Heinrich Kremer Die stille Revolution der Krebs

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Heinrich Kremer
Die stille Revolution der Krebs- und Aidsmedizin
Leseprobe
Die stille Revolution der Krebs- und Aidsmedizin
von Heinrich Kremer
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III. Das AIDS-Rätsel
Warum die AIDS-Krankheiten fehlgedeutet wurden die Hemmung der Gasabwehr ist die Ursache der erworbenen Immunzellschwäche
Der erste medizinische Report über eine lebensgefährliche opportunistische Erkrankung bei homosexuellen Männern in den USA wurde am 5. Juni 1981
von der Überwachungsbehörde für Krankheiten, den
Centers for Disease Control (CDC) im wöchentlichen
Bericht über Krankheiten und Sterblichkeit publiziert
(CDC 1981 a). Es handelte sich bei den Patienten um
fünf "aktive Homosexuelle" im Alter zwischen 29 und
36 Jahren, die im Zeitraum von Oktober 1980 bis Mai
1981 in zwei Krankenhäusern in Los Angeles behandelt wurden. Die fünf Patienten hatten keinen sexuellen Kontakt miteinander gehabt. Sie litten an einer
Pilzinfektion der Lunge, die zu einer seltenen
Lungenentzündung geführt hatte, der Pneumocystis
Carinii Pneumonia (PCP), an einer früheren oder aktuellen Cytomegalie-Virus (CMV)- Infektion sowie an
einer Candida-Pilzinfektion der Schleimhäute. Zwei
der Patienten waren verstorben.
Bei drei der fünf Patienten waren Studien über die
Anzahl und Reaktionsfähigkeit der Immunzellen im
Blutserum durchgeführt worden. Bei allen drei
Patienten zeigten sich "hochgradig verminderte THelferimmunzellzahlen und eine hochgradig verminderte Proliferationsantwort (Reifungshemmung) in
vitro (im Reagenzglas) nach Stimulation durch
Mitogene (Substanzen, welche die Zellteilung anregen)
und Antigene (Substanzen, welche die T-Helferimmunzellen aktivieren)".
Die klinischen und immunologischen Befunde der
ersten medizinhistorisch
als AIDS-Fälle diagnostizierten Patienten
Der Report enthält keine Angaben zu vorhergehendem
Konsum von Antibiotika oder Substanzen gegen Pilze
(Antimykotika), Parasiten oder Protozoen (Antiparasitika) oder Virusinfektionen (Anti-Virustatika),
Chemotherapeutika oder Corticosteroide. Es heißt lediglich lapidar: "Die fünf Patienten hatten keine verDie stille Revolution der Krebs- und AIDS-Medizin
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gleichbare Vorgeschichte von sexuell übertragbaren Krankheiten". Die
Nichterhebung oder mangelhafte Erforschung der vorhergehenden Einnahme von
ärztlich verschriebenen oder nicht verschriebenen Antibiotika usw. sollte zum
Kennzeichen der künftigen AIDS-Medizin und der einschlägigen klinischen
Publikationen werden.
Im Falle der fünf Patienten in Los Angeles wurde bei vier Patienten eine frühere
Hepatitis vom Typ B durch Untersuchung des Blutserums festgestellt, aber keine
aktuellen Hepatitis-S-Oberflächen-Antigene. Ohne jede weitere Erläuterung oder
Diskussion wird in einem einzigen Satz beiläufig festgestellt: "Alle fünf Patienten
berichteten über den Gebrauch von Inhalations-Drogen, ein Patient berichtete
intravenösen Drogengebrauch."
Dieser medizinhistorische Erstbericht über AIDS-Indikatorkrankheiten bei homosexuellen Patienten wurde ein halbes Jahr später für vier der fünf Patienten
ergänzt durch einen klinischen Report der behandelnden Ärzte der
Universitätsklinik in Los Angeles (Gottlieb 1981). Dieser zweite Bericht enthält
ausführlichere Angaben zu den immunologischen Daten und zum klinischen
Verlauf.
"Diese Patienten präsentieren ein bestimmtes und ungewöhnliches klinisches
Syndrom. Alle waren ausschließlich Homosexuelle und waren in exzellentem
Gesundheitszustand vor Ende 1980. Ihre medizinische Geschichte zeigte keine
zuvor erkennbare Immunzellschwäche. Alle waren anergisch (Reaktionslosigkeit
der zellvermittelten Immunität bei Stimulation durch Mitogene, Antigene und
andere Substanzen) und hatten Infektionen, bei denen die zeih/ermittelte
Immunität die Hauptrolle bei der Immunabwehr spielt. PCP, ausgedehnte
Candida-Pilzinfektionen der Schleimhäute und chronische ZytomegalievirusFreisetzung waren einheitlich vorhanden ... Die auffallendsten Abnormalitäten
waren das beinahe totale Verschwinden der T-Helferimmunzellen und ein abnorm erhöhter Prozentsatz von Suppressorlymphzellen ... Die absoluten
Zellzahlen in beiden Untergruppen waren erniedrigt. Die Abwesenheit praktisch
der gesamten T-Helferimmunzellen im Blutserum war unzweifelhaft der
Hauptfaktor, der zu der schwer wiegenden zellulären Immunschwäche beigetragen hat, die bei unseren Patienten beobachtet wurde. Der auslösende
Mechanismus für diese spezielle Einflussnahme auf die Untergruppe der THelferimmunzellen ist noch unklar, da für Zytomegalie-Viren nicht demonstriert
werden konnte, dass sie Untergruppen von Lymphzellen direkt infizieren ... Wir
denken an die Möglichkeit, dass eine Zytomegalie-Virusinfektion eher ein
Resultat statt die Ursache des T-Helferimmunzell-Defektes war, und irgend ein
anderer Kontakt mit einem unentdeckten Mikroorganismus, einem Medikament
oder einem Toxin diese Patienten empfänglich gemacht hat für opportunistische
Infektionen einschließlich Zytomegalie-Virusinfektion ... Die Erklärung für die
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gleichzeitig erhöhten Spiegel der Antikörper der Immunglobulin-Klasse A bleibt
unklar ..." (Gottlieb 1981). Zusammenfassend stellten die Universitätsärzte fest:
"Alle Patienten zeigten Anergie und Verarmung an Lymphozyten, sie hatten keine
Reifungsreaktionen der Lymphozyten gegen lösliche Antigene und ihre Antworten
auf Stimulation durch Phytohämagglutinin (ein Mitogen) waren deutlich reduziert" (Gottlieb 1981).
Diese klinischen und immunologischen Befunde wurden zur gleichen Zeit von
mehreren medizinischen Zentren in New York bei ausschließlich homosexuellen Patienten mit AIDS-Indikator-Krankheiten bestätigt: "Keiner der Patienten
hatte eine Reaktivität der Haut gegen irgendeines der getesteten Antigene. Diese
Anergie war vorhanden während der akuten Krankheit und dauerte bei den
Patienten an, deren verzögerte Hypersensitivität der Haut (englisch: delayed
type hypersensitivity, DTH, ein Routinetest zur Reaktionsfähigkeit der
Immunzellen in der Haut mittels einer Vielfalt von Mikrobentoxinen und anderen Substanzen) getestet worden war, mehr als zwei Wochen nach dem klinischen Abklingen der Pneumocystis-Carinii-Lungenentzündung. Die Patienten
hatten niedrigere Proliferationsantworten (der T-Helferimmunzellen) gegen verschiedene Mitogene, Antigene und Fremdzellen (molekulare Substanzen und
Zellen, welche die Aktivierung und Teilung von Lymphimmunzellen anregen)
als altersgleiche Personen, die simultan getestet wurden. Die Antworten repräsentierten die maximale Lymphozytenteilung, die mit einer Konzentrationsreihe
von stimulierenden Substanzen und Zellen ausgelöst werden konnten. Da nur
gepooltes (angereichertes) normales menschliches Serum als Ergänzung des
Lymphozyten-Kulturmediums eingesetzt wurde, ist es nicht möglich, dass
Serum-Suppressorfaktoren eine Rolle spielten bei diesen abnorm niedrigen
Reaktionen. Eine geschädigte zelluläre Immunantwort wurde bei Patienten im
Vergleich zu den Kontrollen, auch in Reagenzglasstudien, beobachtet bei kultivierten Lymphozyten mit nicht spezifischen Induktoren der T-HelferlymphzellAktivierung: Phytohämagglutinin, Concanavalin A und dem T-Helferlymphzellabhängigen Induktor der Teilung von B-Lymphzellen, Pokeweed-Mitogen.
Lymphozyten-Antworten auf die mikrobiellen Aktivatoren Candida albicans,
Staphylococcus aureus, Escherichia coli und gereinigte Protein-Derivate von
Tuberculin waren ebenfalls erniedrigt. Diese Tests der Lymphozyten-Teilung
wurden durchgeführt, als die Patienten nicht akut krank waren. Zusätzliche
wiederholte Untersuchungen mehr als einen Monat nach der ersten
Untersuchung bestätigten denselben Typ der abnorm erniedrigten Antworten"
(Mazur 1981).
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534 Seiten, geb.
erschienen 2006
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