LEHRLINGSINFO Quitten Comeback der fast vergessenen Früchte Weltweit gibt es um die 200 Sorten Quitten. Sie sind bekannt unter dem Namen Apfel- und Birnenquitten, japanische und chinesische Zierquitten, man kennt die Quitte aber auch unter dem Namen Kretischer Apfel oder Schmeckbirne. Die alten Griechen sollen es gewesen sein, die der gelben Frucht zu kulinarischer Ehre verholfen haben. Als Frucht der Aphrodite war sie obendrein heilig und galt als Symbol für Liebe, Glück und Fruchtbarkeit. Herkunft und ursprüngliche Heimat Die ursprüngliche Heimat der Quitte war vermutlich der Iran, Armenien und der Kaukasus, Südostasien, wo es noch heute die meisten Sorten gibt. Ihren botanischen Namen «Cydonia oblonga» verdankt die Quitte jedoch der antiken Stadt Kydonia (heute Chania) auf der griechischen Insel Kreta. Dort bauten Bauern die Früchte vermutlich erstmals als Feldobstkultur an. Frucht der griechischen Mythologie Eine bedeutende Rolle spielten sie wohl auch in der griechischen Mythologie. Quitten galten früher als Glücks- und Fruchtbarkeitssymbol. So glaubt man heute, dass etwa der «goldene Apfel des Paris» oder die «HesperidenÄpfel» eigentlich Quitten waren. Die Quitte als Weihgabe Im alten Rom waren die gelben Früchte als Weihgabe an die Nachtgöttin in den Herrenzimmern zu finden, wo sie ihren starken, zitronenähnlichen Duft verbreiten und die Angebetete betören sollten. Die alten Römer verwendeten sie als Opfergaben und zur Parfümherstellung. Sagen und Aberglauben Südungarische schwangere Zigeunerinnen nehmen beispielsweise Quittenstückchen mit Blutstropfen eines kräftigen Mannes besprengt bei abnehmendem Mond, um kräftige Kinder zur Welt zu bringen. Getreu dem Motto: «So die schwangeren Weiber oft Quitten essen, sollen sie sinnreiche und geschickte Kinder gebären.» Familie der Quitte Die Quitte gehört zur Familie der Rosaceen. In der Schweiz werden nur noch wenige Quittenbäume kultiviert. Quitten können nicht frisch konsumiert werden. Wegen ihres besonderen Aromas sind sie aber beliebt für Kompotte, Konfitüre oder Gelees. Unterschieden PISTRETTO NR. 26 · NOVEMBER 2004 LEHRLINGSINFO werden die rundlichen Apfelquitten und die länglichen Birnenquitten. Letztere sind in der Schweiz häufiger. Die Erntezeit liegt in der ersten Hälfte des Oktobers. Über 100 Jahre altes Gehölz Quitten wachsen normalerweise als 3–6 m hohe und breite, mehrstämmige und baumartige Gehölze, die weit über 100 Jahre alt werden können. Die sperrige Ausdehnung dürfte wohl ein Grund dafür sein, weshalb sie in den heutigen Gärten wenig zu sehen sind. Die Früchte wiegen 200 bis 500 g. Quitten der Ursprung der Konfitüre Der Nährstoffgehalt der Früchte ähnelt denen von Äpfeln und Birnen. Quitten enthalten jedoch mehr Fruchtsäure und Faserstoffe, darunter das Pektin (Mehrfachzucker). Sie können ein Vielfaches ihres eigenen Gewichtes an Flüssigkeit binden. Deshalb gelingen Konfitüren und Gelees aus Quitten auch ohne Geliermittel. Die Quitte gilt als eine der ersten Früchte, aus denen Konfitüre hergestellt wurde. Beispielsweise soll das Wort «Marmelade» von dem portugiesischen Wort «marmelo» für Quitte abstammen. Gesundheit Die Quitte war schon im Altertum die einzige der alteingewanderten Obstarten, von der man fast alle Teile in der Heilkunde oder zu praktischen Zwecken genutzt hat. Die Ärzte gaben damals Quittensaft als Gegenmittel bei Vergiftungen, diese Wirkung beruht auf dem Anteil an Pektinen und Phenolen. PISTRETTO NR. 26 · NOVEMBER 2004 Quitten in der Küche Quitten werden in der Regel gedünstet oder gedämpft, zusammen mit Schwarzwurzeln in einer Rote-Beeten-Sauce als Gemüse, zusammen mit Kartoffeln in einem deftigen Currygericht, als Quitten-Ingwer-Butter in einem bunten Herbstsalat, als Kuchen, Auflauf oder Kompott. Und natürlich als Gelee. Gibt man Apfel- und Zwetschgenmus einen kleinen Quittenanteil bei, werden diese dadurch schmackhafter. Weitere Verwendung Interessant ist, dass ein Auszug aus den Quittensamen auch in der heutigen Kosmetik eingesetzt wird. Sehr hautverträglich soll er sein, reizmildernd und entzündungshemmend (zum Beispiel in Quitten-Körpermilch und Quitten-Gesichtscreme). Als «Hustenbonbons» leisten getrocknete Quittenkerne, einfach nur gelutscht, wirksame Dienste. Zerkauen sollte man die Kerne aber nicht, sie schmecken extrem bitter. Quittenbaum kurz vor der Ernte Einkauf und Qualität der Quitten Achten Sie beim Einkauf auf den Duft der Quitten, reife Früchte DIE INHALTSTOFFE DER QUITTE 200 g dieser Frucht decken den Tagesbedarf an Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, Energie und Nährstoffen zu folgenden Anteilen: 38 Kcal/160 KJ Protein Fett Kohlehydrate Davon Zucker Nahrungsfasern Cholesterin 0,4 g 0,5 g 7,8 g 6,3 g 6,2 g 0 mg Vitamin C Vitamin E Folsäure Calcium Kalium Mangan 12,9 mg 0,4 mg 0,6 mg 10 mg 218 mg 5% LEHRLINGSINFO duften intensiv nach Zitrone und Apfel. Ausserdem ist auf ihrer Schale kaum noch etwas von dem charakteristischen Flaum zu finden. Kleine Quitten schmecken übrigens besser als grosse. Es gibt zwei Quittensorten: die in der Form eines Apfels und Birnenquitten. Apfelförmige haben eine härtere Schale und sind weniger saftig als birnenförmige, dafür sind sie herzhafter im Geschmack. Keine Früchte mit Rissen oder Flecken kaufen. Quitten sind sehr schnell verdorben, wenn sie Druckstellen bekommen. Lagerung Vollreife Quitten können bei 2–7 °C bis zu einer Woche aufbewahrt werden. Quitten nicht mit anderen empfindlichen Lebensmitteln zusammen lagern, weil sich das intensive Aroma der Quitten übertragen kann. Früchte, die noch nicht ganz reif und weich sind, lassen sich an einem kühlen Ort (hier nicht Kühlraum) einen Monat aufbewahren. Tiefgefroren halten sich Quitten ca. ein Jahr. Sie müssen vorher geschält und blanchiert werden. Fast vergessenes einheimisches Kernobst Was hält man heute vom Heilmittel Quitte? Sind alle Inhaltsstoffe der Pflanze schon bekannt? Sicherlich nicht, denn sie steht ja im Schatten anderer Früchte. In den meisten Büchern, die sich mit der gesunden Ernährung aus Pflanzen befassen, fehlt sie, oder man erwähnt sie nur am Rand. Man befasst sich hier wie in der Küche mit exotischen Früchten wie Ananas, Mangos oder Papayas, die – meist unreif – über Tausende von Kilometern eingeflogen werden, beschreibt deren gesundheitliche (Wunder-) Wirkungen und hat vergessen, dass eine ganz bemerkenswerte Frucht direkt vor unserer Nase wächst! Ihrem Duft hat man wahre Wunderwirkungen nachgesagt, heute taugt er gerade noch dazu, die Motten zu vertreiben und für einen angenehmen Geruch im Zimmer zu sorgen. TIPPS FÜR DIE PRAXIS • Das Fruchtfleisch der Quitte ist mit zahlreichen Steinzellen durchsetzt, die die Frucht hart, trocken und knorpelig machen. Quitten eignen sich zur Verarbeitung zu Süssigkeiten wie zum Beispiel Quittengelee und Quittenbrot. • Flaum der Quitte mit einer weichen Bürste abwaschen, weil er den Geschmack der Früchte beeinträchtigt. • Wenn ein kräftiges Aroma gewünscht wird, wie bei Mus oder Likör, so ist es angebracht, die Quitten nicht zu schälen. PISTRETTO NR. 26 · NOVEMBER 2004 • Quitten rüsten, Kerne entfernen, würfeln und mit ca. 5% Zucker weich kochen. Auch Blütenstände (Fliege) sollten ausgestochen werden, da sie das Endprodukt bitter machen können. • Schalen und Kerne können ausgekocht werden und als aromatischer Fond zu verwenden. • Für Gelee und Fruchtpasten lässt man die Schale an der Frucht, weil sie wie die Kerne wertvolles Pektin enthält. Auch das typische Aroma bleibt erhalten. Im Oktober werden die goldgelben Quitten geerntet