Klimanderung vermindert CO2

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Klimaänderung vermindert CO2-Aufnahme des Ozeans
T. Crueger ([email protected]), E. Roeckner, T. Raddatz, R. Schnur
Max-Planck-Institut für Meteorologie, Hamburg
Die zunehmende Verbrennung fossiler Brennstoffe und Landnutzungsänderungen haben zu einer
Erhöhung der atmosphärischen CO2-Konzentration von 280 ppm im Jahre 1800 auf 369 ppm im
Jahr 2000 geführt (Houghton et al. 2001, Enting et al. 1994, Keeling and Whorf 2005). Diese
Erhöhung ist jedoch die Folge nur eines Teils der Emissionen, da lediglich etwa die Hälfte des
emittierten CO2 in der Atmosphäre verbleibt. Ungefähr ein Drittel wird vom Ozean aufgenommen
(Sarmiento und Gruber 2002, Houghton et al. 2001), was zu einer Dämpfung der globalen
Erwärmung geführt hat. Dem Ozean und seinem Kohlenstoffkreislauf kommt somit eine
fundamentale Rolle bei der zukünftigen Entwicklung der atmosphärischen CO2-Konzentration
bzw. des Klimas zu. In dieser Arbeit wird untersucht, inwieweit der globale Klimawandel zu
einer Veränderung der CO2-Aufnahme des Ozeans führt. Wir beschränken uns hier auf die
Prozesse an der Grenzfläche zwischen Atmosphäre und Ozean.
1. Modell und Experimente
Es werden zwei transiente Klimamodell-Simulationen des Erdsystemmodells vom Max-PlanckInstitut (MPI-ESM) untersucht, bestehend aus Modellen der Atmosphäre, des Ozeans mit
Biogeochemie und der Landoberfläche inklusive Vegetation. Das Atmosphärenmodell ECHAM5
(Roeckner et al. 2003) hat 31 vertikale Schichten und eine horizontale Auflösung von T63,
entsprechend einem horizontalen Gitterabstand von ca. 1,9°. ECHAM5 ist gekoppelt mit dem
Ozeanmodell MPI-OM (Marsland et al. 2003) mit einem horizontalen Gitterabstand von ca. 1,5°
und 40 vertikalen Schichten. Die Pole des gekrümmten Gitters von MPI-OM liegen in Grönland
und der Antarktis. Das Ozeanmodell enthält das Modul HAMOCC5.1 für die marine
Biogeochemie (Maier-Reimer et al. 2005). Dieses beschreibt den anorganischen
Kohlenstoffkreislauf als auch die Entwicklung von Phyto- und Zooplankton in der euphotischen
Schicht (0-100m) in Abhängigkeit von Temperatur und Strahlung und den Nährstoffen Nitrat,
Phosphat, Silikat und Eisen. Export von Detritus wird bestimmt aus dem Absterben von Phytound Zooplankton und Ausscheidungen. Der terrestrische Kohlenstoffkreislauf wird simuliert mit
JSBACH (Knorr 2000, Raddatz et al. 2007).
Zur Isolierung des Effekts der Klimaänderung auf die ozeanische CO2-Aufnahme werden zwei
Simulationen untersucht. Beide werden nur mit CO2-Emissionen angetrieben. Von 1860 bis 1999
werden entsprechend Marland et al. (2003) und Houghton (2003) insgesamt 418 Pg C emittiert,
danach wird das Szenario SRES A2 angenommen, demzufolge im 21. Jahrhundert insgesamt
1770 Pg C in die Atmosphäre entlassen werden. Der Unterschied zwischen beiden Simulationen
besteht nur darin, dass in der einen das gesamte atmosphärische CO2 als Treibhausgas wirkt und
so zu einer Klimaänderung führt (gekoppelte Simulation). Bei der anderen Simulation wird der
Treibhauseffekt der anthropogenen CO2-Emissionen und damit eine Klimaänderung unterdrückt,
indem die atmosphärische CO2-Konzentration im Strahlungscode konstant auf dem vorindustriellen Wert von 286 ppm gehalten wird (ungekoppelte Simulation). Die Differenz
zwischen beiden Simulationen repräsentiert somit den Einfluss der Klimaänderung auf den
Kohlenstoffkreislauf.
2. Änderungen der ozeanischen CO2-Aufnahme
Der CO2-Fluss in den Ozean erhöht sich bis zur Mitte des 21. Jahrhunderts in beiden
Simulationen nahezu gleich. Danach steigt die CO2-Aufnahme des Ozeans im gekoppelten Lauf
schwächer an als im ungekoppelten Lauf, so dass der Ozean am Ende des 21. Jahrhunderts im
gekoppelten Lauf 10% weniger CO2 aufnimmt als in der gekoppelten Simulation, die eine
jährliche Rate von ca. 5,5 Pg C aufweist. Hier liegt also eine positive Wechselwirkung vor, d.h.
die erhöhte CO2-Konzentration in der Atmosphäre führt zu Klimaänderungen, die die CO2 Aufnahme des Ozeans reduzieren und daher die atmosphärische CO2-Konzentration zusätzlich
erhöhen.
Abb. 1: Jährlicher CO2-Fluss von der Atmosphäre in den Ozean: Gekoppelte minus ungekoppelte
Simulation, gemittelt von 2070 bis 2099. Nur statistisch signifikante Werte über dem 95% Niveau
sind dargestellt. Negative Werte repräsentieren reduzierte CO2-Aufnahme (blau), positive erhöhte
CO2-Aufnahme des Ozeans im gekoppelten im Vergleich zum ungekoppelten Lauf (rot); (mol m-2
yr-1).
Regional ergibt sich als Folge der Klimaänderung ein ausgeprägtes Muster mit sowohl
zunehmender als auch abnehmender CO2-Aufnahme des Ozeans. Abb. 1 zeigt die Differenz des
jährlichen CO2-Flusses zwischen dem gekoppelten und ungekoppelten Lauf, gemittelt von 2070
bis 2099. Auffällig ist die geringere CO2-Aufnahme im Nord-Atlantik, in der Weddell-See und
im sub-pazifischen Südlichen Ozean (blau). Besonders in den Polar-Regionen wird in der
gekoppelten Simulation im Vergleich zur ungekoppelten jedoch auch zusätzlich CO2 vom Ozean
aufgenommen (rot). In den niedrigen Breiten dagegen wirkt sich die Klimaänderung weniger
stark auf den CO2-Fluss aus. Insgesamt trägt der Südliche Ozean (von 30° bis 60° S), der ca. 20%
der Ozeanfläche repräsentiert, mit 0,25 Pg C pro Jahr zur Hälfte des geringeren CO2-Flusses in
den Ozean durch die Klimaänderung bei. Bezogen auf die Flächeneinheit wird vom NordAtlantik (43° – 76° N) ein noch höherer Beitrag geleistet: Ein Drittel der Differenz (0.16 Pg C pro
Jahr) entfällt auf nur 5% der gesamten Ozeanfläche. Im mittleren Atlantik reduziert sich der CO2Fluss um 0.1 Pg C pro Jahr. Eine zusätzliche CO2-Aufnahme in den polaren Gebieten
kompensiert die Abnahme in den übrigen Gebieten um ca. 20% (Abb. 2).
Abb. 2: Jährlicher CO2-Fluss in den Ozean, gekoppelte minus ungekoppelte Simulation; global
(schwarz), Arktischer Ozean (nördlich von 76° N) und Antarktisches Gebiet (südlich von 60°S)
(blau), Suedlicher Ozean (35° S bis 60° S) (grau), Nord-Atlantik (43° N bis 76° N) (orange),
Mittlerer Atlantik (35° S bis 35° N) (grün); gleitendes Mittel über 11 Jahre (Pg C yr-1).
3. Änderungen der den CO2-Fluss bestimmenden Parameter
Der CO2-Fluss in den Ozean (FCO2) wird bestimmt durch drei Parameter an der Grenzfläche
zwischen Atmosphäre und Ozean:
FCO2 = S · Kw · ∆ PCO2
(1)
S stellt die Löslichkeit von CO2 im Wasser dar, Kw die Gastransfer-Geschwindigkeit und ∆ PCO2
= (PCO2(atm) - PCO2(oce)) die Differenz der Partialdrücke zwischen Atmosphäre und Ozean.
3.1. Löslichkeit
Die Löslichkeit (S) bestimmt, welcher Anteil des CO2 im Wasser gelöst wird. Da der CO2Austausch zwischen Ozean und Atmosphäre nur mit gasförmigem CO2 erfolgt, „sieht“ die
Atmosphäre nur diesen Teil des im Ozeans befindlichen CO2. S wird im Wesentlichen von der
Wasseroberflächen-Temperatur (SST) bestimmt: S erhöht sich bei sinkenden SST und
umgekehrt, und zwar umso mehr, je niedriger das SST-Niveau ist. Im Mittel erhöht sich die SST
um 2.2 K, was global zu einer Reduzierung der Löslichkeit führt (Abb. 3). Maximale SSTErhöhungen von bis zu 5 K werden simuliert im Nord-Pazifik und in der Grönland- und
Barentssee. Aufgrund des niedrigen SST-Niveaus sind dort auch die größten Reduktionen von S
zu finden. Im südlichen Ozean dagegen treten geringe SST-Erhöhungen auf, die aber wegen der
niedrigen Temperaturen zum Teil auch zur einer Verringerung der Löslichkeit durch die
Erwärmung führen. In den niedrigen Breiten führen SST-Erhöhungen von über 3 K aufgrund des
hohen SST-Niveaus nur zu einer geringen Abnahme der Löslichkeit.
Abb. 3: CO2-Löslichkeit: gekoppelte minus ungekoppelte Simulation, gemittelt von 2070-2099.
Nur statistisch signifikante Werte über dem 95% Niveau sind dargestellt (10-2 mol kg-1 atm-1).
3.2 Gastransfer-Geschwindigkeit
Die Gastransfer-Geschwindigkeit (Kw) ist linear abhängig vom Quadrat der Windgeschwindigkeit und vom Anteil der Meereis freien Wasserfläche. Die Klimaänderungen im gekoppelten
Lauf wirken sich daher auf Kw vor allem in den polaren Gebieten und dem Südlichen Ozean aus:
Die Meereis-Schmelze in der Arktis (45%) und um die Antarktis (36%) hat hier eine Erhöhung
von Kw zur Folge (Abb. 4). Daneben führt eine Intensivierung und südwärtige Verschiebung des
Wind-Gürtels im Südlichen Ozean zu einer Erhöhung von Kw zwischen 50° und 60° S sowie zu
einer leichten Reduzierung bei 40° S. Allein Kw betrachtet, führen diese Änderungen zu einer
Erhöhung des CO2-Flusses in den Ozean.
Abb. 4: wie Abb. 3 für Gastransfer Geschwindigkeit (10-9 mol m-2 s-1 ppm-1)
3.3. Partialdruck-Differenz
Die Partialdruck-Differenz ( ∆ PCO2 ) beeinflusst nicht nur den Betrag, sondern bestimmt auch
allein die Richtung des CO2-Flusses. ∆ PCO2 wird im wesentlichen bestimmt durch das räumliche
Muster von PCO2(oce), da der Partialdruck der Atmosphäre global in etwa homogen ist. Im Großen
und Ganzen nimmt ∆ PCO2 durch die Klimaänderung ab. Die stärkste Abnahme finden wir im
Arktischen Ozean, im Nord-Atlantik und in Teilen des Südlichen Ozeans, besonders in der
Weddell-See.
Abb. 5: wie Abb. 3 für Partialdruck-Differenz ( ∆ PCO2 = PCO2(atm) - PCO2(oce)) (ppm).
3.4. Globale Änderungen des CO2-Flusses durch S, Kw und ∆ PCO2 - Änderungen
Um die globalen Effekte der sich ändernden Löslichkeit, Gastransfer Geschwindigkeit und der
Partialdruck Differenz abzuschätzen, berechnen wir entsprechend den Gl. 2 bis 4 die Beiträge von
∆FS, ∆Fkw und ∆F∆PCO2:
∆Fs = ∆S ⋅ K w ⋅ ∆Pco 2
∆Fkw = ∆K w ⋅ S ⋅ ∆Pco 2
(2)
(3)
∆F∆PCO 2 = ∆(∆PCO 2 ) ⋅ K w ⋅ S (4)
Hierbei kennzeichnen „∆” die Differenz und „¯” das Mittel zwischen der gekoppelten und der
ungekoppelten Simulation. Die Gesamtänderung des CO2-Flusses in den Ozean (∆F) ist folglich:
∆F = ∆FS + ∆FKw + ∆FPCO2 (5)
Abb. 6: Jährliche Beiträge von ∆FS (grün), ∆Fkw (rot) und ∆F∆PCO2 (blau) (s. Text),
gekoppelte minus ungekoppelte Simulation; gleitendes Mittel über 11 Jahre (Pg C yr-1).
Abb. 6 zeigt, dass die Änderung von ∆ PCO2 den größten Effekt auf den CO2-Fluss hat, der sogar
mit über 1 Pg C pro Jahr die Gesamtänderung ∆F überschreitet. Die Löslichkeit liefert einen
weit geringeren Anteil von etwa 0.2 Pg C pro Jahr, führt aber auch zu einer Verminderung der
Kohlenstoffaufnahme des Ozeans in Folge der Klimaänderung. Dem steht ein deutlicher Zuwachs
an CO2-Fluss in den Ozean durch Erhöhung der Gastransfer-Geschwindigkeit gegenüber, der die
Effekte von ∆ PCO2 und S zum großen Teil kompensiert.
4. Schlussfolgerung
• Die Klimaänderung führt bis zum Ende des 21. Jahrhunderts zu einer Reduktion der
Kohlenstoffaufnahme des Ozeans um ca. 10% in der gekoppelten Simulation im
Vergleich zur ungekoppelten, mit konstantem Klima und damit zu einer weiteren
Erhöhung der atmosphärischen CO2-Konzentration.
• Der Einfluss der Klimaänderung auf den CO2-Fluss ist am stärksten in den hohen
Breiten. Sowohl im Nord-Atlantik als auch im Südlichen Ozean (außer im Bereich der
Antarktis) schwächt sich die Kohlenstoffaufnahme des Ozeans durch den Klimawandel
ab.
• Im Arktischen Meer und im Bereich der Antarktis führt die Eisschmelze zu einem
zusätzlichen CO2-Fluss in den Ozean und kompensiert somit teilweise den reduzierten
CO2-Fluss in den Ozean in der gekoppelten Simulation im Vergleich zur ungekoppelten
in anderen Bereichen.
• Änderungen der Partialdruck-Differenz zwischen Atmosphäre und Ozean haben den
entscheidenden Einfluss auf die Änderung des CO2-Flusses als Folge des Klimawandels.
Weitere Untersuchungen haben gezeigt, dass im Nord-Atlantik und im Südlichen Ozean
Änderungen der Partialdruck-Differenz im Zusammenhang mit einer Abnahme der
Mixed-Layer-Tiefe stehen. Diese wiederum gehen in der Weddel-See mit reduzierter
Tiefenkonvektion einher und im Nord-Atlantik mit einer Abschwächung der
meridionalen Overturning Zirkulation. Daher wird weniger Kohlenstoff in tiefe OzeanSchichten transportiert. Weitere Berechnungen zeigen, dass der Einfluss der
Klimaänderung auf die biologische Pumpe beschränkt bleibt auf Regionen, wo sich der
CO2-Fluss durch die Klimaänderung kaum ändert (Crueger et al. 2007). Hier müssen
weitere Untersuchungen zeigen, ob sich verschiedene Prozesse kompensieren.
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