Der Urologe Organ der Deutschen Gesellschaft für Urologie Organ des Berufsverbandes der Deutschen Urologen Elektronischer Sonderdruck für J. Kranz Ein Service von Springer Medizin Urologe 2013 · 52:1392–1405 · DOI 10.1007/s00120-013-3172-y © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013 J. Kranz · P. Anheuser · H. Lichtenstein · J. Steffens Urologische Dermatosen Diese PDF-Datei darf ausschließlich für nichtkommerzielle Zwecke verwendet werden und ist nicht für die Einstellung in Repositorien vorgesehen – hierzu zählen auch soziale und wissenschaftliche Netzwerke und Austauschplattformen. www.DerUrologe.de Leitthema Urologe 2013 · 52:1392–1405 DOI 10.1007/s00120-013-3172-y Online publiziert: 27. September 2013 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013 J. Kranz1 · P. Anheuser1 · H. Lichtenstein2 · J. Steffens1 Redaktion J.A. Steffens, Eschweiler P. Anheuser, Eschweiler Urologische Dermatosen Urologische Dermatosen des männlichen Genitale reichen von infektiösen Läsionen und entzündlichen Affekten bis hin zu neoplastischen Veränderungen im Sinne von Dysplasien/Präkanzerosen. Hier werden die klinische Diagnostik und Therapie der häufigsten urologischen Dermatosen und medizinische Besonderheiten aufgezeigt. Die . Abb. 1 gibt eine schematische Übersicht und strukturelle Gliederung der behandelten urologischen Dermatosen. Dermatophytosen Pilzinfektionen Mykosen Für den medizinisch-dermatologischen Gebrauch werden Mykosen in 3 Gruppen gegliedert: FDermatophyten, FCandida species, FSchimmelpilze. 1392 | 1 Klinik für Urologie und Kinderurologie, St. Antonius-Hospital, Akademisches Lehrkrankenhaus der RWTH Aachen, Eschweiler 2 Praxis für Dermatologie, Eschweiler Dermatophytosen, auch Tinea („Holzwurm“, „Motte“) genannt, sind weltweit verbreitet und zählen zu den häufigsten Infektionskrankheiten. Es handelt sich um eine Infektion keratinhaltiger Strukturen der Haut, Stratum corneum bzw. der Hautanhangsgebilde, Haare und Nägel, mit Fadenpilzen der Gattungen: FTrichophyton spec., FMicrosporum spec., FEpidermophyton spec. Aus klinischer Sicht werden Dermatophytosen daher in Epidermomykosen, Trichomykosen oder Onychomykosen unterteilt. Eine weitere Unterteilung erfolgt nach dem Ort ihres Auftretens (z. B. Tinea corporis, Tinea inguinalis). Die Infektion erfolgt durch direkten oder indirekten Kontakt mit Sporen, welche resistent gegenüber diversen Umwelteinflüssen und bis zu 4 Jahre infek­tiös sind. Dermatophytosen kommen häu- Infektionen • • • • Mykosen Bakterielle lnfektionen Virale lnfektionen Parasitäre Erkrankungen Entzündliche Dermatosen • • • Akute/chronische Entzündungen Generalisierte Dermatitiden Arzneimittel-AIIergie Sonstige Dermatosen • • Skrotalzysten Angiokeratome Der Urologe 10 · 2013 Abb. 1 9 Schematische Übersicht und strukturelle Gliederung der behandelten urologischen Dermatosen fig durch kleinste Hautverletzungen zum Ausbruch (z. B. Rasur), bei schweren Infektionen liegen in der Regel Immundefekte vor. Ein feucht warmes Klima begünstigt die Infektion (Übergewicht, Hautfalten, enge und luftundurchlässige Kleidung). Tinea inguinalis. Erreger: FEpidermophyton floccosum, FTrichophyton rubrum, FTrichophyton mentagrophytes und tonsurans. Symptome sind Pruritus und eine meist scharf begrenzte, kreisförmige, im Randbereich papulös und/oder pustulös durchsetzte Rötung mit Schuppung. Diese kann aufgrund eines feuchten Hautmilieus im Genitalbereich auch fehlen (. Abb. 2). Differentialdiagnostisch sind Erythrasma, Intertrigo, Psoriasis und Candidose abzugrenzen. Die Diagnose wird zunächst als Blickdiagnose gestellt, zum mikroskopischen bzw. kulturellen Nachweis ist eine Probenentnahme notwendig. Es werden meist verschiedene Agartypen (z. B. SabouraudGlukose und Agar mit Antibiotikum- und Schimmelhemmstoffzusatz) beimpft, um eine gewisse Selektion der Dermatophyten zu erzielen. Diese Vorgehensweise (Kombination von Direktnachweis und Kultur) stellt den Goldstandard dar. Eine sichere Diagnostik ist durch den molekularen Nachweis erregerspezifischer Genabschnitte (Polymerasekettenreaktion, PCR) möglich. Das Verfahren wird allerJ. Kranz und P. Anheuser sind gleichberechtigte Erstautoren. Abb. 2 9 Tinea inguinalis: zentrifugales Ausbreitungsmuster mit randständiger papulopustulöser Effloreszenz, zentral in Abheilung begriffenes Hautareal. (Mit freundl. Genehmigung von Diepgen et al. [12]) Abb. 3 9 Candidadermatitis (Windeldermatitis). (Mit freundl. Genehmigung von Diepgen et al. [12]) dings noch nicht in der Routinediagnostik verwendet. Die Therapie erfolgt mit Antimykotika, die je nach Ausprägung der Erkrankung topisch und/oder systemisch eingesetzt werden. Bei ausgeprägter Entzündung ist gleichzeitig die Verabreichung eines Glukokortikoids indiziert [22, 48]. Zur Anwendung kommen topisch Clotrimazol oder andere Azolpräparate (Bifonazol, Miconazol), bei Therapieversagen systemisch Itraconazol oder Ketoconazol. Candidose Erreger der Candidose sind Hefepilze der Gattung Candida, fakultativ pathogene Erreger. Am häufigsten ist eine Infektion mit der Art Candida albicans, seltenere Formen sind Candida tropicalis und Candida stellatoidea [8]. Krankheitswert erlangen die Keime nach einem Wandel von der saprophytären in die parasitäre Phase. Dieser wird unterstützt durch spezifische Veränderungen im umgebenden Milieu (Antikörpermangel, Peroxi- daseminderung, z. B. durch Verlust von Bildnern wie vergrünenden Streptokokken und Laktobazillen), eine feucht-warme Umgebung wirkt ebenfalls krankheitsfördernd. Typischerweise finden sich zunächst kleine Pusteln auf der Haut, die nach Austrocknung als juckende, rötliche Herde imponieren und eine zentrale Ablösung der Hornschicht und periphere Schuppung zeigen. Differentialdiagnostisch sind Tinea, Ekzeme, Erythrasma, Psoriasis, Herpes, parasitäre Erkrankungen und granulomatöse Infektionen abzugrenzen. Die Diagnose wird zunächst als Blickdiagnose gestellt, zum mikroskopischen bzw. kulturellen Nachweis ist eine Probeentnahme notwendig. Sie bietet auch die Möglichkeit einer Resistenztestung. Dazu wird ein Watteträger über die betroffene Stelle gestrichen. Mit den so gewonnen Schuppen bzw. Detritus ist ein Pilznährboden zu beimpfen. Dabei sollten immer zwei Abstriche (Mikroskop und Kultur) gewonnen werden, gegebenenfalls sollte auch eine Stuhluntersuchung auf Candida durchgeführt werden. Die Therapie erfolgt i. Allg. topisch durch hefewirksame Antimykotika (Imidazol-Derivate, Nystatin, Amphotericin, Ciclopiroxolamin [23, 24, 47]). Grundpfeiler der Therapie ist die Milieusanierung mit Vermeidung von Feuchtigkeitsstau und Mazertation. Candidosis intertriginosa. Diese Form der Candidose befällt alle großen Hautfalten, vorrangig Inguinal-, Submammärund Bauchfalten, Axillen und die Rima ani­ (. Abb. 3). Krankheitsfördernd ist ein feuchtes Hautmilieu. Begünstigende Faktoren sind Adipositas, Tumorerkrankungen, fehlende bzw. reduzierte Immunkompetenz und Diabetes mellitus. Frauen­ sind häufiger betroffen, außerdem tritt die Erkrankung häufiger in höherem Alter auf [21]. Genitalcandidose. Beim Mann sind die Glans penis, Sulcus coronarius, inneres Präputialblatt sowie die Urethra in unterschiedlichem Umfang befallen. Bei enger Vorhaut kann eine Paraphimose resultieren, bei chronischen Verlaufsformen bildet sich fast immer eine Phimose aus. Die Partneruntersuchung und -behandlung ist zur Vermeidung eines Ping-Pong-Effekts angezeigt. Bakterielle Infektionen Gonorrhö Es handelt sich bei der Infektion um eine weltweit vorkommende, sexuell übertragbare Erkrankung, die durch den gramnegativen, obligat aeroben Diplococcus Neisseria gonorrhoeae verursacht wird [41]. Nach Schätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) stellt die Gonorrhö heute mit weltweit ca. 106 Mio. Erkrankungsfällen pro Jahr die dritthäufigste sexuell übertragbare Infektion dar [39]. Entscheidend für die rasche Weiterverbreitung ist der häufig asymptomatische/ milde Verlauf der Infektion, rund 10% aller infizierten Männer sind asymptomatisch. Die Bakterien heften sich an die urethrale Schleimhaut und werden dort von Phagozyten in die Zelle aufgenommen. Der Urologe 10 · 2013 | 1393 Zusammenfassung · Abstract Abb. 4 8 Gonorrhö: Bonjour-Tröpfchen – eitrige Sekretion aus der Urethra. (Mit freundl. Genehmigung von Diepgen et al. [12]) Intrazellulär überlebt nur ein Teil der Bakterien. Diese lösen eine putride Entzündung mit Komplementaktivierung aus, die zu einer Zerstörung der befallenen Zellen führt. Sichtbar wird die Infektion nach einer Inkubationszeit von 2–3 Tagen durch eine Urethritis mit massivem eitrigem Ausfluss begleitet von einer Dysurie (. Abb. 4). Die aufsteigende Gonorrhö kann eine Prostatitis, Funikulitis und Epididymitis zur Folge haben [39]. Diagnostiziert wird die Infektion durch einen mikroskopischen Erregernachweis aus einem Abstrich, Kulturanlage oder mit einer Nukleinsäureamplifikationstechnik (NAT). Zum mikroskopischen und kulturellen Nachweis ist eine Abstrichentnahme erforderlich, diese sollte nach eine Miktionskarenz von 4 h urethral entnommen werden; ggf. sollten zusätzlich pharyngeale und anale Abstriche erfolgen. Aufgrund einer in den letzten Jahren zunehmenden Resistenzentwicklung sollte generell und insbesondere bei Therapieversagen eine kulturelle Diagnostik erfolgen, um über die Antibiotika­empfindlichkeitstestung Empfehlungen für eine gezielte Therapie geben zu können [39]. Die Therapie bestand bis vor wenigen Jahren in der Gabe von Penicillin, allerdings zeigten sich hier zunehmende Re- 1394 | Der Urologe 10 · 2013 sistenzen (Nichtempfindlichkeit gegenüber Penicillin bei 80% der Isolate [27]). Die aktuelle Empfehlung besteht in der Gabe von Cephalosporinen der 3. Generation (Ceftriaxon i. v. oder i. m., alternativ Cefixim p. o.) plus Azithromycin (p. o.) jeweils als Einmaldosis. Als Alternative bei nachgewiesener Empfindlichkeit ist eine p. o.-Verabreichung von Cefixim, Ciprofloxacin, Ofloxacin oder Azithromycin jeweils als Einmaldosis möglich. Bei einer gesicherten Allergie gegen die oben genannten Antibiotika sollte die Therapie nach Resistogramm erfolgen, bis zum Erhalt der Austestung sollte eine einmalige p. o.-Verabreichung von Azithromycin erfolgen [9, 10, 16, 51, 54]. Zu beachten ist auch, dass die Gonorrhö in 10–40% von einer Clamydieninfektion begleitet wird, die durch die zusätzliche Gabe von Tetrazyklinen zu behandeln ist [32]. Die Erkrankung ist seit 2001 nicht mehr meldepflichtig, eine Ausnahmeregelung besteht für das Land Sachsen (Labormeldepflicht). Syphilis (Harter Schanker) Die venerische Syphilis, die durch das gramnegative, für den Menschen obligat pathogene Bakterium Treponema pallidum (subspecies pallidum) ausgelöst wird, gehört zur Gruppe der sexuell übertragbaren Erkrankungen und ist in behandlungsbedürftigen Fällen nichtnamentlich meldepflichtig [40]. Der Spirochät wird hauptsächlich über direkte sexuelle Kontakte übertragen und dringt dabei durch Mikroläsionen der Schleimhaut oder Haut in den Organismus ein, ferner ist u. a. eine diaplazentare Übertragung (Lues connata) möglich. Die Krankheit besitzt ein überaus vielfältiges Erscheinungsbild. Dennoch lässt sich ein stadienhafter Verlauf erkennen: Primärstadium Nach etwa 3–4 Wochen Inkubationszeit entsteht an der Eintrittspforte aus einer Papel ein schmerzloses Ulkus (Ulkus durum – Harter Schanker), das im Randbereich wallartig verhärtet und scharf demarkiert ist (. Abb. 5). Dieser Primäraffekt ist hoch infektiös, Erreger werden mit einem farblosen Sekret abgesondert [28, 55]. Folgend tritt häufig eine inguinale in- Urologe 2013 · 52:1392–1405 DOI 10.1007/s00120-013-3172-y © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013 J. Kranz · P. Anheuser · H. Lichtenstein J. Steffens Urologische Dermatosen Zusammenfassung Im Rahmen genitaler Untersuchungen wird der Urologe häufig mit dermatologischen/venerischen Erkrankungen konfrontiert. Urologische Dermatosen des männlichen Genitale reichen von infektiösen (viralen und bakteriellen) Läsionen und entzündlichen Affekten bis hin zu neoplastischen Veränderungen im Sinne von Dysplasien/Präkanzerosen. Auch viele generalisierte Hauterkrankungen (z. B. Psoriasis) manifestieren sich als genitale Dermatosen. Bei anderen Dermatosen handelt es sich um spezifisch nur am Genitale auftretende Hautveränderungen. Diese Übersichtsarbeit hebt die klinische Diagnostik und Therapie der häufigsten urologischen Dermatosen hervor und zeigt medizinische Besonderheiten auf. Schlüsselwörter Dermatosen, genitale · Hauterkrankungen, generalisierte · Pilzinfektionen · Bakterielle Infektionen · Virale Infektionen Urological dermatosis Abstract Urologists are often confronted with venereal and dermatological diseases during clinical evaluation of the external genitals. Dermatosis of the male genitalia ranges from infectious (viral and bacterial) lesions and inflammatory conditions to neoplastic alterations. There are also more general skin diseases (e.g. psoriasis) which occur as genital manifestations. In this case they often show unusual characteristics or the genitalia might be involved only incidentally. This review highlights the clinical diagnosis and therapy of the most common genital skin disorders and demonstrates the medical features. Keywords Dermatosis, genital · Skin diseases, general · Fungal infections · Bacterial infections · Viral infections dolente Lymphadenopathie auf. Der Primäraffekt heilt nach 4–6 Wochen spontan ab, ohne Therapie ist der Übergang in weitere Stadien möglich. Differenzialdiagnostisch sollte ein Ulkus molle, Herpes genitalis oder Präkanzerosen/Karzinome ausgeschlossen werden. Abb. 5 9 Primäraffekt der Syphilis, Ulkus durum: schmerzloses Ulkus an der Erregereintrittspforte. (Mit freundl. Genehmigung von Diepgen et al. [12]) reiz präsentieren (Roseola oder makulöses Syphilid, . Abb. 6b). Sie heilen nach ungefähr 4 Monaten ab und treten unbehandelt rezidivierend auf, wobei sie ihre Charakteristika mehr und mehr verlieren (Lichen syphiliticus). Die Hauterscheinungen klingen etwa 2 Jahre nach Infektion ab (Lues latens seropositiva) [10, 36, 41]. Es besteht weiterhin Ansteckungsgefahr, auch wenn diese im weiteren Verlauf abnimmt. Tertiärstadium 3–5 Jahre nach unbehandelter oder nicht spontan ausgeheilter Infektion treten kardiovaskuläre Veränderungen (Mesaortitis luetica, Aneurysmen), tuberöse Hautveränderungen und ulzerierend granulomatöse Veränderungen des gesamten Integuments und innerer Organe, sog. Gummen (Lues gummosa) auf (. Abb. 7). Quartärstadium (Neurolues) Abb. 6 8 Sekundärstadium der Syphilis: a venerische Kranzfurchenlymphangitis, längs zur Penislängsachse verlaufender Strang, b multiple Condylomata lata. (Mit freundl. Genehmigung von Diepgen et al. [12]) Abb. 7 9 Tertiärstadium der Syphilis, kutane Gumma. (Mit freundl. Genehmigung von et al. [12]) Sekundärstadium Zur hämatogenen und lymphogenen Aussaat kommt es ca. 4–10 Wochen nach ­Abheilung des Primäraffekts. In diesem Abschnitt sind nahezu alle Organsysteme befallen, dies zeigt sich in einer generalisierten Lymphadenopathie (Polyskleradenitis) mit allgemeinen Krankheitserscheinungen wie Fieber, Müdig- keit, Abgeschlagenheit, Kopf- und Gelenkschmerzen (. Abb. 6a). Es entwickeln sich spezifische Enantheme und Exantheme, ­Syphilide genannt. Zunächst imponieren diese als schwach rosa gefärbte, stammbetonte Makula, gehen im Verlauf jedoch in kupferfarbene Papeln über, die in den Hautfalten als Condylomata lata bezeichnet werden und sich ohne Juck- Zusätzlicher Befall des ZNS, der 10– 20 Jahre nach Erstinfektion auftreten kann, der mit Tabes dorsalis und progressiver Paralyse einhergeht. Der Erregernachweis kann im Dunkelfeldmikroskop oder mit spezieller Silberfärbung erfolgen, eine Anzucht des Erregers hingegen gelingt nicht. Bei speziellen Fragestellungen kann der PCR-Nachweis durchgeführt werden, der allerdings bei hoher Spezifität nur eine eingeschränkte Sensitivität besitzt. Der TPHA-Test (Treponema-pallidumHämagglutinationstest) als Screeninguntersuchung ist frühestens 4–6 Wochen nach Infektion positiv, alternativ kann der TPPA-Test (Treponema-pallidum-Partikelagglutinationstest) angewandt werden. Der FTA-Test dient als Bestätigung bei positivem TPHA-Test. Die Verlaufskontrolle zur Beurteilung der Aktivität und damit Behandlungsbedürftigkeit wird über den VDRL-Test („venereal disease research laboratory“) geführt, dieser ist nicht spezifisch auf den Treponemennachweis ausgerichtet [20]. Therapeutisch bleibt die Empfehlung der Penicillin-Gabe bestehen, da es bisher keine Resistenzbildung gibt. Eine Behandlungsdauer von mindestens 2 Wochen sollte aufgrund der langen Replikationsdauer eingehalten werden [42, 53]. Alternativ können Cephalosporine, TeDer Urologe 10 · 2013 | 1395 Leitthema logischen Nachweises [6, 52]. Zur Therapie werden Virustatika (Aciclovir, Famciclovir oder Valaciclovir) für die Therapiedauer von 5 Tagen eingesetzt, bei rezidivierenden Verläufen u. U. auch in Form einer niedrig dosierten Langzeittherapie. Parasitäre Erkrankungen Pediculosis corporis Abb. 8 8 Ulcus molle: a schmerzhafte Genitalulcera, b exulzerierter inguinaler Lymphknoten. (Mit freundl. Genehmigung von Diepgen et al. [12]) ge Tage bis Wochen (. Abb. 8a). Zudem tritt eine regionäre (ein- oder beidseitige) schmerzhafte eitrige Lymphadenopathie (Bubo) auf, die Lymphknoten können exulzerieren (. Abb. 8b, [6]). Zu beachten ist, dass ein weicher Schanker als Eintrittspforte für andere sexuell übertragene Erkrankungen fungieren kann. Der Erregernachweis erfolgt mikroskopisch („fischzugartig“ angeordnete, zarte gramnegative Stäbchen) und durch kulturelle Anzüchtung auf speziellen Medien. Therapeutisch werden Azithromycin oder Ceftriaxon (einmalig); Ciprofloxacin (3 Tage) oder Erythromycin (7 Tage) eingesetzt [10]. Virale Infektionen Herpes genitalis Abb. 9 8 Herpes genitalis: gruppierte Bläßchen, welche im Verlauf konfluieren. (Mit freundl. Genehmigung von Diepgen et al. [12]) trazykline und Makrolide zum Einsatz kommen [10]. Ulcus molle (Weicher Schanker) Die in Europa eher seltene Erkrankung wird durch Haemophilus ducreyi hervorgerufen. Die Übertragung erfolgt nahezu ausschließlich über den Geschlechtsverkehr, da das Bakterium sehr empfindlich gegenüber Kälte und Austrocknung ist. Die Inkubationszeit bis zum Auftreten sehr schmerzhafter, kleiner (1–20 mm), z. T. nekrotisierender, genitaler Ulzera mit weichem Randwall beträgt nur weni- 1398 | Der Urologe 10 · 2013 Es handelt sich um eine Infektion mit dem Herpes-simplex-Virus Typ 1 (oral) und vor allem mit Typ 2 (genital), das sexuell übertragen wird und zu einer anogenitalen Infektion führt [6, 52]. Lokal finden sich nach Pruritus, Parästhesien und einem Spannungsgefühl gruppiert auftretende Bläschen, die sich innerhalb weniger Stunden erosiv verändern (. Abb. 9, [17]). Regionale Lymphknotenschwellungen und Fieber treten begleitend auf. Die Veränderungen sind von einem Ulcus molle oder einem syphilitischen Primäraffekt zu unterscheiden. Die Erkrankung kann rekurrent verlaufen, meist sind die Symptome hierbei weniger stark ausgeprägt [18]. Die Diagnose ist primär klinisch zu stellen, ein Virusnachweis durch eine Zellkultur oder PCR ist möglich, weiterhin besteht die Möglichkeit eines sero- Drei verschiedene Unterarten mit einer Spezialisierung auf die spezielle Körperregion sind zu unterscheiden: FPediculosis capitis, FPediculosis vestimentorum, FPediculosis pubis. Am äußeren Genitale sind Hautveränderungen durch die beiden letztgenannten Arten zu finden. Pediculosis vestimentorum Die Kleiderlaus (Pediculus humanus) ist ca. 4 mm gross und wird durch Kleidung oder direkt von Mensch zu Mensch übertragen. Die Eiablage erfolgt in Kleidern oder an behaarter Haut. Das klinische Bild ist geprägt von geröteten Hautarealen, Exkoriationen, stark juckenden Quaddeln und bei längerem Befall braunen Hyperpigmentierungen (Vagantenhaut). Durch die Einstiche besteht das Risiko der Übertragung von Rickettsiosen, Fleckfieber, Rückfallfieber oder Wolhynisches Fieber [46]. Differentialdiagnostisch sind Ekzeme, Pyodermie und Tinea abzugrenzen. Therapeutisch ist zunächst die befallene Kleidung zu entfernen, die Läuse können durch Aushungern (Kleidung wird über 4 Wochen in einem verschlossenen Plastiksack aufbewahrt) oder durch Ausfrieren (2-tägiges Lagern in einer Tiefkühltruhe) bekämpft werden. Die Haut sollte mit 1% Permethrin-Creme oder 0,5% Permethrinspiritus behandelt werden. Diese­ besitzt sowohl eine gute antiparasitäre als auch ovozide Wirkung. Die Haut sollte ferner mit pflegenden Substanzen, ggf. auch mit gering kortisonhaltigen Präparaten behandelt werden [1]. Abb. 10 8 Scabies, multiple erythematöse Plaques. (Mit freundl. Genehmigung von Diepgen et al. [12]) Pediculosis pubis Filzläuse, Phthirus pubis, sind wesentlich kleiner als Kleiderläuse (ca. 1–2 mm) und befallen vorzugsweise Regionen mit apokrinen Schweissdrüsen (Schamhaare, Achselhaare, Mamillen, Augenbrauen). Häufig ist eine Koexistenz anderer sexuell übertragbarer Erkrankungen, wie Scabies, beschrieben [6, 11]. Im Vordergrund steht ein starker Juckreiz, außerdem finden sich kleine petechiale Einblutungen (Taches bleues), die den Bissstellen zuzuordnen sind. Es handelt sich um intrakutane Einlagerungen eines denaturierten Hämoglobins aufgrund der Einwirkung des Speicheldrüsenferments der Läuse [46]. Therapeutisch finden GammaHexachlocyclo­hexan oder Benzylbenzoat Anwendung. Scabies Die 0,3–0,5 mm großen Sarcoptes scabiei­ verursachen Pusteln, Bläschen, Quaddeln und als Sekundärläsionen Krusten, Kratzwunden und Furunkel (. Abb. 10). Die weiblichen begatteten Nymphen graben Gänge in das Stratum corneum der Epidermis („Hautmaulwurf “), um dort täglich 2–3 ihrer befruchteten Eier und Kot anzulegen [6, 7]. Nach einer Inkuba­ tionszeit von 3–6 Wochen beginnt dann die klinische Symptomatik, die v. a. von einem nächtlich, betonten generalisierten Pruritus bestimmt ist. Die lediglich auf der Haut lebenden männlichen Krätzmilben sterben nach der Befruchtung ab, die Weibchen hingegen können bis zu 60 Tage alt werden. Außerhalb des Wirtes beträgt die Überlebenszeit 48 h. Die Infektion erfolgt durch engen körperlichen Kontakt, seltener durch infizierte Wäsche oder Betten. Das Erscheinungsbild befallener Hautareale, hier werden Stellen mit dünner Hornschicht bevorzugt, ist unterschiedlich. Es hängt u. a. vom Pflegezustand der Haut und evtl. Begleitinfektionen ab. Häufig zeigen sich erythropapulosquamöse Areale im Genitalbereich, Mamillen, vordere Axillarlinie, Handgelenken und Interdigitalfalten [11]. In vielen Fällen lassen sich ebenda typische Milbengänge nachweisen, an deren Ende sich bei Lupenbetrachtung eine Milbe erkennen lässt. Bei einer Superinfektion mit Staphylokokken kann es zur Bildung von Abszessen, Lymphangitis bis hin zu einer Sepsis kommen [26, 37]. Hauptsymptom ist ein heftiger Juckreiz, der v. a. Nachts oder nach heißen Bädern auftritt. Differentialdiagnostisch sind auch hier diverse Ekzeme abzugrenzen. Die Behandlung besteht in der Applikation einer 5%-Permethrin-Salbe (Insektizid aus der Pyrethroid-Gruppe), hier ist in der Regel eine einmalige Anwendung ausreichend. Alternativ zeigt die Behandlung mit Ivermectin, ein makrozyklisches Lakton, sehr gute Ergebnisse, besonders im Hinblick auf eine Rekurrenz [49]. Es bindet an Glutamat-aktivierte Chloridkanäle sowie an γ-Aminobuttersäure-aktivierte Chloridkanäle. Der hierdurch ausgelöste Einstrom von Chloridionen blockiert die Erregungsüberleitung, was letztlich zur Paralyse und Tod der Krätzmilben führt. Zudem zeigt es eine ovozide Wirkung. In Deutschland besteht allerdings keine Zulassung für die Indikation Scabies. Entzündliche Erkrankungen Akute kontaktallergische Balanoposthitis Die genitale Kontaktdermatitis tritt im Rahmen einer allergischen Genese, beispielsweise gegenüber Bestandteilen von Kondomen (Spermizide, Latex, Gummialterungsschutzstoffe), oder meist kumulativ-toxisch bedingt durch applizierte Medikamente (Sulfonamide, Mitomycin C, Imiquimod), Gleitmittel oder Hygieneartikel (Deodoranzien) auf [43]. Die allergische Kontaktdermatitis (Allergie vom Typ I + IV) manifestiert sich als Erythem [Rötung der Glans (Balanitis) bzw. des inneren Vorhautblattes (Posthitis)] mit ödematöser Komponente und tritt IgE- oder lymphozytenvermittelt innerhalb kurzer Zeit nach Exposition auf. Für die wirksame Behandlung ist die sichere Identifikation der krankheitsauslösenden Stoffe eine wichtige Voraussetzung. Topisch angewandte Glukokortikoidsalben sind Therapie der ersten Wahl, schwere Ausprägungen benötigen ggf. eine systemische Therapie. Akute infektiöse Balanoposthitis Multifaktorielle, plötzlich auftretende, entzündliche Erkrankung der Glans und des inneren Vorhautblattes, welche mild bis erosiv mit begleitender inguinaler Lymphadenitis verlaufen kann. Ursächlich sind meist Streptokokken der Gruppe A und B sowie Pilze. Postinfektiös entstehen nicht selten entzündliche Phimosen. Diabetes mellitus und mangelnde bzw. übertriebene Intimhygiene fördern die Chronifizierung und bieten Candidainfektionen (30%) eine Grundlage [5]. Oben beschriebene topische sowie hygienische Massnahmen kommen therapeutisch in Betracht. Eine längerfristige externe Applikation von Antibiotika kann zu einer Störung der lokalen Keimflora führen und eine Balanoposthitis sogar in Gang halten kann. Zu beachten ist, dass rezidivierende Balanoposthitiden durch eine radikale Zirkumzision reduziert werden können und auch vollständig ausheilen können. Fixes Arzneimittelexanthem (Dermatitis medicamentosa) Die fixe Arzneimittelreaktion mit Prädilektionsstelle am äußeren Genitale, ist die wichtigste Differentialdiagnose bei episodisch auftretenden, genitalen, erosiven Veränderungen (. Abb. 11, [43]). In Folge einer Medikamenteneinnahme (BarbiDer Urologe 10 · 2013 | 1399 Leitthema Abb. 12 9 Nichtvenerische Kranzfurchenlymphangitis: quer zur Penislängsachse verlaufender Strang. (Mit freundl. Genehmigung von Diepgen et al. [12]) Abb. 11 8 Arzneimittelbedingte skrotale Hautveränderung, die bei Verabreichung der auslösenden Medikation immer in gleicher Lokalisation auftritt. (Mit freundl. Genehmigung von Diepgen et al. [12]) turate, Sulfonamide (Cotrimoxazol), Salicylate, Tetrazykline und Phenazon etc.) entstehen scharfbegrenzte, runde – ovale dunkle Erytheme, die eine zentrale Bulla aufweisen können [15, 17, 19]. Mahboob et al. [29] zeigten in einer Studie mit 450 Betroffenen, dass in 20% aller Fälle eine genitale Beteiligung des fixen Arzneimittelexanthems auftrat, von denen bis zu 73% a. e. durch Cotrimoxazol bedingt waren. Typisch ist eine persistierende Pigmentierung nach Abheilung sowie ein Rezidiv ist konstanter Lokalisation nach erneuter medikamentöser Exposition [7]. Nichtvenerische/venerische Kranzfurchenlymphangitis Wulstförmig, prall-zystischer, glasiger, unterhalb des inneren Vorhautblattes, quer oder schräg zur Penislängsachse­ verlaufender Strang, welcher nach forciertem Geschlechtsverkehr oder im Rahmen einer Chlamydienurethritis, chronischen Prostatitis oder durch Fokalinfekte manifest werden kann (. Abb. 12). Betroffene jüngere Männer weisen meist keinerlei Symptomatik auf und bedürfen keiner Therapie. Differentialdiagnostisch sollte eine Lymphangitis dorsalis penis so- 1400 | Der Urologe 10 · 2013 Abb. 13 8 Lichen sclerosus et atrophicus: a Befall des Meatus urethrae mit Ausbildung einer Meatusstenose, b weißlich-sklerotischer Ring präputial, weiterer glänzender atrophischer Herd der Glans penis. (b mit freundl. Genehmigung von Diepgen et al. [12]) wie eine venerische Kranzfurchenlymphangitis (Syphilis), ausgeschlossen werden. Wie in . Abb. 6a zu erkennen ist, verläuft diese Form der Kranzfurchenlymphangitis eher entsprechend der Längsachse des Penis. Lichen sclerosus et atrophicus Lichen sclerosus, erstmalig im 19. Jahrhundert durch Hallopeau und Darier beschrieben, ist eine chronisch-entzündliche, progressive Dermatose, die sich durch weißlich-atrophische Herde mit ausgeprägter narbiger Schrumpfung (sekundäre Phimose, Frenulumsklerose, Meatusstenose) und nicht selten hämorrhagischen Blasen auszeichnet. In 64% der Fälle ist die Glans penis um den Meatus urethrae (. Abb. 13a), das Präputium in 55% und deutlich seltener der Penisschaft (20%) betroffen [5]. Charakteristisch ist ein weißlich-sklerotischer Ring präputial (. Abb. 13b). Klinisch stehen ein persistierender Juckreiz, Brennen, Dysurie, ein in Abhängigkeit der Meatusstenose abge- schwächter Harnstrahl mit obstruktiven Miktionsbeschwerden sowie eine Dyspareunie im Vordergrund; das Sexualleben ist oftmals erheblich eingeschränkt [3, 50]. Feingewebliche Untersuchungen des Präputiums von 115 Jungen zeigten, dass in 60% der erworbenen Phimosen (n=45), in 30% der angeborenen Phimosen (n=55), 15% der hypospaden Urethrae (n=13) und 15% chronisch rezidivierender Balanitiden (n=2) Lichen sclerosus histologisch nachweisbar ist [31]. Eine prospektive Studie um die Arbeitsgruppe Aynaud et al. [2] postulierte, dass Lichen sclerosus – früher auch häufig Balanitis xerotica obliterans (BXO) genannt – deutlich häufiger histologisch als klinisch diagnostiziert wird. Vorwiegend sind unbeschnittene Männer mittleren Alters betroffen, auch präpubertär ist ein Häufigkeitsgipfel beschrieben. Der Verlauf gestaltet sich meist chronisch. Maligne Hauterkrankungen wie das spinozelluläre Karzinom, verruköses Karzinom oder die Erythroplasie Queyrat sind in 6% mit Lichen sclerosus Leitthema Handgelenke) und Schleimhäuten, sollte in atypischen Fällen aber durch eine Biopsie bestätigt werden. Therapeutisch sind gute Erfolge mittels kurzfristiger Anwendung topischer kortikoidhaltiger Externa beschrieben [17]. Psoriasis Abb. 14 8 Lichen planus: a scharf begrenzte, abgeflachte, braunrötliche Papel, b Ausschnittsvergrößerung mit typischer Wickham-Streifung. (Mit freundl. Genehmigung von Diepgen et al. [12]) ten IgG-Autoantikörper gegen das extrazelluläre Matrixprotein-1 (ECM1) gefunden [14, 30, 35]. Therapeutisch ist bei Entwicklung einer sekundären Phimose eine radikale Zirkumzision, bei Meatusstenose eine Meatotomie indiziert [44, 45]. Nach histologischer Diagnosesicherung sollten bei fehlenden Faktoren für einen Krankheitsprogress und mögliches Rezidiv eine topische antientzündliche Nachbehandlung mit Kortikoiden und seit kurzem mit Tacrolimus (FK506) und engmaschige Kontrolluntersuchungen erfolgen [13, 25, 34]. Lichen planus Abb. 15 8 Psoriasis, gut abgrenzbare rötliche Hautveränderung skrotal und an der Glans penis. (Mit freundl. Genehmigung von Diepgen et al. [12]) vergesellschaftet, meist sind dann auch humane Papillomviren (Typ 16) konkomitierend [33, 38]. Die Ätiopathogenese bleibt unklar, a. e. zählt Lichen sclerosus zu den Autoimmunerkrankungen. Letztlich scheinen aber auch genetische Faktoren und zahlreiche infektiöse Krankheitserreger aggravierend zu sein [7]. In einer Studie der Arbeitsgruppe um Oyama wurden bei 75% der untersuchten Patien- 1402 | Der Urologe 10 · 2013 Lichen planus ist eine nicht kontagiöse, entzündliche, papulöse Hauterkrankung, die in bis zu 20–25% das männliche Genitale, hier vorwiegend die Glans penis, betrifft. Er zeichnet sich durch scharf begrenzte, abgeflachte, braunrötliche Papeln, die nach Abheilung durch Randprogression zirzinär oder anulär erscheinen, aus (. Abb. 14a, [19]). An der Oberfläche der Läsion ist die typische WickhamStreifung sichtbar (. Abb. 14b). Differentialdiagnostisch ist bei isoliertem Befall des Penis an eine Erythroplasie Queyrat, Balanitis plasmacellularis (Zoon), sekundäre Lues, Morbus Bowen sowie an eine Kontaktdermatitis zu denken. Die sichere Diagnosestellung gelingt häufig durch den Nachweis weiterer Läsionen an Prädilektionsstellen wie Beugestellen (z. B. Die Psoriasis zählt als chronische, schubweise verlaufende Hauterkrankung zu den erythematosquamösen Dermatosen, die nicht selten das äußere Genitale befällt. Das klinische Bild der Psoriasis ist variabel, die psoriatischen Hautveränderungen beginnen meist als kleine, gut abgrenzbare, rötliche Papeln, die von einer feinen Schuppung bedeckt werden und mitunter den Penis und das gesamte Skrotum betreffen können (. Abb. 15). Die Herde heilen zunächst zentral ab, es entstehen somit anuläre Areale [7, 19]. Klinisch wird die Psoriasis durch Juckreiz manifest. Diagnostisch ist das klinische Bild wegweisend (Kontrolle der typischen psoriatischen Prädilektionsstellen – Kopfhaut, Ellenbogen, Knie, Rima ani, Bauchnabel), eine Tinea, Lues und auch ein Arzneimittelexanthem sollten differentialdiagnostisch ausgeschlossen werden. Die Behandlung der Psoriasis umfasst neben lokaler Therapie mit Salicylsäure, Cignolin, Calcipotriol, Tazaroten und Glukokortikoiden auch eine systemische antipsoriatische Therapie [17]. Sonstige Hautveränderungen Skrotalzysten Epidermale Zysten treten skrotal gehäuft mit Neigung zur Kalzifikation auf. Sie sind 5–10 mm groß, prall vorgewölbt und gelbweißlich (. Abb. 16). Nach Infektion oder Ulzeration können sie schmerzhafte Narben hinterlassen. Therapie der Wahl bei großen, schmerzhaften Zysten ist die Exzision selbiger. Angiokeratome Das Skrotum ist eine typische Prädilektionsstelle für Gefäßmissbildungen, die durch multiple kleine, dunkelrote bis blauschwarze, vaskuläre Exkreszenzen gekennzeichnet sind und gehäuft im Alter Leitthema Abb. 17 9 Angiokeratome (Pfeile) Abb. 16 8 Skrotalzysten. (Mit freundl. Genehmigung von Diepgen et al. [12]) auftreten (. Abb. 17). Gleiche Veränderungen können auch die Glans penis betreffen. Patienten klagen gelegentlich über Schmerzen, Juckreiz oder Blutungen. Eine Therapie ist in der Regel nicht notwendig. Korrespondenzadresse Dr. J. Kranz Klinik für Urologie und Kinder- urologie, St. Antonius-Hospital, Akademisches Lehrkranken- haus der RWTH Aachen, Dechant-Deckers-Str. 8, 52249 Eschweiler jennifer.kranz@ sah-eschweiler.de Einhaltung ethischer Richtlinien Interessenkonflikt. J. Kranz, P. Anheuser, H. Lichtenstein und J. Steffens geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen oder Tieren. Literatur 1. 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An den Diskussionen zu dem vorliegenden Buch waren internationale Experten von öffentlichen Bildungs- und Gesundheitsforschungsinstituten, Universitätskliniken, Kostenträgern im Gesundheitswesen, der ärztlichen Selbstverwaltung und Journalisten beteiligt. Das Buch ist in vier Abschnitte gegliedert, die sich mit (1) mangelnder Gesundheitskompetenz von Patienten, (2) den Ursachen mangelnder Gesundheitskompetenz in der Forschung, (3) den Folgen mangelnder Gesundheitskompetenz für die Öffentlichkeit befassen und (4) eine Vision für ein Gesundheitswesen 2020 entwerfen. Beim Lesen des Buches wird die vielschichtige Verquickung der Themen nicht zuletzt daran deutlich, dass sich die Trennung, die die Gliederung erwarten lässt, nicht findet. Die Autoren des Buches beschreiben anhand von zahlreichen Beispielen, dass eine verbesserte Gesundheitsversorgung gut informierte Ärzte und Patienten erfordere, beides aber nicht erfüllt sei. Sie berichten, dass viele Ärzte und Patienten Informationen zu Diagnostik und Therapie von Erkrankungen in der Form, wie sie formuliert werden, nicht verstünden. Das führe u.a. dazu, dass Ärzte Risiko-Nutzen-Relationen von Mammographie-Screenings nicht korrekt darstellen könnten und Patienten sich nicht an der therapeutischen Entscheidungsfindung beteiligen (könnten). Nach Analyse der Autoren gebe es eine Kette von Fehlinformationen: Profitorientierte Forschung, die auf Rentabilität und nicht auf die Bedeutung für die Patienten ziele; unvollständige und intransparente Berichterstattung in Fachzeitschriften, die verfügbare Informationen verzerre und irreführende Informationen in Patientenbroschüren, die Vorteile von Behandlungen betonten und Nachteile verschwiegen. Sie zeigen, dass besonders die mangelnde Statistikkompetenz bei Ärzten, Journalisten und Patienten zur Herausbildung fehlinformierter Ärzte und unmündiger Patienten beitrage. Die Autoren fragen: Was erfordert eine transparente Forschungsförderung? Wie kann eine hohe Qualität von Medizinjournalismus erreicht werden? Welche Reformen benötigt die medizinische Ausbildung? Sie formulieren Handlungsempfehlungen und entwerfen damit eine Vision für ein „Gesundheitswesen 2020“. Den Autoren geht es nicht darum, Industriezweige, Politiker, Journalisten oder Ärzte anzuprangern, sondern Verbesserungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Wer sich für die Gründe mangelnder Gesundheitskompetenz interessiert und Ideen für Veränderungsmöglichkeiten sucht, wird in dem Buch überzeugende Analysen und viele Anregungen finden. A. Dehlfing, Bremen Der Urologe 10 · 2013 | 1405