Zustand, Observable und Messung Gruppe: Bohr Projekt: Zustand, Observable und Messung Gruppe Bohr: Kleemaier Alina Roth Elisabeth Nachtnebel Manfred Sattinger Wolfgang Zwanziger Christof KF Uni Graz 2008 Projekt Quantenmechanik -1- Zustand, Observable und Messung Gruppe: Bohr Zustand, Observable, Messung Ergebnisse von Experimenten an bestimmten Systemen sollen in der Quantentheorie vorhergesagt und interpretiert werden. Diese hängen davon ab, in welchem Zustand sich das System vor der Messung befand. Da physikalische Messungen den Zustand im allgemeinen ändern, müssen sie Operationen an diesen sein. Im Hilbertraum, einem speziellen linearen Vektorraum, werden die möglichen Systemzustände abstrakt als die Elemente (Zustandsvektoren) in diesem aufgefasst. Die Operatoren wirken dabei in gesetzmäßiger Weise auf die Vektoren des Hilbertraumes, wobei die messbaren, klassischen, dynamischen Variablen in der Quantentheorie Observablen genannt werden. In diesen und den folgenden Kapiteln soll der quantenmechanische Messprozess mit der Mathematik in Verbindung gebracht werden. [5] Zustand In der klassischen Mechanik sind Zustände beobachtbar beziehungsweise observable zum Beispiel Ort und Impuls. Diese sind beliebig genau messbar, ohne das der Zustand gestört wird. In der Quantenmechanik ist der Zustand hingegen eine abstrakte mathematische Funktion ψ , die nicht beobachtbar ist. Das Wesentliche an der Quantentheorie besteht darin, dass beobachtbare Größen erst durch Anwendung von Operatoren (siehe dazu spätere Kapitel) gebildet werden. [7] Quantenmechanischer Zustand: Ein quantenmechanischer Zustand ψ wird durch einen maximalen Satz von simultan messbaren Eigenschaften festgelegt. Die Messwerte der gleichzeitig scharf messbaren Eigenschaften werden somit zur Definition des Zustands verwendet, wobei die quantenmechanische Beschreibung nicht ausreicht, den Zustand für alle Zeiten eindeutig und exakt vorherzusagen, sie muss sich also mit Wahrscheinlichkeitsvorhersagen zufrieden geben. [5] Das Symbol , (sprich ‚KET’) wurde von Dirac eingeführt und kennzeichnet in abstrakter Form den quantenmechanischen Zustand. ϕ ψ bra-c-ket Der Zustand ψ stellt somit einen Zustandsvektor im Hilbertraum dar (mehr dazu in späteren Kapiteln). KF Uni Graz 2008 Projekt Quantenmechanik -2- Zustand, Observable und Messung Gruppe: Bohr Zusammenfassend einige Bemerkungen zum Zustand: 1) ψ , hat keine reale Bedeutung im Sinne von Messbarkeit. Zusammen mit den noch zu besprechenden Operatoren gestattet er lediglich die Beschreibung von experimentellen Abläufen. 2) Der Übergang von ψ → α ψ α ∈ soll keinen Einfluss auf die Messresultate haben, das heißt ψ = α ψ 3) Stehen mehrere Teilsysteme in Wechselwirkung, so beschreibt ψ das Gesamtsystem. 4) ψ = ψ (t ) heißt, dass der Zustand sich in der Regel mit der Zeit ändert, wie beispielsweise durch Messungen am System. r 5) Die Schrödinger’sche Wellenfunktion ψ (r , t ) ist als spezielle Darstellung des r Systemzustands zu sehen, mit einer expliziten Betonung der Ortsvariablen r . Weiters gibt es auch andere Darstellungen die auch andere Größen hervorheben, beispielsweise Impuls, Energie, Drehimpuls, Spin usw. . [5] Ein beliebiger quantenmechanischer Zustand β kann durch Linearkombination der linear unabhängigen Basisvektoren α j beschrieben werden. Allgemein ausgedrückt: n β = ∑ c j α j mit α i α j = δ ij j =1 Als Musterbeispiel unserer Überlegungen und für sämtliche quantenmechanische Phänomene dient der Stern-Gerlach Versuch. Für diesen gilt die Linearkombination: a = α S z ;+ + β S z ;− mit der Basis {S z ;+ ; S z ;− } +...Spin nach oben -...Spin nach unten Somit ergibt sich die Wahrscheinlichkeit, bei einem Anfangszustand a nach dem Stern – Gerlach Versuch den Zustand S z ;+ zu erhalten: 2 P ( S z ;+ a ) = S z ;+ (α S z ;+ + β S z ;− ) 14442444 3 a KF Uni Graz 2008 Projekt Quantenmechanik -3- Zustand, Observable und Messung Gruppe: Bohr 2 = α S Z ; + S Z ;+ + β S Z ;+ S Z ; − = α 14243 14243 1 2 0 Hierbei sei S Z ;+ a die im Allgemeinen komplexe Amplitude dafür, dass ein Atom im a- Zustand im (S z ;+ ) -Zustand gemessen wird, beziehungsweise in diesen übergeht. Die Wahrscheinlichkeit P( S Z ;+ a P ( S Z ;+ a ) = S Z ;+ a ) wird dabei mit dem Absolutquadrat definiert: 2 Allgemein gilt: P ( a → b ) = b a 2 , ist die Wahrscheinlichkeit, dass a in b gemessen wird. Die Wahrscheinlichkeit bei einem Anfangszustand a nach dem Stern-Gerlach Versuch den Zustand S z ;− zu erhalten, ist dabei die Gegenwahrscheinlichkeit von P( S z ;+ ) : P ( S z ;− ) = 1 − α 2 = β 2 Dies entspricht somit einem normierten, komplexen Vektorraum. Somit ergeben sich für die Wahrscheinlichkeiten: von nach S z ;+ S z ;− S z ;+ 1 0 S z ;− 0 1 Symbolische und schematische Darstellung des Stern-Gerlach Versuchs: symbolisch + − + − . KF Uni Graz 2008 Projekt Quantenmechanik schematisch ≡ ≡ + _ + _ -4- Zustand, Observable und Messung Gruppe: Bohr ≡ + . − + _ [2] Das heißt; für die obige Matrix ergibt sich zum Beispiel für die zwei Basiszustände: + + . ⇒ P ( S z ;+ → S z ;− ) = = 0 − . − Sz Sz + + P ( S z ;+ → S z ;+ ) = = 1 − . − . Sz Sz usw. Damit ergibt sich ein Skalarprodukt, das wie folgt definiert ist: S z ; i S z ; j = δ ij mit S z ;+ ⊥ S z ;− Dies findet in der normierten Basis statt. Das heißt, für den Stern- Gerlach Versuch ergibt sich α = β und somit: α = β → α + β =1 1 ⇒α = β = 2 2 2 Ein Beispiel: Nehmen wir jetzt unseren Stern- Gerlach Aufbau mit einem Magnetfeld in z-Richtung und in x-Richtung: S x ;+ ⊥ S x ;− mit 1 ( S z ;+ + S z ;− 2 1 S x ;− = ( S z ;+ − S z ;− 2 S x ;+ = KF Uni Graz 2008 Projekt Quantenmechanik ) ) -5- Zustand, Observable und Messung Gruppe: Bohr Hiermit folgt: S x ;+ S x ;− = 1 1 ( S z ;+ + S z ;− )( S z ;+ − S z ;− 2 2 ) 1 ⇒ S x ;+ S x ;− = S z ;+ S z ;+ − S z ;− S z ;− = 0 2 14243 14243 1 1 Daraus ergibt sich eine Transformationsmatrix U, die einen Basiswechsel von x ins z System erlaubt: S x ;+ 1 1 1 S z ;+ = S ; − 1 − 1 S ; − 2 z x Der Wechsel in ein anderes Basissystem lässt sich mit den nachstehenden Transformationsmatrizen durchführen: S x ;+ 1 1 1 S z ;+ = mit U ⋅ U T = I 2 1 − 1 S z ;− S x ;− 1 1 1 1 1 1 1 0 = 2 1 − 1 2 1 − 1 0 1 S z ;+ 1 1 1 S x ;+ mit U ⋅ U T = I = 2 1 − 1 S x ;− S z ;− 1 1 1 1 1 1 1 0 = 2 1 − 1 2 1 − 1 0 1 S y ;+ 1 i S z ;+ T = 1 1 − i S ;− mit U ⋅ U = I S ;− 2 z y 1 1 i 1 1 1 1 0 = 2 1 − i 2 − i i 0 1 Dabei entspricht der Zustand S y ;± etwa einem links bzw. rechts zirkular polarisiertem Licht. Wir haben es somit eigentlich mit einem komplexen, 2-dimensionalen Vektorraum zutun, in dem wir 3 verschiedene Basissysteme x, y, z wählen können. Die Messung ist somit eigentlich die Wahl der Basis und somit auch die Wahl des passenden Operators. Der Übergang zwischen den Basissystem geschieht mit unitären Matrizen. [3] KF Uni Graz 2008 Projekt Quantenmechanik -6- Zustand, Observable und Messung Gruppe: Bohr Kurz und Klar: Basistransformationen lassen sich mit einer unitären Matrix durchführen: 1.) Z- Basis S z ;± 2.) Y- Basis S y ;± 3.) X- Basis S x ;± unitäre- Basistransformation Messung: Operatoren auf Zustand ⇒ neuer Zustand Beispiel: Sei eine Basis gegeben, die dem Ausgang eines Stern- Gerlach- Experiments in z-Richtung entspricht. Wir bezeichnen dann die Basiselemente, die dem Eigensystem (Eigenwerte und Eigenvektoren) des Stern- Gerlach- Experimentes entsprechen, mit: 1 v + S z = e+ = 0 r 0 − S z = e− = 1 Eigenvektoren: mit entsprechenden Eigenwerten: λ1 = h h , λ2 = − 2 2 Die Operatoren in verschiedenen Basissystemen sind gegeben durch: Sz = h 1 0 h 0 1 h 0 − i ; S x = ; S y = 2 0 − 1 2 1 0 2 i 0 Diese Zusammenhänge für S z werden von den folgenden Eigenwertgleichungen erfüllt: r h r S z ⋅ e+ = ⋅ e+ 2 r h r S z ⋅ e− = − ⋅ e− 2 Eigenwerte Eigenvektoren KF Uni Graz 2008 Projekt Quantenmechanik -7- Zustand, Observable und Messung Gruppe: Bohr r Für den Anfangszustand a ergibt die Wahrscheinlichkeit r P (gemessen als e+ ) = r r2 e+ ⋅ a = α 2 r P (gemessen als e− ) = r r2 e− ⋅ a = β 2 Wir suchen nun das Eigensystem von Sx welches die folgende Eigenwertgleichung erfüllt: r r Sx ⋅ v = λ ⋅ v det(S x − E n ⋅ λ ) = 0 ⇒ −λ h 2 En…Einheitsmatrix h ! 2 =0 −λ 2 Säkulargleichung: h λ − = 0 2 wir setzen einfachheitshalber : 2 h =1 2 ⇒ λ1, 2 = ±1 λ = +1 : λ = −1 : − 1 1 x = 0 ⇒ 1 − 1 y ⇒ x− y =0⇒ x= y 1 ⇒ 1 ⇒ x+ 1 1 2 1 v ( 2) = v (1) = 1 x = 0 1 y y = 0 ⇒ x = −y 1 1 2 − 1 Zusammenfassend ergibt sich für die normierten Eigenvektoren: 1 1 1 ≡ ( S z ;+ + S z ;− ) = S x ;+ 2 1 2 1 1 1 ≡ ( S z ; + − S z ; − ) = S x ;− = 2 − 1 2 v (1) = v ( 2) was wir zuvor bereits durch Überlegungen erkannt haben. KF Uni Graz 2008 Projekt Quantenmechanik -8- Zustand, Observable und Messung Gruppe: Bohr ( ) Daraus ergibt sich mit (U )ij = V (i ) j die unitäre Transformationsmatrix, die den Basiswechsel zwischen der z-Basis und der x-Basis beschreibt: (V1 )1 U = (V1 )2 r (V2 )1 = (V2 )2 1 1 1 2 1 − 1 r d.h. S x = U ⋅ S z , in Komponenten: S xi = U ij ⋅ S z j Der Basiswechsel zwischen der z-Basis und der x-Basis sieht nun wie folgt aus: + 1 − 0 + 1 1 − 1 1 , e x = e z = , e z = → e x = 0 1 1 2 2 − 1 Der Messvorgang soll hier kurz schematisch dargestellt werden: Messoperation spaltet den Zustand in Eigenzustände Vi auf und versieht sie mit Eigenwerten λi Zustand a ⇒ P(Vi ) = Vi a 2 Gekoppelter Stern-Gerlach Versuch: Sz Z Sx X Z Eigenzustände Analyse des Stern-Gerlach Versuchs: h bleibt hier unberücksichtigt bzw. h =1 2 2 Wir betrachten zwei gekoppelte z-Apparate: Sz a Z KF Uni Graz 2008 Projekt Quantenmechanik Sz Z ? 1 0 mit S z = 0 − 1 -9- Zustand, Observable und Messung Gruppe: Bohr α 1 0 Der Anfangszustand sei a ≡ = α + β β 0 1 α 1 0 α α 0 = + ⇒ S z a ≡ S z = β 0 − 1 β 0 − β wird ausgeblendet (verworfen) Geht weiter (siehe Darstellung) α 0 Z a ? Z 0 − β α α 0 S z = + β 0 − β α 1 0 α α = S z = 0 0 − 1 0 0 q.e.d. Dass bei einem Stern-Gerlach Versuch, wenn man nach der 1. Stern-Gerlach Analyse die negativen Komponenten wegblendet, nach der 2. Stern-Gerlach Analyse in z-Richtung nur eine positive Komponente als Ergebnis bekommt, wurde damit mathematisch abstrakt bewiesen. Betrachten wir nun die Stern-Gerlach Analyse von drei gekoppelten Apparaten mathematisch: a Z X Z ? 0 1 1 0 , S x = mit S z = 1 0 0 − 1 α 1 0 Der Anfangszustand sei wieder a ≡ = α + β β 0 1 KF Uni Graz 2008 Projekt Quantenmechanik - 10 - Zustand, Observable und Messung Gruppe: Bohr α 1 0 α α 0 = + S z a ≡ S z = β 0 − 1 β 0 − β α Wir können nun , der hier in der z-Basis gegeben ist, 0 auch auf die Basisvektoren der x-Basis aufspannen: z- Basis α α 1 1 = + 0 Z 2 1 − 1 α 1 1 1 1 + = 1 − 1 2 2 { 2 { r r V1 V2 X x- Basis Am Ausgang des 2ten Stern-Gerlach Apperates: α 0 1 α 1 1 1 1 α 1 − 1 α 1 1 ⋅ S x = 2 1 + 2 − 1 = 2 1 + 1 = 2 1 − − 1 = 0 1 0 2 14 4442 444 4 3 α 1 1 + 2 1 −1 Dieser Vektor in x-Basis wird wieder auf die Einheitsvektoren der z-Basis aufgespannt. SZ = α 1 1 1 1 − 2 2 1 2 − 1 X α 1 1 0 α 1 α 1 0 α 1 α 0 α 1 = = − = − = 2 1 X 0 − 1 2 1 2 0 1 Z 2 0 2 1 2 − 1 Wir bekommen somit wieder sowohl eine positive als auch eine negative Komponente als Lösung nach dem 3ten Stern-Gerlach Apparat in z-Richtung heraus. Noch einige Bemerkungen: Die räumliche Aufspaltung der Atome im Stern-Gerlach Apparat gestattet es, einen der beiden Teilstrahlen auszublenden. Es ist wichtig festzuhalten, dass erst durch den Einsatz einer Blende eine wirkliche Messung erfolgt, denn nur so ist klar, welche Atome den Apparat durchquert haben, nämlich Atome mit Spin nach oben oder nach unten. Wie erwähnt, entstehen beobachtbare Größen erst durch Anwendung von Operatoren. Unter den quantenmechanischen Operatoren gibt es nun die besonders wichtige Klasse der Observablen. KF Uni Graz 2008 Projekt Quantenmechanik - 11 - Zustand, Observable und Messung Gruppe: Bohr Dabei sollte jeder Observablen eine für sie typische Messapparatur zugeordnet werden können. Durch die Wechselwirkung mit dem System wird der anfängliche Zustand ϕ durch die Auftrennung in orthogonale Zustände ai zerlegt. [5][2] Wenn wir nun die Eigenwerte ai mit physikalischen Messwerten, beispielsweise mit Energiewerten En identifizieren wollen, dann müssen diese Eigenwerte reelle Zahlen sein, denn Messwerte sind immer reelle Zahlen. Wenn also ein Matrixoperator Ω reelle Eigenwerte ai liefern soll, dann muss folgendes gelten (wie sich später zeigen wird): Ω = Ω† Das heißt, es müssen hermitesche Matrizen sein. Ein Beispiel wäre die Matrix 0 − i 0 σ y = i (Paulimatrix) die selbst nicht reell ist, aber doch reelle Eigenwerte λ = ±1 hat. Da nur die Eigenwerte hermitescher Operatoren mit Messwerten identifiziert werden können, nennt man diese auch Observable. [6] KF Uni Graz 2008 Projekt Quantenmechanik - 12 - Zustand, Observable und Messung Gruppe: Bohr Literaturliste [1]: Lang C. B., Pucker N.; Mathematische Methoden in der Physik , 1. Auflage , 1998 [2]: Feynman R.; Vorlesungen über Physik , Band 3 Quantenmechanik , 2. Auflage , 1965 (2. Nachdruck von 1992) [3]: Hebenstreit , Florian; Vorlesungsskriptum zu Quantenmechanik 2004 [4]: Hering, Martin , Stohrer ; Physik für Ingenieure , 7. Auflage , 1999 [5]: Nolting W.; Grundkurs Theoretische Physik 5/1 , 6. Auflage , 2004 [6]: Pietschmann , Herbert ; Quantenmechanik verstehen - Eine Einführung in den WelleTeilchen-Dualismus für Lehrer und Studierende [7]: http://de.wikipedia.org/wiki/Quantenmechanik KF Uni Graz 2008 Projekt Quantenmechanik - 13 -