Strömungen - Fakult at f ur Physik

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Kapitel 10
Strömungen
In Kapitel 9 behandelten wir die statistische Bewegung einzelner Moleküle in einem Gas,
aber noch keine makroskopische Bewegung des Mediums. Der Mittelwert der Impulse aller
Teilchen war Null, das flüssige bzw. gasförmige Medium war bisher in Ruhe.
Strömungen lassen sich auch ohne Kenntnis der Detailbewegung einzelner Moleküle als makroskopische Bewegungsabläufe beschreiben. Dazu verwenden wir makroskopische Zustandsgrößen (%, p, V, T, ...) und Bewegungsgrößen von Volumselementen (~r, ~v , ...).
Hydrodynamik und Aerodynamik behandeln die makroskopische Bewegung von Flüssigkeiten bzw. Gasen. Man übergeht dabei die Bewegung des Einzelmoleküls. Wichtige Unterschiede zwischen Flüssigkeiten und Gasen liegen in der Dichte (Faktor ⇡ 103 ) und in der
Kompressibilität (Gase:  = 1/p, Flüssigkeiten kaum komprimierbar).
Beispiele: Wetter-Strömungen (Windrichtung und -stärke) um Tiefdruckgebiete, Strömung
um Fahrzeug- Flugzeug- und Schiffsprofile.
Strömungssimulation
Eine Strömung heißt stationär, wenn sie nicht explizit von der Zeit abhängt. Jedes Volumenelement, das am Ort ~r vorbei strömt, bewegt sich dort mit derselben Geschwindigkeit.
Verfolgt man ein einzelnes Volumenelement, so erhält man seine Bahnkurve ~r = ~r(t), die
man als Stromlinie bezeichnet.
Die beschreibenden Größen sind in der Regel orts- und zeitabhängig:
• p = p(~r, t) — das skalare Druckfeld.
• ⇢ = ⇢(~r, t) — das skalare Dichtefeld.
• ~v = ~v (~r, t) — das vektorielle Strömungsfeld.
Bewegungsabläufe der Volumenelemente werden bestimmt durch die Kräfte, die auf sie einwirken. Im Sinne von Newtons Ansatz bewirkt die Summe aller Kräfte eine Beschleunigung
107
108
KAPITEL 10. STRÖMUNGEN
des Volumenelements V . Für ein Massenelement m = ⇢
Strömungsgeschwindigkeit ~v (~r, t) ist die Beschleunigung
m ~r¨ = ⇢ V
d~v
dt
=
F~p + F~g + F~R =
rp
V + ⇢g
V eines Mediums mit der
V + F~R
(10.1)
durch die Druckkraft Fp , die Gravitationskraft Fg und die Reibung, FR / v n gegeben.
Zur Reibung kommt es, wenn benachbarte Strömungsschichten mit unterschiedlicher Geschwindigkeit vorliegen. Bei Anwesenheit von Ladungen in der Strömung sind auch elektromagnetische Kräfte zu berücksichtigen (Magnetohydrodynamik). Die relativen Beiträge
der verschiedenen Terme bestimmen das Verhalten der Strömung. Dabei gehen Materialeigenschaften (Dichte, Viskosität (innere Reibung), aber auch die Geometrie (Abmessungen,
Form) der die Strömung bestimmenden Begrenzungen (Rohre, Hindernisse) sowie die Strömungsgeschwindigkeit ein. Sind Reibungskräfte vernachlässigbar, spricht man von
reibungsfreien oder idealen Strömungen. Dominieren
Reibungskräfte, so spricht man von viskosen Strömungen.
Für viele Phänomene von ansonsten idealen Strömungen
sind Reibungseffekte an den Rändern verantwortlich.
Laminare Strömungen:
(beschleunigende Kräfte sind klein gegenüber den Reibungskräften) Stromlinien durchmischen sich nicht.
Wirbel: Rotationsbewegung eines abgelösten Flüssigkeitsvolumen. Turbulente Strömungen: Wirbel durchmischen die Stromlinien.
Experiment: Strömungen um verschiedene Hindernisse im Stromlinienapparat.
10.1
Erhaltung der Masse und Kontinuitätsgleichung
Wir betrachten ein Bündel von Stromlinien, die
alle durch eine bestimmte Fläche hindurchgehen,
dies bezeichnet man als eine Stromröhre.
Wir setzen voraus dass keine Masse die Röhre
seitlich verlässt und betrachten zwei Querschnitte
einer Stromröhre:
A1, v1, ∑1
A2, v2, ∑2
Die Stromstärke wird definiert als Quotient aus der “Menge” des strömenden Mediums
und der Zeit, in der diese Menge die Fläche durchströmt. Als “Menge” können verschiedene
Größen benutzt werden:
Im
=
dm/dt Massenstromstärke
IV = dV /dt
Volumenstromstärke
IW
=
dW /dt Energiestromstärke
IQ = dQ/dt Ladungsstromstärke
Die Stromstärke wird maximal, wenn die Ausrichtung der Fläche senkrecht zu den Stromlinien ist. In diesem Fall ist die Stromdichte j = I/A. Generell trägt man der Ausrichtung
der Fläche Rechnung, indem man schreibt
Z
~,
I = ~j · dA
(10.2)
10.2. REIBUNGSFREIE STRÖMUNGEN
109
~ die Flächennormale angibt. Aus dieser
wobei der die Fläche charakterisierende Vektor A
Definition folgt für die Massenstromdichte einer Strömung
~jm = ⇢ ~v .
(10.3)
Erhaltung der Masse verlangt, dass aus einer Stromröhre seitlich nichts hinaus oder hineinfließt. Dann gilt für die Massenstromstärke am Anfang (1) und am Ende (2) einer Stromröhre
Im = A ⇢ v = const .
(10.4)
Dies ist die Kontinuitätsgleichung. Für inkompressible Strömungen gilt verschärft
A v = const
oder
(10.5)
A1 v 1 = A 2 v 2 .
Die Strömungsgeschwindigkeit in einer Strömung verändert sich
demnach umgekehrt proportional zur Querschnittsfläche.
Beispiel: Bei einer Injektionsnadel wird die Flüssigkeit aus einer
A1, v1
A2, v2
Spritze wird mit hoher Geschwindigkeit in die Blutbahn gespritzt, gerade umgekehrt wie im Bild rechts.
10.2
Reibungsfreie Strömungen
Dx¢
¢
¢
¢
p,A
v
Um das Volumen ( V = const) zu befördern,
muss Arbeit gegen den Druck p geleistet werden,
W = pA
Dx
p, A
Dmgz¢
v
Dmgz
m
+
⇢
mgz +
Nach Division durch
1
2
V =p
m
⇢
und gegen die Schwerkraft, W =
Definieren wir als kinetische Energie Ekin =
Reibungsfreiheit, dann gilt
p
x=p
1
2
m g z.
m v 2 und fordern Energieerhaltung und
m v 2 = const.
m/⇢ erhalten wir daraus die Bernoulli Gleichung
1
p + ⇢ g z + ⇢ v 2 = const.
2
(10.6)
wobei die drei Terme auf der linken Seite den statischen Druck p, den Schweredruck
⇢ g z und den Staudruck ⇢ v 2 /2 angeben.
Die wesentliche Aussage von (10.6) ist, dass mit zunehmender Geschwindigkeit der Strömung der statische Druck quadratisch abnimmt (und umgekehrt). Die Bernoulli-Gleichung
ist auch für Gase anwendbar, solange die Dichteänderung relativ klein ist. In der Nähe der
Schallgeschwindigkeit ist die Voraussetzung der Inkompressibilität von Gasen nicht gegeben.
Experiment: Strömung durch Rohr mit verschiedenen Querschnittsflächen. Druckmessung jeweils mit Hilfe eines Steigrohrs (Flüssigkeitshöhe entspricht Überdruck gegenüber Luftdruck).
110
KAPITEL 10. STRÖMUNGEN
Überlagert einer linearen Abnahme des Drucks (wegen Reibung, siehe Seite 110) sieht man eine
Druckzunahme am großen Querschnitt (niedrige Geschwindigkeit) und eine Abnahme am kleinen
Querschnitt (hohe Geschwindigkeit).
Messung der Druckanteile
- Drucksonde (Rohr mit seitlichen Bohrungen) beobachtet
den statischen Druck
- Pitot-Rohr (Rohr mit axialer Bohrung auf der Anströmseite) beobachtet den Gesamtdruck
- Prandtlsches Staurohr (Kombination beider Sonden, Differenzdruckmessung) beobachtet den Staudruck
- Venturi-Düse (beobachtet die Druckdifferenz in zwei Röhren unterschiedlichen Durtchmessers) bei hinreichend unterschiedlicher Strömungsgeschwindigkeit wird hier ebenfalls der Staudruck gemessen (zur Bestimmung der Fluggeschwindigkeit in Luftfahrzeugen).
statische Sonde
Pitot Rohr
Prandtl Sonde
p
1
p+ r v2
2
1
p+ r v2
2
p
Hydrodynamisches Paradoxon: Venturi-Effekt (wenn die Strömungsgeschwindigkeit groß
ist, dann sinkt der Druck in der Strömung). Kraft durch den Unterdruck wird größer als das
Gewicht der Scheibe.
1
(10.7)
⇢luft u22 > M g
2
Man beobachtet/verwendet den Venturi Effekt beim Zerstäuber, Bunsenbrenner, Duschvorhang beim Duschen, Wasserstrahlpumpe 1 .
Experimente zum hydrodynamischen Paradoxon und Prandtlsches Staurohr.
Für reibungsfreie Flüssigkeiten gilt für die Ausflussgeschwindigkeit
p0 + ⇢fl g h = p0 +
10.3
1
⇢fl v22 .
2
(10.8)
Innere Reibung, Zähigkeit
Eine Platte der Fläche A bewegt sich entlang einer ruhenden Flüssigkeitsschicht. Die Haftreibung zwischen Flüssigkeit und Festkörper wird auf benachbarte Schichten der Flüssigkeit
übertragen. Tangentialkräfte zwischen den Schichten führen zu einem Geschwindigkeitsgefälle
zwischen den Platten, dv/dz. Experimentell findet man:
v=v0
v=v0
z
FR = ⌘ A
dv
dz
(10.9)
Eine ebenso große Gegenkraft ist notwendig, um die Platte
bei konstanter Geschwindigkeit zu halten. Die physikalische
Einheit der Viskosität ist
[⌘] = N s/m2 = Pascal s = 1/10Poise
v=0
1 Der
v=0
Mit Grenzschicht bezeichnet man die Schichtdicke der
Flüssigkeit in der Umgebung der bewegten Platte, die durch
die Bewegung mitgenommen wird.
erreichbare Enddruck (Vakuum) ist durch den Dampfdruck von Wasser (23 mb bei 20 C) begrenzt.
10.3. INNERE REIBUNG, ZÄHIGKEIT
111
Allgemein: ⌘ sinkt stark ab mit steigender Temperatur: Wasser, Motoröle.
Die Größe ⌘ hängt auch von der Geschwindigkeit ab (Blut).
T/ C
⌘ / Pa s
Für Wasser gilt:
0
1.8
20
1.0
50
0.55
70
0.40
100
0.28
Einen besonderen Aggregatszustand bildet flüssiges Helium. Es wird unterhalb 2.17 K superfluid, ⌘ = 0.
Laminare Strömung in einem Rohr: In diesem Fall sind die Beschleunigungskräfte
klein gegenüber der Reibung. Die Flüssigkeit haftet auf der Rohrwand mit der Gesamtfläche
A = 2r⇡L. Die tangentiale Reibungskraft auf einen Flüssigkeitszylinder ist
FR = 2⇡ r L ⌘
dv
.
dr
(10.10)
Bei einer stationären Strömung wird die Kraft durch Druckunterschied über die Endflächen,
(p1 p2 )r2 ⇡ gerade durch die Reibungskraft kompensiert. Über diese Beziehung erhalten
wir das Geschwindigkeitsprofil in der Röhre:
dv
2⇡ r L ⌘
Z u dr
dv
r=0
=
=
0
u(r)
=
(p1
Z r
r=R
p2 )r2 ⇡
(p1
p2 )r⇡
dr
2⌘
L
R
(p1 p2 )r2 ⇡
R2 r 2 .
2⌘ L
Das parabolische Geschwindigkeitsprofil transportiert die
Stromstärke IV ( Volumen pro Zeiteinheit ) durch das Rohr.
Z R
⇡ R 4 p1 p 2
IV =
2r ⇡ u(r) dr =
.
8⌘
L
0
Der Ausdruck p1 p2 = Lrp bezeichnet das Druckgefälle über das Rohr der Länge L.
Dies ist das Gesetz von Hagen-Poiseuille
IV =
⇡ R4
rp .
8⌘
(10.11)
Die starke Abhängigkeit vom Rohrradius bedeutet: Eine 20 % ige Erhöhung des Rohrdurchmessers führt zur Verdopplung des Transportes (1.24 ⇡ 2).
Beim Kugelfall-Viskosimeter wird die um den Auftrieb verminderte
Schwerkraft durch die Reibungskraft kompensiert
Fg = me↵ g =
4⇡ 3
r (⇢k
3
⇢fl ) g .
Die Flüssigkeitsschicht an der Kugeloberfläche fährt mit der Kugel mit. In einiger Entfernung
von der Oberfläche hingegen ruht die Flüssigkeit. Eine Abschätzung der Reibungskraft machen wir mit Gleichung 10.9 indem wir für die Fläche den Kugeloberfläche A = 4⇡ r2 und für
den Gradienten dv/dz ⇡ v/r einsetzen. Daraus ergibt sich FR ⇡ 4⇡ ⌘ r v. Der experimentell
bestimmte Skalenfaktor 2 ergibt für kleine Kugeln das Stokessche Gesetz
FR =
2 Wie
6⇡ ⌘ r v .
(10.12)
sie im Praktikum sehen werden, gilt dies nur für den Fall in unendlich ausgedehnten Flüssigkeiten
beziehungsweise nur im Grenzfall sehr kleiner Reynoldszahlen (siehe Seite 114).
112
KAPITEL 10. STRÖMUNGEN
Nach kurzem Fall durch die Flüssigkeit ergibt sich eine stationäre Endgeschwindigkeit aus
der Bedingung FR Fg Fauftrieb = 0
vend =
10.4
2 r2
g
(⇢k
9 ⌘
(10.13)
⇢fl ) .
Strömung um Hindernisse
Strömungswiderstand :
Nach Stokes ist der Reibungswiderstand einer Kugel in einer laminaren Strömung zeigt
lineare Abhängigkeit von der Geschwindigkeit (schleichende Strömung). In einer idealen
Flüssigkeit (inkompressibel und nicht viskos) würde man erwarten, dass der Strömungswiderstand gleich Null ist. Nach dem Gesetz von Bernoulli ist der statische Druck auf der
Vorder- und Rückseite der Kugel gleich.
Flüssigkeitsteilchen werden auf der Vorderseite beschleunigt, erreichen eine maximale Geschwindigkeit am
Punkt P , und werden auf der Hinterseite abgebremst.
In einer realen Flüssigkeit kommt wegen der ReibungsP
W
verluste die Flüssigkeit am Punkt P nicht auf den vollen
S
S
Wert und fällt zurück auf v = 0 schon vor dem Punkt
W
S2, am Punkt W . Weiter außen vorbeiströmende Teilchen übertragen auf Grund der Reibung auf die zwischen W und S2 eingeschlossene Flüssigkeitsmasse eine
tangentiale Kraft, es bildet sich ein Wirbelpaar.
1
2
Experiment: Ringwirbel mit hoher Stabilität, Ausblasen einer Kerze.
Die in Wirbel investierte Energie wird dem Körper nicht mehr zurückgegeben. Wirbel werden
infolge der Reibung von der Flüssigkeit mitgenommen. Neue Wirbel entstehen und bilden
eine Wirbelstraße. Wirbel bewegen sich wie stark deformierbare Körper durch Strömung.
In Abwesenheit von Reibung bleiben aber ihre Gesamtmasse und ihr Drehimpuls erhalten.
Für den so hervorgerufenen Druckwiderstand gilt
1
FD = cD ⇢fl v 2 A ,
2
(10.14)
wobei für A je nach Fall die angeströmte oder umströmte Fläche angesetzt wird. cD gibt den
Druckwiderstandsbeiwert an der spezifisch für jede Körperform ist. Zum Druckwiderstand
addiert sich ein Reibungswiderstand FR der von der Beschaffenheit des umströmten Objektes
und seinen Oberflächeneigenschaften abhängt. Druck und Reibungswiderstand zusammen
addiert man zum Strömungswiderstand
FW = FD + FR = c W
1
⇢fl v 2 A .
2
(10.15)
Quadratische Abhängigkeit von FW von v. Experimentell zeigt sich, dass cW von der Form
und Art des Körpers abhängt sowie von der Reynoldszahl (siehe Seite 114).
Experiment: Widerstand verschiedener Körperformen und ihre cW -Werte.
10.5
Dynamischer Auftrieb, Zirkulation
Bisher behandelten wir den Druckwiderstand (Druckunterschiede in Bewegungsrichtung
bzw. Strömungsrichtung). Die laterale Asymmetrie der Strömung (oben/unten, links/rechts,
10.6. REYNOLDS’SCHE ZAHL
113
z.B. bei einem rotierenden umströmten Zylinder) zeigt sich als ein dynamischer Auftrieb quer
zur Strömungsrichtung.
Rotierender Zylinder: Die erhöhte Strömungsgeschwindigkeit auf der Seite, an der die Rotation des
Zylinders und Strömungsrichtung in die gleiche Richtung zeigen, führt zum Magnus Effekt. Erklärung
des dynamischen Auftriebs durch Überlagerung von
Potential- und Zirkulationsströmung.
Auftrieb einer Tragfläche: Beim unsymmetrischen
Flügelprofil strömt die Luft oben schneller als unten,
die Druckdifferenz bewirkt einen Auftrieb
F = ⇢luft (v12
v22 ) A/2
(10.16)
F
v1 > v2
v2
Experiment: Papierrolle, Flettner-Schiffsantrieb, Rollende Kugel in Wasser.
Bei unsymmetrischen Profilen in einer Strömung ist wiederum die Überlagerung einer Zirkulation mit der Potentialströmung maßgeblich für den Ort an dem der Druckpunkt am
Tragflügel einsetzt und den Auftrieb erhöht. Eine starke Abhängigkeit vom Anstellwinkel
besteht. Bei einem Anstellwinkel über ⇡ 15o bilden sich Wirbel auf der Oberseite und damit
ein erhöhter Widerstand. (Spaltflügel, Vorsegel helfen bei der Kontrolle des maximalen Anstellwinkels indem sie das Abreissen von Wirbeln mindern). Gemäß (10.16) sind Auftrieb
und Strömungswiderstand proportional zur kinetischen Energie des umströmenden Mediums. Deshalb ist Fliegen in großer Höhe der Atmosphäre problematisch.
Experiment:Kraftemessung mit der Zweikomponentenwaage.
Die Güte eines Tragflügels wird durch die Gleitzahl ✏ = FW /FA bestimmt. Ein modernes Segelflugzeug erreicht ✏ = 0.02 (2 m Höhenverlust auf 100 m Gleiten). Beim Motorflug
bestimmen die Zugkraft der Propellerströmung bzw. die Schubkraft der Triebwerke den
Steigwinkel.
10.6
Reynolds’sche Zahl
Strömungen werden durch die Beiträge verschiedener Kräfte zur lokalen Beschleunigung
beschrieben. Exakte Lösungen sind in realistisch interessanten Fällen praktisch unmöglich,
daher Experimente an maßstabsgetreuen Modellen. Wichtig ist dabei die Übertragbarkeit
der Ergebnisse auf die korrekte Größe. In einer idealen Strömung skalieren alle Effekte mit
der Größe. Für Reibungseffekte gilt das aber nicht generell.
Newtonscher Ansatz für den Widerstand:
FW = cW A ⇢/2 v 2
(10.17)
dabei ist A eine charakteristische Fläche (angeströmt oder umströmt, je nach Einzelfall).
Für eine in einer Flüssigkeit fallende Kugel (Stokes) gilt
FW = FR = 6⇡⌘r v
(10.18)
Daraus folgt
cW = 12
⌘
⇢rv
(10.19)
114
KAPITEL 10. STRÖMUNGEN
wenn man für die angeströmte Fläche (A = ⇡r2 ) verwendet. Analog gilt für die Strömung
in einem Rohr (Hagen-Poiseuille)
(10.20)
FW = 8⇡ ⌘ L v̄
und damit
cW = 8
⌘
⇢ L v̄
(10.21)
wenn man hier die umströmte Fläche A = 2⇡ r L verwendet. In allen Fällen (und man kann
das an anderen Beispielen ebenfalls verifizieren), ergibt sich der Widerstandsbeiwert stets
nur als Produkt aus einer reinen Zahl und dem Quotienten ⇢ r v/⌘. Den Kehrwert dieses
Quotienten bezeichnet man als Reynoldssche Zahl,
Re =
⇢rv
.
⌘
(10.22)
Reibungseffekte sind daher in verschiedenen Strömungen vergleichbar, wenn die Reynoldssche Zahl übereinstimmt.
Charakterisierung von Strömungen durch die Reynoldssche Zahl
Die Reynoldssche Zahl stellt einen Ausdruck dar, in dem die kinetische Energie eines Strömungsvolumens mit der Reibungsenergie verglichen wird. Erweitert man die Definitionsgleichung mit r2 v, so erhält man
Re =
⇢ v 2 r3
⌘rv r
=
kinetische Energie
.
Reibungsenergie
(10.23)
Im Zähler erkennt man die kinetische Energie eines Volumens der Dimension r3 , im Nenner
das Produkt aus Reibungskraft und Wegstrecke, beides bezogen auf Längen der Dimension r. Je höher die kinetische Energie (und damit auch die Geschwindigkeitsgradienten) in
einer Strömung im Verhältnis zu den Beiträgen der Reibung, desto mehr neigt die Strömung zu Turbulenz. Tatsächlich gibt es für jede Strömungsform eine sogenannte kritische
Reynoldszahl, oberhalb der die Strömung von laminar nach turbulent umschlägt.
Die kritischen Reynoldszahlen lassen sich nur sehr schwer berechnen, man ist meist auf das
Experiment angewiesen. Generell gilt:
• Strömungen sind ähnlich, wenn ihre Reynoldszahlen übereinstimmen (hydrodynamisches Ähnlichkeitsgesetz). Für eine ideale Flüssigkeit gilt: ⌘ = 0, Re ! 1.
• Eine Rohrströmung ist laminar bis zu Re ⇡ 2000
(das Gesetz von Hagen-Poisseuille ist anwendbar).
• Eine Strömung um eine Kugel ist laminar bis Re ⇡ 0.4
(das Gesetz von Stokes ist anwendbar)
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