Schlagvolumen einer kompetenten Klappe (z.B. Mitral- oder Pulmonalklappe) herangezogen werden. Zu den unterstützenden Zeichen einer signifikanten postinterventionellen AI gehören eine kippende (‚rocking‘) Prothese, eine kurze Druckhalbwertszeit im kontinuierlichen (cw) Doppler sowie eine holodiastolische Flussumkehr im gepulsten (pw) Doppler in der Aorta descendens. Eine signifikante postprozedurale AI wird in der Regel vom LV schlecht toleriert, da sich dieser an die plötzliche Volumenbelastung nicht adaptieren kann. Korrespondierende Beispiele für diese akut auftretende AI sind eine bakterielle Endokarditis bei vorbestehender Aortenstenose oder Aortendissektion bei Patienten mit hypertensiver Herzkrankheit. Dies führt zu einer Zunahme des enddiastolischen sowie linksatrialen und pulmonalvenösen Drucks mit der Gefahr eines Lungenödems. Dies ist besonders ein Problem bei einem kleinen und durch Druckbelastung hypertrophierten LV mit reduzierter passiver Dehnbarkeit (noncompliant LV) und verminderter Vorlastreserve, so dass der LV auf einem noch höheren Punkt der Druck-Volumenkurve arbeiten muss. Im Extremfall kommt es zu einer Equilibrierung des enddiastolischen Drucks im LV und der Aorta mit verminderter diastolischer Koronarperfusion und einer daraus resultierenden Myokardischämie in Ruhe. Eine begleitende Tachykardie führt in dieser Situation noch zu einem höheren myokardialen Sauerstoffbedarf. Es ist daher nicht erstaunlich, dass eine postprozedurale AI vom Schweregrad ≥2 (d.h. mittelgradige oder schwere AI) ein bedeutender Mortalitätsprädiktor ist, der häufiger bei selbstexpandierenden als bei ballonexpandierenden Klappen auftritt. Patienten mit vorbestehender AI vertragen eine postprozedurale AI leichter, möglicherweise weil der LV bereits besser an eine Volumenbelastung adaptiert ist. Alternativ kann es sich bei der postprozeduralen AI nur um einen Surrogatparameter für eine stärkere Klappenverkalkung oder kränkere Patienten handeln. Zusammenfassend nimmt die Echokardiographie eine bedeutende Rolle in der postprozeduralen Betreuung der TAVI Patienten ein. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 34 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Die echokardiographische Beurteilung des Interventionserfolges nach Mitralklappeninterventionen (MitraClip; Carillon) Welche Systematik ist in der echokardiographischen Dokumentation und Beurteilung von Patienten nach MitraClip und Carillon erforderlich? Wie dokumentiert man das Interventionsergebnis direkt nach Mitralklappeninteventionen am besten? Welchen Einfluss haben hämodynamische Effekte auf die echokardiographische Analyse der Regurgitationsvolumina? PD Dr. med. R.-S. von Bardeleben, Johannes Gutenberg-Universität Mainz - Klinikum © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 35 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Sitzung 6 Pro und Contra Braucht man in der heutigen Echokardiographie noch ein M-Mode? Prof. Dr. med. Frank Flachskampf, Uppsala University, Schweden Prof. Dr. med. Andreas Hagendorff, Universitätsklinikum Leipzig Pro: Das M-Mode ist nach wie vor unverzichtbar. Rebuttal – Pro: Das M-Mode muss aus diversen echokardiographischen Diagnostik erhalten bleiben. Gründen in der Prof. Dr. med. Andreas Hagendorff, Universitätsklinikum Leipzig Viele Kardiologen denken heutzutage, dass das M-Mode eine veraltete, und damit nicht mehr zeitgemäße Methode der Echokardiographie ist. Auch in der Überarbeitung der neuen Leitlinien zur Beurteilung der Herzhöhlen wird das MMode als eventuelles "Kann" angeführt, jedoch nicht als ein zwingendes "Muss". Dabei wird die hohe zeitliche Auflösung des M-Modes eigentlich übersehen. Schon in der Einleitung zu Harvey Feigenbaums Review von 2010 im Journal of the American Society of Echocardiography wird festegestellt, dass die M-Mode-Bewegungen kardialer Strukturen den volumetrischen Blutfluss reflektieren,, dagegen die Doppler Spektren des Blutflusses eben Blutflussgeschwindigkeiten zeigen. Somit ergänzen sich diese beiden Methoden, weil sie unterschiedliche Aspekte beleuchten. Die Vorteile des M-Modes sind vielfältig und sollen im folgenden Ausschnittsweise kurz beschrieben werden. Zudem muss zwischen den Modalitäten eines konventionellen M-Modes sowie eines anatomischen M-Modes unterschieden werden. 1. Das M-Mode zeigt objektiv und klar verständlich die Bewegung einzelner kardialer Strukturen in zeitlicher Relation zum Herzzyklus. So können zum Beispiel in der konventionellen parasternalen Ableitung posteriore Kinetikstörungen einfach belegt werden. Eine Hypokinesie (normalerweise zeigt die posteriore Kontraktionsamplitude einen größeren Ausschlag als die septale Kontraktionsamplitude), eine Akinesie, eine Dyskinesie und auch eine radiale postsystolische Kontraktion können in zeitlicher Relation zum Aortenklappenschluss eindeutig dokumentiert werden. Diese Selbstverständlichkeit, regionale Kinetikstörungen zu dokumentieren, ist in einem zweidimensionalen Cineloop nicht in gleicher Weise möglich. 2. Durch Postprocessing innerhalb von digital gespeicherten Cineloops mit hoher zeitlicher Auflösung können heutzutage auch anatomischen M-Modes in jeder beliebiugen Region des Herzens durchgeführt werden, sodass schnell eine einfacje radiale Wandbewegungsanalyse in allen Bereichen des linken ventrikels möglich ist. Dies ist insbesondere für Wandbewegungsanalysen in der Hinterwand und Lateralwand nützlich. 3. Durch ein M-Mode im farbkodierten Gewebe-Doppler können Unterscheidungen der Septumbeweglichkeiten zwischen aktiver Kontraktion und passiver Torquierung leichter dargestellt werden. Bei Analysen einer asynchronen Wandbewegung zwischen Septum und posterolateraler Wand sind die farbkodierten Gewebe-Doppler-M-Mode-Darstellungen ebenfalls nützlich. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 36 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 4. Die farbkodierte M-Mode-Darstellung von Regurgitationsphänomenen, z.B. von Mitralklappeninsuffizienzen bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz oder bei AV-Blockierungen, können diastolische Anteile von Regurgitationen eindeutig detektiert und zugeordnet werden. 5. Anhand von typischen Klappenbewegungsmustern können spezifische kardiale Pathologien erkannt werden. Als Beispiel sei hier nur auf den dritten "Öffnungs-Buckel" der Bewegung des vorderen Mitralsegels nach der A-Welle bei erhöhten linksventrikulären Füllungsdrücken hingewiesen. 6. Der M-Mode-Sweep ist neben der charakteristischen Dokumentation eines Herzens, die vergleichbar einem individuellen Steckbrief des Herzens ist, ein unverzichtbares Trainings-Tool für die Erlernung des "technical skills" für die Handhabung des Transducers in der transthorakalen Echokardiographie. Eine standardisierte Ableitung eines M-Mode-Sweeps durch Kippen des Transducers im Kurzachsenschnitt durch das gesamte Herz mit anschließender horizontaler Position der ventralen Begrenzung der Anteroseptalregion in Höhe der Papillarmuskel sowie der ventralen Begrenzung der Aorta ascendens in der Dokumentation belegt nicht nur den korrekten parasternalen Auflagepunkt des Transducers auf dem Thorax des Patienten, sondern ermöglicht auch reproduzierbare und standardisierbare Messungen des linken Ventrikeldurchmesser und der linken Ventrikelwände. Somit ist ein korrekter M-Mode-Sweep quasi als "echokardiographischer Führerschein" anzusehen. Wer einen M-Mode-Sweep korrekt ableiten kann, weiß, wohin er seine Transducer-Ebene hinbewegt. Und dies ist essentiel in der transthorakalen Echokardiographie, denn nur eine gezielte Handhabung des Transducers ermöglicht die genaue Einstellung von Zielstrukturen in der Mitte des Schallsektors. Somit ist nur aufgrund dieser wenigen Argumente die M-ModeEchokardiographie auch heute nicht aus der standardisierten Dokumentation der Echokardiographie weg zu diskutieren. Abbildung 1: Anatomisches M-Mode im farbkodierten Gewebe-Doppler zur Dokumentation der Asynchronie der Ventrikelbewegung zwischen inferoseptal und lateral. Zusätzlich darstellung des sogenannten "septal flashs" (links). Darstellung einer inferioren postsystolischen Kontraktion im anatomischen M-Mode aus einem konventionellen 2-Kammerblick. Zusätzlich ist die Hypokontraktilität der inferioren Region zur anterioren Region nachweisbar (rechts). © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 37 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Abbildung 2: Darstellung des dritten "Öffnungs-Buckels" der Bewegung des vorderen Mitralsegels nach der A-Welle bei erhöhten linksventrikulären Füllungsdrücken (links). Darstellung eines korrekt abgeleiteten M-Mode-Sweeps (rechts). © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 38 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Sitzung 7 Schallbarkeit und Messgenauigkeit: Wie viele Patienten sind wirklich nicht schallbar? Wie genau lässt sich mit der Echokardiographie messen/abschätzen? Die Schallbarkeit: Liegt es am Patienten oder liegt es am Untersucher? Bei eingeschränkter Schallbarkeit: Welche klinischen Fragen kann man mit der Echokardiographie im akuten Fall lösen? Die Messgenauigkeit: Wie gut kann man messen und was muss man für gute Messungen tun? Welche Parameter sind "gut" bzw. leicht und robust zu messen ? Bei welchen Parametern gibt es Probleme ? Mit welchen Problemen hat man häufig zu tun? Prof. Dr. med. Frank Flachskampf, Uppsala University, Schweden Während einfache Fragestellungen wie nach der ungefähren Größe des linken und rechten Ventrikels, Existenz eines Perikardergusses u.ä. bei nahezu allen Patienten, ggf. mit Hilfe von Kontrastmitteln, beantwortet werden können, gibt es eine beträchtliche Ausfallquote für bestimmte Strukturen und Messwerte, etwa den Durchmesser der Aorta ascendens jenseits des sinotubulären Übergangs, Fläche/Volumen des linken Vorhofs u.a. Nicht bei allen "schallbaren" Patienten ist daher jeder Standardparameter sinnvoll meßbar. Selbst wenn die Bildqualität eine Messung erlaubt, stellt jedoch die Reproduzierbarkeit von Messungen grundsätzlich ein gravierendes Problem der Echokardiographie (und auch anderer bildgebender Verfahren) dar. Unter Idealbedingungen erlaubt das Echo eine sehr hohe räumliche und zeitliche Auflösung und sehr genaue Messungen. In der Realität wird diese Genauigkeit selten erreicht, und substantielle Messunterschiede entstehen durch unterschiedliche Geräte, Anlotungen, Untersucher u.a. Dies senkt insbesondere die Test-Retest-Reproduzierbarkeit ("Zuverlässigkeit"), die letzlich das klinisch relevanteste Variabilitätsmaß darstellt. Wichtige Parameter der Meßvariabilität und Reproduzierbarkeit sind der Varianzkoeffizient (Standardabweichung/Mittelwert) und der "minimal detectable change" (MDC95), die kleinste Differenz zwischen einem Meßwert und einem Vergleichswert, die mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit bei einer Serie von Messungen als signifikant größer als der zu erwartende Zufallsfehler erkannt werden kann. Für lineare Meßwerte aus M-mode und 2D-Verfahren sind aus der Literatur Varianzkoeffizienten von ca. 5-10% bekannt, für Volumina (aus der 2DEchokardiographie) von 15-20%. Dies betrifft auch abgeleitete Größen wie die Ejektionsfraktion, deren MDC um ca. 8.5%, d.h. ca. 18% des Absolutwertes liegt. Dopplermessungen sind relativ robust, insbesondere im kontinuierlichen Doppler, und die Abschätzung eines Druckgradienten über die vereinfachte Bernoulli-Gleichung funktioniert sehr gut. Wegen mannigfacher physikalischer Einflussgrößen streuen jedoch abgeleitete Größen wie Schlagvolumen/Herzzeitvolumen oder die über die Kontinuitätsbeziehung berechnete Aortenklappenöffnungsfläche sehr beträchtlich, und die Übereinstimmung mit anderweitigen Messungen (z.B. Gorlin-Formel) ist mäßig. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 39 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Die wichtigsten Voraussetzungen zur Minimierung von Meßfehlern und Meßwertstreuung, und demgemäß zur Verbesserung der Reproduzierbarkeit, sind 1) Optimierung der Grundbedingungen wie Geräteeinstellung, z.B. Fokus; 2) genaue Meßprotokolle (z.B. wo genau wird der enddiastolische Durchmesser des linken Ventrikels gemessen, werden Oberkanten oder Mitte von Konturen gemessen u.a.) 3) Minimierung der Atemvariabilität, ggf. in endexpiratorischer Apnoe. 4) Beachtung von Arrhythmien (bei Vorhofflimmern kann entweder eine Mittelung über mindestens 5 Schläge oder ein mittelfrequenter Zyklus nach einem ähnlichen Zyklus ausgewählt werden). © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 40 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Einsatzbereiche und Indikationsstellungen: Wann ist eine Echokardiographie indiziert bzw. notwendig? Welchen Stellenwert hat die Echokardiographie in der kompetitiven kardiologischen Bildgebung? Kann man bzw. sollte man mit der Echokardiographie ScreeningUntersuchungen durchführen? Welche Forderungen sind an die Qualität der Echokardiographie zu stellen? PD Dr. med Wolfgang Fehske, St. Vinzenz-Hospital, Köln © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 41 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Überschätzungen der Möglichkeiten bei neuen Verfahren am Beispiel der myokardialen Kontrastechokardiographie und der multidimensionalen Stressechokardiographie Wird eine schlechte Echokardiographie durch Kontrast nur weniger schlecht, aber nicht gut? Wie reproduzierbar ist die myokardiale Kontrastechokardiographie? Wer kann mit diesem Verfahren überzeugend umgehen? Sind No Reflow, Kapillardichte, Infarktlokalisationen mittels myokardialer Kontrastechokardiographie wirklich darstellbar? Was war alles in der Literatur mit dieser Methode möglich? Wie verlässlich ist die 3D-Stressechokardiographie? Sind die Limitationen der 3D-Echokardiographie bei schnellen Herzfrequenzen zu bewältigen? Prof. Dr. med. J.-U. Voigt, University Hospital Leuven, Belgien Der Wert neuer Methoden kann bei ihrer Einführung häufig nur schwer eingeschätzt werden. Einerseits kann es Jahre dauern, bis eine neue, nützliche Methode den Weg in die Lehrbücher und Leitlinien findet. Das Beispiel der Lyse bei Myokardinfarkt ist legendär. Weit über 10 Jahre waren vom Zeitpunkt des statistisch nachweisbaren Nutzens verstrichen, bevor die Methode als vorteilhafte Standardbehandlung Einzug in die klinische Routine fand. Der umgekehrte Fall ist weitaus häufiger. Enthusiastische Erstbeschreibungen werden begeistert aufgegriffen und lange weitergetragen, bis statistisch fundierte, randomisierte, verblindete und multizentrische Studien nachweisen, daß der Zusatznutzen einer neuen Methode viel kleiner ist als vermutet. Vor etwa 20 Jahren begann eine neue Welle in der Echokardiographie. Lungengängige Echokontrastmittel kamen auf den Markt. Diese waren (und sind es z. Teil noch heute) nur für die Verstärkung von Dopplersignalen und die bessere Konturierung des Endokards zugelassen. Der Gedanke lag aber nahe, auch die Myokardperfusion darzustellen und zu messen. Der zunächst geringe Kontrastgewinn von wenigen Dezibel im damaligen – fundamentalen Graustufenbild wurde bald durch „Second Harmonic Imaging“, „Power Doppler“ und später durch Puls-Inversionstechniken dramatisch verbessert. Kontrast wurde im Myokard nachweisbar und qualitative Unterschiede in der Kontrastanfärbung waren im Bild zu erkennen. Der Quantifizierung stand im Wege, daß die Abschwächung des Signals vom Ursprung im Myokard bis zum Eintreffen am Schallkopf prinzipiell nicht bekannt ist. Interaktionen mit verschiedenen Gewebearten und Signalabschwächung durch kontrastgefüllte Herzkammern machen die Signalquantifizierung aus physikalischen Gründen unmöglich. Abhilfe versprach dann der nächste Entwicklungsschritt: Die Flash-ReplenishmentTechnik. Hierbei wird das Kontrastmittel durch einen Ultraschall-„Blitz“ zerstört und die Wiederanflutung wird beobachtet. Jedes Myokardsegment erreicht dabei nach einigen Schlägen sein eigenes Signalniveau. Die Zeit die dabei verstreicht ist der Myokardperfusion proportional. Leider benötigt diese Methode ausgefeilte Geräteeinstellungen, die nur in High-End-Geräten verfügbar sind, eine konstante Kontrastmittelanflutung, die nur durch eine spezielle Pumpe erreicht werden kann, eine gute Bildqualität beim Patienten, da nur mit geringsten Ultraschallenergien gearbeitet werden kann und eine ruhige Hand, da Bewegungen und Atmung die Quantifizierung unmöglich machen. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 42 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Im Endeffekt bleibt die Methode damit in den Händen von universitären Spezialisten und ist heute - wie vor zwanzig Jahren - weit von der klinischen Routine entfernt. Welche Entwicklung die dreidimensionale Echokardiographie nehmen wird, ist noch nicht sicher abzuschätzen. Sicher ist, das auch sie seit Jahren als Zukunftsmethode propagiert wird, aber noch keine festen Platz in der echokardiografischen Routine gefunden hat. Echokardiographie lebt von der direkten Bildbetrachtung und unmittelbaren Analyse während der Bildaufnahme. Alle Methoden, die auch nur eine Bildnachbearbeitungszeit von wenigen Sekunden benötigen – und sei es nur die Ventrikelkonturierung zur EF Bestimmung – werden von den Nutzern gern vermieden. 3D wird sich deshalb nur dann durchsetzten, wenn unmittelbar und automatisch alle erforderlichen Nachbearbeitungsschritte erfolgen, die zum Erreichen des gewünschten Bildeindruckes nötig sind. Davon sind wir heute noch weit entfernt. Erste Schritte in die richtige Richtung zeichnen sich bei der intrainterventionellen 3D TEE ab. Auch erschließt sich hier der Zusatznutzen für den Untersucher unmittelbar. Bei der Streßechokardiographie bleibt dieser verborgen. Warum viele Sekunden bis Minuten dafür aufwenden, um einen 3D Datensatz aufzunehmen um ihn danach wieder in die üblicher Standardschnitte zu zerlegen? Die direkte konsekutive zweidimensionale Aufnahme der Standardschnitte geht schneller und bietet höhere Bildqualität. Auch der Nutzen neuer Schnittführungen - wie z.B. der multiplen Kurzachsenschnitte - konnte bisher nicht überzeugend nachgewiesen werden. Auch wenn 3D Echokardiographie viele interessante Möglichkeiten bietet – im Moment ist diese Methode noch immer den Spezialisten und Enthusiasten vorbehalten. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 43 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 Echokardiographie vor Herzkatheter: ein Muss oder ein unnötiges Vorgeplänkel Was kann man mittels konventioneller Echokardiographie beim akuten Koronarsyndrom analysieren? Wie differenziert man echokardiographisch die ischämischen Syndrome? Welchen Nutzen hat man durch die echokardiographische Voruntersuchung vor dem Herzkatheter? Ist der Zeitfaktor der Echokardiographie ein Argument, diese vor dem Herzkatheter zu unterlassen? Prof. Dr. med. Andreas Hagendorff, Universitätsklinikum Leipzig Oft wird man mit der Meinung konfrontiert, dass eine Echokardiographie vor einer invasiven Katheteruntersuchung bei Verdacht auf koronare Herzerkrankung ein unnötiger Zeitverlust ist - insbesondere wenn ein akutes Koronarsyndrom besteht bzw. der Verdacht auf ein akutes Koronarsyndrom vorliegt. Diese Einstellung ist nicht berechtigt, da der Gewinn an Information für den Patienten in der Regel nützlich ist, und bei entsprechender Logistik die Durchführung einer Echokardiographie im Katheterlabor und im Notfall keinen Zeitverlust bedeuten muss. Vielmehr muss die Frage gestellt werden, wann sollte eine transthorakale Echokardiographie bei thorakalen Beschwerden durchgeführt werden, zumal seit Anfang 2013 die neue Definition des Herzinfarktes auf den Befunden einer Bildgebenden Diagnostik aufgebaut wird. Eine neu entdeckte Wandbewegungsstörung des Myokards ist als Herzinfarkt-verdächtig anzusehen. Somit muss eine erstmals detektierte Wandbewegungsstörung des linken Ventrkels bei Beschwerden zunächst als neue Wandbewegungsstörung angesehen werden und damit als Ischämie-verdächtig gelten. Somit sind folgende Aspekte in Bezug auf eine Echokardiographie vor Koronarangiographie anzuführen: 1. Warum sollte die Echokardiographie bei unklaren thorakalen Beschwerden erfolgen? • weil ein Infarkt unspezifische Beschwerden machen kann. • weil ein Myokardinfarkt stumm ablaufen kann. • um Differentialdiagnosen (z. B. Myokarditis, Perikarditis, Hypertonie) zu erkennen. 2. Warum sollte die Echokardiographie bei Angina pectoris durchgeführt werden? • weil eine Beeinträchtigung des Myokards erfasst werden kann (Stunning). • weil die Größe des Ischämie-bedrohten Areals erfasst werden kann. 3. Warum sollte die Echokardiographie bei akutem Koronarsyndrom erfolgen? • weil Wandbewegungsstörungen vor einem Infarkt zu sehen sind. • um Differentialdiagnosen (z. B. Dissektion, Lungenembolie, Perikarditis) zu erkennen. 4. Warum sollte die Echokardiographie beim NSTEMI erfolgen? • um einen transmuralen Posterolateral-Infarkt auszuschließen. 5. Warum sollte die Echokardiographie bei Verdacht auf akuten Myokardinfarkt erfolgen? • um die linksventrikuläre Funktion zur Detektion regionaler Wandbewegungsstörungenzu erfassen. • um Ischämie-bedrohte Areale und ihre Ausdehnung zu beschreiben. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 44 11. Leipziger Echokardiographie-Symposium 2014 • 6. • • um bei koronarer Mehrgefäßerkrankung das Infarktgefäß zu erkennen. Warum ist die Echokardiographie bei klarer Infarktdiagnose im EKG (STEMI) indiziert? um dem interventionell-tätigen Kardiologen Information über den Funktionszustand des Herzens zu geben. um Differentialdiagnosen (z. B. Dissektion, Perikarditis) zu erkennen. Warum sollte der prä-interventionelle Status vor einer HerzkatheterUntersuchung dokumentiert werden? Welchen Nutzen kann ein prä- und postinterventionelle Vergleich der echokardiographischen Befunde mittels Deformation-Imaging erbringen? Man hat durch die präinterventionelle Echokardiographie Hinweise auf den Zustand der Myokardischämie. • Hibernierendes Myokard (regionale Hypoperfusion bei regionaler Hypokinesie) • Stunning (normale Perfusion bei regionaler Hypokinesie) • akute Infarzierung (Perfusionsstopp mit Akinesie bis Dyskinesie) - akuter Infarkt ohne Kollateralen vor der ischämischen Schwellung (Akinesie, gleiche Myokardtextur wie das gesunde Myokard, dünne Wand) - akuter Infarkt ohne Kollateralen mit ischämischer Schwellung (Akinesie, gleiche Myokardtextur wie das gesunde Myokard, normal dicke bis dickere Wand als im Gesunden) - akuter Infarkt mit Kollateralen in der Regel mit sofortiger Ödembildung (Akinesie, gleiche Myokardtextur wie das gesunde Myokard, dickere Wand als im Gesunden) - alte Narbe (Dyskinesie, hellere Myokardtextur wie das gesunde Myokard, dünnere Wand als im Gesunden). Man kann den Erfolg bzw. Mißerfolg der Intervention dokumentieren und erkennen – und hat damit einen prognostischen Marker. Man lernt dadurch ein pathophysiologisches Denken der funktionellen Myokardbeurteilung - weg von einer falschen „Rohr frei“ Mentalität einiger interventionell-tätigen Kardiologen zur funktionellen Myokard-Beurteilung. Denn man kann im Falle von erfolgreichen Eingriffen und auch bei Komplikationen den Verlauf besser anhand des funktionellen Myokardstatus beurteilen. Ein Zeitverlust für die anstehende Intervention sollte durch die Echokardiographie bei entsprechender Logistik einer Vorbereitung für diese Untersuchung nicht erfolgen. Wenn organisatorisch durch eine Echokardiographie Zeitverlust erfolgen sollte, ist dies nicht zu vertreten – und dann muss leider trotz vieler Gründe dafür – auf die Echokardiographie verzichtet werden. Dies ist allerdings ein klares Minus der Organisation in der betreffenden Institution, was zum Nachteil des Patienten gereicht. Interventionsergebnisse können exzellent durch das Deformations-Imaging (AFI – longitudinaler Strain) schon jetzt dokumentiert werden. Der longitudinale Strain ist nicht immer sensitiv genug, um Pathologien zu detektieren. Pathologien der Hinterwand demarkieren sich oft nur über die radiale Wandbewegungs-Analyse. Jeder Kardiologe lernt, wenn man ihm seine Ergebnisse offensichtlich vor Augen führt. Bisweilen wird ein übereifriger interventioneller Aktionismus durch Deformationsimaging „hervorragend“ entlarvt. © MIFO Medizinische Information und Organisation 2014, www.kardiowerkstatt.de 45