16.01.2013 Ziele der Lehrveranstaltung Exanthematische Hauterkrankungen Dr. Karin Jäger Dr. Teresa Valero • Die verschiedenen Exantheme aufgrund ihres klinischen Aspekts und des zeitlichen Verlaufs unterscheiden und sie einer entsprechenden Behandlung zuführen zu können • TYS Session am Ende der Woche zur Selbstevaluierung Inhalt der Lehrveranstaltung • Kutane Arzneimittelreaktionen: - Medikamenteninduzierte akute Urtikaria - Arzneimittelexantheme (AZME) - Sonderformen - Erythema exsudativum multiforme (EEM) Minorform - Schwere kutane Arzneimittelreaktionen Primäreffloreszenzen Makula Papula, Nodus Urtica • Virale Exantheme Bulla, Vesikula Sekundäreffloreszenzen Squama Crusta Pustula Was ist ein Exanthem ? Erosio Ulcus 1 16.01.2013 Exanthem („Hautausschlag“) • • • • • • akut, zeitlich begrenzt dynamisch (1 Schub/mehrere Schübe) disseminiert (ausgestreut)/diffus lokalisiert (symmetrisch)/generalisiert alle Effloreszenzentypen möglich meist synchron monomorph (Ausnahme z.B. Varizellen synchron polymorph) • entzündlich (infektiös/nicht infektiös) Enanthem „Ausschlag an der Schleimhaut“ • Bei entzündlichen Veränderungen im Bereich der Schleimhäute handelt es sich meist um Rötungen • Einige Virusexantheme weisen zusätzlich spezifische Veränderungen wie Koplik-Flecken auf Inhalt der Lehrveranstaltung • Kutane Arzneimittelreaktionen: - Medikamenteninduzierte akute Urtikaria - Arzneimittelexantheme (AZME) - Sonderformen - Erythema exsudativum multiforme (EEM) Minorform - Schwere kutane Arzneimittelreaktionen Fall 1 • Virale Exantheme 5h später Anamnese Frau W., 61a, wird in der Dermatologischen Ambulanz vorstellig wegen eines „plötzlich aufgetretenen, leicht juckenden Ausschlags“ mit Ausgang vom Stamm und beginnender zentrifugaler Ausbreitung auf die Extremitäten. Kein Fieber, guter Allgemeinzustand. Papeln (großfleckig, morbilliform) • Bekannte Hepatitis C- Infektion • Beginn vor 1 Woche mit einem HCV-Proteaseinhibitor in Rahmen einer Studie • Nebendiagnosen: keine • Medikamente: HCV-Dreifach-Therapie • Allergien: keine bekannt 2 16.01.2013 Differentialdiagnosen • Arzneimittelexanthem • Virusexanthem • Beginnendes DRESS (drug reaction with eosinophilia and systemic symptoms) oder TEN (toxisch-epidermale Nekrolyse) Diagnostik • Die Diagnose wird gestellt aufgrund des typischen klinischen Bildes und des zeitlichen Zusammenhangs mit der Medikamenteneinnahme • Histologie: nicht beweisend • Labor: nicht spezifisch, gelegentlich Eosinophilie Pathogenese Arzneimittelreaktionen • Kutane Reaktionen auf Arzneimittel können durch fast alle Medikamente ausgelöst werden, die Inzidenz liegt bei über 10: 1000 neuen Einnahmen. Das Ausmaß variiert vom asymptomatischen, milden, selbstlimitierten Exanthem bis zu lebensbedrohlichen Zustandsbildern. • Die Hitliste der Arzneimittelreaktionen-auslösenden Medikamente wird angeführt durch Antibiotika, NSAR und Antikonvulsiva. Generelles Problem Arzneimittelexantheme manifestieren sich häufig im Rahmen von Infekten, da hier klassische Auslöser wie Antibiotika oder nichtsteroidale Antiphlogistika verabreicht werden und eine Aktivierung des Immunsystems vorliegt Diagnose Makulopapulöses Arzneimittelexanthem Verursacher: HCV-Proteaseinhibitor Pathogenese Arzneimittelreaktionen • Toxisch: dosisabhängige Nebenwirkungen aufgrund der spezifischen Wirkungen des Arzneimittels • Hypersensitivitätsreaktionen: • Allergische Typ I Reaktion - gesicherter immunologischer Mechanismus – kann in Minimaldosis zu einem anaphylaktischen Schock führen • Die Mehrzahl der klassischen Arzneimittelexantheme wird durch noch nicht geklärte immunologische Mechanismen mediiert • „Pseudoallergisch“: dosisabhängige, direkte Histaminliberation 3 16.01.2013 Pathogenese Pathogenese Kutane Arzneimittelreaktionen I Soforttyp-Reaktion (Typ I Allergie): Urtikaria (5-10%) • Ausgelöst durch Antibiotika, Insulin, Muskelrelaxanzien • Bindung eines Arzneimittels an IgE-Antikörper Freisetzung von Mediatoren einer anaphylaktischen Reaktion • Beschwerden zeigen sich meist innerhalb weniger Minuten, selten erst nach einigen Stunden Aktivierung nichtimmunologischer Pathomechanismen (Pseudoallergisch) Urtikaria, Angioödeme Direkte Mastzellaktivierung • Ausgelöst durch Opiate, Muskelrelaxanzien, Röntgenkontrastmittel Enzyminhibition • Urtikaria ausgelöst durch Cyclooxygenase-Inhibitoren • Angioödeme ausgelöst durch ACE-Inhibitoren • Biphasische Symptomatik möglich, die auf einer erneuten Freisetzung von Entzündungsmediatoren etwa 4- 12h später aus im weiteren Verlauf eingewanderten Immunzellen beruht Medikamenteninduzierte akute Urtikaria • stark juckend Kutane Arzneimittelreaktionen II: Klinik Arzneimittelexantheme (AZME) Arzneimittelexantheme (AZME) Das Auftreten von AZME erfolgt meist innerhalb von 8 bis 10 Tagen nach Medikamenteneinnahme/gabe. Risikofaktoren sind Virusinfektionen und KMTranplantationen. • Symmetrische Verteilung von rosa-bis-roten Makulae und Papeln, welche zu Plaques konfluieren können Klassische klinische Erscheinungsformen: • Ausgehend meist von Stamm und Nacken, dann zentrifugale Ausbreitung auf Extremitäten • Makulopapulös/morbilliform (>80%): häufig durch Penizilline, Allopurinol, Barbiturate, Benzodiazepine, Carbamazepine, Cotrimoxazol und Phenytoin • Multiform • Lichenoid • Bullös • Juckreiz ist häufig, jedoch von der Intensität her sehr variable • Meist fehlen systemische Beschwerden, jedoch bei ausgeprägteren Verläufen Fieber und Lymphadenopathie möglich (Temperatur <38.5°C) 4 16.01.2013 Klassisches Ampicillinexanthem bei einer EBV-Infektion Makulopapulöses Arzneimittelexanthem Multiformes Arzneimittelexanthem Kokarden- oder Iriseffloreszenz oder target lesion • • Zentrum flach, livide schmale, hellrote, leicht elevierte Erytheme Lichenoides Arzneimittelexanthem Papel: derb, polygonal begrenzt, „plan“=plateauartig, lichenoider Glanz 5 16.01.2013 Bullöses Arzneimittelexanthem Kann man das auslösende Antibiotikum bei einem makulopapulösen AZME weitergeben? Weiteres Vorgehen? 1. Ja, da die Anreicherung der Substanz im Körper bereits erfolgt ist 2. Nein, da die Gefahr eines Fortschreitens des AZME besteht 3. Nur im Falle keines Alternativantibiotikums, unter Observanz 4. Ich weiss es nicht Therapie • Absetzen der verdächtigen Medikamente Abheilung meist innerhalb von 1-2 Wochen, teils mit deutlicher Schuppung Ausnahme: unklarer Auslöser bei einer Vielzahl an Arzneimitteln oder das verantwortliche Medikament wird dringlich - ohne Ersatzmöglichkeit- benötigt • Systemische Steroide • Bei Juckreiz Antihistaminika • Topische Präparate haben vermutlich nur einen geringen Einfluss auf den Krankheitsverlauf Inhalt der Lehrveranstaltung • Kutane Arzneimittelreaktionen: - Medikamenteninduzierte akute Urtikaria - Arzneimittelexantheme (AZME) - Sonderformen - Erythema exsudativum multiforme (EEM) Minorform - Schwere kutane Arzneimittelreaktionen • Virale Exantheme 6 16.01.2013 Kutane Arzneimittelreaktionen III Sonderformen: • Symmetrical drug-related intertriginous and flexural erythema (SDRIFE), Synonym: Baboon-Syndrom Häufig durch ß-Laktamantibiotika • Akute generalisierte exanthematische Pustulose (AGEP) Häufig nach Antibiotika, Antimykotika, Hydroxychloroquin, Diltiazem SDRIFE (symmetrical drug-related intertriginous and flexural erythema) (Synonym: Baboon-Syndrom) • Hypersensitivitätssyndrom, Synonym: Drug reaction with eosinophilia and systemic symptoms (DRESS) Häufig nach Carbamazepin, Phenobarbital, Phenytoin Baboon Affen AGEP (Akute generalisierte exanthematische Pustulose) AGEP: ödematöses Erythem mit Pusteln + Fieber >38°C + Leukozytose und Neutrophilie DRESS (drug reaction with eosinophilia and systemic symptoms) 7 16.01.2013 DRESS: Schweres persistierendes und konfluierendes Exanthem + systemische Zeichen: Leukozytose, Eosinophilie, Transaminasenerhöhung, Fieber, Lymphadenopathie, Hepatosplenomegalie Mortalität 10% Inhalt der Lehrveranstaltung • Kutane Arzneimittelreaktionen: - Medikamenteninduzierte akute Urtikaria - Arzneimittelexantheme (AZME) - Sonderformen - Erythema exsudativum multiforme (EEM) Minorform - Schwere kutane Arzneimittelreaktionen • Virale Exantheme Anamnese Fall 2 Herr S., 27a, wird in der dermatologischen Ambulanz vorstellig mit einem „stark juckenden Ausschlag v.a. an Armen und Beinen“. Desweitern hatte der Patient in den Tagen zuvor eine Fieberblase und berichtet anamnestisch über einen rezidivierenden Herpes simplex labialis. • Nebendiagnosen: keine • Medikamente: keine • Allergien: keine bekannt Diagnostik Kokarden- oder Iriseffloreszenz oder target lesion • Klinik • Histologie: Interface-Dermatitis mit epidermaler Nekrose und einem lymphozytären, perivaskulären Infiltrat Zentrales Bläschen umgeben von einer lividen Zone, nach aussen abgegrenzt von einem schmalen, hellroten, leicht eleviertem Erythem 8 16.01.2013 Diagnose Erythema multiforme Synonym: Erythema exsudativum multiforme (EEM) Klinisches Bild: multiform! • Prädilektionsstellen: Vorderarme, Ellenbogen, Knie, Handrücken, Handinnenflächen und Fußsohlen • Haut: Symmetrisch disseminiert, gruppiert oder konfluent hellrote Erytheme gefolgt von Plaques mit zentraler Blase, Hämorrhagie oder Nekrose = charakteristische Kokarden- oder Iriseffloreszenzen. Minorform • Schleimhäute: Diffuses Enanthem, gelegentlich Erosionen und Ulzerationen der MSH und Lippen, v.a. beim postherpetischen EEM. Sehr selten Augenbeteiligung. EEM Es handelt sich dabei um ein akutes mukokutanes Reaktionsmuster, welches aufgrund des Schweregrads, des klinischen Verlaufs und der Auslöser in 2 Formen unterteilt wird: • Minorform: durch Infektionen, v.a. Herpes-simplex-Virus, mit (selten schwerer) Beteiligung der Lippen/ MSH in 20-70%. In 60% der Fälle wird kein Auslöser identifiziert. Ein Teil geht in eine chronische Form mit rezidivierenden Schüben (recurrent erythema multiforme) über. • Majorform: eine schwere, meist einmalige Episode mit deutlicher Schleimhautbeteiligung häufig als Ausdruck einer zytotoxischen Arzneimittelreaktion mit eventuellem Übergang in ein Stevens-JohnsonSyndrom. Therapie des EEM Minorform Inhalt der Lehrveranstaltung Geringe Ausprägung: • Keine Therapie • Lotio alba oder topische Glukokortikosteroide • Mundspülungen mit antiseptischen u. anästhesierenden Lösungen Schwere Verlaufsformen: • Systemische Glukokortikosteroide • Kutane Arzneimittelreaktionen: - Medikamenteninduzierte akute Urtikaria - Arzneimittelexantheme (AZME) - Sonderformen - Erythema exsudativum multiforme (EEM) Minorform - Schwere kutane Arzneimittelreaktionen Rezidivierendes (postherpetisches) EEM: • zusätzlich antivirale Therapie (kurzzeitig bei ersten Prodromi oder als Dauertherapie) • Virale Exantheme 9 16.01.2013 Anamnese Frau H., 43a, wird in der dermatologischen Ambulanz vorstellig –als Zuweisung von der HNO- mit einem diskreten Exanthem, einer Stomatitis und Epiglottitis sowie zunehmendem Visusverlust. AZ deutlich eingeschränkt. Fall 3 • Deutlich erhöhte Entzündungswerte: CRP 24.84 mg/dl, Leukozyten 12.86 G/l sowie der LFP • Augenärztlicher Befund: V.a. Epidermolyse • Seit 1 Woche bestand ein respiratorischer Infekt DD eitrige Bronchitis, welcher seit 3 Tagen mit Amoxicillin/Clavulanat (Augmentin®) und Paracetamol (Mexalen®) anbehandelt worden war Unterscheidungskriterien der schweren kutanen Arzneimittelreaktionen Diagnose Erythema multiforme Synonym: Erythema exsudativum multiforme (EEM) Majorform Kriterium Erythema exsudativum majus Stevens‐ Johnson‐ Syndrom Stevens‐Johnson‐ Syndrom/ Toxisch epidermale Nekrolyse Überlappungssyndrom Toxisch epidermale Nekrolyse Epidermolyse (%) <10% <10% 10‐30% >30% Typische Schießscheiben‐Erytheme (Kokarden) Ja Nein Nein Nein Atypische Schießscheiben‐Erytheme (Kokarden) Erhaben Flach Flach Flach Erytheme Nein Ja Ja Ja Eine Differenzierung erfolgt nach Ausmaß der kutanen Läsionen EEM majus/ SJS/ TEN Schwere bullöse, epidermolytische Arzneimittelreaktionen mit großflächiger Ablösung der Epidermis und Erosion der mukosalen Epithelien mit möglichem letalem Ausgang. • Die Inzidenz beträgt 2:1Mio, ist jedoch häufiger bei Organtransplantierten, HIV/AIDS-Patienten, Tumorpatienten sowie LE-Erkrankten. Weitere Risikofaktoren umfassen bestimmte HLA-Allele sowie Polymorphismen fremdstoffmetabolisierender Leberenzyme. • Ätiologie: In erster Linie Medikamente, vermutlich spielen auch Infektionen wie Mycoplasma pneumoniae und Viren der Herpesgruppe eine Rolle. • Der Krankheitsbeginn manifestiert sich meist innerhalb der ersten 2 Monate nach Behandlungbeginn. Medikamentöse Auslöser schwerer bullöser Arzneimittelexantheme • • • • • • • • • • • • Allopurinol Trimetroprim-Sulfamethoxazol Sulfonamide Aminopenizilline Cephalosporine Chinolone Chlormezanon Antikonvulsiva NSAR des Oxicam-Typs Nevirapin Sertralin Isotretinoin 10 16.01.2013 Klinik I • Einige Tage vor der kutanen Manifestation treten unspezifische Allgemeinsymptome wie Fieber, Brennen der Augen und Lichtempfindlichkeit sowie Schluckbeschwerden auf. Stevens-Johnson-Syndrom (SJS)/ Toxisch epidermale Nekrolyse (TEN) Klinik II • Systemzeichen: Fieber>38°C, Entzündungsparameter, Leber-/ Nierenfunktionsstörung, Rhabdomyolyse und Myalgien • Prognostisch bedeutsam sind das Ausmaß der Epidermolyse und das Alter • Komplikationen/ Folgeschäden: - mehr als 50% der an TEN Erkrankten leiden unter Langzeitschäden: okkuläre Komplikationen (50%) wie Symblepharon und Erblindung, orale, ösophageale, genitale und urethrale Strikturen, Nagel- und Haarverlust • Beginn des Exanthems mit stammbetonten kokardenförmigen Infiltraten. Schnelle Ausbreitung im Gesicht, an Händen und Füßen. Es folgt ein großflächiger Haut- und Schleimhautbefall: - erythematöse, teils livide Maculae mit mehr oder weniger ausgeprägter Infiltration sowie Bullae bis zu großflächigen Hautablösungen wie bei Verbrennungsopfern - Erytheme u. Erosionen oral, genital, an Konjunktiven, später auch an tieferen Atemwegen sowie am Gastrointestinaltrakt Diagnostik • Aufgrund der hohen Mortalität ist eine möglichst frühzeitige Diagnose eines SJS oder TEN wichtig! • Klinik • Histologie SJS/ TEN: Nekrose der gesamten Epidermis, im Frühstadium Interface-Dermatitis • Direkte Immunfluoreszenz: negativ - Mortalität des SJS liegt bei 1-5%, die des TEN bei 25-35% Nikolski-Zeichen: positiv! Therapie • Intensivmedizinische Betreuung (Verbrennungseinheit) je nach SCORTEN score • Supportive, multimodale Therapie: Aufrechterhaltung des Flüssigkeits- und Elektrolythaushalts cave Sepsisgefahr! Konservative Therapie der erosiven Areale Immer augenärztliche Mitbetreuung Sofortiges Absetzen des auslösenden Medikamentes • Systemische Steroide: kontrovers diskutiert, dennoch derzeit Therapie der Wahl • High-dose IVIG (Immunglobuline) • Weitere Therapieoptionen: Ciclosporin A und Cyclophosphamid Positives Nikolski-Zeichen: Auslösen einer Epidermolyse durch tangentiale Verschiebung klinisch gesund erscheinender Haut 11 16.01.2013 Wie erkennt man frühzeitig den Übergang einer unkomplizierten Arzneimittelreaktion in einen potentiellen schweren Verlauf? Danger Signale • Schneller Beginn und Ausbreitung des Exanthems • Progression trotz Absetzen des Medikaments 1. Schneller Beginn und Ausbreitung • Wiederaufflammen ohne Wiedereinleiten des Medikaments 2. Progression trotz Absetzen des Medikaments • Allgemeinsymptome wie Fieber, Abgeschlagenheit, Lymphadenopathie, Arthralgien 3. Starker Juckreiz 4. Schleimhautbeteiligung • Kutane Symptome wie zentrofaciale Erytheme und Ödeme, Targetläsionen, vesikuläre und bullöse Läsionen, positives NikolskiZeichen, Purpura, hämorrhagische oder nekrotisierende Läsionen • Schleimhautbeteiligung Inhalt der Lehrveranstaltung • Kutane Arzneimittelreaktionen: - Medikamenteninduzierte akute Urtikaria - Arzneimittelexantheme (AZME) - Sonderformen - Erythema exsudativum multiforme (EEM) Minorform - Schwere kutane Arzneimittelreaktionen Fall • Virale Exantheme Anamnese • Frau N., 34a wird mit Zuweisung von der PÄ in der dermatologischen Ambulanz wegen eines fieberhaften Infekts mit starkem Husten, Heiserkeit, Durchfall, Erbrechen und einem Hautausschlag am ganzen Körper vorstellig. • 5 Tage zuvor Beginn wie eine Erkältung • 2 Tage später jedoch auch Durchfall, Erbrechen und ein Hautausschlag mit Beginn im Gesicht und am Hals mit Ausbreitung auf den Körper. Aufgrund von Fieber (38,9°C) nimmt die Patientin seit 3 Tagen 1- 2x tgl. 500mg Paracetamol. • Reduzierter Allgemeinzustand, Temperatur: 37,2°C, gerötete Konjunktiven, geröteter Rachen. Anamnese • 18. SSW • Beruf: Kindergärtnerin • Erinnerliche durchgemachte Kinderkrankheiten: Varizellen, Mumps • Röteln-IgG-Titer war beim Schwangerenscreening >1:32 12 16.01.2013 Differentialdiagnosen • Virusexantheme (Masern, Exanthema subitum, EBVExanthem, Parvovirus-B19 Exanthem, Röteln, Enterovirus-Exanthem) • Arzneimittelexanthem • Scharlach • Lues II Was würden Sie als nächstes tun? 1. 2. 3. 4. Ich mache eine Hautbiopsie. Ich weise die Patientin zum Lungenröntgen zu. Ich fordere ein Blutbild der Patientin an Ich fordere eine eine Virusserologie der Patientin an 5. Ich stelle der Patientin einen Allergiepaß für Paracetamol aus. Diagnose Labor Differentialblutbild: • Relative Lymphopenie (11%; Normwert 25-40%) sonst unauffällig Masern Chemie: • CRP 11,46 mg/dl (Normalwert<1) Morbilli, engl. Rubeola, Measels Serologie für exanthematische Viruserkrankungen: • Masern IgM positiv, IgG negativ Masern-Virusnukleinsäurenachweis: • Für Serum und respiratorisches Sekret positiv Achtung: Masern sind meldepflichtig • Anzeige gemäß § 2 Abs. 1 des Epidemiegesetzes 1950 innerhalb von 24 Stunden bei Verdacht, Erkrankung und Todesfall • In Wien zuständig MA 15: [email protected] und zuständiges Bezirksgesundheitsamt • Formulardownload und weitere Infos auf der Homepage des Instituts der Krankenhaushygiene der MUW, Menüpunkt: Meldepflichtige Erkrankungen Follow-up • Rückgang des Exanthems und Besserung der Allgemeinsymptome • jedoch Auftreten einer Otitis media → Antibiotikatherapie mit Amoxicillin und Clavulansäure; nach 1 Woche vollständige Genesung • Weiterbetreuung der Patientin erfolgte in der Risikoschwangerschaftsambulanz an der Universitätsklinik für Gynäkologie und Geburtshilfe. • Das fetale Organscreening war unauffällig. 13 16.01.2013 Masern Pathogenese • Erreger: RNA-Viren (Paramyxovirus) • Oberer Respirationstrakt→lymphogene Ausbreitung→Retikuloendotheliales System → Ausbreitung im Rahmen einer 2. Virämie in andere Organe wie Niere, Harnblase und Haut • Virusreplikation in Keratinozyten und Endothelzellen der oberen Dermis führt zur Bildung von charakteristischen Riesenzellen (Warthin-Finkeldey-Zellen) Masern Epidemiologie • Ansteckung durch Tröpfcheninfektion • Extrem kontagiös • Immer wieder kleine Epidemien durch ungeimpfte Personen (z.B. Salzburg Frühjahr 2008 ausgehend von einer Schule, >200 Fälle) • Verdoppelung der Masernfälle in Österreich von 2010 (50 Fälle) auf 2011(122 Fälle) • 15-29jährige ungeimpfte Personen am häufigsten betroffen (48%) Masern Komplikationen Masern Verlauf Prodromi: Fieber bis 40 °C, Rhinitis, Konjunktivitis, Myalgien, PHOTOPHOBIE, Pharyngitis, Tracheitis, bellender Husten phil.cdc.gov Infektion www.wikipedia.org • • • • • • • Masern-Riesenzellpneumonie Hämorrhagische Masern "schwarze Masern " Enzephalitis (ca. 1/1000) Thrombozytopenie Sekundäre bakterielle Infekte: Otitis media, Pneumonie Tuberkulosereaktivierung subakut sklerosierende Panenzephalitis (nach Jahren) Ausbreitung: retroauriculär→ Hals→Rumpf→Extremitäten Inkubationszeit 9‐11d 4‐7d Infektiös: 5d vor Exanthembeginn bis 5. Tage danach Masern - Therapie • Isolation von Erkrankten bis 5. Tage nach Exanthembeginn Ab wann darf ich frühestens wieder im Kindergarten arbeiten? Therapie: • Symptomatisch: Raum abdunkeln, bei hohem Fieber antipyretische Therapie, lokal: Lotio alba • Bei bakteriellen Sekundärinfektionen frühe Antibiotikatherapie (CAVE: Immunsuppression durch Masern) 14 16.01.2013 Infektiös oder medikamentös bedingt? Erinnerung an die Pädiatrie: Impfung: • 1. MMR Vakzine ab 13. Monat • 2. MMR Vakzine ab 20. Monat Postexpositionelle Prophylaxe innerhalb von 3 Tagen: • bei immunkompetenten Kindern: Lebendimpfung • bei immunsupprimierten Patienten: humanes Immunglobulin Masernexanthem Mobilliformes Arzneimittelexanthem Ausbreitung: Kopf→Hals→Rumpf→Extremitäten Ausbreitung: Extremitäten→Rumpf Katharralische Prodromi keine Prodromi Photophobie keine Photophobie Koplik Flecken keine Koplik Flecken hohes Fieber kaum Fieber kein Juckreiz Juckreiz Vorausgegangener Kontakt mit Erkrankten Keine ähnlichen Erkrankungen in der Umgebung der Patienten Arzneimittelanamnese negativ oder unwahrscheinlich als Auslöser Arzneimittelanamnese passend (Medikament+Zeitspanne bis zum Auftreten der Symptome) Anamnese Herr P., 19 Jahre, kommt in unserer Ambulanz: „Ich habe seit gestern Fieber bis 39,9°C und fühle mich krank. Heute morgen bin ich mit einem Ausschlag im Gesicht und am Hals aufgewacht, der sich immer weiter ausbreitet“ • • • • AZ reduziert Temperatur: 37,2 °C Konjunktivale Injektion Enanthem im Bereich des weichen Gaumens und im Rachen • deutliche retroaurikuläre Lymphadenopathie Labor Differentialdiagnosen • Virusexantheme (Masern, Exanthema subitum, EBVExanthem, Parvovirus-B19 Exanthem, Röteln, Enterovirus-Exanthem) Differentialblutbild: • Leukopenie, Lymphozytose, Eosinophilie • CRP normal • Arzneimittelexanthem Serologie für exanthematische Viruserkrankungen: • Lues II • Scharlach • Röteln IgM grenzwertig, IgG negativ • Wiederholung nach 2 Tagen: Röteln IgM positiv HIV-und Luesserologie: • negativ 15 16.01.2013 Diagnose Röteln Pathogenese • Erreger: RNA-Viren (Togavirus) • Nasopharynx→Lymphknoten→Blutbahn→Dissemination in innere Organe und Haut Röteln Rubeolen, engl. Rubella, german Measels Röteln Verlauf Röteln Epidemiologie • Insgesamt milder Verlauf, bei ca. 20-50% asymptomatisch • ausgeprägte, oft schmerzhafte, nuchale Lymphadenopathie, vor allem occipital und retroauriculär • Prodromi: grippeähnliche Symptome (v.a. bei Erwachsenen) • Begleitsymptomatik: Arthralgien, Splenomegalie • Ansteckung durch Tröpfcheninfektion (häufig im Frühjahr) und diaplazentar(→Embryopathie) • Durch Impfung ab dem 12. Lebensmonat wurde das Manifestationsalter ins junge Erwachsenenalter verschoben. In Europa starke Zunahme der Fälle (v.a. in Rumänien - zwischen Jänner und Juli 2012: 13.700 Fälle lt. WHO-Bericht) Infektion • weniger kontagiös als Masern Inkubationszeit 7‐14d 2‐3d Infektiös: 7d vor Exanthembeginn bis 7 Tage danach Exanthemausbreitung: Gesicht→ Hals→Rumpf→Extremitäten Röteln Komplikationen • Arthritis (bis zu 50%), Encephalitis (1:6000), transiente Thrombozytopenie bei Kindern (1:3000) • Bedeutung haben Röteln vor allem wegen der RötelnEmbryopathie: bei Infektion im 1. Trimenon bis zu 60% der Fälle schwere Fehlbildungen an Auge (Katarakt), Herz (z.B. Septumdefekt), ZNS (Taubheit, geistige Retardation) Röteln Therapie Isolation bis 7 Tage nach Auftreten des Exanthems Therapie: • Symptomatisch, blande Lokaltherapie Postexpositionell (innerhalb von 5 Tagen): • bei Schwangeren Gabe von Röteln-Immunglobulinen • CAVE: Säuglinge mit Rötelnembryopathie scheiden über Monate Rötelnviren aus! 16 16.01.2013 Anamnese Fall Eine Mutter wird mit ihrer 14 Monate alten Tochter in unserer Dermatologischenambulanz vorstellig wegen eines seit 3 Tagen bestehenden „Ausschlages mit rotem Gesicht und roten Ringen an Armen, Beinen und Oberkörper“ des kleinen Kindes der 2 Tage nach einem Schnupfen aufgetreten war. Lt. Mutter wird er besonders rot beim Baden in der Badewanne. Zervikale Lymphadenopathie, Temperatur 37,3°C, Allgemeinzustand gut. Differentialdiagnosen Labor • Virusexantheme (Parvovirus-B19-Exanthem, EBVExanthem) • Urtikaria • Arzneimittelexanthem Differentialblutbild: • o.B. Serologie für exanthematische Viruserkrankungen: • Parvovirus B19 IgM positiv, IgG negativ Diagnose Erythema infectiosum Pathogenese • Erreger: Parvovirus B19 (Erythrovirus) Erythema infectiosum • Infiziert erythroide Progenitorzellen im Knochenmark und kann dadurch bei Patienten mit Anämieerkrankungen zu aplastischen Krisen führen Ringelröteln 17 16.01.2013 Erythema infectiosum Epidemiologie • weltweites Vorkommen, Häufung von Infektionen im Winter und Frühjahr, betrifft v.a. Vorschulkinder und Schulkinder • Ansteckung durch Tröpfcheninfektion, kontaminierte Hände oder Blutprodukte, diaplazentar • Mehrheitlich klinisch stummer Verlauf bei Kindern, Arthropathie bei bis zu 10% (große Gelenke) • bei Erwachsenen stehen grippeartige Allgemeinsymptome und bei Frauen eine akute Arthropathie (kleine Handgelenke, Kniegelenke) im Vordergrund • nur bei ca. 15-20% typisches Exanthem • Durchseuchung bei Erwachsenen 60% Erythema infectiosum Verlauf Erwachsene Kinder Erythema infectiosum Verlauf Erythema infectiosum Komplikationen • Arthralgien für 3 Wochen, aber auch länger möglich • Aplastische Krisen bei Patienten mit erhöhtem Erythrozytenturnover (Thalassämie, Sichelzellanämie, Anämien anderer Genese) “Ohrfeigengesicht“ retikulär zirzinär‐anulär Exanthemausbreitung: Gesicht→ Extremitäten → Rumpf • Fetaler Hydrops, Abort bei intrauteriner Infektion Infektion • Persistierende chronische Anämie mit Lyse von Erythrozytenvorläuferzellen bei Immunsupprimierten Inkubationszeit 4‐14d 10‐20d Infektiös: nur vor Exanthembeginn Erythema infectiosum Diagnostik: • Antikörpernachweis im Serum (IgM, IgG) • Virusnachweis mittels PCR Therapie: • Symptomatisch (bei Gelenksbeschwerden: nichtsteroidale Antiphlogistika) Exanthema subitum Prävention: • keine Möglichkeit zur Impfung 18 16.01.2013 Exanthema subitum Pathogenese Exanthema subitum Epidemiologie • Erreger: Humanes Herpes Virus 6/7 (ds DNA Viren) • Weltweites Vorkommen • HHV6 repliziert sich in Speicheldrüsen, CD4+ TLymphozyten • Ansteckung durch Tröpfcheninfektion • Latenz in peripheren Monozyten/Makrophagen und in frühen Vorläuferzellen im Knochenmark • lebenslange Persistenz des Virus mit Reaktivierung bei Immunsuppression (Transplantationen, HIV!) Exanthema subitum Verlauf Exanthematisches Stadium(~20%) Stadium febrile Inkubationszeit 1‐2 Tage 3‐5 Tage 5‐15 Tage 39‐40.5°C Säuglinge, Kleinkinder Immunsupprimierte Hellrotes makulöses oder Makulopapulöses Exanthem Ausbreitung: Rumpf→Extremitäten Mögliche Begleitbefunde Gastroenteritis, Lidödeme, zervikale Lymphadenopathie, Husten, gespannte Fontanellen, Enanthem, Papeln am weichen Gaumen, Uvula • Manifestationsalter meist zwischen 4 Monaten und 2 Jahren • Nahezu 100% der Erwachsenen seropositiv Exanthema subitum Komplikationen: • Kinder: Fieberkrämpfe (10%) • Immunsupprimierte: Hepatitis, Pneumonie, Knochenmarksuppression, Encephalitis, Transplantatversagen oder –Abstoßung Differentialdiagnosen: • Arzneimittelexantheme • Röteln • Masern • fieberhafte Infekte anderer viraler Genese Exanthema subitum Diagnostik: • Klinik • Antikörpernachweis im Serum (IgM, IgG - 4-facher Titeranstieg beweisend) • Sonstige Laborbefunde: Leukopenie, relative Lymphozytose Therapie: • Bei Kindern: rein symptomatisch • Bei Immunsupprimierten: antivirale Therapie mit z.B. mit Ganciclovir, Foscarnet Hand-Fuß-MundKrankheit 19 16.01.2013 Hand-Fuß-Mund-Krankheit Hand‐Fuß‐Mund‐Krankheit Verlauf Erreger: Coxackieviren A16/5/7/9, B2/5, Enterovirus 71 (Asien) Pathogenese: • Oropharynx → Gastrointestinaltrakt → lokale Lymphknoten → Virämie → orale Mukosa und Haut der distalen Extremitäten Inkubationszeit Prodrominal stadium 3‐6 Tage 1‐2 Tage Kinder ‹ 10 Jahren Leichtes Fieber Krankheitsgefühl evtl. Bauchschmerzen respir. Symptome Exanthematisches Stadium 7‐10 Tage Papulovesikulöses Exanthem Ausbreitung: Oral→Akren Epidemiologie: • Weltweites Vorkommen mit Epidemien im Sommer und Herbst, hoch infektiös • Betrifft meist Kinder unter 10 Jahren (und deren Geschwister und Verwandte) Hand‐Fuß‐Mund‐Krankheit Hand-Fuß-Mund-Krankheit Komplikationen: • Bei Infektion durch Coxackie Viren (Europa): Diagnostik: • PCR aus Bläscheninhalt, Abstrichen von Schleimhautulzera, Rachenspülflüssigkeit, Stuhl – sehr selten • Bei Enterovirus 71 Infektion (Asien): – ZNS Beteiligung, Lungenödem (Todesfälle bei Epidemien in Taiwan und China) Differentialdiagnosen: • Stomatitis aphtosa • Herpangina • Varizellen • Erythema exudativum multiforme • Arzneimittelexanthem (EEM-artiges) Therapie: • Symptomatisch (z.B. Lidocain-Mundgel) Prävention: • Allgemeine Hygienemaßnahmen • Kein Besuch von Gemeinschaftseinrichtungen bis zur Abheilung der Bläschen Anamnese Fall Frau N. 46 Jahre alt wurde wegen eines fieberhaften Infekts mit Kopfschmerzen und einem „ juckenden Bläschenausschlag“ in der Ambulanz vorstellig. Vor 5 Tagen Beginn im Gesicht und im Mund. Ausbreitung in den folgenden Tagen auf den Oberkörper, Genitalbereich. • Allgemeinzustand deutlich reduziert • Temperatur: 38,2°C • Lymphadenopathie 20 16.01.2013 Differentialdiagnosen Schnelltest Tzanck Test: mehrkernige Virusriesenzellen • Varizellen • Disseminierte Herpes simplex Infektion • Herpes Zoster mit Generalisation http://reference.medscape.com Spricht für eine Infektion mit HSV‐1/2 oder VZV Erlaubt keine Differenzierung zwischen den verschiedenen Infektionen Labor Diagnose Serologie für Varicella-Zoster-Virus Antikörper: – IgM positiv, IgG negativ Virus-PCR von Abstrichmaterial aus Bläschen: – positiv für Varicella-Zoster-Virus, – negativ für Herpes simplex-Virus 1 und 2 Varizellen Windpocken, Feuchtblattern Thoraxröntgen: http://www.abcam.com – unauffällig Varizellen Pathogenese Varizellen Epidemiologie • Weltweites Vorkommen • Erreger: Varizella-Herpes-Zoster-Virus (DNS-Virus) • Oberer Respirationstrakt→Transport in Lymphozyten über die Blutbahn (1. Virämie) → Replikation im mononukläeren-Phagozyten-System→ Ausbreitung im Rahmen einer 2. Virämie nach ca. 2 Wochen in andere Organe und Haut → Replikation in der Haut → Sensible Hautnerven → Spinalganglien (lebenslange Latenz) • Lebenslange Immunität, jedoch Reaktivierung bei abgeschwächter Immunlage jederzeit möglich → Herpes Zoster • Ansteckung durch Tröpfcheninfektion oder direkten Kontakt mit Bläscheninhalt (Varizellen sind ansteckender als Herpes Zoster) • Erkrankungsgipfel in Europa 5.-6. Lebensjahr • Seit Aufnahme in den Impfplan starker Rückgang der Fälle, davor eine sehr häufige „Kinderkrankheit“ • Spezifische Virusantikörper bei ~95% der Erwachsenen nachweisbar 21 16.01.2013 Varizellen Verlauf Inkubationszeit Prodrominal stadium 2 Wochen 1‐3 Tage Varizellen Komplikationen Exanthematisches Stadium 2‐3 Wochen Buntes Bild: „Heubner Sternenhimmel“ Fieber Kopfschmerz Bauchschmerzen Malaise Bläschen mit Randerythem Papel • Bei Kindern (~ 8,5/100.000 Fälle): – Superinfektionen mit Staphylokokken oder Streptokokken – Reye Syndrom bei gleichzeitiger Einnahme von ASS (akute Enzephalopathie, fettige Leberdegeneration) • Bei Erwachsenen bis zu 20% – VZV-Pneumonie (15-20% bei adulten Varizellen, Letalität ~10%!) – Aseptische VZV Meningitis, Meningoenzephalitis – Bei Schwangeren schwere Verläufe (Varizellenpneumonie) • fetales Varizellensyndrom (Infektion der Mutter in der 1.Schwangerschaftshälfte): Extremitatenhypoplasien,Hauterosionen und Hautulzerationen oder Narben, Augenmissbildungen und Hirnschädigungen • Varizellen im letzten Trimester: Risiko für Frühgeburt / Abort, neonatale Varizellen (Mortalität ohne Therapie bis 30%) • Besonders schwere disseminierte Infektionen ( bis 30%) bei Immunsupprimierten unabhängig vom Alter Ausbreitung: Kopf→Rumpf Krusten Varizellen Therapie Lokaltherapie: – mit juckreizstillenden, austrocknenden Lotionen – Antibiotikasalben bei Superinfektion Systemische Therapie: Varizellen Prävention Infektiös: 2 Tage vor bis 5 Tage nach Auftreten des Exanthems Varizellen Vakzine: • Verhindert in 80% der Fälle den Ausbruch von Varizellen, 3,8% der geimpften Kinder entwickeln ein Impfexanthem • empfohlen für Kinder im 2. Lebensjahr, VZV-negative Jugendliche, Erwachsene (kostenpflichtig) – Aciclovir p.o., Valaciclovir p.o., Aciclovir i.v. Postexpositionell (innerhalb von 72 Std.): • für Risikopatienten: – spezifisches Immunglobulin • Für Immunkompetente: – Lebendimpfung Literatur • • • • • • • • Taschenatlas Dermatologie, Martin Röcken et al., Thieme Verlag 2010 Braun-Falco‘s Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Springer Verlag 2012 Fitzpatrick´s Dermatology in General Medicine, Lowell Goldsmith, McGrawHill 2012 Dermatologische Differentialdiagnosen, Peter Altmeyer, Springer Verlag 2007 Atlas und Synopsis der klinischen Dermatologie, Thomas Fitzpatrick et al., McGraw-Hill 1997 Handbuch Dermatologie 2012, Thomas Schwarz et al., Derma Update Springer Verlag 2012 Exanthematous Drug Eruptions, Robert S. Stern, N Engl J Med 2012;366:2492501 Saving the skin from drug-induced detachment, Brian Nickoloff, Nature Medicine 2008; 1343-1350 22