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Seminararbeit SS 2002
Suche nach Dunkler Materie
Suche nach Dunkler Materie
Beobachtungen, Experimente,
Modelle
Seminararbeit SS 2002 – RWTH Aachen - Stefan Hölters
Betreuer: Prof. C. Berger
-1-
Seminararbeit SS 2002
Suche nach Dunkler Materie
Inhalt
Vorwort
1
1.1
1.2
1.3
1.4
Bestimmung der Masse von Galaxien
Rotationskurven
Leuchtkraft von Sternen
Gravitationslinseneffekt
Aussagen der Messungen
2.
2.1
2.2
2.3
2.4
Kandidaten für Dunkle Materie
Uneigentliche Kandidaten
Baryonische Kandidaten
Nicht-baryonische Kandidaten - Neutrinos
Nicht-baryonische Kandidaten - Exoten
Quellennachweis
Vorwort
Bevor im Rahmen dieser Seminararbeit auf die Eigenschaften und die
Zusammensetzung von Dunkler Materie eingegangen wird, soll zunächst klar werden,
wie unbestreitbar die Existenz von Dunkler Materie im Universum ist.
Dazu werden im ersten Teil verschiedene Experimente besprochen, mit denen
Massen in Galaxien und im Universum bestimmt werden können. Es wird erläutert,
welche Aussagen Rotationskurven machen, wie aus der Leuchtkraft von Sternen
deren Masse ermittelt wird und was der Gravitationslinsen-Effekt ist. Die Ergebnisse
werden auf einfache Weise zeigen, worin das derzeit größte Problem der
Astroteilchenphysik besteht.
Im zweiten Teil soll es um Kandidaten gehen, aus denen möglicherweise die
Dunkle Materie besteht. In der Diskussion sind viele verschiedene Konzepte zur
Lösung der Frage nach der Dunklen Materie. Die Betrachtung der Kandidaten wird
sich in dieser Seminararbeit allerdings auf einige ausgewählte Möglichkeiten
beschränken.
Zu Beginn sei die Frage gestellt, was eigentlich über die Zusammensetzung des
Universums bekannt ist. Bei der Betrachtung unseres Sonnensystems fällt auf, dass
99% der Masse des Systems in der Sonne enthalten sind. Die Masse aller Planeten
sowie deren Monde, Asteroiden und Gaswolken stellen nur einen verschwindend
kleinen Anteil dar. Diese Tatsache lässt vermuten, dass unsere und andere Galaxien
hauptsächlich aus den gut beobachtbaren, leuchtenden Sternen bestehen und dass
die Mechanik von Galaxien durch eben diese Sterne gut beschrieben wird. Ob diese
Annahme so stimmt, soll im Folgenden überprüft werden.
-2-
Seminararbeit SS 2002
Suche nach Dunkler Materie
1.
Bestimmung der Massen von Galaxien
1.1
Rotationskurven
In Zusammenhang mit Bewegungen in Galaxien werden Rotationskurven
aufgenommen. Die Sterne einer Galaxie bewegen sich typisch auf Kreisbahnen um
das galaktische Zentrum und die
Geschwindigkeit auf diesen Bahnen
hängt vom Abstand zum Mittelpunkt ab.
In
Rotationskurven
wird
diese
Geschwindigkeit in Abhängigkeit vom
Bahnradius aufgetragen.
Die Vorhersagen aus der NewtonMechanik sind leicht zu berechnen. Aus
der Gleichheit von Gravitations- und
Zentripetalkraft folgt die theoretische
Vorhersage für die Geschwindigkeit
[Haw]
eines Sterns abhängig vom Bahnradius.
Für die folgende Rechnung nehmen wir an, dass sich der Großteil der Galaxiemasse
Mr im Zentrum befindet, dessen Ausdehnung klein gegenüber dem Abstand zum
beobachteten Stern ist, und dass der beobachtete Stern nicht im Zentrum liegt
Fg = FZ =
G⋅m⋅Mr
r2
=
m⋅v2
r
.
Hier ist G die Gravitationskonstante, m die Masse eines Sterns, r der Abstand dieses
Sterns vom Mittelpunkt der Galaxie und v die Geschwindigkeit des Sterns in der
Galaxie. Für die Geschwindigkeit eines Sterns gilt
v=
GM r
r
∝
1
r
.
Die Geschwindigkeit von Sternen sollte also zum Rand der Galaxie hin mit
1
r
abnehmen.
Was ist die Masse Mr genau ?
In den Rechnungen erzeugt die Masse Mr das Gravitationsfeld, in dem sich Sterne
bewegen. Anhand der Herleitung der Gravitationskraft soll gezeigt werden, dass die
Masse Mr genau die Masse ist, die sich innerhalb des Bahnradius eines Sterns
befindet.
Für das Gravitationspotential ϕ einer Massendichte ρ gilt allgemein
∆ϕ = −4π ⋅ G ⋅ ρ .
Für das Gravitationsfeld E gilt
r
E = grad ϕ .
Die Integration ergibt unter der Verwendung des Gaußschen Satzes
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Seminararbeit SS 2002
Suche nach Dunkler Materie
r r
- 4π ⋅ G ρdV = ∆ϕ dV = div grad ϕ dV = E dA .
∫
V
∫
∫
V
∫
V
A
Die Integralgrenze ist der Abstand des Sterns, der beobachtet wird, zum galaktischen
Zentrum. Das rechte Integral liefert mit einem kugelsymmetrischen
ρ = ρ(r )
r r
∫ E dA = E ⋅ 4π ⋅ r
2
.
A
Für das Volumenintegral gilt
∫
4π ⋅ G ρ dV = 4π ⋅ G ⋅ M r
V
Schliesslich folgt das zu erwartende Ergebnis für das Gravitationsfeld E und die
Gravitationskraft F
E=
F=
G⋅Mr
r2
G⋅Mr ⋅m
r2
.
An dieser Stelle wird klar, dass in die Masse Mr die Materie eingeht, welche sich im
Abstand 0 bis r vom Zentrum befindet.
Wenn nun Messungen an Sternen einer Galaxie vorgenommen werden, die am
Rand des sichtbaren Bereiches einer Galaxie liegen, so kann die gravitative Masse
aller Materie bestimmt werden, welche sich innerhalb der Bahn des Sternes befindet.
Die schon genannte Formel
v=
GM r
r
ergibt nach der Masse Mr aufgelöst
Mr =
v2 ⋅r
.
G
Messung der Bahngeschwindigkeiten
Um die Geschwindigkeit von Sternen einer Galaxie zu messen, wird der DopplerEffekt genutzt. Das Licht einer Quelle, die sich relativ zu einem Beobachter bewegt,
wird abhängig von deren Geschwindigkeit frequenz-verschoben. Je schneller sich
eine Lichtquelle von einem Beobachter fortbewegt, desto weiter wird das abgestrahlte
Licht ins Rote verschoben. Damit die Messungen unabhängig von der Bewegung der
gesamten Galaxie sind, werden zwei leuchtenden Sternen beobachtet, welche sich in
gleichem Abstand zum Zentrum der Galaxie befinden und die sich gegenüberliegen.
Typischer Weise wird die 21cm-Linie der Hyperfeinstruktur des Wasserstoffs für diese
Messungen genutzt.
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Seminararbeit SS 2002
Suche nach Dunkler Materie
Diese Frequenz ist hier f 0
genannt.
Die
verschobenen
Frequenzen der Sterne 1 und 2
heißen hier f 1′ und f 2′ . Die
relative Bewegung der Sterne
zum Beobachter setzt sich
zusammen
aus
der
Geschwindigkeit der Galaxie u 0
± der Geschwindigkeit der
Sterne in der Galaxie
u0
u 1 = u 0 − ∆u
u 2 = u 0 + ∆u
f 1′
f 2′
u 1 = u 0 − ∆u
und
u 2 = u 0 + ∆u .
Allgemein gilt für den Doppler-Effekt bei elektromagnetischen Wellen die Näherung
f ′ − f0
u ± ∆u
=− 0
.
f0
c
Wir interessieren uns nur für den Unterschied der beiden frequenzverschobenen
Lichtwellen
∆f ′ = f 1′ − f 2′ =
f0
⋅ 2 ∆u ,
c
was umgeformt
∆u =
∆f ′ ⋅ c
= v(r )
2⋅f0
ergibt. Aus der Messung von ∆f ′ folgt also die Geschwindigkeiten der beiden Sterne
innerhalb der Galaxie, ohne dass die Geschwindigkeit der gesamten Galaxie bekannt
sein muss. Das ∆u ist genau die Geschwindigkeit v(r), von der zu Beginn des
Abschnitts im Zusammenhang mit den Rotationskurven die Rede war.
Ein typisches Diagramm
Dies ist das Diagramm der Rotationskurve der Galaxie NGC 3198 . Die für größer
werdende Radien abfallende Kurve stellt den theoretisch vorhergesagten Verlauf dar,
die konstant bleibende Kurve
zeigt die gemessenen Werte.
Für wachsende Radien bleibt die
Bahngeschwindigkeit
v(r)
offensichtlich
konstant.
Messungen
an
anderen
Galaxien zeigen zwar nicht
identische
Kurvenverläufe,
weichen aber auf die gleiche,
gravierende Weise von den
Vorhersagen ab.
Bei Radien von 20kPc sind
die letzten Messpunkte zu
[Haw]
sehen. Sie stammen von den am
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Seminararbeit SS 2002
Suche nach Dunkler Materie
weitesten außen liegenden, beobachtbaren Sternen der Galaxie. Bei diesen Radien
gibt es kaum noch Sterne, die der Galaxie angehören, bei 20kPc ist der Rand der
sichtbaren Galaxie erreicht. Bis zum Rand der Galaxie sollte aber die Geschwindigkeit
v(r) deutlich gefallen sein. Dies lässt den Schluss zu, dass die Galaxie wesentlich
weiter ausgedehnt ist, als wir durch Beobachtung von Sternen annehmen würden.
Solange v(r) konstant ist, gilt
v2 =
GM r
= const.
r
Diese Gleichung kann aber nur stimmen, wenn die Masse der Galaxie linear mit dem
Radius zunimmt. Das steht natürlich im Widerspruch dazu, dass wir im Bereich von
20kPc annehmen, dass dort der Rand der Galaxie liegt.
Um diese mit den Vorhersagen unverträglichen Messungen verstehen zu können,
ist es nötig, die Masse von Galaxien auch auf andere Weisen zu bestimmen und die
Ergebnisse zu vergleichen.
1.2
Leuchtkraft von Sternen
Eine weitere Methode, Massen im Universum zu bestimmen, stützt sich auf einen
Zusammenhang zwischen der absoluten Leuchtkraft L eines Sterns und dessen
Masse M. Unter der Leuchtkraft eines Sterns wird dessen gesamte abgestrahlte
Leistung verstanden. Von dieser Leistung erreicht die Erde nur ein geringer Anteil, so
dass nicht L direkt, sondern der Strahlungsstrom S bestimmt werden kann.
Beispielsweise unsere Sonne wurde für Wellenlängenbereiche von 10m bis hin zu
-13
10 m vermessen und es ist bekannt, dass die Sonne in diesem Bereich 99% ihrer
Leistung abstrahlt. Zur Bestimmungen der Leuchtkraft muss die Entfernung r der
Lichtquelle eingehen. Es gilt dann
L = 4π ⋅ r 2 ⋅ S .
Im Zusammenhang mit der Leuchtkraft steht die effektive Oberflächentemperatur
von Sternen
1
L
4

Teff = 
 .
 4π ⋅ R 2 ⋅ σ 
Diese Formel hat ihren Ursprung in der Formel von Stefan-Boltzmann
I = σ ⋅T4 ,
die aus dem Planck-Gesetz der Hohlraumstrahlung abgeleitet werden kann. In beiden
Formeln ist σ die Stefan-Boltzmann-Konstante. Wenn der Strahlungsstrom S
gemessen wird und der Radius R des Sterns bestimmt wird, kann die Leuchtkraft in
Abhängigkeit von der Effektivtemperatur im sogenannten Hertzsprung-RusselDiagramm auftragen werden.
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Seminararbeit SS 2002
Suche nach Dunkler Materie
In einem Hertzsprung-Russel-Diagramm wird für „normale“ Sterne deren
Leuchtkraft
in
Abhängigkeit von der
Effektivtemperatur
aufgetragen.
Die
allermeisten Sterne fallen
in die Hauptreihe, den im
Diagramm
grau
hinterlegten Bereich. In
diesem Band ordnen sich
Sterne nach ihrer Masse
an:
die
links
eingetragenen
Sterne
sind schwerer, die Sterne
[Tip]
weiter rechts sind leichter.
[T
Masse-Leuchtkraft-Beziehung
Nun gibt es eine Theorie zum Leuchtverhalten von Sternen. Die Theorie von
Eddington über Sterne beschreibt gut, wie und weshalb ein Stern leuchtet. Ein Stern
wird durch Gravitation zusammengehalten und der innen entstehende Druck
verhindert, dass der Stern in einem Punkt zusammenfällt. Ab einer bestimmten
Gesamtmasse kommt es zu Kernfusion, im Laufe seines Lebens enthält der Stern
immer mehr Abfallprodukte, er wird grösser und rot und explodiert schließlich. Die
Theorie enthält drei zusammenhängende Grössen: die Leuchtkraft, die
Effektivtemperatur und die Masse von Sternen. Sie sagt aus, dass in etwa gilt
L ∝ M4 .
Wenn dieser Zusammenhang bestätigt werden soll, muss von einigen Sternen,
welche im Hertzsprung-Russel-Diagramm eingezeichnet werden, die Masse bestimmt
werden.
Die Sonne war der erste Stern, dessen Masse gemessen wurde. Schon seit vielen
Jahrhunderten ist der Abstand r der Erde zur Sonne bekannt. Die Geschwindigkeit v
der Erde ist der Quotient aus dem Weg 2πr und Zeit T, die Umlaufzeit ist bekanntlich
ein Jahr. Wie im Abschnitt 1.1 erläutert folgt aus der Gleichheit von Zentripetal- und
Gravitationskraft die Masse M. Damit ist schon die Masse zu einem Punkt im
Diagramm bestimmt.
Als nächstes wurden die in der Galaxie häufigen Doppelsterne beobachtet. Hier
handelt es sich um zwei Sterne, die umeinander kreisen. Manche
Doppelsternsysteme bestehen aus einem grossen Hauptstern und einem wesentlich
kleineren Trabanten, so dass wie bei Sonne und Erde die Masse des Hauptsterns aus
der Gleichheit von Zentripetal- und Gravitationskraft folgt. Die Frequenz f, mit welcher
der Trabant den Hauptstern umkreist, und der Abstand R der beiden Sterne, ist
messbar.
Leuchtende Masse in Galaxien
Die Aussage der Theorie von Eddington kann auf diese Weise bestätigt werden.
Leuchtkraft und Masse hängen tatsächlich voneinander ab. Im obigen HertzsprungRussel-Diagramm sind zu den eingezeichneten Sternen deren Massen angegeben
und indirekt ist dem Diagramm der Zusammenhang von Leuchtkraft und Masse zu
entnehmen
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Seminararbeit SS 2002
Suche nach Dunkler Materie
Da die Häufigkeit der einzelnen Sterntypen bestimmt und die Gesamtanzahl von
Sternen unserer und benachbarten Galaxie abschätzt werden kann, ist es so möglich,
von der Leuchtkraft auf die Gesamtmasse aller Sterne einer Galaxie zurück zu
schliessen. Auf diese Weise wird die leuchtende Masse einer Galaxie bestimmt.
Erfahrungsgemäß gehen in die Masse der Galaxie zusätzlich Gas- und
Staubwolken und Planeten ein, welche Massekorrekturen im Promillebereich
bedeuten.
Im nächsten Abschnitt geht es um eine weitere Methode, mit der die gesamte
gravitativ wechselwirkende, und nicht nur die leuchtende Masse einer Galaxie,
bestimmt werden kann.
1.3
Gravitationslinsen-Effekt
Diese sehr elegante Methode, Massen im Universum zu ermitteln - das können
sowohl ein einzelnes Objekt, als auch eine ganze Galaxie sein - nutzt den
Gravitationslinsen-Effekt. Kurz gesagt, handelt es sich um die Ablenkung eines
Lichtstrahls durch eine große Masse.
Unter der Annahme einiger Vereinfachungen kann
leicht ein Ablenkwinkel berechnet werden. Es gebe einen
Stern, an dessen Rand ein Teilchenstrahl vorbei geht.
Das Gravitationsfeld des Sterns mit dem Radius R werde
durch die Masse M hervorgerufen und die Teilchen
werden in y-Richtung abgelenkt.
y
α
R
x
M
[Haw]
α´
Die zugehörige Kraft ist
FY =
mMG
R2
= m&y& .
Nun wird angenommen, dass der Teilchenstrahl lediglich abgelenkt wird, wenn er sehr
nah am Stern vorbei läuft und sich im grau hinterlegten Bereich der Länge 2R
befindet. Für die Geschwindigkeit bei gleichbleibender Beschleunigung in y-Richtung
gilt
y& = &y& ⋅ t =
MG 2R
⋅
.
R2 v
Wenn dieser Teilchenstrahl nun aus Photonen besteht, dann geht die Geschwindigkeit
v in die Lichtgeschwindigkeit c über
y& =
2⋅M⋅G
.
R ⋅c
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Seminararbeit SS 2002
Suche nach Dunkler Materie
Der tatsächliche Ablenkwinkel ist in der Skizze α genannt, der Ablenkwinkel, den ein
Beobachter messen würde ist mit α´ bezeichnet.
Der Ablenkwinkel beträgt eigentlich
α = tan
y&
x&
aber wegen des nur kleinen Ablenkwinkels kann gesagt werden
α=
y& MG 2R 1 2MG
=
⋅
⋅ =
.
x& R 2 c c Rc2
Für die Berechnungen des exakten Ablenkwinkels und insbesondere des
Ablenkwinkels, den ein Beobachter sieht, würden hier zu weit führen. Diese
Rechnungen finden sich zum Beispiel im Buch „Teilchenastrophysik“ von KlapdorKleingrothaus und Zuber.
Eine wesentliche Korrektur liefert aber die allgemeine Relativitätstheorie, die einen
um den Faktor 2 größeren Ablenkwinkel vorhersagte. Dieser größere Winkel wurde
1919 tatsächlich bei einer Sonnenfinsternis experimentell nachgewiesen und bewies
die Richtigkeit der Allgemeinen Relativitätstheorie.
Massenbestimmung mittels Gravitationslinsen
Aus der korrigierten Formel
α=
4⋅M⋅G
R ⋅ c2
folgt für die Masse des ablenkenden Objekts
M=
α ⋅R ⋅c2
.
4⋅G
Im Jahr 1919 war die Masse der Sonne bekannt und es wurde Einsteins Aussage
bezüglich des Ablenkwinkels für Lichtstrahlen verifiziert. Heute wird aus der Stärke der
Ablenkung die Masse von Sternen und ganzen Galaxien bestimmt.
Der Gravitationslinsen-Effekt erzeugt
verschiedene Phänomene. Wird der
Lichtstrahl eines Sterns auf dem Weg zur
Erde
abgelenkt,
so
hängt
das
beobachtbare Phänomen zum Beispiel
davon ab, ob sich die ablenkende Masse
zentral vor dem leuchtenden Objekt
befindet und ob das Objekt völlig oder nur
teilweise bedeckt ist.
Ein Einsteinring ist zu sehen, wenn sich
genau in der Sichtlinie eines leuchtenden
Objektes eine Masse befindet, die das
[Tip]
Objekt vollständig bedeckt.
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Seminararbeit SS 2002
Suche nach Dunkler Materie
1.4
Aussagen der Messungen
Welche Ergebnisse liefern die angesprochenen Experimente? Die Rotationskurven
ergeben direkt, dass die äußeren beobachtbaren Sterne einer Galaxie nicht der Rand
der Galaxie sein können. Da die Masse einer Galaxie nach außen hin linear zunimmt,
die Anzahl von Sternen aber rapide abnimmt, kann daraus geschlossen werden, dass
der Großteil der Masse in der Galaxie nicht leuchtet.
Des weiteren sind die durch den Gravitationslinsen-Effekt und durch die Messung
der Rotationskurven gewonnene Abschätzungen für die Massen von Galaxien
wesentlich größer, als die Masse, die leuchtet und durch die Leuchtkraft-MasseBeziehung ermittelt wird. Es ist so, dass etwa 97% der Masse in Galaxien und im
Universum nicht leuchtet, also auch nicht direkt beobachtet werden kann. Diese
Dunkle Materie stellt aber einen sehr grossen Teil der gravitativ wechselwirkenden
Massen im All dar.
Wenn über Dunkle Materie gesprochen wird, werden nicht abstrus Spezialfälle von
Sternenrelikten oder andere seltene Objekte diskutiert, sondern es geht um die
Materie, woraus das Universum hauptsächlich besteht.
2.0
Kandidaten für Dunkle Materie
2.1
Uneigentliche Kandidaten
Es gibt verschiedene Ansätze, den derzeitigen Widerspruch zwischen dem Stand
der Physik und den nicht bestreitbaren Messergebnissen zu erklären. Einige Ansätze
versuchen die physikalischen Gesetze zu ergänzen. Solche Ideen werden
uneigentlichen Kandidaten genannt. Neue Beschreibungen der Beschleunigung oder
spezielle Gesetze zur Gravitation auf kleinen Skalen sind Beispiele solcher Ansätze.
Alle diese Modelle funktionieren jedoch nur als Lösungen für Teilaspekte der Dunklen
Materie und können damit nicht alle Probleme gleichzeitig lösen. Einen guten
Überblick über uneigentliche Kandidaten liefert das Buch „Teilchenastrophysik“ von
Klapdor-Kleingrothaus und Zuber.
In diesem Seminar soll es aber um einige sehr vielversprechende Kandidaten der
Teilchenphysik gehen, aus denen möglicher weise die Dunkle Materie besteht.
Die Physik unterscheidet zwischen baryonischen und nicht-baryonischen
Kandidaten. Aus beiden Gruppen werden Kandidaten vorgestellt. Kandidaten für
Dunkle Materie werden außerdem als heiß oder kalt bezeichnet, je nach dem ob ihre
Energie hauptsächlich aus der Ruhemasse besteht oder ob die Teilchen relativistische
Geschwindigkeiten, also gegenüber der Masse hohe kinetische Energie haben.
2.2 Baryonische Kandidaten
Mit baryonischen Kandidaten sind in erster Linie Protonen und Neutronen sowie
Objekte, die aus diesen Bausteinen bestehen, gemeint. Unter dieser Art von
Kandidaten werden die noch einiger maßen realitätsnahen Objekte wie Planeten,
schwarze Löcher, braune Zwerge, weiße Zwerge verstanden. Ein Körper der nur etwa
10% des Gewichts unserer Sonne hat, fängt nicht an zu leuchten und bleibt ein
brauner Zwerg. Hat ein Stern seinen Brennstoffvorrat verbraucht, so gibt es drei
mögliche Endzustände: weiße Zwerge, Neutronensterne oder Schwarze Löcher.
Welches Objekt entsteht, hängt von der Masse des verbrannten Sterns ab. Es stellt
sich die Frage, ob die Dunkle Materie aus schwarzen Löchern bestehen könnte?
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Seminararbeit SS 2002
Suche nach Dunkler Materie
Da alle Sterne im Universum
eine
bestimmte
Lebensdauer
haben
und
die
genannten
Überbleibsel nur durch verbrannte
Sterne entstehen können, ist die
Anzahl solcher Objekte begrenzt
durch das Alter des Universums.
Rechnungen ergeben, dass unser
Universum zu jung ist, als dass die
Dunkle Materie zum Beispiel nur
aus Schwarzen Löcher bestehen
könnte.
Deshalb suchen verschiedene
[Haw]
Gruppen nach MACHOs. Die
Abkürzung
steht für massiv
-5
compact halo objects. Diese Objekte sollen zwischen 10 und 100 Sonnenmassen
schwer sein und es wird versucht, sie indirekt mit dem Gravitationslinsen-Effekt
nachzuweisen. Da die gesuchten Objekte sehr klein und leicht sind, wird der Effekt
„micro-lensing“ genannt.
Micro-lensing
Wird der Gravitationslinsen-Effekt durch sehr kleine Objekte erzeugt, welche einen
beobachteten Stern nicht vollständig bedecken, so entsteht statt eines ganzen
Einsteinrings nur ein Zweifachbild.
Wenn die beiden entstehenden Bilder nicht als getrennte Objekte wahrgenommen
werden können, kommt es aufgrund des Durchgangs eines massiven, kompakten
Objekts zu Verstärkungen der Bilder von
Sternen. Dieses Phänomen ist für
Astronomen gut messbar, da alle
Wellenlängen gleichermaßen verstärkt
werden und weil solche Ereignisse in der
Regel mehrere Tage dauern.
Durch jahrelanges Beobachten von
Einzelsternen in der uns benachbarten
Großen Magellanschen Wolke, wollen die
MACHO- und die EROS-Kollaboration
diesen
Effekt
beim
Durchgang
verschiedener MACHOs in unserem Halo
beobachten. Es wurden bereits mehr als
100 solcher Ereignisse registriert.
Eigene Studien der Kollaborationen
über die Häufigkeit und Art dieser
Ereignisse schließen aber aus, dass
MACHO´s alleine die Dunkle Materie sein
können. Welchen Anteil an der Dunklen
[Kla]
Materie sie haben, bleibt allerdings noch zu
untersuchen.
Eine weitere Gruppe wird demnächst die Galaxie M31 (Andromeda) beobachten,
um in unserer Galaxie mit Hilfe des micro-lensing-Effekts weitere MACHO´s zu finden.
- 11 -
Seminararbeit SS 2002
Suche nach Dunkler Materie
2.3
Nicht-Baryonische Kandidaten - Neutrinos
Heute favorisieren viele Physiker gemischte Dunkle Materie. Die zugehörigen
Prozentzahlen schwanken, aber vermutet werden etwa 70% kalte und 30% heiße
Dunkle Materie, die zu 20% baryonisch und zu 80% nicht-baryonisch sein könnte.
Von der nicht-baryonischen Dunklen Materie haben Elementarteilchenphysiker
schon ganz genaue Vorstellungen. Sie muss stabil und elektrisch neutral sein,
schwach und gravitativ wechselwirken und wahrscheinlich ist sie sehr schwer.
Anderen Falls wäre sie längst zerfallen, sichtbar oder an Teilchenbeschleunigern
schon entdeckt.
Kandidaten aus dem Standardmodell - Neutrinos
Die einzig möglichen Kandidaten für nicht-baryonische, stabile und neutrale Dunkle
Materie, welche im Standardmodell vorkommen, sind die Neutrinos. Anhand einiger
Abschätzungen kann gesagt werden, ob Neutrinos als Überbleibsel aus dem Urknall
tatsächlich Kandidaten für Dunkle Materie sind.
Zunächst interessiert die Neutrinodichte im Universum. Sie kann auf die gleiche
du
Weise berechnet werden wie die Photonendichte. Aus der Planck-Formel für dω
folgt
dn γ
dω
=
1 du
⋅
.
hω dω
Für die Photonendichte nγ gilt mit der Energiedichte u
nγ =
1 du
∫ hω dω dω = 20,2 T
3
1
K 3 ⋅cm 3
.
Die Photonendichte hängt also nur von der Temperatur der Hintergrundstrahlung ab
und beträgt mit
T = 2,7K ⇒ n γ ≅ 400
1
cm 3
.
Die verwendete Formel lässt sich aber nicht für die Berechnung der Neutrinodichte
verwenden, da Neutrinos im Gegensatz zu den Photonen halbzahligen Spin haben,
also Fermionen sind. Nach dem Ersetzten der Bose-Einstein-Statistik durch die FermiStatistik in der Planck-Formel ist allerdings festzustellen, dass der konstante Faktor
7/8 die einzige Veränderung ist, um gültige Ergebnisse zu erhalten
nυ =
7
⋅ 20,2 T 3
8
1
K 3 ⋅cm 3
.
Mit einer Neutrinohintergrundtemperatur von T=1,95K ergibt sich für jede der drei
Neutrinosorten die Neutrinodichte
n υ ≅ 130
1
cm 3
.
Dieses Ergebnis wird später wieder verwendet werden.
Die bekannte Masse im Universum besteht hauptsächlich aus den Protonen. Wie
gross die Protonendichte im All ist, wird aus den Abschätzungen für die gesamte
Protonenmasse M und dem Volumen des Universums V gewonnen
- 12 -
Seminararbeit SS 2002
Suche nach Dunkler Materie
M = 1011 Galaxien ⋅1011 Sterne ⋅ 10 58
Protonen
Stern
= 1080 m p .
Mit einer ebenso kurzen Rechnung wird aus dem Durchmesser des Universums
dessen gesamtes Volumen abgeschätzt
V=
4
3
π ⋅ (1011 Ly) 3 ≅ 10 87 cm 3 .
Diese Ergebnisse liefern die Protonendichte des Alls
ρP =
10 80 m P
87
10 cm
3
=
1 Proton
.
10 m 3
Wenn davon ausgegangen wird, dass es im Universum 97% Dunkle Materie gibt,
dann ist die Energiedichte im All allerdings wesentlich grösser. Sie müsste
ρ=
3 Protonenmassen
m3
betragen. Dies entspricht einer fehlenden Energiedichte
∆u =
29 Protonenmassen
eV
≅ 3 ⋅ 10 9 3 .
3
10
m
m
Aus der Dichte der Neutrinos im Universum und der benötigten Energie folgt die
Masse, die ein Neutrino haben müsste, um die erwartete Energie zu erzeugen. Es gilt
mυ ⋅c2 =
eV
1
m3
1
⋅ 3 ⋅10 9 3 ⋅
≅ 8eV .
3
m 130 ⋅10 6 Stück
Dass dieser Wert mit einer sehr grossen Ungenauigkeit behaftet ist, lässt sich nicht
leugnen. Die Rechnung soll nur zeigen, in welcher Größenordnung die Neutrinomasse
etwa liegen muss.
Die Masse von Neutrinos ist noch nicht bekannt. Aber aus den Messungen an
solaren Neutrinos ist ermittelt worden, dass es Neutrino-Oszillation gibt und dass der
Massenunterschied der verschiedenen Neutrinos etwa
δm 2 = 10 −6 eV 2
beträgt.
Hierarchie oder Entartung?
Es gibt nun zwei Möglichkeiten. Entweder gibt es eine Hierarchie, bei der die
Masse des Elektronneutrinos Null ist und die anderen Neutrinomassen sind minimal
von Null verschieden, oder aber das Elektronneutrino hat eine signifikante Masse, die
den Massen der anderen Neutrinos ähnelt. Letzterer Fall wird Entartung genannt und
nur in diesem Fall kommen die Neutrinos für die Dunkle Materie in Betracht. Eine
Neutrinomasse nahe Null reicht nicht aus, um die Gravitationseffekte im Universum zu
erklären.
Das sogenannte Mainz-Experiment hat mit großer Wahrscheinlichkeit
ausgeschlossen, dass Neutrinos eine Masse größer als mv=2,8eV haben. Genauere
Messungen gibt es bislang nicht. Daher können erst zukünftige Messungen der
Neutrinomasse entscheiden, ob Dunkle Materie möglicherweise aus Neutrinos
besteht. Aber im Moment gelten Neutrinos nicht als wahrscheinliche Kandidaten für
die Dunkle Materie.
- 13 -
Seminararbeit SS 2002
Suche nach Dunkler Materie
2.4
Nicht-Baryonische Kandidaten - Exoten
In diesem Kapitel wird es um einen speziellen, exotischen Kandidaten gehen.
Dieser Kandidat für die Dunkle Materie folgt aus einigen Überlegungen zum HiggsBoson. Um direkt jedes Missverständnis zu vermeiden: es geht hier nicht um das
Higgs-Boson selbst!
Bekannt ist, dass das Higgs-Teilchen das letzte
Teilchen des Standard-Modells ist, welches noch nicht
nachgewiesen wurden. Es ist für das Standard-Modell
immens wichtig, da alle Teilchen erst durch
Wechselwirkung mit dem Higgs-Feld Masse erhalten.
Eine Besonderheit ist, dass die Quantenfeldtheorie dem
Higgs-Boson nicht, wie sonst üblich für Teilchen, nur
Dreipunktwechselwirkungen,
sondern
auch
Vierpunktwechselwirkungen gestattet.
Diagramme höherer Ordnung
Für ein Higgs können, genau wie bei anderen
Teilchen, Diagramme höherer Ordnung gezeichnet
werden. Hier wechselwirkt zum Beispiel ein Higgs-Boson
mit sich selbst, oder in diesem Bild wechselwirkt ein
Elektron mit seinem elektrischen Feld. Die Schleifen, die
hier eingezeichnet sind, entsprechen Integralen über die
Impulse.
In der Quantenelektrodynamik bewirken die
sogenannten Selbstenergiediagramme des Elektrons
[Ber]
eine Änderung der Elektronenmasse. Die gleiche Art von
Korrekturen muss es auch für die Higgs-Boson-Masse
geben.
Solche Integrale müssten im Grund von Null bis unendlich integriert werden
Λ
∫ c dp
.
o
Da Unendlich aber ein rein mathematischer Begriff ist, wird er durch physikalisch
sinnvolle Grenzen ersetzt. Daher wird als obere Grenze der Abschneideenergie Λ
allgemein
Λ = 1015 GeV
gewählt, dies ist die Energie, bei der die Vereinheitlichung aller Wechselwirkungen
erwartet wird.
In der Quantenelektrodynamik sind die Ergebnisse der Berechnungen nicht
problematisch, da es nur eine logarithmische Divergenz gibt
 Λ2
∆m e ∝ ⋅ln 2
m

 .


Für das Elektron ergibt sich folgendes Verhältnis aus der korrigierten Masse und der
nackten Masse des Elektrons
- 14 -
Seminararbeit SS 2002
Suche nach Dunkler Materie
me
≈ 1,7 .
m e,0
Schwierig sieht es hingegen bei den Korrekturen an der Higgs-Boson-Masse aus.
2
Hier taucht ein Λ auf, welches die Masse des Higgs-Teilchens unkontrollierbar
unendlich werden lässt. Dies wird das Problem der quadratisch divergenten Masse
genannt
∆M H ∝ c ⋅ Λ 2 .
Dieses Problem tritt auf, wenn ein Higgs mit sich selbst wechselwirkt oder sich
beispielsweise kurze Zeit in ein Elektron-Positron-Paar umwandelt.
Spin 0
Spin 1/2
∆m = −∞
∆m = +∞
Spin 1/2
Spin 0
∆m = −∞
∆m = +∞
Als Lösung des Problems dienen neue Teilchen. Ihnen wird die Eigenschaft
gegeben, dass sie die Masse des Higgs auf die gleiche Weise minus unendlich
werden lassen können. Diese Lösung ist deswegen denkbar, da sich in der
Quantenfeldtheorie Bosonen und Fermionen nur um ein Vorzeichen unterscheiden.
Die neu kreierten Teilchen werden Supersymmetrische ( SUSY- )Teilchen genannt.
Sie sollen bis auf den Spin identische Eigenschaften haben, wie alle üblichen
Teilchen. Es werden die sogenannten Sleptonen und Squarks, Gluinos, Binos, Winos
und Higgsinos vorhergesagt.
SUSY-Teilchen
Fermionen, also Elementarteilchen mit halbzahligem Spin wie Elektronen,
Protonen und Neutronen bekommen nun ein Gegenstück, welches ein Boson ist.
Bosonen mit ganzzahligem Spin, wie die Mesonen und die Photonen, erhalten
Fermionen als Partner. Die Erweiterung des Standardmodells, in dem möglichst
wenige neue Parameter eingeführt werden, wird das minimale supersymmetrische
Standardmodell ( MSSM ) genannt.
Für die Suche nach Dunkler Materie sind vor allem das Wino, Zino, Photino und
die Higgsinos von Interesse
~
W±
~0
Z
~γ
~0
H 1,2
~
H±
Aus diesen Teilchen des MSSM setzen sich durch Linearkombinationen die
sogenannten Charginos und die Neutralinos zusammen. Theoretiker kennen die
Eigenschaften dieser Teilchen, welche modellabhängig berechenbar sind. Die
Wirkungsquerschnitte hängen von den genauen Massen der neuen Teilchen.
Neutralinos sind deswegen so interessant, weil sie die leichtesten, also auch die
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Seminararbeit SS 2002
Suche nach Dunkler Materie
stabilen SUSY-Teilchen sind. Daher tragen sie den Namen LSP, lightest
supersymmetric particle. Die untere Massengrenze, die experimentell ermittelt wurde,
beträgt derzeit
M LSP ≥ 50 GeV
.
2
c
Diese Teilchen sind zur Zeit guten Kandidaten für die Dunkle Materie und es gibt
schon Experimente, die indirekt Neutralinos nachweisen.
SUSY-Teilchen haben die Eigenschaft, dass sie sich paarweise erzeugen und
vernichten. Nun gibt es eine grosse Anzahl von Möglichkeiten, was mit den erzeugten
SUSY-Teilchenpaare passieren kann. Als Beispiele sind hier einige NeutralinoVernichtungen abgebildet. Markiert sind einige der zu erwartenden Reaktionen, deren
Reaktionsprodukte schliesslich in ein Elektron-Positron-Paar zerfallen. Aufgrund der
grossen Massen, die zerfallen, erhalten die Elektronen und Positronen hohe
kinetische Energien. Das werden wir in den folgenden Diagrammen sehen.
-
+
e ,e
-
+
e ,e
-
+
e ,e
[Wim]
Wenn es Neutralinos als Überbleibsel des Urknalls im Universum gibt, dann
erzeugen sie ständig eine bestimmte Menge von Elektronen und Positronen. Diese
Elektronen und Positronen gibt es aber im herkömmlichen kosmologischen
Standardmodell nicht, so dass Messungen der Häufigkeit von Elektronen und
Positronen im All von der Vorhersage des Standardmodells abweichen müssten.
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Seminararbeit SS 2002
Suche nach Dunkler Materie
Indirekter Nachweis von Neutralinos
Messungen dieser Art hat
es in den Jahren 1994 und
1995 gegeben. Das HighEnergy-Antimatter-Telescop
(HEAT) hat Elektronen und
Positronen an einem Ballon in
der
oberen
Atmosphäre
detektiert und es wurden
auffällige Abweichungen vom
kosmologischen
Standardmodell festgestellt.
In diesem Diagramm ist
auf der x-Achse die Energie
und auf der y-Achse der
Quotient aus der Anzahl von
Positronen und der Summe
aus
Elektronen
und
Positronen aufgezeichnet. Die
durchgezogenen Linien sind
Vorhersagen
aus
dem
Standardmodell
und
die
Punkte sind die Messungen
von HEAT.
[Wim]
Wenn das Standardmodell erweitert wird, gelingt es, die freien Parameter so zu
wählen, dass die Vorhersage mit den Messungen von HEAT exakt übereinstimmt. Die
eingezeichneten Messpunkte von AMS-02 zeigen, welche Ergebnisse die
Teilchenphysiker in den nächsten Jahren zu messen hoffen.
+
+
-
e /(e +e )
AMS-01
HEAT
Vorhersage AMS-02
[Sch]
positron energy [GeV]
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Seminararbeit SS 2002
Suche nach Dunkler Materie
Das Brilliante an der Idee der SUSY-Teilchen ist, dass diese Teilchen nicht nur das
Problem der Dunklen Materie lösen würden, sondern sie würden im Modell auch eine
Symmetrie zwischen Bosonen und Fermionen schaffen. Das so erweiterte
Teilchenspektrum würde sogar dafür sorgen, dass sich die drei Kopplungskonstanten
α für grosse Energien in einem Punkt vereinigen würden. Gerade diese universellen,
viele Probleme lösenden Eigenschaften machen die SUSY-Teilchen zu derzeit ganz
heissen Kandidaten.
[Wim]
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Seminararbeit SS 2002
Suche nach Dunkler Materie
Das AMS-02 Experiment
[Sch]
Ab dem Jahre 2005 soll das
AMS-02 Spektrometer auf der
Internationalen Raumstation für
einen Zeitraum von drei bis fünf
Jahren eingesetzt werden. Das
Kernstück von AMS-02 soll ein
Magnetspektrometer
mit
supraleitendem Magneten und
Siliziumstreifenzählern
zur
Auslese
sein.
Zur
Teilchenidentifizierung
dienen
ein
Übergangstrahlungsdetektor,
ein RICH-Cherenkovzähler, ein
Kalorimeter, ein Flugzeitzähler.
Mit dem AMS-02-Experiment
auf
der
Internationalen
Raumstation ISS ist es möglich,
[Sch]
über Jahre Elektronen und
Positronen im Universum zu detektieren. Das AMS-Experiment wird also in der Lage
sein, das minimal supersymmetrische Standardmodell zu beurteilen. Anschliessend
werden sich herausstellen, ob die Korrektur an der Higgs-Masse mit SUSY-Teilchen
handhabbar ist und ob Dunkle Materie aus nicht-baryonischen Teilchen besteht.
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Suche nach Dunkler Materie
Quellennachweis
[Ber]
C. Berger, Elementarteilchenphysik, 2002
[Haw]
S. Hawking, Das Universum in der Nußschale, 2001
[Kla]
H.V. Klapdor-Kleingrothaus / K.Zuber, Teilchenastrophysik,1997
[Sch]
S. Schael, Seminar MPI für Physik, Januar 2002
[Tip]
P.A. Tipler, Physik, 1995
[Wim]
W. de Boer, AMS Dark Matter WG, April 2002
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