Mehrelektronen-Atome - Fakult at f ur Physik

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Kapitel 6
Mehrelektronen-Atome
Mehr als 100 Elemente sind bekannt, davon 92 natürlich vorkommend. Ein Element ist
durch seine Kernladungszahl, Z = Zahl der Protonen (Ordnungszahl), charakterisiert.
Für ein neutrales Atom ist Z gleich der Zahl der Elektronen.
Beispiele für Isotope einiger Elemente, Aufbau, natürliche Häufigkeit, Kernspin,
magnetisches Kern-Dipolmoment in Einheiten des Kernmagnetons, Elektronen-Orbitale
und Konfiguration des elektronischen Grundzustandes. Instabile Isotope sind mit einem Stern gekennzeichnet.
6.1
Element
p
n
e
(n)
0
1
0
1H
1
0
1
2D
1
1
1
I
1
g
2 I
*
1/2
-1.91
≈ 100
1/2
2.79
0.015
1
0.86
%
n�
(2S+1) L
J
1s
2S
1/2
3T
1
2
1
*
1/2
2.98
3 He
2
1
2
10−4
1/2
2.12
1s2
1S
0
4 He
2
2
2
0
6 Li
3
3
3
≈ 100
7
1
0.82
1s2 2s
2S
1/2
7 Li
3
4
3
93
3/2
3.26
9 Be
4
5
4
100
3/2
-1.17
1s2 2s2
1S
10 B
5
5
5
11 B
5
6
12 C
6
6
13 C
6
14 C
6
85 Rb
86 Rb
87 Rb
19
3
1.80
5
81
3/2
2.69
6
98.9
0
7
6
1.1
1/2
8
6
*
0
37
48
37
78
5/2
1.35
37
49
37
*
2
-1.68
37
50
37
22
3/2
2.75
1s2
2s2
2p
1s2 2s2 2p2
3P
0
. . . 3p6 3d10 4s2 4p6 5s
2S
0.70
Mehrelektroneneffekte
Neue Phänomene ! Zwei oder mehrere Elektronen ,,sehen” sich
• auf Grund ihrer elektrostatischen Wechselwirkung,
• der Wechselwirkung zwischen ihren magnetischen Momenten
• und auf Grund ihrer Ununterscheibdbarkeit.
119
0
2P
1/2
1/2
120
KAPITEL 6. MEHRELEKTRONEN-ATOME
einfachster Fall : Helium Atom, Z=2.
Die Wellenfunktion für das Zweielektronensystem ϕ(r1 , r2 ) hängt von zwei Ortskoordinaten ab. Die potentielle Energie ist
2
Epot = −e
�
Z
Z
1
+
−
,
r1
r2
r12
!
" #
$
$
�
!
!
"
#
!
%
1
wobei wir e2 = 4π�
q 2 setzen. Die reduzierte Masse definieren wir wie beim Ein0
me ·mk
elektronensystem, µ = m
. Damit ist der Hamilton-Operator
e +mk
H=
�
p21
p2
+ 2 + Epot
2µ
2µ
�
(6.1)
Epot hängt von der Stellung der beiden Elektronen zueinander ab. Das Potential ist
nicht mehr kugelsymmetrisch. Der Abstand der Elektronen ist
2
= |r1 − r2 |2 = r12 + r22 − 2r1 r2 cos α .
r12
(6.2)
Die Separation in Radial- und Winkelanteil ist nicht mehr möglich. Aus diesem Grund
gibt es keine analytische Lösung.
Beobachtet werden folgende Ionisierungsenergien:
He + 24.6 eV
+
He + 54.4 eV
6.1.1
→
→
He+ + e
(6.3)
++
(6.4)
He
+e
Independent-Particle Approximation
Als Näherung nimmt man ein Produkt von wasserstoffartigen Wellenfunktionen
ψ(r1 , r2 ) = ϕ1 (r1 ) · ϕ2 (r2 )
(6.5)
Wenn die beiden Elektronen nicht miteinander wechselwirken, erwarten wir für die
Ionisierungsenergie eines jeden Elektrons:
IP = −Z 2
R
= −4R = −4 · 13.6 eV = −54.4 eV
n2
(6.6)
Das stimmt nicht unerwartet für den Prozess (6.4). Die Differenz zum Ergebnis in
Gl.(6.3): 54.4 - 24.6 = 29.8 eV entspricht der Wechselwirkungsenergie der beiden 1s
Elektronen. Das relativ kleine Ionisationspotential für die Ablösung des ersten Elektrons im Prozess (6.3) muss als Ursache die Abstoßung der beiden Elektronen haben.
Die potentielle Energie zweier Elektronen im Abstand r12 ist
Epot =
e2
.
r12
(6.7)
Wenn wir die Reduktion der Ionisationsenergie in Gl.(6.3) mit der Coulomb-Abstoßung
der Elektronen im Abstand r12 identifizieren
e2
r12
→ r12
Epot =
=
29.8 eV
mit
=
0.46 a0 ≈ a0 /Z
e2
= 13.6 eV ,
a0
erhalten wir einen Wert, der dem ersten Bohrschen Radius für das He-Atom entspricht.
121
6.1. MEHRELEKTRONENEFFEKTE
Zentralfeldnäherung Gedanke: ein Elektron schirmt das Coulombfeld des Kernes, das vom anderen Elektron gesehen wird, zum Teil ab.
2
IP = −Zeff
R
n2
(6.8)
Die Stärke der Abschirmwirkung durch das Elektron 1 hängt vom Abstand des Elektrons 2 vom Kern ab. Zur Berechnung der Abschirmung müsste man die Wellenfunktion schon kennen.
Erste Näherung: Für große Abstände des
Elektons 1 vom Kern ist die effektive potentielle Energie für dieses Elektron
e2
Vef f (r) ≈ − .
r
Wenn das Elektron 1 hingegen viel näher
am Kern ist gilt
Vef f (r) ≈ −
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%
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"
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#
$ !
#
"
Z e2
.
r
Im Bild ist eine mögliche Näherung des
Potentialverlaufs zwischen den beiden Extremwerten angegeben.
Berechnet man mit diesem effektive Potential das Spektrum des Einteilchen-Hamilton
Operators, dann findet man ein erstes qualitatives Bild für die Energieniveaus:
• da V (r) nicht proportional zu 1/r ist, wird die zufällige Entartung, die beim
Wasserstoffproblem auftritt, aufgehoben.
• Die Energieniveaus hängen von den Quantenzahlen n und � ab. Wiederum gibt
es den Wertebereich
0 ≤ � ≤ n − 1.
(6.9)
• Bei gegebenem Wert von n wird die Bindungsenergie mit höher werdendem Wert
von � kleiner (für hohe Bahndrehimpulse sieht das Elektron weniger vom unabgeschirmten Kernpotential). Dieses generelle Bild findet sich in allen Elementen.
Die Absolutwerte variieren allerdings stark.
• Aus dem Aufbau Prinzip des Periodensystem musste man ad hoc annehmen,
dass die stationären Energieniveaus der Atome nicht von beliebig vielen Elektronen besetzt werden können. Dieses Phänomen ist eine Folge des Pauli-Prinzips,
demzufolge zwei Elektronen nie gleichzeitig ein und denselben Zustand besetzen können. Dabei handelt es sich um eine unmittelbare Folge der prinzipiellen
Ununterscheidbarkeit identischer Teilchen.
122
KAPITEL 6. MEHRELEKTRONEN-ATOME
123
6.1. MEHRELEKTRONENEFFEKTE
6.1.2
Identische Teilchen
Bisher waren die Elektronen als individuell unterscheidbar angenommen. Das kommt
aus der Erfahrung mit makroskopischen Körpern.1
Identische Teilchen in der Quantenmechanik
Mit identisch bezeichnen wir hier Teilchen, deren innere Eigenschaften (Masse, Ladungsvorzeichen und Betrag, Spin, etc.) übereinstimmen.
• identische mikroskopische Teilchen sind ununterscheidbar.
Alle Elektronen, die es im Universum gibt, sind identisch. Ebenso alle Atome eines Elements, die sich im gleichen elektronischen Zustand
befinden.
• Wenn ein physikalisches System zwei identische Teilchen enthält, bleiben seine Eigenschaften unbeeinflußt, wenn wir die Teilchen vertauschen.
• Auch wenn anfänglich die Wellenfunktionen identischer Teilchen räumlich
wohl getrennt sind, können wir nicht ausschließen, dass sie sich in der
Zukunft nicht überlappen.
→ wir verlieren die Spur des Teilchens.
In der Quantenmechanik kann man dem Teilchen keine wohldefinierten Bahnkurven
zuordnen. Die Konsequenzen betrachten wir am Beispiel eines Stoßexperimentes zweier
Elektronen. Wegen der Identität der Teilchen kann man nicht entscheiden, welcher Weg
tatsächlich gewählt wurde. Sollen wir bei einer Berechnung der Wahrscheinlichkeit
einen der beiden Wege oder beide berücksichtigen? Sicherlich beide.2
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!$ #
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!$ #
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6.1.3
Symmetrie der Wellenfunktion
In der Näherung unabhängiger Elektronen sind die Wellenfunktionen der Elektronen
1 und 2 des Helium-Atoms (Orbitalfunktion)
ϕa (1) = ϕn,�,m (1)
und
ϕb (2) = ϕn� ,�� ,m� (2) .
(6.10)
Die Wahrscheinlichkeit, daß das erste Elektron im Zustand a und das zweite im Zustand b realisiert wird ist:
I
| ψab
|2 =| ϕa (1) · ϕb (2) |2
(6.11)
1 Wir könnten ja die Elektronen wie Tennisbälle farbig markieren, ohne die wesentlichen
Eigenschaften wie Masse, Ladung, Spin, magnetisches Moment zu beeinflussen.
2 Aber sind die Amplituden additiv oder subtraktiv? Für Bosonen addiert man die Amplituden, für Fermionen subtrahiert man die Amplituden.
124
KAPITEL 6. MEHRELEKTRONEN-ATOME
Wenn wir die beiden Elektronen vertauschen:
II 2
| ψab
| =| ϕa (2) · ϕb (1) |2
(6.12)
Da die beiden Elektronen identisch sind, darf sich am Gesamtzustand bei der Vertauschung nichts ändern.
Die Wahrscheinlichkeitsdichte muss invariant gegenüber Teilchenaustausch
sein
Daraus fordern wir
I
II 2
| ψab
|2 = | ψab
|
I
II
ψab
= ± ψab
.
→
(6.13)
Nur zwei mögliche Linearkombinationen (s = symmetrisch, a = antisymmetrisch) haben die geforderte Invarianz:
ψsymm
=
ψanti
=
1
√ [ϕa (1) · ϕb (2) + ϕa (2) · ϕb (1)]
2
1
√ [ϕa (1) · ϕb (2) − ϕa (2) · ϕb (1)]
2
(6.14)
In schematischer Darstellung sind die Überlagerungen (6.14)
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Für diese Funktionen gilt:
ψsymm (1, 2) = + ψsymm (2, 1)
und
ψanti (1, 2) = − ψanti (2, 1)
(6.15)
Folgen:
1. Das Helium-Atom hat zwei unterschiedliche Sätze von Energieeigenwerten und
dazugehörigen (räumlichen) Wellenfunktionen: ψsymm und ψanti .
2. wenn sich beide Elektronen im selben räumlichen Zustand (a = b) befinden
(n, �, m) = (n� , �� , m� ), dann gilt
1
ψanti = √ [ϕa (1) · ϕa (2) − ϕa (2) · ϕa (1)] = 0 .
2
(6.16)
Zwei Elektronen mit gleichen Quantenzahlen (n, �, m) werden durch
die symmetrische Orbitalfunktion ψsymm beschrieben.
Austausch-Wechselwirkung
Die Wahrscheinlichkeit, dass sich beide Elektronen sehr nahe kommen, ist in den beiden Fällen, ψsymm und ψanti , sehr unterschiedlich.
125
6.1. MEHRELEKTRONENEFFEKTE
Damit
führt
die
Ununterscheidbarkeit indirekt zu einer
Energieaufspaltung.
Anschaulich kann die Ursache für
die Aufspaltung am folgenden Beispiel gezeigt werden.
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Wir untersuchen dazu die Aufenthaltswahrscheinlichkeit für die symmetrische und
antisymmetrische Orbitalfunktion unter der Annahme, dass ähnliche räumliche Koordinaten für die beiden Elektronen vorliegen (r1 ≈ r2 = r). Für die symmetrische
Wellenfunktion finden wir
ψsymm (r)
=
| ψsymm (r) |2
=
1
√ [ϕa (r) · ϕb (r) + ϕb (r) · ϕa (r)] ,
2
2 | ϕa (r) · ϕb (r) |2 .
Hingegen ist für die antisymmetrische Wellenfunktion
ψanti (r)
=
| ψanti (r) |2
=
1
√ [ϕa (r) · ϕb (r) − ϕb (r) · ϕa (r)] ,
2
0.
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Daraus folgt zum Verhalten der räumlichen Wellenfunktionen:
a) bei der antisymmetrischen Orbitalfunktion ist
die Wahrscheinlichkeit fürs Nahekommen klein.
(Fermi-Loch) Abstoßung der beiden Elektronen
spielt geringere Rolle
→ Gesamtenergie niedriger,
Zustand fester gebunden.
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b) bei der symmetrischen Orbitalfunktion können
sich die Elektronen sehr nahe kommen, das impliziert größere elektrostatische Abstoßung
→ Gesamtenergie höher,
Zustand schwächer gebunden.
(
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Auf Seite 128 findet sich eine Herleitung der Aufspaltung auf der Basis des Coulombund Austausch-Integrals.
6.1.4
Einfluß des Elektronenspins
Auch für die Spinwellenfunktion gilt die Forderung nach Invarianz unter Austausch
der Elektronen.
| χa (1) χb (2) |2 =| χa (2) χb (1) |2 .
Je zwei mögliche Messwerte bestehen für χa bzw. χb
χa , χb
=
α
χa , χb
=
β
→ Sz = +h̄/2
→ Sz = −h̄/2
(6.17)
126
KAPITEL 6. MEHRELEKTRONEN-ATOME
Vier Kombinationen erfüllen die Bedingung (6.17)
↑↑
χsymm
S = 1, MS = +1
χsymm
1
√ [α(1)β(2) + α(2)β(1)]
2
↓↓
S = 1, MS = −1
↑↓ + ↓↑
χsymm
S = 1, MS = 0
1
√ [α(1)β(2) − α(2)β(1)]
2
↑↓ − ↓↑
χanti
S = 0, MS = 0 .
α(1)α(2)
β(1)β(2)
Die ersten drei entsprechen den triplet-Funktionen, die wir in Gleichung (4.84) eingeführt haben. Die vierte Funktion entspricht der singlet-Funktion aus Gleichung
(4.83).
• Die 3 triplet-Spinzustände sind symmetrisch in Bezug auf Elektronenaustausch.
• Der singlet-Spinzustand ist antisymmetrisch in Bezug auf Elektronenaustausch.
Gesamtwellenfunktion
Die Symmetrie-Eigenschaften der Gesamtwellenfunktion ergeben sich als Produkt von
Orts- und Spinfunktion:
6.1.5
Ψtot
(symm)
=
(symm)
Ψtot
=
Ψtot
(anti)
=
(anti)
Ψtot
=
ψsymm · χsymm
ψanti · χanti
ψsymm · χanti
ψanti · χsymm
(6.18)
(6.19)
Symmetrisierungspostulat
Das Postulat beschränkt den Zustandsraum eines Systems identischer Teilchen. Alle
zur Zeit bekannten Elementarteilchen erfüllen diese empirische Regel. Ausgangspunkt
für dieses Postulat war die Beobachtung, dass der elektronische Grundzustand von He
tritt nur als singlet Zustand auftritt.
Für ein Zweiteilchensystem gilt:
• Für Fermionen muss der Zustandsvektor antisymmetrisch in Bezug auf Austausch der beiden Teilchen sein.
• Für Bosonen muss der Zustandsvektor symmetrisch in Bezug auf Austausch
der beiden Teilchen sein.
Diese Regel gilt auch für identische Teilchen, die aus Elementarteilchen aufgebaut sind.
In diesem Fall entspricht die Permutation dem Austausch aller Elementarteilchen des
einen Teilchens mit den (notwendigerweise identischen) Elementarteilchen des anderen
Teilchens.3
Für das elektronische Spektrum des Heliumatoms bedeutet dieses Postulat, dass
nur elektronische Zustände mit antisymmetrischer Gesamtwellenfunktion (Gl. 6.19)
vorkommen. Aus der Betrachtung zum Fermi-Loch auf Seite 125 folgt daraus, dass
triplet-Spinzustände des Helium Atoms energetisch tiefer liegen als singlet-Zustände.
3 So
sind z.B. Wasserstoffatome Bosonen, während Deuteriumatome Fermionen sind.
127
6.2. SPEKTRUM DES HELIUMATOMS
6.1.6
Pauli-Ausschließungsprinzip
Postulat auf Grund des experimentellen Helium-Spektrums (1925): Der elektronische
Grundzustand4 von He tritt nur als singlet auf.
Zwei Elektronen, deren räumliche Quantenzahlen gleich sind,
müssen sich in der Spinquantenzahl unterscheiden .
Zwei identische Fermionen
können nicht im selben Einzelzustand sein .
6.2
Spektrum des Heliumatoms
Unter der Voraussetzung der Zentralfeldnäherung mit unabhängigen Elektronen kann
man den Begriff einer Elektronenkonfiguration, wie wir sie vom H-Atom kennen einführen.
In der Zentralfeldnäherung ergibt sich die Bindungsenergie des Zweielektronensystems als Summe der einzelnen Energien. Dann ist für zwei Elektronen im Zustand
mit den Quantenzahlen n, � und n� , ��
Ezentralf eld = En,� + En� ,��
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Im Grundzustand des Helium-Atoms besetzen
beide Elektronen die 1s-Schale. Diesen Zustand
bezeichnet man mit 1s2 . Die erste angeregte Konfiguration entspricht 1s, 2s, also ein Elektron in
der 1s-Schale, das zweite in der 2s-Schale. Entsprechend ist die zweite angeregte Konfiguration
1s, 2p.
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Einfach-angeregte Helium Zustände haben die Konfiguration 1s, n� �� .
1 23 4 5- 6
Das Energiediagramm zeigt
diese einfach angeregten
- .
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Terme.
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Typische Strahlungsübergänge sind eingezeichnet.
Diese liegen innerhalb des
singlet bzw. triplet-Systems
(siehe Seite 130).
Neben diesen einfach-angeregten Zuständen gibt es
auch doppelt-angeregte Zustände vom Typ
n > 0 �, n� �� .
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Diese liegen energetisch
oberhalb des ersten Ionisationsgrenzwertes und sie
sind autoionisierend (siehe
Seite 134).
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4 und
67 28 5- 6
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alle Helium-Zustände der Konfiguration (n�, n�)
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128
KAPITEL 6. MEHRELEKTRONEN-ATOME
6.2.1
Konfigurationsentartung
Da wir ein Zentralpotential vorausgesetzt haben, hängen die Energien (6.2) nicht von
der magnetischen Bahndrehimpulsquantenzahl
(−� ≤ m� ≤ �) und (−�� ≤ m�� ≤ �� )
und der Spinquantenzahl der Elektronen ab. Wir unterscheiden zwei Fälle:
1. Die beiden Elektronen befinden sich in unterschiedlichen Schalen: In diesem Fall
können m� , m�� , ms , ms� beliebige Werte im erlaubten Bereich einnehmen. Die
Gesamtentartung eines solchen Zustandes ist
2(2� + 1) × 2(2�� + 1) = 4(2� + 1)(2�� + 1) .
(6.20)
Die Entartung ist für He(1s, 2s) gleich 4, für He(1s, 2p) gleich 12.
2. Befinden sich beide Elektronen in der 1s Schale, dann sind auf Grund des Ausschließungsprinzips die Zustände mit ms = ms� ausgeschlossen. Der Grundzustand He(1s2 ) ist also nicht entartet.
6.2.2
Coulomb- und Austauschintegral
Eine Abschätzung über die Größe der Elektronenabstoßung erhalten wir aus dem Erwartungswert des bisher vernachlässigten Terms
H12 = +
e2
.
r12
(6.21)
Unter Verwendung der symmetrischen und antisymmetrischen Orbital-Wellenfunktionen aus Gleichung (6.14) ergibt sich
�ψsymm |
e2
|ψsymm � = K + J
r12
(6.22)
und
�ψanti |
e2
|ψanti � = K − J .
r12
(6.23)
Die Größe K bezeichnet man als Coulomb-Integral (hier am Beispiel der 1s2s Konfiguration).
K = �ϕ1s (1) · ϕ2s (2)|
e2
|ϕ1s (1) · ϕ2s (2)�
r12
(6.24)
die Größe J als Austausch-Integral
J = �ϕ1s (1) · ϕ2s (2)|
e2
|ϕ1s (2) · ϕ2s (1)�
r12
(6.25)
In Ortsdarstellung ist das Coulombintegral
K=
�
d3 r1
�
d3 r2 ϕ21,0,0 (r1 ) ϕ22,0,0 (r2 )
e2
|r1 − r2 |
(6.26)
e2
ϕ1,0,0 (r2 ) ϕ2,0,0 (r1 ) .
|r1 − r2 |
(6.27)
und das Austauschintegral
J=
�
d3 r1
�
d3 r2 ϕ∗1,0,0 (r1 ) ϕ∗2,0,0 (r2 )
Beide Integrale sind stets positiv. Der Erwartungswert für die symmetrische Orbitalfunktion liegt um die Energie 2J höher als für die antisymmetrische Orbitalfunktion.
129
6.2. SPEKTRUM DES HELIUMATOMS
Das Bild zeigt die Lage der Terme
1
S0 und 3 S1 , die sich aus der 1s2sKonfiguration des He-Atoms ergeben.
Das Coulombintegral führt zu einer Anhebung um den Betrag K. Die Entartung
zwischen singlet und triplet Term wird
um den Betrag des Austauschintegrals 2J
aufgehoben.
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Der triplet Spinzustand hat eine symmetrische Spinfunktion (χs ) und kombiniert mit
der antisymmetrischen Orbitalfunktion (ψanti ). Die triplet Zustände des Helium Atoms
liegen jeweils energetisch tiefer.
6.2.3
Spektroskopische Zustände
Eine für Helium gut geeignete Basis zur Beschreibung der einfach angeregten Zustände
ergibt sich durch Einführung des Gesamtbahndrehimpulses
L = � + �� , � + �� − 1, . . . |� − �� | .
(6.28)
Zusammen mit dem Gesamtspin, der die Werte S = 1, 0 einnehmen kann, kennzeichen
wir die Spektralterme mit dem Ausdruck
2S+1
L
mit
S, P, D, . . .
bei
L = 0, 1, 2, . . .
(6.29)
Die Multiplizität 2S + 1 der Heliumterme ist entweder 1 oder 3. Es gibt also singlet
und triplet Zustände.5
1s1s Auf Grund des Symmetrisierungspostulates muss der Grundzustand (nur die
symmetrische räumliche Wellenfunktion existiert, siehe (6.16)) ein singlet sein (antisymmetrische Spinfunktion). Die Bezeichnung ist 1s2 1 S0 .
1s2s Der erste angeregte Zustand erscheint als singlet und als triplet. Die Orbitalwellenfunktion des singlets ist symmetrisch in Bezug auf den Austausch der beiden
Elektronen (siehe Gleichung (6.14 ))
ψsymm = ϕ1s (1) · ϕ2s (2) + ϕ1s (2) · ϕ2s (1)
Aus diesem Grund haben sie eine nichtverschwindende Wahrscheinlichkeit sich am
selben Raumpunkt aufzuhalten. Die damit verbundene elektrostatische Abstoßung
verringert die Bindungsenergie, der 1 S0 -Zustand liegt energetisch höher. Der tripletZustand verlangt antisymmetrische Ortswellenfunktion.
ψanti = ϕ1s (1) · ϕ2s (2) − ϕ1s (2) · ϕ2s (1)
Wegen geringerer Elektron-Elektron Wechselwirkung liegt der 3 S1 -Zustand energetisch
tiefer. Die Energiedifferenz beträgt etwa 0.8 eV .
5 Jeder Zustand des Heliumatoms in dem ein Elektron angeregt wird, erscheint als singlet
(Para-Helium, S = 0) und als triplet (Ortho-Helium, S = 1).
130
KAPITEL 6. MEHRELEKTRONEN-ATOME
1s2p Es existiert sowohl eine singlet und
!
eine triplet-Zustand. Die Spin-Bahnkopplung
führt zu einer geringfügigen Aufspaltung des
3
P -Zustandes.
!
Relative Lage der Spektralterme des 1s2pMultipletts. Die Feinstrukturaufspaltung des 3 P Zustandes ist stark übertrieben gezeichnet. Als
allgemeine Regel gilt, dass für Elemente mit weniger als halb-aufgefüllter Schale, der Feinstrukturzustand mit dem niedrigten Wert des Gesamtdrehimpulses J am niedrigsten liegt. Für Elemente mit mehr als halb-aufgefüllter Schale ist es umgekehrt, der niedrigste J-Wert liegt energetisch
am höchsten.
6.2.4
%
!
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%
Emissionsspektrum des Heliumatoms
Nahezu alle beobachteten optischen Übergänge im Heliumatom betreffen die Änderung
des Orbitals von nur einem Elektron. Innerhalb der Näherung unabhängiger Orbitale
kann das Photon nur mit einem Elektron des Atoms in Wechselwirkung treten.
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Formal beobachtet man
n�, n� �� ← h̄ω → n�, n�� ��� .
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Für die Auswahlregeln gilt:
∆�
∆S
=
=
±1
0.
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Unter Berücksichtigung der Spin-Bahn Kopplung
ergibt sich als weitere Auswahlregel
∆J = 0, ±1
mit der Ausnahme, dass Übergänge zwischen
Zuständen mit J = 0 verboten sind.
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Im Bild sind die sechs erlaubten elektrischen Dipol-Übergänge zwischen 3 D- und 3 P Zuständen eingezeichnet. Im optischen Spektrum zeigt sich die Multiplett-Struktur in
Linien mit dreifacher Aufspaltung.
Ohne Spin-Bahn Kopplung sind Übergänge zwischen den singlet und triplet Termen
verboten (die sogenannten Interkombinationslinien). Für leichte Elemente wie Helium
ist die Spin-Bahn Wechselwirkung klein (siehe Gl.4.102) und die Interkombinationslinien sind sehr schwach im Vergleich zu den Übergängen innerhalb des singlet bzw.
innerhab des triplet Systems.
6.2.5
Konfigurations-Wechselwirkung
Bisher machten wir die Näherung unabhängiger Orbitale. Die Gesamtwellenfunktion
haben wir als Produkt von Einelektronenzuständen ausgedrückt. Dieser Ansatz zur
selbst-konsistenten Lösung der Schrödinger-Gleichung führt nicht immer zur richtigen
6.3. SPEKTREN SCHWERERER ATOME
131
Beschreibung der experimentell beobachteten Energieniveaus. Abweichungen kommen
primär daher, dass die Korrelation zwischen den Elektronen nicht voll berücksichtigt
wurde.
“Das Elektron stellt sich instantan auf die relative Position des anderen Elektrons
ein, so dass die Energie minimisiert wird”.
In diesem Sinne bricht die Orbitalapproximation, die von unabhängigen Elektronen
ausgeht (breakdown of the orbital approximation), zusammen. Diese Wechselwirkung
kann als Konfigurationswechselwirkung (CI) berücksichtigt werden, indem man die
Gesamtwellenfunktion als Linearkombination von unabhängigen Orbitalen approximiert, z.B. könnte der Helium Grundzustand als
ψGrund = a ψ(1s2 ) + b ψ(2s2 ) + c ψ(1s2s) + . . .
(6.30)
geschrieben werden, wobei ψ(1s2s) die symmetrische Wellenfunktion (6.14) ist und
wobei in der Summe nur Terme gleicher Parität auftreten dürfen. Sicherlich gibt in
dieser Expansion der Koeffizient a den dominanten Beitrag. Die Beimischungen der
anderen Konfigurationen spiegeln sich z.B. in der beobachteten endlichen Wahrscheinlichkeit für “Zweielektronenanregung” wieder. Der Prozess
He(1s2 ) + h̄ω → He(2s2p)
(6.31)
ist über die Beimischung der Konfiguration mit dem Koeffizienten c in (6.30) als Einelektronenanregung erklärbar.
6.3
6.3.1
Spektren schwererer Atome
Termschema der Alkali-Atome
Wir betrachten die Elektronenhülle der Alkali-Atome als abgeschlossene Edelgasschale
plus ein Leuchtelektron. (Li : He, N a : N e, K : Ar, Rb : Kr, Cs : Xe).
Die Termschema beziehen sich
auf das Leuchtelektron. Im
Grundzustand ist es Li(2s),
N a(3s), K(4s), Rb(5s), Cs(6s).
Die starke Absenkung der
ns-Zustände gegenüber den
np-Zuständen (siehe Seite 121)
ist deutlich sichtbar. Für hohe �Werte nähern sich die Terme den
Energieniveaus des H-Atoms.
In der Alkali-Serie nimmt die
Ionisationsenergie des Leuchtelektrons mit steigender Masse
ab. (Li 5.3 eV , Cs 3.9 eV ).
132
KAPITEL 6. MEHRELEKTRONEN-ATOME
! "
E 2
Die Atom-Volumina zeigen eine umgekehrte Periodizität (die
Edelgase sind die kleinsten Atome, die Alkalis die größten).
> 2
*+ , -. / 0-+ , . 1 + 02 , 0-/ 3452 6
In den Gruppen des Periodensystems findet man eine Periodizität der Ionisationsenergie
(Edelgase am höchsten, Alkalis
am niedrigsten).
! #
@ 8
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7 8
A /
D
E ;
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C .
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7 2 8 , 3/ 9 : , ; . < / = 3
6.3.2
Photoanregung
F
Optisches Pumpen mit schma�l-bandigem
Laser zeigt:
- Feinstruktur der Rb − D Linie und
3
267 MHz
5P 3/2
1
0
72 MHz
- Isotopieeffekt, wegen unterschiedlicher
Kernmomente ist die Hyperfeinstrukturaufspaltung in 87 Rb und 85 Rb stark
verschieden. Der Kernspin von 87 Rb ist
I = 3/2, der von 85 Rb I = 5/2.
Gezeigt sind die HyperfeinstrukturZustände des Feinstrukturübergangs von
Rb(52 S1/2 ) → Rb(52 P3/2 ) für das Isotop
87
Rb.
2
157 MHz
780.2 nm
2
5S1/2
6835 MHz
1
87 Rb
Sättigung eines Überganges Wir machen eine grobe Abschätzung über die Laserintensität, die notwendig ist, um einen Übergang zu sättigen. Sättigung bedeutet,
dass eine Erhöhung der Lichtintensität zu keiner weiteren Erhöhung der Fluoreszenzintensität führt. Sättigung wird erreicht, wenn die Pumprate gerade so groß ist, wie die
Rate für die spontane Emission6
Rspontan =
1
,
τ
(6.32)
wobei τ die natürliche Lebensdauer ist. Für die Pumprate setzen wir
Rpump = Φ σ ,
(6.33)
wobei Φ der Photonenfluß (Dimension photonen
) und σ der Wirkungsquerschnitt für
cm2 s
die Absorption eines Photons ist (Dimension cm2 ). In eine ersten Näherung können
wir σ ≈ λ2 setzen (λ ist die Wellenlänge des spontanen Überganges7 ).
6 In
diesem Fall verbringt das Atom die Hälfte der Zeit im angeregten Zustand.
nehmen wir an, dass die Linienbreite des Lichtquelle gerade der natürlichen Linienbreite des Überganges entspricht bzw. kleiner ist als die natürliche Breite. Nur in diesem
Fall kann der zur Verfügung stehende Photonenfluss effektiv genutzt werden.
7 Dabei
133
6.3. SPEKTREN SCHWERERER ATOME
Zur Beschreibung des Photonenflusses ( = Intensität) gehen wir von Photonen
der Energie von 1 eV aus. Eine Intensität von 1 W cm−2 entspricht einem Energiefluß
von 1 J cm−2 s−1 . Da 1 eV einer Energie von 1.6 · 10−19 J entspricht, ist 1 W cm−2
äquivalent einem Fluss von 6 · 1018 hν cm−2 s−1 (bei einer Photonenenergie von 1 eV ).
Im Falle ruhender Rb-Atome nehmen wir λ ≈ 800nm ≡ 1.5 eV . Mit der Näherung
σ ≈ λ2 errechnen wir einen Wirkungsquerschnitt für Photoabsorption σ ≈ 6·10−9 cm2 .
Für τ ≈ 30 ns erreichen wir die Sättigungsintensität bei
Φsatt =
6.3.3
1
1
photonen
≈
· 1016
≡ 1.5 mW/cm2 .
τσ
1.8
cm2 s
(6.34)
Quantendefekte
Die Lage eines einzelnen angeregten Niveaus kann durch die Einführen einer effektiven
Quantenzahl nef f
En,� = −
R
R
=− 2
nef f
(n − δn,� )2
(6.35)
beschrieben werden. Für hohe Hauptquantenzahlen ergibt sich der Quantendefekt δn,�
in sehr guter Näherung als unabhängig von der Hauptquantenzahl n. Damit lassen
sich alle Einelektronen-angeregten Zustände aller Atome in guter Näherung durch die
sehr einfache Rydberg-Serien Beziehung
En,� = −
R
(n − δ� )2
(6.36)
approximieren. Man hat also für alle (�) Zustände eines speziellen Atoms (z.B. für alle
3
P Zustände des Helium Atoms) eine einzige Zahl mit der sich die Energieleiter dieser
Serie darstellen lässt. Eine solche Serie und das angrenzende Ionisationskontinuum
bezeichnet man oft als Kanal.
In komplexeren Atomen ergeben sich lokal Abweichungen in der Energieposition
von der mit Gleichung (6.36) vorhergesagten Lage. Dieser Fall tritt auf, wenn Mitglieder unterschiedlicher Kanäle (aber gleicher Parität) zufällig energetisch nahe liegen.
Diese zufällige Entartung kann durch die Wechselwirkung beider Kanäle aufgehoben
werde, sodass sich lokal Abweichungen von Gleichung (6.36) ergeben. Diese Wechselwirkung wird mit der sogenannten Vielkanal-Quantendefekttheorie behandelt.
6.3.4
Angeregte Zustände der schweren Edelgasatome
Bild eines angeregten Zustandes als Ion + Leuchtelektron am Beispiel Ar+ -Ion und
zugehörige Rydberg-Serien. Entfernt man ein Elektron aus der äußersten p-Schale des
Edelgases, dann ist die Orbitalkonfiguration
Ar+ (1s2 , 2s2 2p6 , 3s2 3p5 ) .
(6.37)
Da vollbesetzte Schalen die Bedingung erfüllen, dass keine zwei Elektronen in allen
Quantenzahlen (n, �, m� , ms ) übereinstimmen, ermittelt man die Konfiguration des
Zustandes (6.37) indem man das fehlende Elektron allein betrachtet (3p−1 ). Der resultierende Zustand ist also ein � = 1, s = 1/2 Zustand, also entweder 2 P3/2 oder
2
P1/2 . Energetisch stellt Ar+ (2 P3/2 ) den Grundzustand des Ions, Ar+ (2 P1/2 ) den ersten angeregten Zustand des Ions dar (Energiedifferenz 0.18 eV ).
Alle Einelektronenzustände des neutralen Argons, die unterhalb der ersten Ionisationschwelle liegen, können als Rydberg-Atome, bestehend aus einem der beiden
Ar+ -Ionen als Kern plus ein Leuchtelektron, gesehen werden. Unter Verwendung der
Quantendefektbeziehung (6.36) kann die Lage und Identität der möglichen Zustände
rekonstruiert werden.
134
6.3.5
KAPITEL 6. MEHRELEKTRONEN-ATOME
Autoionisation von Rydberg Zuständen
Als Beispiel untersuchen wir Argon, bei
Energien wenig oberhalb der ersten Ionisationsschwelle.
An die Rydberg-Serie, die zum Grenzwert
Ar+ (2 P3/2 ) konvergiert grenzt das Ionisationskontinuum {|k�}. Eine zweite Serie
konvergiert zum (0.18 eV ) höher liegenden
Grenzwert Ar+ (2 P1/2 ).
Ein Zustand |χ� aus dieser Serie kann
in das Kontinuum autoionisieren (siehe
Pfeil), wenn Gesamtdrehimpuls und Parität von |χ� und {|k�} übereinstimmen.
Diesen Prozess kann man als inelastischen
Stoß zwischen dem am Ar+ (2 P1/2 )-Rumpf
gebundenen Rydbergelektron mit diesem
Rumpf ansehen. Wird die FeinstrukturAnregungsenergie des Rumpfes auf das
Elektron übergeben, dann entsteht ein freies Elektron mit der kinetischen Energie
� = 0.18 eV −
R
.
n2ef f
(6.38)
Anregungs-Prozesse in diesen Energiebereich erscheinen im Spektrum als asymmetrische
Resonanzen, die dem Kontinuum aufgeprägt sind (Fano-Profile). Ursache für die Interferenz ist die Überlagerung zweier Anregungsamplituden, die zum selben Endkanal
(e + Ar+ (2 P3/2 )) führen. Im Experiment sind die beiden Wege ununterscheidbar.
Im gebundenen Bereich (im Beispiel hier also unterhalb der Ionisationsschwelle
Ar+ (2 P3/2 )) können lokale Abweichungen (Störungen) von der Position der Rydbergzustände nach der einfachen Gleichung 6.36 auftreten, wenn zufällige Entartungen zwischen den beiden Serien auftreten (siehe dazu auch Seite 133). Bei solchen Störungen
sind die resultierenden Wellenfunktionen Mischungen aus beiden Serien.
Ar+ (2 P1/2 ) + en� ←→ Ar+ (2 P3/2 ) + en� �
(6.39)
Der inelastischen Stoßprozess, der für die Autoionisaton verantwortlich ist (siehe oben)
und sein inverser Prozess sind Ursache für diese Konfigurations Mischung.
135
6.3. SPEKTREN SCHWERERER ATOME
6.3.6
Fano-Profil
Am Beispiel der Autoionisation im Argon: Besteht für einen Anfangszustand |ϕi � ein
direkter Kanal für einen elektrischen Dipolübergang in ein Kontinuum von Zuständen
{|k�� } der Energie �
Ar + h̄ω → Ar+ (2 P3/2 ) + e−
(6.40)
und ein indirekter Weg über einen diskreten Zustand |χf �
Ar + h̄ω → Ar∗
Ar∗ ≡ (Ar+ (2 P1/2 ) + n�)
wobei
(6.41)
der in dasselbe Kontinuum autoionisiert
Ar∗ → Ar+ (2 P3/2 ) + e−
(6.42)
dann interferieren beide Anregungsamplituden. Die beobachtete Resonanz im Ionisationsspektrum zeigt diese Interferenz in Form einer Asymmetrie des Resonanzpeaks.
Im Falle einer Wechselwirkung eines einzelnen gebundenen Zustandes mit einem
Kontinuum, läßt sich das Profil der Resonanz als Fano-Profil
f (E) =
(E + q)2
E2 + 1
(6.43)
mit der einzigen Variablen q beschreiben. Dabei ist E = 2(� − E0 )/Γ, wobei � die
Kontinuumsenergie ist, E0 die Position der Resonanz, Γ die Resonanzbreite und q ist
der Fano-Parameter
q=
�ϕi |Wif |ϕf �
δ�
.
�ϕi |Wi,� |k� � �k� |W�,f |ϕf �
(6.44)
Dieser Parameter gibt das Verhältnis der Kopplung des Ausgangszustandes zum diskreten bzw. zum Kontinuumszustand über die drei Matrixelemente der Prozesse (6.40,
6.41, 6.42) und die Zustandsdichte im Kontinuum 1/δ� an.
q " !2
q " !1
4
4
3
f
q"0
!10
10
E
4
3
f
q"1
4
3
f
q"2
4
3
f
3
f
2
2
2
2
2
1
1
1
1
1
0
!10
10
E
0
!10
10
E
0
!10
10
E
0
!10
10
0
E
Die Bilder zeigen die Fano-Resonanzform für fünf Werte des q Parameters. Weit von
der Resonanz strebt die Funktion 6.43 gegen den Wert 1. Dieser Wert entspricht dem
Wirkungsquerschnitt für den direkten Übergang ins Kontinuum. Das relative Vorzeichen der Matrixelemente spiegelt sich in der Richtung der Asymmetrie wieder. Sind
nur zwei Kanäle (ein gebundener, ein freier) am Prozess beteiligt, dann führt die Interferenz der Anregungsamplituden zu einer Nullstelle in der Anregungsintensität (Nach
Gleichung 6.43 bei E = −q).
136
KAPITEL 6. MEHRELEKTRONEN-ATOME
6.3.7
Röntgen-Spektren
• Innerschalen Ionisation
• Schalenmodell
• Emission
• Auger-Prozess
• Absorption, Schwächung
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