-1/15- Elektronische Messtechnik 4 (EMT 4) Sensorik Prof. Dr.-Ing. Th. Reck Stand WS 2007/08 Elektronische Messtechnik EMT4 SENSORIK Prof. Dr.-Ing. Th. Reck -2/15- Inhaltsverzeichnis 1 Sensorprinzipien................................................................................................................. 3 1.1 Temperaturmessung ................................................................................................... 3 1.1.1 Widerstandsthermometer ................................................................................... 3 1.1.2 Thermoelemente................................................................................................. 5 1.2 Kraftmessung ........................................................................................................... 10 1.2.1 Dehnungsmessstreifen...................................................................................... 10 1.2.2 Piezoeffekt........................................................................................................ 14 Elektronische Messtechnik EMT4 SENSORIK Prof. Dr.-Ing. Th. Reck -3/15- 1 1.1 Sensorprinzipien Temperaturmessung Im Bereich der physikalischen Messtechnik sind Temperaturen die am häufigsten zu messenden Größen. Insbesondere in der Prozess- und Verfahrenstechnik stellt die Temperaturmessung das "messtechnische Rückrad" dar. Hier sollen die beiden wichtigsten Temperatursensoren Widerstandsthermometer und Thermoelement vorgestellt werden. 1.1.1 Widerstandsthermometer Beim Widerstandsthermometer wird ausgenutzt, dass der elektrische Widerstand mit der Temperatur variiert. Der Zusammenhang zwischen der Temperatur und dem Widerstand kann durch R (TM ) R0 1 A (TM T0 ) B (TM T0 ) 2 C (TM T0 ) 3 ... beschrieben werden. Ro ist der Nennwiderstand, der für eine bestimmte Temperatur To gültig ist. TM ist die Temperatur des Widerstandes und A, B, C... sind materialabhängige Konstanten. Beispielsweise gilt beim Pt 100 Ro = 100 bei 0 °C und der Messbereich erstreckt sich von -200 bis 850 °C. Die Eigenschaften eines Platin-Widerstandsthermometers sind in einer Norm festgelegt, so dass eine universelle Austauschbarkeit gewährleistet ist. Für den genannten Messbereich gilt ein Polynom zweiter Ordnung mit den Koeffizienten A 3,90802 10 3 C 1 und B 5,802 10 5 C 2 . Der PT100 ist der am häufigsten eingesetzte Nennwiderstand. Nach der Norm werden auch Nennwiderstände mit 500und 1000 angeboten. Für die Bestimmung des Widerstandswertes wird ein Konstantstrom (üblicherweise 1 mA) vorgegeben und der Spannungsabfall am Widerstand ausgewertet. Folgende Schaltungen sind gebräuchlich. Bei der Zweileiter-Technik speist die Stromquelle den Widerstand und die Spannung U setzt sich aus dem Spannungsabfall am Widerstand und den temperaturabhängigen Zuleitungswiderständen der Anschlusskabel zusammen. Dadurch entsteht ein systematischer Messfehler durch den Spannungsabfall an den Zuleitungen. Abb.1.1.1: Zweileitertechnik Elektronische Messtechnik EMT4 SENSORIK Prof. Dr.-Ing. Th. Reck -4/15- Eine bessere Methode stellt die Dreileiter-Technik dar. Durch Messung von U1 und U2 lässt sich der Einfluss der Zuleitungswiderstände eliminieren. Voraussetzung hierfür ist, dass sowohl Hin- als auch Rückleiter gleich lang und von gleichem Material sind und dass sie denselben Temperaturen ausgesetzt sind. Abb.1.1.2: Dreileitertechnik Die optimale Messmethode ist die Vierleiter-Technik. Unter der Voraussetzung, dass die Spannung U stromlos gemessen werden kann, ist sowohl die Spannung am Messwiderstand als auch der Strom durch den Messwiderstand bekannt und damit der Widerstand bestimmbar. Abb.1.1.3: Vierleitertechnik Eine für den praktischen Einsatzfall wichtige Kenngröße (Empfindlichkeit) ist die Widerstandsänderung bei einer Temperaturänderung. Beim Pt 100 beträgt diese ca. 0,4 / Kelvin, wodurch sich bei einem Konstantstrom von 1 mA eine Spannungsänderung von etwa 400µV / Kelvin ergibt. In der DIN IEC 751 sind die Grenzabweichungen angegeben. Es werden zwei Toleranzklassen A und B unterschieden. Der Fehler in der Einheit Kelvin ergibt sich bei Einsetzen des Zahlenwertes der Widerstandstemperatur TM in °C nach: Klasse A: Klasse B: ±(0,15 + 0,002 TM) ±(0,30 + 0,005 TM) Die Klasse A gilt im Temperaturbereich -200...650°C bei Anwendung der Drei- und Vierleitertechnik. Die Klasse B gilt im gesamten Bereich von -200...850°C. Elektronische Messtechnik EMT4 SENSORIK Prof. Dr.-Ing. Th. Reck -5/15- Beispiel: Mit einem Pt 100 Widerstandsthermometer der Klasse A wurde eine Temperatur von 80°C gemessen. Damit ergibt sich die maximale Messunsicherheit (ohne Fehler des Messgerätes) zu ±(0,15 + 0,002 80) = ±0,31 K, so dass das Messergebnis aufgrund der Sensorunsicherheit TM = (80 ± 0,31)°C lautet. 1.1.2 Thermoelemente Verbindet man zwei unterschiedliche elektrische Leiter aus den Materialien A und B und setzt diese einer Temperaturdifferenz aus, so wird eine Thermospannung UT erzeugt. Der ursächliche physikalische Effekt wird Seebeck-Effekt genannt. Je nach verwendeten Materialien und den Temperaturen TM der Messstelle und TV der Vergleichsstelle ergeben sich Spannungen UT, die üblicherweise im mV-Bereich liegen. Werden Messstelle und Vergleichsstelle auf verschiedene Temperaturen gebracht, so entsteht eine Spannung UT, die in erster Näherung der Temperaturdifferenz TM –TV proportional ist: UT = KT (TM –TV) Der Faktor KT wird Thermoempfindlichkeit genannt und ist von der absoluten Temperatur und den verwendeten Werkstoffen abhängig. In Tab.1.1.1 ist die Thermoelektrische Spannungsreihe aufgestellt. Man betrachtet ein Thermopaar, dessen einer Schenkel aus Platin und dessen anderer Schenkel aus den angegebenen Materialien besteht. Bringt man die Messstelle auf 100°C und die Vergleichsstelle auf 0°C, so ist die gemessene Thermospannung charakteristisch für das Material des zweiten Thermoschenkels. Konstantan Nickel Palladium Platin Wolfram Platinrhodium mit 10% Rh Kupfer Manganin Eisen Nickelchrom Silizium -3,47 bis -3,04 mV -1,94 bis -1,20 mV -0,28 mV 0 +0,65 bis +0,90 mV +0,65 mV +0,72 bis +0,77 mV +0,57 bis +82 mV +1,87 bis +1,89 mV +2,20 mV +44,8 mV Tab.1.1.1: Thermoelektrische Spannungsreihe für 0°C und 100°C Diese Werte entsprechen der Thermoempfindlichkeit KXP eines Materials X gegen Platin P im mV/100K im betrachteten Temperaturbereich. Die Thermoempfindlichkeit KAB eines Materials A gegen ein Material B berechnet sich aus den Thermoempfindlichkeiten KAP und KBP der Materialien A und B gegen Platin nach: KAB = KAP –KBP Elektronische Messtechnik EMT4 SENSORIK Prof. Dr.-Ing. Th. Reck -6/15- In Abb. 1.1.4 befinden sich drei Verbindungsstellen der verwendeten Werkstoffe A, B und C auf den Temperaturen T1, T2 und T3. Abb.1.1.4: Thermoelementanordnung mit drei Verbindungsstellen Durch die Thermoelektrische Spannungsreihe sind die Thermoempfindlichkeiten KAP, KBP und KCP der Werkstoffe A, B und C gegen Platin P gegeben. Die Thermospannung UT berechnet sich aus der Summe der drei Teilspannungen U1, U2 und U3: UT = U1 + U2 + U3 Mit U1 = KAC T1 = (KAP –KCP) T1 U2 = KBA T2 = (KBP –KAP) T2 U3 = KCB T3 = (KCP –KBP) T3 ergibt sich: UT = KAP (T1 –T2) + KBP (T2 –T3) + KCP (T3 –T1) In der Praxis stellen die Materialien B und C die Schenkel des Thermoelements und das Material A die Kupferzuleitungen des Messgerätes dar. Die Messtemperatur sei TM = T3 und die Vergleichstemperatur sei TV = T1 = T2. Damit ergibt sich: UT = (KCP –KBP) (TM –TV) = KCB (TM –TV) Die entstehende Thermospannung hängt von der Temperaturdifferenz zwischen Messstelle und Vergleichsstelle ab! Tab.1.1.2 zeigt die Thermospannungen gebräuchlicher Thermopaare bei der Vergleichsstellentemperatur TV = 0°C nach DIN 43710. Temperatur TM Kupferin °C Konstantan -100 -3,40 mV 0 0 100 4,25 mV 500 27,40 mV 1000 1500 Tab.1.1.2: Thermospannungen Elektronische Messtechnik EMT4 EisenKonstantan -4,60 mV 0 5,37 mV 27,84 mV SENSORIK NickelchromNickel PlatinrhodiumPlatin 0 4,04 mV 20,64 mV 41,32 mV 0 0,64 mV 4,22 mV 9,60 mV 15,58 mV Prof. Dr.-Ing. Th. Reck -7/15- Abb.1.1.5: Kennlinien von Thermoelementen nach DIN EN 60 584 Element Typ J MaximalTemp. °C 750 definiert bis °C 1200 Fe-CuNi Cu-CuNi T 350 Ni-CrNi K NiCrSi-NiSi Grenzabweichungen Klasse 1 Klasse 2 Klasse 3 -40...750°C: ±0,004 T -40...750°C: ±0,0075 T - oder ± 1,5°C oder ± 2,5°C - 400 Klasse 1 Klasse 2 Klasse 3 -40...350°C: ±0,004 T -40...350°C: ±0,0075 T -200...40°C: ±0,015 T oder ± 0,5°C oder ± 1,0°C oder ± 1,0°C 1200 1370 Klasse 1 Klasse 2 Klasse 3 -40...1000°C: ±0,004 T -40...1200°C: ±0,0075 T -200...40°C: ±0,015 T oder ± 1,5°C oder ± 2,5°C oder ± 2,5°C N 1200 1300 NiCr-CuNi E 900 1000 Klasse 1 Klasse 2 Klasse 3 Pt10Rh-Pt S 1600 1540 Klasse 1 Pt13Rh-Pt R 1600 1760 Pt30Rh-Pt6Rh B 1700 1820 Fe-CuNi L 600 900 Cu-CuNi U 900 600 wie bei Typ K -40...800°C: ±0,004 T -40...900°C: ±0,0075 T -200...40°C: ±0,015 T oder ± 1,5°C oder ± 2,5°C oder ± 2,5°C 0...1600°C: ±[1+(T-1100)0,003] oder ± 1,0°C Klasse 2 -40...1600°C: ±0,0025 T oder ± 1,5°C Klasse 3 wie bei Typ S Klasse 1 Klasse 2 600...1700°C: ±0,0025 T Klasse 3 600...1700°C: ±0,005 T 100...400°C: ±3,0°C 400...900°C ± 0,75°C 100...400°C: ±3,0°C 400...600°C ± 0,75°C oder ± 1,5°C oder ± 4,0°C Tab.1.1.3: Thermoelemente mit Temperaturbereiche und Grenzabweichungen Elektronische Messtechnik EMT4 SENSORIK Prof. Dr.-Ing. Th. Reck -8/15- In Tab.1.1.3 sind einige Thermoelemente mit Messbereichen und Fehlerklassen angegeben. Es handelt sich um solche Elemente, die hinsichtlich Thermospannung und Toleranz genormt sind. Die Thermoelementkenngrößen sind in der DIN 43710 für die Typen "L" und "U" und in der DIN IEC 584-1 für die übrigen Typen festgelegt. Die Maximaltemperatur ist diejenige Temperatur, bis zu der eine Grenzabweichung festgelegt ist. Mit "definiert bis" ist die Temperatur gemeint, bis zu der eine Thermospannung angegeben wird. In Abb.1.1.4 müssen die Übergänge (Anschlussstelle = Vergleichsstelle) zum Material A (z.B. Kupferleitungen) auf gleicher und bekannter Temperatur Tv gehalten werden. Die Überbrückung größerer Entfernungen zwischen Messstelle und Messgerät wird mit so genannten Ausgleichsleitungen zu realisieren (Abb.1.1.6). Diese Leitungen sind aus denselben Materialien wie die Schenkel des Thermoelements, so dass die Temperatur der Anschlussstelle keinen Einfluss auf das Messergebnis hat. Bekannt sein muss die Temperatur Tv der Vergleichsstelle, die sich üblicherweise direkt am Messgerät befindet. Die Temperatur TV wird häufig mit Widerstandsthermometern erfasst. Abb.1.1.6: Thermoelement mit Ausgleichsleitungen Tab.1.1.4 zeigt die farbliche Kennzeichnung der Anschlussleitungen. Thermoelement Max.-Temperatur Fe-CuNi„ J “ 750°C Cu-CuNi„ T“ 350°C NiCr-Ni„ K“ 1200°C NiCr-CuNi„ E“ 900°C NiCrSi-Ni Si„ N“ 1200°C Pt10Rh-Pt„ S“ 1600°C Pt13Rh-Pt„ R“ 1600°C Pt30Rh-Pt 6Rh„ B“ 1700°C Definiert bis 1200°C 400°C 1370°C 1000°C 1300°C 1540°C 1760°C 1820°C Plus-Schenkel Schwarz Braun Grün Violett Violett Orange Orange Keine Angabe Minus-Schenkel Weiß Weiß Weiß Weiß Weiß Weiß Weiß Weiß Tab.1.1.4: Farbliche Kennzeichnung der Anschlussleitungen von Thermoelementen Die Empfindlichkeit von Thermoelementen ist i.Allg. geringer als die von Widerstandsthermometern. Beispielsweise beträgt die Empfindlichkeit eines Thermoelements vom Typ K etwa 40 µV/Kelvin und damit nur 10% des Pt 100-Wertes. Bei Thermoelementen, die für hohe Temperaturen geeignet sind (z.B. Typ S oder B), ist die Empfindlichkeit noch wesentlich geringer. Elektronische Messtechnik EMT4 SENSORIK Prof. Dr.-Ing. Th. Reck -9/15- Aufbau von Thermoelementen Es gibt folgende Arten: Ungeschützt: Thermoelement ist ungeschützt, geringe thermische Trägheit, alle elektromagnetischen und umweltbedingten Störungen werden in das Messsystem eingeleitet. Mantelthermoelement geschützt: aber unisoliert, entsprechend der Eigenschaften des Mantelmaterials guter Umweltschutz des Thermoelementes, thermisch träger als ungeschütztes Thermoelement. Mantelthermoelement geschützt und isoliert: zusätzlich gegen Potentialunterschiede zwischen Messstelle und Messgerät geschützt. Aufbau eines industriellen Thermoelementes / Einsatz typisch in der Verfahrenstechnik Mantelrohrmaterialien: Metallisch bis 1150 °C und keramisch bis 1650 °C Bedeutend für den Einsatz von Thermoausgleichsleitungen ist deren Mantelmaterial. Dieses muss den Umgebungseinflüssen genauso widerstehen wie das Thermoelement. Im Folgenden sind einige Beispiele für Mantelmaterialien aufgeführt: Material PVC Silikon PTFE Glasseide tmax/°C 80 180 260 350 Typische Einbaufehler Thermoelement taucht nicht ausreichend in das Messobjekt ein, es besteht keine innige Kontaktierung Falsche Auswahl der Ausgleichsleitung Falscher Anschluss der Werkstoffpaarungen Zuleitung unterbrochen Elektronische Messtechnik EMT4 SENSORIK Prof. Dr.-Ing. Th. Reck -10/15- 1.2 Kraftmessung Zur Messung dieser physikalischen Größe sind Messungen mit Dehnungsmessstreifen (DMS) in Messbrücken und mit piezoelektrischen Aufnehmern üblich. PC-gestützte Messsysteme wie PC-Einsteckkarten sind zur Messung dieser Größen meist nicht direkt geeignet, weil die erforderliche Signalaufbereitung (Brückenverstärker bzw. Ladungsverstärker) nicht zur Verfügung stehen. Black Box Systeme verfügen oft über diese Konditioniereinrichtungen in Form separater Einschübe. 1.2.1 Dehnungsmessstreifen Zunächst wird kurz auf die Wheatstonsche Messbrücke (Abb.1.2.1) eingegangen. Die Brücke soll mit der Spannung UB gespeist werden. Dann bilden die Widerstände R1, R2 bzw. R3, R4 jeweils nicht belastete Spannungsteiler. Abb.1.2.1: Wheatstonsche Brücke Für die Messspannung UM ergibt sich: R1 R3 U M U 1 U 3 U B R R R R 2 3 4 1 Sind die Widerstände gleich, so ist die Brücke abgeglichen und es gilt UM = 0V. Dies gilt auch für den Fall R1/R2 = R3/R4. Ändert sich der Widerstand R1 um R1, so ergibt sich eine Änderung der Messspannung nach: R1 R1 R3 U M U B R R R R R 1 2 3 4 1 Mit der Annahme R1/R2 = 1 und R3/R4 = 1 folgt: R1 R1 1 U M U B 2 U B R1 R1 2 Elektronische Messtechnik EMT4 2 R1 2 R1 2 R1 R1 4 R1 2 R1 SENSORIK Prof. Dr.-Ing. Th. Reck -11/15- Wegen 4 R1 >> 2 R1 ergibt sich: R1 U M U B 4 R1 In der DMS-Technik kann von gleichen Widerständen (120, 350,...1000) ausgegangen werden und die Widerstandsänderungen sind relativ klein. Der DMS wird durch seinen kFaktor beschrieben. Dieser setzt die relative Widerstandsänderung zur relativen Längenänderung des DMS ins Verhältnis: R k R l l bzw. R l k k R l mit = Dehnung Bei metallischen DMS ist der k-Faktor ca. 2 und aus den DMS-Datenblättern zu entnehmen. Damit kann die Spannungsänderung der Brückendiagonalen nach U U M B k 4 berechnet werden. Beispiel: An einem 70 cm langen Stab aus Gussstahl mit einem Querschnitt von 10 cm2 soll eine Kraft von 100 kN angreifen. Die zugehörige Normalspannung (mechanische Spannung) ist definiert als das Verhältnis von Kraft zu Fläche. F 10 5 N N 3 2 10 8 2 A 10 m m Nach dem Hookeschen Gesetz sind mechanische Spannung und Dehnung proportional über den Faktor E verbunden. Dieser Faktor wird als Elastizitätsmodul bezeichnet. Der Elastizitätsmodul für Gussstahl ist 2 1011 N/m2, so dass sich eine Dehnung ergibt von 8 N 10 m 2 m 5 10 4 500 10 6 500 11 N E 2 m 10 m2 Wegen der angreifenden Kraft wird der Stahlstab um l länger l l 5 10 4 70cm 0,35mm Es ergibt sich mit k = 2 und UB = 5V für eine Viertelbrücke: U U M B k 1,25mV 4 Elektronische Messtechnik EMT4 SENSORIK Prof. Dr.-Ing. Th. Reck -12/15- Beim praktischen Einsatz wird UM verstärkt. Bei einem Verstärkungsfaktor von 2000 ergibt sich eine Verstärkerausgangsspannung von 2,5 V. Beim Messsystem ist üblicherweise der Proportionalitätsfaktor zwischen Kraft und erzeugter mechanischer Spannung anzugeben, damit die Anzeige in den Kurvenfenstern in N erfolgen kann. In diesem Beispiel ist also 100kN / 2,5 V = 40 kN/V als Faktor der Messkette anzugeben. Der Messbereich beträgt bei einem 10V-Eingangsbereich des Messsystems 400 kN. Alternativ ist die Brückenausgangsspannung je Volt Brückenversorgungsspannung anzugeben. In diesem Fall ist die Brückenempfindlichkeit UM /UB = 1,25mV / 5V = 0,25 mV/V. Das bedeutet, dass sich je Volt Versorgungsspannung bei 100 kN eine Brückenausgangsspannung von 0,25 mV ergibt. Der Messeffekt kann weiter verstärkt werden, falls zusätzliche DMS (Halb- oder Vollbrücke) für die Messung verwendet werden. Kalibrierung von DMS-Schaltungen Die Messkette „ DMS –Brückenschaltung –Verstärker“wandelt die nichtelektrische Messgröße Dehnung in eine elektrische Spannung um. Zwischen den beiden Größen besteht folgender Zusammenhang: Dehnung = Kalibrierfaktor gemessene elektrische Spannung Die quantitative Zuordnung zwischen Ausgang und Eingang der Messkette wird somit durch den Kalibrierfaktor hergestellt, der sich aus einem Kalibriervorgang ergibt: Kalibrierfaktor = gemessene Ausgangsspannung / bekannte, vorgegebene Dehnung In der DMS-Technik ist eine direkte Art der Kalibrierung nicht möglich, da sich eine Dehnung als Referenzwert für die Bestimmung des Kalibrierfaktors nur sehr schwer erzeugen lässt. Stattdessen finden andere Verfahren Anwendung: Kalibrieren mit einem vom Messverstärker gelieferten Signal Kalibrieren mit einem Kalibriergerät direkte Nebenschlusskalibrierung (Shunt-Kalibrierung) Verstärkereigenes Kalibriersignal Einige Messverstärker enthalten Einrichtungen, mit denen ein definiertes Signal in den Messkreis eingespeist werden kann. Der Betrag des Kalibriersignals kann entweder im Dehnungsmaß µm/m oder in Brückenverstimmung mV/V angegeben sein. Da die Einspeisung erst am Verstärkereingang erfolgt, bezieht sich der gewonnene Kalibrierfaktor nicht auf die gesamte Messkette, sondern nur auf den Verstärkerteil ohne DMS und Zuleitungen. Kalibriergerät Um bei der Kalibrierung den Einfluss der Zuleitungen von der Messstelle zur Brücke zu erfassen, den die erste Kalibrierart unberücksichtigt lässt, kann man anstelle des DMS ein im Handel erhältliches Kalibriergerät (z.B. von der Fa. HBM, Abb1.2.2) in die Messkette einfügen. Derartige Geräte simulieren Dehnungsänderungen durch Widerstandsänderungen. Sie sind auf Standard-Widerstandswerte (z.B. 120) festgelegt und erlauben die Vorgabe einzelner Stufen durch einfaches Umschalten. Eine Messreihe, bei der zu vorgewählten Widerstandsänderungen (also Schalterstellungen) die zugehörigen Verstärkerausgangsspannungen registriert werden, liefert hier die Basis zur Bestimmung des Kalibrierfaktors, beispielsweise mittels linearer Regression. Elektronische Messtechnik EMT4 SENSORIK Prof. Dr.-Ing. Th. Reck -13/15- Dieser ist eventuell noch zu korrigieren, wenn nämlich der k-Faktor des DMS nicht mit dem des Kalibriergerätes von k = 2,00 übereinstimmt. Nach der Kalibrierung wird das Gerät aus der Messkette entfernt und der DMS angeschlossen. Abb.1.2.2: Beispiel eines DMS-Kalibrators für 120und 350 DMS Nebenschlusskalibrierung Auch diese Kalibrierung arbeitet mit Widerstandsänderungen zur Simulation von Dehnungen. Sie erfolgt aber direkt am DMS durch Parallelschalten von bekannten Widerständen entsprechend der Gleichung R1 U M U B 4 R1 Hierin stellt R1 die Widerstandsänderung dar, die sich durch Parallelschalten des ShuntWiderstandes Rs mit R1 ergibt. Es gilt R R R1 1 S R1 R1 RS Damit wird die Dehnung 1 R 1 RS 1 k R k R1 RS Für R1 = 120, Rs = 220, k = 2 ergibt sich eine Dehnung = -268,55 m/m. Elektronische Messtechnik EMT4 SENSORIK Prof. Dr.-Ing. Th. Reck -14/15- 1.2.2 Piezoeffekt Neben der Kraftmessung mit Dehnungsmessstreifen, kann die Kraft auch mit piezoelektrischen Aufnehmern erfasst werden. Insbesondere bei sehr schnellen Kraftänderungen kann diese Methode vorteilhaft sein. Ein weiterer Vorteil dieser Aufnehmer besteht im weiten Temperaturbereich, der mit diesen Sensoren erschlossen werden kann. Beispielsweise gibt es Aufnehmer zur Druckmessung (Kraft/Fläche), die zur Zylinderinnendruckmessung ohne Kühlung bis zu 350 °C einsetzbar sind. Belastet man bestimmte Materialien wie z. B. Quarz in gewissen Richtungen mechanisch, so treten elektrische Ladungen auf, die der erzeugenden Kraft proportional sind. Man bezeichnet dies als piezoelektrischer Effekt. Je nach Polarisationsrichtung des piezoelektrischen Materials können die Ladungen an den mechanisch belasteten Flächen (Längseffekt) oder quer dazu (Quereffekt) auftreten. Auch durch Schubspannungen wird die Polarisation verändert (Schereffekt). Abb.1.2.3: Piezoeffekt Wirkt eine Kraft auf die Quarzscheibe, so wird die Ladung Q = k F k = 2,3 10-12 As/N mit frei. Im Ersatzschaltbild (Abb.1.2.4) kann man diesen Effekt durch eine Stromquelle mit dem Kurzschlussstrom i = dQ/dt = k dF/dt, dem Innenwiderstand RQ (Quarzwiderstand) und der Kapazität des Quarzes CQ beschreiben. Der Kondensator lädt sich unter dem Einfluss der Kraft F infolge der freigesetzten Ladung Q auf die Spannung UQ auf. Mit Hilfe eines Ladungsverstärkers ist es möglich, die entstehende Ladung abfließen zu lassen und auf dem Kondensator C zu speichern. Da am Minuseingang des Operationsverstärkers virtuelles Massepotential ansteht, liegt an RQ und CQ keine Spannung, so dass der Strom i in den Kondensator C fließt. Es gilt i = -ic bzw. k dF/dt= - ic Strom und Spannung am Kondensator sind über die Beziehung t i dt C u C a 0 verknüpft, falls der Kondensator zum Zeitpunkt t = 0 entladen war. Unter Berücksichtigung obiger Gleichung ergibt sich ein linearer Zusammenhang zwischen der Ausgangsspannung ua und der angreifenden Kraft F k u a F C Elektronische Messtechnik EMT4 SENSORIK Prof. Dr.-Ing. Th. Reck -15/15- Bei dieser Schaltung wird die Konstanz der Ausgangsspannung bei konstanter Kraft nicht mehr durch die Verluste des Piezosensors bestimmt, sondern durch die Güte des Integrationskondensators. Durch spezielle hochwertige Verbindungskabel zwischen Sensor und Verstärker kann das Eindringen störender Ladung (z. B. durch Reibungselektrizität) verhindert werden. Dieses Prinzip kann auch für Druckmessumformer genutzt werden. Hierzu ist der Aufnehmer mit einer elastischen Membran verbunden, und der Druck wird auf eine Kraftmessung entsprechend der Beziehung Druck = Kraft / Fläche zurückgeführt. Abb.1.2.4: Ersatzschaltbild des Piezosensors mit Ladungsverstärker Vorteile von piezoelektrischen Sensoren Größere Steifigkeit als DMS - Kraftsensoren Robuste Ausführungen, kleine Bauhöhen Geringe Ansprechschwelle Kurze Anstiegszeit Mehrdimensionale Messrichtungen bei geringem Übersprechen Nachteile von piezoelektrischen Sensoren Kein statisches Messen wegen Verstärkerdrift möglich, nur quasi-statisches Messen Spezialkabel mit hohem Isolationswiderstand erforderlich Reset vor jedem Messbeginn notwendig Elektronische Messtechnik EMT4 SENSORIK Prof. Dr.-Ing. Th. Reck