Fortbildung Schweiz. Zschr. GanzheitsMedizin 2008;20(6):332–335. © Verlag für GanzheitsMedizin, Basel. www.ganzheitsmedizin.ch Somatoformer Tinnitus, Aggravation und Simulation 6. Tinnitus-Fortbildungstagung, Universität Zürich-Irchel, 29./30. August 2008 U nter der Schirmherrschaft von pro audito schweiz (Organisation von Menschen mit Hörproblemen, www.pro-audito.ch) hatte die Schweizerische Tinnitus-Liga (www.tinnitusliga.ch) zur 6. Tinnitus-Fortbildungstagung für Fachpersonen nach Zürich eingeladen. In seiner Begrüssung gab PD Dr. Dr. Andreas Schapowal, Präsident der Schweizerischen TinnitusLiga, einen kurzen Überblick über die inhaltlichen Schwerpunkte der Tagung: somatoformer Tinnitus sowie Aggravation und Simulation – neben Vorträgen zur Musik- und Psychotherapie. singer die Injektionstechniken der therapeutischen Lokalanästhesie von als relevant erkannten Triggerpunkten, Nerven und Ganglien. In der Diskussion wurde klargestellt, dass neben dieser Lokalanästhesie weitere gute Therapieoptionen durch manualmedizinische Therapie, Physiotherapie, physikalische Therapie und medizinische Trainingstherapie bestehen. Bei pathologischen Befunden an der Halswirbelsäule sollte die gesamte Wirbelsäule einschliesslich der Kreuz-Darmbein-Gelenke untersucht und ggf. therapiert werden. Aggravation und Simulation Somatoformer Tinnitus Dr. med. Eberhard Biesinger, HNOArzt aus Traunstein und Präsident der European Federation of Tinnitus Associations (EUTI), stellte in seinem Vortrag „Somatoformer Tinnitus – Diagnose und Therapie“ die Verknüpfung des Tinnitus mit dem muskulo-skelettalen System der Halswirbelsäule und dem stomatognaten Apparat dar. Bei den von ihm betreuten Patienten lassen sich Modulationen des Tinnitus durch Bewegungen oder auch Druckpunkte an der HWS und des Kiefergelenkes bei 60% aller Tinnitus-Patienten nachweisen. Voraussetzung hierfür ist die Untersuchung in einem stillen Raum wie z.B. der Kabine für die Hörprüfung. Neuronale Grundlage für diese Verknüpfungen sind afferente Verbindungen zum Nucleus cochlearis dorsalis. Dieses Kerngebiet integriert die somatischen Einflüsse in das Hörzentrum. Die zuständigen peripheren Nerven sind der Nervus trigeminus und aus der HWS insbesondere die Spinalnerven aus dem Segment C 2/3. Die manuellen Untersuchungstechniken zur Suche nach einem somatosensorischen Tinnitus wurden anschaulich dargestellt. Als Therapie der Wahl zeigte Dr. Bie332 Das „heisse Eisen“ der Problematik der Aggravation und Simulation bei Tinnitus packte Prof. Dr. med. Gerhard Goebel, Chefarzt an der Klinik Roseneck in Prien und Vizepräsident der DTL, in seinem Vortrag an. Tinnitus ist ein Symptom, das sich nicht so leicht „demonstrieren“ lässt wie z.B. eine Schwerhörigkeit oder Schwindel. Problematisch ist, dass es keine „Objektivierung“ einer Simulation gibt, es sei denn, der Simulant „gesteht“. Aus diesem Grunde ist die Dunkelziffer hoch. Häufiger ist eine Aggravation, d.h. es besteht ein Tinnitus, der in seinem Ausmass bewusst überbewertet und übertrieben dargestellt wird. Bei Simulation werden Beschwerden geschildert, die so nicht erlebt werden – im Gegensatz zur psychogenen Störung, die so geschildert und erlebt wird. Differenzialdiagnostisch ist an ein Münchhausen-Syndrom, eine Hypochondrie, eine Konversionsstörung sowie eine Somatisierungsstörung zu denken. Eine Simulation ist eher wahrscheinlich, wenn 1) ein medikolegaler Zusammenhang der Symptom-Entstehung diskutiert wird (z.B. vom Anwalt geschickt), 2) erhebliche Diskrepanzen zwischen den angegebenen Symptomen, dem an- Schweiz. Zschr. gegebenen Stress und der Behinderung zu den objektiven Befunden bzw. Verhaltensbeobachtung bestehen, 3) mangelnde Kooperation während Diagnostik und mangelnde Compliance bei der verordneten Behandlung auffällt – Simulanten wollen nicht geheilt werden, sie wollen eher beweisen, dass keine Behandlung hilft – und schliesslich 4) das Vorhandensein einer „Antisozialen Persönlichkeitsstörung“ besteht. Die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Simulation und Aggravation steigt, wenn ein eindeutiger Krankheitsgewinn als Motivation für die Vortäuschung möglich ist, wenn ein externaler Ansporn für eine Übertreibung oder Fabrikation von Tinnitus anzunehmen ist, Streitigkeiten nach einer Verletzung durch eine andere Person angegeben werden, ein Rentenwunsch besteht oder der Betroffene sich einer Strafverfolgung oder dem Militärdienst entziehen möchte. Da Simulation im Verlauf der Zeit meist zur sekundären Entwicklung einer tatsächlichen psychischen Fehlhaltung führt, kann auch Simulation tatsächlich invalidisierend sein. Es kann so weit kommen, dass sich ein Tinnitus einstellt, der willentlich nicht mehr beeinflussbar ist. In der Regel ergibt sich der Verdacht auf eine Simulation von Tinnitus dann, wenn auch eine Aggravation/Simulation beim Tonund Sprachaudiogramm auffällt. Die diskutierte Problematik wurde an einem exemplarischen Fallbericht dargestellt. Musik- und Hörtherapie „Musikhören als Teil musik- und hörtherapeutischer Behandlung bei Tinnitus und Hyperakusis” war das Thema von Dipl. Musikerin Elisabeth Sigron Krausse, als Hör- und Musiktherapeutin an der Klinik Waldhaus in Chur tätig (www.tinnitusklinik.ch). Bewusstes und wiederholtes Hören ausgewählter Mu- GanzheitsMedizin 20 (6), Oktober 2008 Fortbildung sikstücke ist ein wichtiger Baustein der erlebnis- und übungszentrierten Therapie. Neben dem Training der Wahrnehmung geht es darum, das Zuhören und die Empfänglichkeit des Hörers für tinnitusferne Hörreize zu fördern und sich über die Musik zugleich auf das eigene Erleben einzulassen. Bewusstes Hören ist auch immer ein aktiver Vorgang, bei welchem die Musik ihre Wirkung erst im Umgang des Menschen mit ihr entfalten kann: Bewusstes Hören ist mehr als nur ein Mittel zum Training gelenkter Aufmerksamkeit. Grosse Philosophen, Musiker und Theologen waren davon überzeugt, dass besonders die grosse abendländische Musik den Menschen geistig fördern und heilen könne. Zunächst geht es darum, mit dem Patienten über die Musik einen Ort zu finden, an den er sich gern begibt, der für ihn mit angenehmen Bildern und Empfindungen, vielleicht auch konkreten Erinnerungen verbunden ist, den er selbst ausgesucht hat. Musik kann uns auf emotional-seelischer Ebene nähren, Stabilität, Geborgenheit, Unbeschwertheit vermitteln, Bestätigung geben. Mit ihr kann Neues, mitunter Unerwartetes entdeckt und Probleme können einer Lösung zugeführt werden. Wiederholtes, bewusstes Hinhören auf ein- und dieselbe Musik fördert zugleich das Vertrautwerden mit den Klängen und ermöglicht das Erproben verschiedener Arten des Hörens. Patienten berichten, dass die Fähigkeit, die Musik innerlich vorauszuhören, ihren Hörgenuss erhöhe. Patienten, die sich neben Ohrgeräuschen auch durch Höreindrücke ihrer Umgebung beeinträchtigt fühlen, zeigen häufig einen ausgeprägten Hörrückzug, meiden neben geräuschvolleren Umgebungen zunehmend auch ganz alltägliche Situationen, mitunter auch Musik. Häufig leiden sie unter Konzentrationsminderung, Müdigkeit und Antriebslosigkeit. Ziel des Musikhörens ist es, diese Patienten über die Musik wieder zu einem genussvollen Hören zu locken, ihren Hörrückzug schrittweise umzukehren. Mitunter gehen Patienten mit Musik auch sehr exzessiv um. Radiokonsum, zum Teil rund um die Uhr, führt zu Überreizung. Ziel ist es hier, zu bewussterem, genuss- und massvollerem Umgang mit Musik zu ermuntern und inzwischen „überlagerte“ Höreindrücke der Umgebung neu zu entdecken und zu geniessen. Mögliche Vorgehens- und Wirkungsweisen bei der Rezeption von Musik in der musikund hörtherapeutischen Behandlung von Tinnitus und Hyperakusis wurden an einem Fallbericht verdeutlicht. Wirksamkeit stationärer Therapie Dr. med. Svjetlana Vinkovic, Co-Chefärztin der Klinik Waldhaus, zeigte die Ergebnisse einer Untersuchung über die „Wirksamkeit der stationären Therapie bei Tinnitus und Hyperakusis“. Im Zeitraum von 2006 bis 2008 wurden über 80 Tinnitus-Patienten stationär in der Tinnitusklinik behandelt, die unter schwergradigem Tinnitus unterschiedlicher Genese litten. Die Patienten wurden zum grössten Teil von HNOÄrzten aus der ganzen Schweiz, aber auch von niedergelassenen Psychiatern/Psychotherapeuten in die Tinnitusklinik eingewiesen. Die Untersuchung umfasste 60 Tinnitus-Patienten (18 Frauen, 42 Männer, Alter 22–78 Jahre, im Mittel 49,5 Jahre), deren Zufriedenheit mit der Therapie mit einem speziellen Fragebogen gemessen wurde. Die Patienten litten zwischen 6 Monaten und 10 Jahren unter dem Tinnitus. Signifikante Reduktionen der Symptomatik wurden in den tinnitusspezifischen Bereichen der emotionalen, kognitiven und psychischen Belastung, bei der Penetranz des Tinnitus und im Gesamtscore des Tinnitus-Fragebogens nach Goebel und Hiller erzielt. Die psychische Symptomatik ver- besserte sich signifikant in den Bereichen Depressivität, Somatisierung, psychosomatische Symptome, Aggressivität, Zwanghaftigkeit und globale psychische Belastung. Diese Untersuchung bestätigt die positive Wirkung des stationären Behandlungskonzeptes der Tinnitusklinik in Chur. Sie wird im Sinne einer kontinuierlichen Qualitätskontrolle fortgesetzt. Die Beziehungsgestaltung in der Psychotherapie Dr. phil. Franz N. Brander, Fachpsychologe für Psychotherapie aus Zürich, sprach über „Beziehungsgestaltung in der Psychotherapie“. Die durch Tinnitus erzwungene Lautbelästigung, für welche es kaum eine vernünftige Erklärung gibt, schafft in der psychotherapeutischen Praxis eine Situation, in der auf die geäusserten Ängste eines sich verschlimmernden Verlaufes reagiert werden muss. Das drängende Verlangen nach Klärung der Lautbelästigung ohne entsprechende Hilfestellung löst Unverständnis und Ärger aus. Fokussiert sich der Tinnitus-Betroffene auf diese eine Störung und nimmt sie als unaushaltbare Qual war, verhindert dies ein gemeinsames Gespräch. Es besteht einzig das Verlangen, den Tinnitus wieder zu verlieren. Eine verärgerte Stimmung, weil dem nicht entsprochen wird, zusammen mit dem Unwillen, über die eigene Lebensgestaltung nachzudenken, verlangen vom Psychotherapeuten viel Verständnis für die qualvolle Belästigung des Betroffenen. Helfen zu müssen, aber nicht helfen können, Opfer von Umständen zu sein, aber nichts dagegen unternehmen zu können – hier bietet sich die Gelegenheit, Beziehungen so gestalten zu lernen, dass nicht Ärger und Wut bzw. Ohnmacht und Hilflosigkeit die Verhältnisse belasten, sondern Interesse an Lebensalternativen entsteht. Dies bleibt nicht ohne Einfluss auf die Tinnituserfahrung. OrganisatorInnen und ReferentInnen der Tinnitus-Tagung 2008 (vlnr): Dr. Eberhard Biesinger, Helmut Gassner, PD Dr Dr. Andreas Schapowal, Barbara Wenk, Prof. Dr. Gerhard Goebel, Dr. Svjetlana Vinkovic, Dr. Franz N. Brander, Elisabeth Sigron Krausse, Anita Schär. Fortbildung Der Geist und seine Funktionen Die Utilisationstechnik in der Psychotherapie Der zweite Tagungstag wurde gestaltet von lic. phil. Anita Schär, Fachpsychologin für Psychotherapie aus Baden (www.schaer-psychologie.ch) und Vorstandsmitglied der STL. Am Morgen lernten wir von ihr die acht BrokatÜbungen des Qi-Gong. Das chinesische „Qi“ ist dem hinduistischen „Prana“ vergleichbar und bedeutet Lebensenergie verstanden als die Verbindung von Körper und Geist. Qi-Gong soll das Qi Ginkgo biloba und Tinnitus Die Wirksamkeit von Ginkgo biloba-Extrakt bei Tinnitus wird kontrovers diskutiert. Positive Befunde aus kontrollierten klinischen Studien rechtfertigen jedoch einen Therapieversuch mit Ginkgo biloba-Extrakt, vor allem auch wegen seiner guten Verträglichkeit: «Die Intention-to-treat-Analyse ergab für den primären Endpunkt (Besserung des Tinnitus im am stärksten betroffenen Ohr) eine signifikante Überlegenheit von Ginkgoextrakt (p<0.05) gegenüber Placebo.» Morgenstern C, Biermann E: The efficacy of Ginkgo special extract in patients with tinnitus. A randomized double-blind trial. Int J Clin Pharmacol Ther 2002;40(5):188–97. «Die Analyse von acht kontrollierten klinischen Studien zeigt bei Tinnitus-Patienten eine statistisch signifikante Überlegenheit von Ginkgoextrakt gegenüber Placebo.» Holstein N: Ginkgo special extract in tinnitus therapy. An overview of results of completed clinical trials. Fortschr Med Orig 2001;118(4):157–64. «Patienten mit idiopathisch bedingtem plötzlichem Hörverlust (ISSHL = Idiopathic Sudden Sensorineural Hearing Loss) erleben unter Ginkgoextrakt bereits nach der ersten Therapiewoche eine deutliche Besserung ihres Hörvermögens bis hin zur vollständigen Gesundung nach acht Wochen Therapie.» Burschka MA, Hassan HA, Reineke T, van Bebber L, Caird DM, Mösges R: Effect of treatment with Ginkgo biloba extract (oral) on unilateral idiopathic sudden hearing loss in a prospective randomized double-blind study of 106 outpatients. Eur Arch Otorhinolaryngol 2001;258(5):213–9. redaktion ungehindert fliessen lassen, so die Gesundheit erhalten oder durch Aktivierung der Selbstheilungskräfte wiederherstellen. „Ba Duan Yin“, wörtlich übersetzt „acht Stücke aus Brokat“ sollen vom Marschall Yüe Fei (1103–1142) für den chinesischen Kaiser zusammengestellt worden sein. Den Namen bekamen die Übungen wegen ihrer Kostbarkeit vergleichbar mit Brokat. Danach konnten wir mit angeregten Sinnen und gestärkter Konzentration das Finale dieser interessanten Tagung geniessen. Anita Schär führte uns in ihrem Vortrag „Die Utilisationstechnik in der Psychotherapie“ in die Hypnotherapie ein. Der Begriff „Utilisation“ geht auf MILTON H. ERICKSON (1901–1980), den Vater der Hypnotherapie zurück. Utilisation bedeutet Nutzbarmachung vorhandener Ressourcen, der Lebensund Leidenserfahrung des Patienten, auch seiner Widerstände. Wie stark die eigenen Ressourcen sind, hatte Erickson selbst eine schwere Legasthenie und eine schwere Kinderlähmung erfahren. Durch Motivation und unermüdliches Üben erreichte er seine körperliche Stärke zurück, studierte Psychologie und Medizin und lehrte als Professor für Psychiatrie in Detroit. Vor Erickson war die Lehrmeinung, dass Psychotherapie die Kooperation des Klienten voraussetzt. Mit der Utilisationstechnik kehrte Erickson diesen Grundsatz um: Utilisation setzt die Kooperation des Therapeuten voraus. Die Kooperation des Klienten ist in irgend- Schweiz. Zschr. einer Form gegeben, sonst hätte er den Therapeuten nicht aufgesucht. Utilisation bedeutet Erickson zufolge, „des Patienten eigene mentale Prozesse in einer Art nutzen, die ausserhalb des üblichen Bereiches seiner Absichten und seiner willkürlichen Kontrolle liegt“. In einer psychotherapeutischen Arbeit nach diesem Prinzip der Utilisation fühlt sich der Klient „zu Hause“, hat weniger Angst und akzeptiert den Therapeuten als Begleiter in ein Gebiet, wo eine sonst nicht übliche Art des Denkens und Vorstellens möglich wird, denn übliche Denkmuster können kreative Lösungen verunmöglichen, weil sie einschränken. Die verschiedenen Formen der Utilisation wurden in filmischen Ausschnitten aus der eigenen psychotherapeutischen Arbeit und in Fallberichten von Erickson vorgestellt. Wir sahen, wie alle Sinne in der Hypnotherapie angesprochen und angeregt werden und mit Metaphern Verbindungen zu Erinnerungen, Erlebtem und Erlittenem des Patienten geschaffen, aber auch Brücken zu möglichen Lösungen gebaut werden. Die Schweizerische Tinnitus-Liga und pro audito schweiz werden auch in den kommenden Jahren ihre Bemühungen um die kontinuiertliche Fortbildung zu Tinnitus und Hyperakusis fortsetzen. Wir werden uns dabei um die Kooperation mit den Schweizer Universitäten bemühen. Das 20-jährige Jubiläum der STL soll 2010 mit einem internationalen Symposium gefeiert werden. GanzheitsMedizin 20 (6), Oktober 2008 335 Bericht:: PD Dr. med. Dr. h. c. Andreas Schapowal Traditionell endete der erste Tag der Tagung mit einem philosophischen Vortrag. Zum Thema „Der Geist und seine Funktionen. Was ist der ‘Geist’? Was ist ‘Denken’?” referierte Dipl.-Ing. Helmut Gassner, buddhistischer Mönch aus Feldkirch (www.letzehof.at). Sind diese Ausdrücke lediglich Bezeichnungen für funktionelle Abläufe im Gehirn eines Menschen? Im zeitgenössischen westlichen Denken wird die Auffassung, alles ‘Geistige’ als gänzlich physischen Vorgang verstehen zu wollen, immer stärker. Die Erklärungen des Buddha enthalten sehr genaue und detaillierte Beschreibungen des Geistes in seinem Zusammenwirken mit dem Körper. Zweifellos spielt der Körper eine entscheidende Grundlage für die Vorgänge des Geistes – aber der Körper, oder Teile des Körpers, sind nicht der Geist. In den Beschreibungen des Geistes werden zwei essentielle Eigenschaften festgehalten: 1. Der Geist ist kein materielles Phänomen, 2. Jeder Zustand von Geist erfasst ein Objekt. Eine andere Definition von Geist ist „klar und erkennend“. Daraus ergibt sich eine entscheidende Frage: Wie kann das nichtmaterielle Objekt Geist mit dem materiellen Objekt Körper zusammenwirken? Wann tritt der erste Moment von ‘Geist’ im entstehenden Körper eines Menschen auf? Wann ist der letzte Moment von ‘Geist’ im Körper eines sterbenden Menschen vorhanden? Eine hochinteressante Diskussion über diese und andere Fragen schloss sich an. Wer Interesse hat, dieses Thema zu vertiefen, dem sei das Buch von Geshe Rabten „Der Geist und seine Funktionen“, erschienen in der Edition Rabten (ISBN 3-905497-46-8), empfohlen.