TU Clausthal Institut für Physikalische Chemie Grundpraktikum 11. EMK Stand 03/11/2006 EMK ELEKTROMOTORISCHE KRAFT GALVANISCHER KETTEN 1. Versuchsplatz Komponenten: - Akkumulator - Schiebewiderstand - Weston-Normalelement - Galvanometer - Salzbrücke Metallsalzlösungen Elektroden Schalter 2. Allgemeines zum Versuch Das Gleichgewicht chemischer Heterogen - Reaktionen, an denen Ionen beteiligt sind, ist nicht durch die Gleichheit der chemischen Potentiale µ αi (T , p) der Ionensorte i in den Phasen α charakterisiert. Der mit allen Ionenreaktionen verbundene Ladungsaustausch an den Phasengrenzen ist mit einem Austausch elektrischer Arbeit verbunden, da an den Phasengrenzen charakteristische Potentialsprünge vorliegen. Das tatsächliche Gleichgewicht ist dadurch gekennzeichnet, dass sich die chemischen treibenden Kräfte der betrachteten Reaktion und die elektrischen Kräfte die Waage halten. Man spricht in diesem Fall von einem elektrochemischen Gleichgewicht, und es gilt für die Phasengrenze ' ← → '' µ ' i − µ ' ' i = − zi F (ϕ ' − ϕ ' ' ) zi F ϕ ' ,ϕ '' = = = Zahl der pro Formelumsatz ausgetauschten Ladungen Faradaysche Konstante elektrisches Potential der Phase ' bzw. ''. 1 (1) TU Clausthal Institut für Physikalische Chemie Grundpraktikum 11. EMK Stand 03/11/2006 Eine Umformung von (1) führt zu µ ' i + zi F ϕ ' = µ ' ' i + zi F ϕ ' ' (2) η ' i =η ' ' i mit ηi = µ i + z i F ϕ dem elektrochemischen Potential Das elektrochemische Gleichgewicht ist also dadurch gekennzeichnet, dass für die Ionensorte i das elektrochemische Potential ηi in allen Phasen gleich ist. Die in (1) auftretende Potentialdifferenz (ϕ′ - ϕ′′) wird als Galvanispannung (bzw. Elektrodenpotential) bezeichnet. Diese Spannung ist prinzipiell nicht messbar. Es ist lediglich mö glich, ein derartiges Halbelement, das z.B. aus einer Metallelektrode besteht, die in ihre Ionenlösung taucht, mit einem anderen Halbelement elektrolytisch leitend zu verbinden, etwa über ein Diaphragma (Salzbrücke). Zwischen den beiden Elektroden der so aufgebauten galvanischen Kette besteht dann eine Potentialdifferenz, die sich aus den einzelnen Potentialdifferenzen an den Phasengrenzen zusammensetzt. Diese Gesamt-Potentialdifferenz zwischen den Elektroden wird - etwas irreführend - als EMK (elektromotorische Kraft) der betrachteten galvanischen Kette bezeichnet. Man beschreibt galvanische Ketten, indem man zwischen feste und flüssige Phasen einen und zwischen zwei flüssige Phasen zwei schräge Striche setzt. Für das Daniell – Element, das aus den beiden Elektroden Kupfer in 1 mol/L CuSO4 -Lösung und Zink in 1 mol/L ZnSO4 -Lösung unter Berührung der flüssigen Phasen besteht, schreibt man demnach: Cu | CuSO4 (1 mol/L) || ZnSO4 (1 mol/L) | Zn Vebindet man die Cu- und Zn - Elektroden mit einem Metalldraht (äußerer Stromkreis), so fließt aufgrund der Potentialdifferenz ein Strom. Stromlieferant ist folgende Reaktion: Cu2+ (aq) + Zn (s) → Zn2+ (aq) + Cu (s) (3) Dieser Vorgang, bei dem infolge einer freiwillig ablaufenden chemischen Reaktion ein elektrischer Strom geliefert wird, heißt, „galvanischer Prozeß“. Schaltet man in den äußeren Stromkreis eine regulierbare Spannungsquelle gegen die EMK, so lässt sich die Reaktion (3) durch entsprechende Erhöhung der gegengeschalteten Spannung verlangsamen, zum Stillstand bringen oder sogar umk ehren. Der Vorgang, bei dem infolge eines von außen aufgezwungenen Stromflusses chemische Reaktionen stattfinden, heißt „Elektrolyse“. Es zeigt sich hier ein Weg, die Freie Reaktionsenthalpie ∆ G pro Formelumsatz von Ionenreaktionen zu bestimmen. Die maximale Nutzarbeit W 'rev , die aus einem galvanischen Element pro Mol gewonnen werden kann, ist 2 TU Clausthal Institut für Physikalische Chemie Grundpraktikum 11. EMK Stand 03/11/2006 W 'rev = − z i ⋅ F ⋅ EMK (4) Das Minuszeichen auf der rechten Seite folgt aus der Konvention, dass Arbeit, die ein System leistet, negativ gerechnet wird. Aus der Thermodynamik ist bekannt, dass die Freie Reaktionsenthalphie ∆ G gleich der maximalen Nutzarbeit einer reversibel, isobar und isotherm geführten Reaktion ist. Somit gilt: ∆ G = − z i ⋅ F ⋅ EMK bzw. ∆ G = − zi ⋅ F ⋅Φ (5) wenn EMK = Φ gesetzt ist. Gelänge es, eine Reaktion reversibel, isobar und isotherm zu führen, so würde das ∆ G pro Formelumsatz der Gleichung (5) entsprechen. Der reversible Fall ist nur gegeben, wenn durch die Zelle kein Strom fließt (Ausschluss von Polarisationserscheinungen und Widerstand sverlusten). Deshalb ist es zweckmäßig, mit Hilfe einer äußeren Spannungsquelle die EMK gerade zu kompensieren (Poggendorfsche Kompens ationsschaltung). Mit dieser so gemessenen, „richtigen“ EMK („reversible Zellspannung“) lässt sich des ∆ G berechnen, obwohl in Wirklichkeit die chemische Reaktion makroskopisch gar nicht abläuft. Führt man (5) in die bekannten Zusammenhänge ∂ ∆G ∆ S = − ∂T p (6) und ∆ H = ∆ G + T∆ S ein, so folgt ∂Φ ∆ S = z i F ⋅ ∂T p und ∂Φ ∆ H = − z i F Φ − T ∂T p 3 (7) TU Clausthal Institut für Physikalische Chemie Grundpraktikum 11. EMK Stand 03/11/2006 Es lassen sich also Reaktionsentropie und Reaktionsenthalpie durch die Messung der EMK und ihrer Temperaturabhängigkeit bestimmen. Es soll jetzt auf die Konzentrationsabhängigkeit der EMK eingegangen werden. Berücksic htigt man in (1), dass das chemische Potential der Ionensorte i in der Lösung konzentrationsabhängig ist, während es in der Metallelektrode eine nur von T und P bestimmte Konstante ist, so folgt µ 0i ' (T , p ) − µ 0i ' ' (T , p ) − R T ln c i ' ' = − z i F ( ϕ' − ϕ' ' ) µ 0i ' (T , p ) = Chemisches Potential der Ionensorte i im Metall µ ' ' (T , p ) = Chemisches Potential der Ionensorte i in der Lösung bei der Konzentration c i ' ' = 1 0 i (8) Bezeichnen wir das (nicht messbare) Halbstufenpotential (ϕ′ -ϕ′′ ) mit Ei , so lässt sich (8) umformen zu µ i0 ' ' (T , p) − µ 0i ' (T , p ) R T Ei = + ln ci ' ' zi F zi F (9) Bei Standardkonzentration c i ' ' = 1 wird Ei (T , p) = µ 0i ' ' (T , p ) − µ 0i ' (T , p) = Ei0 (T , p) zi F (10) und wir erhalten Ei (T , p) = Ei0 (T , p) + RT ln ci ' ' zi F (11) Die Herleitung dieser Gleichung ist insofern nicht korrekt, weil sie mit der Ionenkonzentration rechnet. Korrekt muss man mit den Aktivitäten rechnen, wodurch die Abweichungen vom ideal verdünnten Zustand berücksichtigt werden. Diese Abweichungen haben ihre Ursache vor allem in den elektrostatischen Wechselwirkungskräften zwischen den Ionen. Der definierende Zusammenhang zwischen Konzentration und Aktivität ist a = f ⋅c mit f = Aktivitätskoeffizient. 0 < f ≤1 Somit lautet die korrekte Schreibweise von (11) 4 (12) TU Clausthal Institut für Physikalische Chemie Grundpraktikum 11. EMK Ei (T , p) = Ei0 (T , p ) + Stand 03/11/2006 RT ln ai ' ' zi F (13) wobei Ei0 (T , p) sich dann natürlich auf a = 1 bezieht. Dies ist die Nernstsche Gleichung. Bezieht man sich auf die Standardbedingungen T = 25°C und p = 1 atm in wäßrigen Lösungen, so ist Ei eine Konstante, das sogenannte Normalpotential. Da diese Normalpotentiale der Elemente nicht messbar sind, hat man dem 0 + – Gleichgewicht H2 ← → 2 H + 2 e das Normalpotential EH+/ 1 H2 zugeordnet. Alle anderen 2 Elemente weisen gegenüber dieser Normalwasserstoffelektrode spezifische Potentialdifferenzen auf. Ihre Normalpotentiale können als Relativwert zum Wasserstoff angegeben werden. Ordnet man z. B. die Normalpotentiale der Metalle nach ihrer Größe, so erhält man die bekannte Spannungsreihe der Elemente. Zur Berechnung des Halbstufenpotentials von Redox - Elektroden muss in (13) noch die Aktivität der reduzierten Spezies berücksichtigt werden. Hieraus folgt die allgemeine Form der Nernstschen Gleichung a i'' RT Ei (T , p) = E (T , p ) + ln ' zi F ai o i (14) ai'' ist hierbei die Aktivität der oxidierten Komponente (z. B. H+ ) und a i' die Aktivität der reduzierten Komponente (z. B. H2 ). Mit Hilfe der Nernstschen Gleichung lassen sich galvanische Elemente aufbauen, deren EMK vorher berechenbar ist, indem (13) für das jeweilige Halbelement aufgeschrieben wird und anschließend die Differenz von beiden gebildet wird. Voraussetzung für diese einfache Art der Berechnung ist, dass keine weiteren Phasengrenzen eine Rolle spielen. Sehr oft sind die beiden Elektrolyträume der Halbelemente durch einen sich kontinuierlich ändernden flüssigen Bereich getrennt, der Sitz eines sogenannten Diffusionspotentials ist. Dieses Diffusionspotential lässt sich durch die Zwischenschaltung einer geeigneten Elektrolytbrücke stark herabsetzen. Bei EMK-Messungen verwendet man nicht immer die Normalwasserstoffelektrode, da sie im Betrieb verhältnismäßig umständlich ist. Einfacher bedient man sich anderer Bezugselektroden als Vergleichselektroden, deren Spannungen gegen die Normalwasserstoffelektrode genau bekannt sind. Sehr geeignet sind hierfür Elektroden zweiter Art. Sie sind gegenüber solcher erster Art durch eine an wirksamen Elektrolyt gesättigte Lösung ausgezeichnet, was durch Elektrolyt als Bodenkörper gesichert wird. Beispiele hierfür: 5 TU Clausthal Institut für Physikalische Chemie Grundpraktikum 11. EMK Stand 03/11/2006 − Kalomelelektrode: Hg | Hg2 Cl2 (gesättigt), KCl || ... − Silber-Silberchloridelektrode: Ag | AgCl (gesättigt), KCl || ... 3. Orientieren Sie sich über − − − − − − − Grundlagen der Thermodynamik Bestimmung von thermodynamischen Reaktionsgrößen aus Messungen der EMK ideale, ideal verdünnte und reale flüssige Mischung Spannungsreihe der Elemente Standardgrößen Normalwasserstoffelektrode, Elektrode 1. und 2. Art Diffusionsspannung 4. Literatur Atkins P.W. „Lehrbuch der Physikalischen Chemie“, 2. Aufl. Kap. 12 Elektrochemie im Gleichgewicht Wedler G. „Lehrbuch der Physikalischen Chemie“, 3. Aufl. Kap. 2.8 Elektromotorische Kräfte Kortüm G. „Lehrbuch der Elektrochemie“, Aufl. 5 Kap. 10 Elektromotorische Kräfte Kap. 6 Schwache und starke Elektrolyte Kap. 1 Definitionen und Grundlagen 6 TU Clausthal Institut für Physikalische Chemie Grundpraktikum 11. EMK Stand 03/11/2006 5. Aufgabe I. Bestimmen Sie die EMK folgender Elemente: a) Akkumulator b) Daniell – Element a) Akkumulator c) Ag | AgNO3 (0,1 mol/L) || ZnSO4 (0,1 mol/L) | Zn a) Akkumulator d) Cu | CuSO4 (0,1 mol/L) || gesättigte Kalomelelektrode a) Akkumulator e) Gesättigte Kalomelelektrode || ZnSO4 (0,1 mol/L) | Zn a) Akkumulator f) Ag | AgNO3 (0,1 mol/L) || gesättigte Kalomelelektrode a) Akkumulator II. Bestimmen Sie die EMK des Daniell- Elements als Funktion der CuSO4 -Konzentration: Cu/CuSO4 (c)//ZnSO4 (0,1 mol/L)/Zn c = 0,0003 mol/L, 0,001 mol/L, 0,003 mol/L, 0,01 mol/L, 0,03 mol/L, 0,1 mol/L a) b) a) c) a) d) a) e) a) f) a) g) a) Akkumulator Cu/CuSO4 (c)//ZnSO4 (0,1 mol/L)/Zn Akkumulator Cu/CuSO4 (c)//ZnSO4 (0,1 mol/L)/Zn Akkumulator Cu/CuSO4 (c)//ZnSO4 (0,1 mol/L)/Zn Akkumulator Cu/CuSO4 (c)//ZnSO4 (0,1 mol/L)/Zn Akkumulator Cu/CuSO4 (c)//ZnSO4 (0,1 mol/L)/Zn Akkumulator Cu/CuSO4 (c)//ZnSO4 (0,1 mol/L)/Zn Akkumulator 7 c = 0,0003 mol/L c = 0,001 mol/L c = 0,003 mol/L c = 0,01 mol/L c = 0,03 mol/L c = 0,1 mol/L TU Clausthal Institut für Physikalische Chemie Grundpraktikum 11. EMK Stand 03/11/2006 6. Versuchsdurchführung zu I Zunächst ist die Schaltung (Poggendorfsche Kompensationsmethode, Abb.1) aufzubauen. Danach ist die Klemmspannung des Akkumulators mit Hilfe einer Kette bekannter EMK (z. B. Weston - Normalelement) zu ermitteln und zwischen den einzelnen Messungen in den Ketten b) bis f) immer wieder zu überprüfen. Abb.1 : Poggendorfsche Kompensationsschaltung Akku - + a Brücke b Galvanometer Salzbrücke Schalter Ketten zu II Zur Vereinfachung verwenden Sie ein Digitalvoltmeter mit hochohmigem Eingang. 8 TU Clausthal Institut für Physikalische Chemie Grundpraktikum 11. EMK Stand 03/11/2006 7. Auswertung zu I Die EMK einer Kette ist die stromlos, d. h. ohne Belastung der Kette gemessene Spannung zwischen den beiden Elektroden. Bei Kompensation der Spannungsquellen gilt also die Beziehung: EAKKU : EKETTE = a : b Vergleichen Sie die EMK der Ketten b) und c) mit den Differenzen der Messwerte zwischen den Ketten d) und e) bzw. f) und e). zu II Tragen Sie die EMK als Funktion der CuSO4 - Konzentration auf und diskutieren Sie das Ergebnis. Vergleich mit Gl. (13) bzw. (14). Tragen Sie außerdem die gemessenen EMK-Werte gegen log c auf, bestimmen Sie die Steigung der Geraden und vergleichen Sie diese mit der Theorie! Erklären Sie, warum es zu Abweichungen von der Theorie kommt! 8. R/S Sätze der verwendeten Chemikalien Silbernitrat-Lösung: R: 34 Verursacht Verätzungen S 26 Bei Berührung mit den Augen sofort gründlich mit Wasser abspülen und Arzt konsultieren 36 Bei der Arbeit geeignete Schutzkleidung tragen 37 Geeignete Schutzhandschuhe tragen 39 Schutzbrille/Gesichtschutz tragen 45 Bei Unfall oder Unwohlsein sofort Arzt zuziehen (wenn möglich, dieses Etikett vorzeigen) 9