Spezial: Allergien Mai 2009 Wer zahlt was? u Einen Allergietest beim Allergologen und eine spezifische Immuntherapie übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen voll. Den Schnelltest mit FastCheckPoc zahlen sie nicht. u Verschreibungspflichtige Antihistaminika werden – bis auf die übliche Zuzahlung – erstattet. Dazu gehören die Wirkstoffe Mizolastin, Desloratadin, Levocetirizin, Fexofenadin und Ebastin. Depressives Singulair? Das Asthmamittel Singulair (Wirkstoff Montelukast) hemmt die entzündungsfördernde Wirkung des Botenstoffes Leukotrien. Es soll allerdings auch depressiv machen und die Selbstmordgefahr erhöhen. Die zuständige US-Behörde hat deshalb im März 2008 eine Warnung veröffentlicht und vom Hersteller eine erneute Auswertung seiner Daten gefordert. Teure Alternative Omalizumab heißt ein gentechnisch hergestellter Antikörper, der unter dem Namen Xolair vertrieben wird. Er bindet das im Blut zirkulierende Immunglobulin-E (IgE), sodass weniger allergische Reaktionen auftreten. Zugelassen ist das Mittel jedoch nur für schwere Asthmafälle, die auf die üblichen Medikamente nicht ansprechen. Denn die Behandlung kostet bis zu 3.000 Euro monatlich. Hilfreiche Pestwurz In mehreren klinischen Studien hat sich ein Extrakt aus Pestwurzblättern als ebenso wirksames Antihistaminikum erwiesen, wie die synthetischen Wirkstoffe Cetirizin und Fexofenadin. Was die Nebenwirkungen betrifft, schnitt die Pestwurz sogar besser ab. In der Schweiz ist ein Pestwurzpräparat unter dem Namen Tesalin bereits seit mehreren Jahren zugelassen, aber verschreibungspflichtig. In Deutschland besteht keine Zulassung. Umstritten Ein Gutachtergremium hat der USArzneimittelbehörde FDA im Dezember empfohlen, die Medikamente Serevent und Foradil bei Asthma bronchiale zu verbieten. Sie sollen das Risiko schwerer Asthmakomplikationen oder asthmabedingter Todesfälle erhöhen – vermutlich aufgrund von Verwechslungen durch Patienten. Denn die Mittel sind Monopräparate mit lang wirksamen Betaagonisten, die nicht bei akuten Asthmaanfällen helfen. Dagegen bieten Fixkombinationen von Betaagonisten mit Glukokortikoiden auch akute Hilfe und sind daher vom Verbot nicht betroffen. MUM Allergiemittel im Überblick Die Pharmaindustrie bietet eine breite Palette an Medikamenten an, die gegen die lästigen Beschwerden bei Heuschnupfen und anderen Allergien helfen können. Antihistaminika Wirkungsweise: Der Botenstoff Histamin wird vom Körper als Reaktion auf Allergene wie Pollen gebildet und führt zu den typischen allergischen Symptomen. Die Antihistaminika blockieren die Andockstellen für Histamin im Gewebe und mildern so die allergischen Beschwerden – allerdings nicht vollständig, weil auch noch andere Botenstoffe allergische Symptome auslösen. Eingenommen werden sie meist als Tabletten, aber auch in Augentropfen, Nasensprays und Gels. Je nach Wirkstoff und Dosierung sind eine bis drei Tabletten notwendig. Die Wirkung tritt meist nach etwa einer halben Stunde ein. Wirkstoffe der ersten Generation: z. B. Doxylamin, Meclozin, Clemastin, Dimetinden, Diphenhydramin. Risiken und Nebenwirkungen: Diese älteren Antihistaminika machen so müde, dass man nach der Einnahme nicht mehr Auto fahren darf. Zudem können diese Wirkstoffe den Augeninnendruck gefährlich steigen lassen und bei Prostatikern die Beschwerden beim Wasserlassen verstärken. Als Tabletten sind diese Wirkstoffe nicht mehr zeitgemäß. Gängige Handelspräparate: Fenistil (Wirkstoff Dimetinden), Tavegil (Clemastin), Atarax (Hydroxyzin), AH 3 (Hydroxyzin). Wirkstoffe der zweiten Generation: Zu diesen, seit den 1980er-Jahren entwickelten Substanzen gehören Loratadin, Cetirizin, Levocabastin, Azelastin, Mizolastin, Desloratadin, Levocetirizin, Fexofenadin, Olopatadin und Ebastin. Bei Desloratadin, und mit Einschränkung bei Levocetirizin und Fexofenadin, sprechen Allergologen häufig auch von Wirkstoffen der dritten Generation. Diese sollen bei einmal täglicher Gabe über 24 Stunden auf alle Symptome eines allergischen Schnupfens wirken, nicht müde machen, keine Nebenwirkungen an Herz, Leber und Niere zeigen. Risiken und Nebenwirkungen: Alle genannten Wirkstoffe lösen nur noch bei ein bis drei Prozent der Patienten Müdigkeit aus und sind im Allgemeinen gut verträglich. Cetirizin, Levocetirizin und Levocabastin sind für Patienten mit schweren Nierenerkrankungen nicht empfehlenswert. Weil bei den neu entwickelten Wirkstoffen wie Desloratadin, Ebastin, Fexofenadin und Mizolastin noch wenig Erfahrungen vorliegen, sollten sie von Kindern unter zwölf Jahren nicht als Tabletten eingenommen werden. Schwangere sollten in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft keine Antihistaminika einnehmen. Nicht empfehlenswert ist der Wirkstoff Terfenadin, weil er ein höheres Risiko für Herzrhythmusstörungen aufweist. Gängige Handelspräparate: Cetirizin Hexal, Cetirizin Stada, Cetirizin ratiopharm, Zyrtec (alle Cetirizin), Lisino, Lorano, Loratadin-ratiopharm, Loratadin Stada (alle Loratadin), Zolim, Mizollen (beide Mizolastoin), Telfast (Fexofenadin), Aerius (Desloratadin), Xusal (Levocetirizin), Allergodil (Azelastin), Opatanol (Olopatadin). Mastzellstabilisatoren Wirkungsweise: Die Wirkstoffe reichern sich in den Mastzellen des Gewebes an und hindern sie daran, Histamin und andere Entzündungsstoffe freizusetzen. Eingesetzt werden sie in Augentropfen und Nasensprays. Die Mittel müssen bereits 14 Tage vor dem Pollenflug regelmäßig eingenommen werden. Wirkstoffe: Cromoglizinsäure, Nedocromil und Lodoxamid. Risiken und Nebenwirkungen: Die Wirkstoffe, wenn sie versehentlich in den Rachen gelangen, schmecken unangenehm bitter, sind aber gut verträglich. In Einzelfällen können Augen oder Nase kurz brennen oder Kopfschmerzen und Schwindelgefühle auftreten. Bei der Cromoglizinsäure kann es gelegentlich zu Nasenbluten kommen. Wer sich Mastzellenstabilisatoren in die Augen tropft, sieht für fünf bis zehn Minuten etwas schlechter und sollte in dieser Zeit kein Fahrzeug lenken. Auf Kontaktlinsen am besten verzichten. Falls dies nicht möglich ist, stabile Linsen verwenden und diese erst eine Viertelstunde nach der Anwendung der Tropfen wieder einsetzen. Weiche Linsen sind ungeeignet, weil sich die Wirkstoffe in deren Poren einlagern können und dadurch länger am Auge bleiben. Das erhöht das Risiko unerwünschter Wirkungen. Nedocromil sollte wegen mangelnder Erfahrung nicht bei Kindern unter sechs Jahren angewendet werden. Gängige Handelspräparate: AllergoCOMOD, Cromo-ratiopharm, Cromohexal, Vividrin (alle Cromoglizinsäure), Irtan, (Nedocromil), Alomide (Lodoxamid). Glukokortikoide Wirkungsweise: Diese entzündungshemmenden Wirkstoffe sind dem natürlichen Hormon Kortison ähnlich. Eingesetzt werden sie in Nasen- und Asthmasprays. Die Wirkung setzt erst nach einigen Stunden ein, sodass sie nur zur Vorbeugung geeignet sind. Wirkstoffe: z. B. Beclometason, Budesonid, Flunisolid, Triamcinolon. Risiken und Nebenwirkungen: Da sich die Wirkstoffe in der Nasenschleimhaut anreichern und praktisch nicht in den Blutkreislauf gelangen, ist das Risiko von typischen Kortisonnebenwirkungen gering. Weil sie einer Verlagerung der Entzündung in die Bronchien und damit der Entstehung von Asthma vorbeugen, sind kortikoidhaltige Nasensprays neben Antihistaminika zum Einnehmen für Allergologen “Therapeutika der ersten Wahl” – bei Erwachsenen ebenso wie bei Kindern ab sechs Jahre. Bei mehrmonatiger Daueranwendung als Nasenspray können Glukokortikoide die Nasenschleimhaut austrocknen und schädigen. Gleichzeitig schwächen sie die körpereigene Abwehr. Während eines gewöhnlichen Schnupfens sollten die Mittel deshalb nicht eingesetzt werden. Als Mittel zum Inhalieren gehören Glukokortikoide zur Standardtherapie bei Asthma. Die eingesetzte Dosis ist niedriger als bei Kortisontabletten und wirkt nur lokal in den Bronchien. Deshalb treten die vom u Nasensprays mit Glukokortikoiden werden erstattet. u Rezeptfreie Antihistaminika muss der Patient selbst zahlen. Ausnahme: Präparate mit Loratadin und Cetirizin zahlen die Kassen bei schwerem Heuschnupfen, wenn Nasensprays mit Glukokortikoiden nicht ausreichen. Bei Kindern bis zwölf Jahre zahlen die Kassen auch für rezeptfreie Medikamente. Kortison her bekannten Nebenwirkungen wie Wasseransammlungen, schlecht heilende Wunden oder erhöhter Blutzucker in der Regel nicht auf. Relativ häufig sind allerdings Pilzinfektionen im Mund. Gängige Handelspräparate: Nasonex (Mometason), Rhinisan, Nasacort (Triamcinolon), Beclorhinol, Beclometason-ratiopharm (Beclometason), Budes, Pulmicort (Budesonid), Syntaris (Flunisolid), Flutide (Fluticason). Schnupfensprays Wirkungsweise: Einige Allergiesprays enthalten Alphasympathomimetika. Die lassen die Schleimhäute abschwellen, greifen aber nicht in das allergische Geschehen ein. Wirkstoffe: z. B. Phenylephrin, Naphazolin, Tetryzolin, Xylometazolin. Risiken und Nebenwirkungen: Bei Dauergebrauch droht eine dauerhaft verstopfte Nase, da die Schleimhaut schwer geschädigt werden kann. Während der Schwangerschaft und Stillzeit sollten diese Stoffe nicht eingenommen werden. Auch die Kombination von Alphasympathomimetika mit Cromoglicinsäure ist unsinnig, weil Cromoglicinsäure präventiv über einen längeren Zeitraum eingesetzt wird, Alphasympathomimetika sollten dagegen nur bei akuten Allergieanfällen eingenommen werden. Gängige Handelspräparate: Otriven, Olynth (beide Xylometazolin), Tetrilin (Tetryzolin), Nasivin (Oxymetazolin). Pollenschutzsalbe Wirkungsweise: Beim HSG Heuschnupfen-Gel wird das Gel an die Innenwand der Nasenflügel aufgetragen, bei Allergoprävent rund um die Nase. Beim Einatmen soll der größte Teil der Pollen am Gel hängen bleiben und kann so keine allergischen Symptome verursachen. Wirkstoffe: Aus Pflanzen gewonnene Fette (HSG Heuschnupfen-Gel) oder eine Mischung elektrostatisch wirksamer Polymere (Allergoprävent). Risiken und Nebenwirkungen: Pflanzliche Fette in der Nase bieten keinen wirksamen Schutz vor unerwünschten Pollen. Im Gegenteil: Die Flimmerepithel – also die oberen Zellschichten der Nasenschleimhäute – verkleben, sodass Sekret und Fremdkörper nicht richtig abtransportiert werden können. Gängige Handelspräparate: HSG Heuschnupfen-Gel, Allergoprävent.