Campylobacter - gefährlich, aber kaum bekannt

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Campylobacter - gefährlich, aber kaum bekannt
Während
die
Zahl
der
SalmonellenErkrankungen in Deutschland in den letzten
Jahren rückläufig ist, steigt die Zahl der
Erkrankungen durch Campylobacter-Bakterien
stetig an; die Keime sind inzwischen die
häufigste Ursache für bakterielle Magen-DarmInfektionen. Von mehreren bekannten Arten
spielt vor allem Campylobacter jejuni eine
bedeutende Rolle als Krankheitserreger des
Menschen. Die gramnegativen, oft kommaförmigen Stäbchenbakterien verursachen 2 bis
5 Tage nach der Ansteckung die „Campylobacteriose“, eine typischerweise mit Bauchschmerzen und Durchfall verbundene ErkranAussehen des Keims im Elektronenmikroskop
Quelle: Centers for Disease Control and Prevention,
kung. Campylobacter-Infektionen können auch
de.wikipedia.org/wiki/Datei:Campylobacter_fetus_01.jpg
ganz ohne Symptome verlaufen. Gefürchtet
hingegen sind Gelenkentzündungen und vor allem das Guillain-Barré-Syndrom (GBS), die
als Komplikationen in einigen Fällen auftreten können.
Nach dem Verschwinden der Poliomyelitis oder Kinderlähmung ist GBS die häufigste Lähmungserkrankung des Menschen in Europa. Sie kann 1 bis 3 Wochen nach der MagenDarm-Infektion auftreten und lebensbedrohliche Formen annehmen. Campylobacter jejuni ist
ein bekannter Verursacher dieser Autoimmunreaktion, bei der sich zur Bakterienabwehr gebildete Antikörper vermutlich gegen periphere Nerven richten.
Die Bakterien kommen häufig im Darmkanal von Vögeln und Säugetieren
vor und sie werden hauptsächlich durch tierische Lebensmittel,
insbesondere Geflügelprodukte, übertragen.
Erkrankungen werden häufig durch Kreuzkontaminationen in der
Küche wie über das Auftauwasser von Geflügelprodukten verursacht;
anders als bei Salmonellen spielen Eier als Kontaminationsquelle keine
wesentliche Rolle.
Es gibt eine Reihe von Gründen, warum Campylobacter-Infektionen so explosionsartig angestiegen sind.
• Die Bakterien vermehren sich mikroaerophil, d. h. bei 5 % Sauerstoff und nicht bei den
typischen 20 % unserer Luft. Deshalb waren Campylobakterien noch vor wenigen Jahren im
Labor schwierig zu züchten und schwer nachzuweisen. Im Gegensatz zu Salmonellen vermehren sie sich in der Regel auch nicht in den Lebensmitteln.
• Noch vor wenigen Jahrzehnten war die Gefährlichkeit des Keimes für den Menschen überhaupt nicht bekannt. Der Keim wurde als harmlos betrachtet und nur als tierpathogen eingestuft.
• Die europäischen Geflügelbestände sind bis heute weitgehend von diesen Keimen verseucht;
2008 waren beispielsweise in der Schweiz bis zu 90 Prozent der Hühner von Campylobacter befallen. Auch für Deutschland wird berichtet, dass besonders im Sommer bis zu
70 % der Masthähnchenherden infiziert sind.
Experten halten eine Eliminierung des Keimes aus der Lebensmittelkette zurzeit
für nicht möglich.
• Campylobacter hat bei niedrigen Temperaturen wie z. B. 4 °C eine
hohe Überlebensfähigkeit. Die Bakterien können – im Gegensatz zu
Salmonellen - tagelang, oft Wochen im Kühlschrank oder Kühlraum
überleben, eine wichtige Eigenschaft im Zeitalter der Kühlkette.
• Als Infektionsdosis genügt eine geringe Zahl von etwa 500
Keimen; eine Salmonelleninfektion wird in der Regel erst durch
zeitgleiche Aufnahme von ca. einer Million Keimen hervorgerufen.
Damit reicht oft ein „Fingerabdruck“ am rohen Hähnchenschenkel, um
genügend Campylobacter-Erreger für eine Infektion zu übertragen.
• Auch der Trend zu scheinbar „gesunden” rohen Lebensmitteln führt
zu Infektionen. Rohmilch ist z. B. ebenfalls eine häufige Ursache von
Keimkonservierung
auch in der Kälte
Campylobacter-Erkrankungen.
© 2010 by Fachbuchverlag Pfanneberg, Haan-Gruiten
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