Katheter oder Fistel? Katheter oder Fistel? – Neues aus der Literatur Prof. Dr. Claus Herdeis Universität Würzburg Institut für pharmazeutische Chemie Kontakt: TauroPharm GmbH Jägerstr. 5a 97297 Waldbüttelbrunn [email protected] www.taurolock.de Die Kosten für eine Infektionsperiode liegen im Bereich von 5600 € in Europa bis zu 17.600 $ in den U.S.A. 30 Spektrum der Dialyse & Apherese I 08/2014 Für die Hämodialyse (HD) ist ein dauerhafter Gefässzugang (VA) zum Blutkreislauf erforderlich. Das ideale Zugangssystem sollte eine lange Anwendungsdauer bei gleichzeitig minimalen Komplikationen bieten. Dies erfordert einen ausreichend starken Blutfluss, eine geringe Häufigkeit von katheterassozierten Infektionen, wenig Thrombenbildung sowie ein niedriges Mortalitätsrisiko durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Grundsätzlich stehen zwei Arten von Zugangssystemen zur Verfügung: die arteriovenöse Fistel (AVF) oder der zentralvenöse Katheter (CVC). Lange Zeit galt die AVF uneingeschränkt als der Goldstandard der Gefäßzugänge. In den letzten Jahren wurden jedoch zunehmend gegensätzliche Ansichten zur Wahl des angemessenen Zugangssystemen (AVF, CVC) in der Nierenersatztherapie geäußert. Detailliert werden die Nachteile einer AVF beschrieben in einem vorzüglichen – wenn auch etwas provokativen – Artikel1 von R. Amerling: “…die arteriovenöse Fistel: das geringere Übel“. Aufgrund der hohen Prävalenz der Grunderkrankung besteht bei Hämodialysepatienten jedoch eine größere Empfindlichkeit gegenüber den negativen Konsequenzen einer AVF, da die Hämodynamik der AVF für die Patienten schädlich sein kann. Die Ansichten von Amerling widersprechen dabei denen von Carlo Basile2: „Die arteriovenöse Fistel ist ein Geschenk Gottes“. Auch Bernard Branger3 kommt in seinem Artikel “Tunnelled internal jugular vein catheters with taurolidine lock: An acceptable challenge to arteriovenous fistula in 70 years old haemodialyzed patients: a prospective pilot study” zu dem Schluss, dass die AVF gerade bei älteren Patienten nicht mehr unbedingt als 1. Wahl anzusehen ist. Die Empfehlung einer AVF als Goldstandard ist vor allem darauf zurückzuführen, dass zentralvenöse Katheter (CVCs) in der Vergangenheit mit signifikanten Problemen zu kämpfen hatten, vor allem mit katheterassoziierten Infektionen unter Bildung eines Biofilms, aber auch mit intraluminaler Thrombenbildung (Flussproblemen). Katheterbedingte Blutstrominfektionen4 (CRBSIs, catheter related blood stream infections) bleiben auch weiterhin die schwerwiegendsten Komplikationen im Zusammenhang mit zentralvenösen Kathetern (CVCs) bei Anwendung im Rahmen einer LangzeitHämodialyse, parenteraler Ernährung HPN / TPN sowie Chemotherapie. Hohe Infektionsraten sind mit einer erhöhten Morbidität, höheren Mortalitäts- raten und zusätzlichen Kosten verbunden. Die Kosten für eine Infektionsperiode liegen im Bereich von 5.600 € in Europa bis zu 17.600 $ in den U.S.A. Das Mortalitätsrisiko einer katheterassoziierten Infektion begründet auch das für CVC-Patienten erhöhte Mortalitätsrisiko gegenüber AVF. Sollten diese Probleme jedoch gelöst werden, dann könnten Katheter sogar die bessere Lösung bieten. Die Durchgängigkeitsprobleme werden oft als Argument gegen die Katheter verwendet. Der Fairness und der Vollständigkeit halber müsste hier jedoch erwähnt werden, dass bei vielen Patienten erst ein Katheter implantiert wurde, nachdem eine AVF Durchgängigkeitsprobleme zeigte. Es ist somit nicht verwunderlich, wenn eine Kathetergruppe eine statistisch gesteigerte Flussproblematik zeigt, nachdem zuvor überdurchschnittlich viele gerinnungsproblematische Patienten in diese Kathetergruppe aufgenommen wurden. Aktuell zeigen heparingeblockte Katheter die beste Durchgängigkeit im Vergleich zu citratgeblockten Kathetern. Eine Kombination von Taurolidin-Citrat-Heparin (TauroLock™-Hep500) konnte in einer Studie mit 68 Patienten eine vergleichbare Durchgängigkeit wie Heparin 5000 IE/mL nachweisen.5, 6 Aus mehreren neueren Studien stammen ermutigende Ergebnisse zur Anwendung von antimikrobiell wirksamen Blocklösungen auf der Basis von Taurolidin-Citrat. Die bereits zitierte Arbeit von Bernard Branger3 berichtet von hohen Akzeptanzraten von CVC, wenn diese in Kombination mit antimikrobiellen Locklösungen verwendet werden und damit die Häufigkeit katheterassoziierter Infektion signifikant gesenkt wird. Auch B. Canaud7 schlägt die regelmäßige Anwendung von antiseptischen Blocklösungen wie TauroLockTM in Verbindung mit strengen Hygieneanforderungen vor. Auf diese Weise lässt sich eine Inzidenzrate von katheterbedingten Infektionen von 0,514 pro 6. Jah restag ung d er Indus trieau ss Stand tellung, EC C Nr. G 0 7 9. 6. - Se 1000 Kathetertagen erreichen, was durchaus vergleichbar mit der Häufigkeit von Infektionen bei AVF ist. Eine Kohortenstudie neuesten Datums mit sieben Dialyseeinheiten zur ambulanten Versorgung von Patienten hat ergeben, dass die Anwendung von Taurolidin-Citrat-Heparin (TauroLockTM-Hep500) anstelle von Heparin 5000 IE / mL als Katheterblocklösung mit einer statistisch signifikanten Reduktion (p=0,004) der Bakteriämieepisoden von 1,59 / 1000 Hämodialysetage auf 0,69 / 1000 Hämodialysetage (Staphylokokken-Infektionsraten) verbunden war.6 Interessanterweise erfolgte die Umstellung von Heparin 5000 IE / mL auf Taurolidin-Citrat-Heparin (TauroLock™-Hep500) bei allen lang liegenden Kathetern. Somit wäre zu diesem Zeitpunkt bei der Mehrzahl dieser Katheter zu erwarten gewesen, dass sich ein Biofilm im inneren Lumen gebildet hat, der die Grundlage zahlreicher katheterbedingter Blutstrominfekte darstellt. Dies belegt, dass Taurolidin-Citrat-Heparin als Blocklösung das innere Lumen von Kathetern auch bei Vorliegen eines Biofilms steril halten kann. Dies wurde auch in einer Publikation von Zwiech et al beschrieben, wonach TauroLock™-Hep500 Keime aus dem Katheterbiofilm bei Hämodialysepatienten beseitigt.8 Es wurde die Hypothese aufgestellt, dass das von Keimen besiedelte innere Lumen von Kathetern eine Entzündungsantwort hervorrufen könnte. Somit werden biofilmhaltige Katheter oder Ports als Quelle von „stillen Entzündungen“ angesehen. Mehrere Untersuchungen haben gezeigt, dass das Blut von Hämodialysepatienten auch ohne katheterbedingte Infekte signifikant höhere Konzentrationen an C-reaktivem Protein aufwiesen, was als Hinweis anzusehen ist, dass chronische Entzündungen, die auf den Biofilm zurückzuführen sind, der Grund für die höhere Mortalitätsrate dieser Personen sein könnte.9 Bekanntlich führt Taurolidin zu einer Suppression von Interleukin 1 (IL-1) und Tumornekrosefaktor (TNF) und wird in einigen Ländern als eine Begleittherapie bei verschiedenen Infektionen verwendet.10 F. Maduell et al konnten nun erstmals nachweisen, dass die Anwendung von TaurolidinCitrat-Heparin-Blocklösung in tunnelierten Kathetern das Entzündungsprofil von Hämodialysepatienten signifikant verbessert. Die Konzentration von high-sensitive C-reaktivem Protein (hs-CRP), Interleukin-6 (IL-6), IL-10 und Tumornekrosefaktor alpha (TNF-a) wurde im Serum bestimmt. Die Serumspiegel von hs-CRP und IL-6 zeigten eine mediane prozentuale Reduktion von 18,1 % bzw. 25,2 %. Die Anzahl der katheterbedingten Blutstrominfekte lag bei 1,08 / 1000 Hämodialysetage im Heparin-Arm und bei 0,04 / 1000 Hämodialysetage im Taurolidin-Citrat-Heparin-Arm (p=0,023). Fazit pte m be in erl r 2 0 14 i n B Artikel Online Die Anwendung von TauroLockTM-Hep500 zur Sterilhaltung des Katheterlumens führt zu einer signifikanten Reduktion der Inzidenzrate von CRBSI und verbessert das Entzündungsprofil bei Hämodialyepatienten mit tunnelierten Kathetern.11 Literatur / Quellenangaben: 1 R. Amerling, Nephrol Dial Transplant, 2012, 27: 3756-3757. 2 C. Basile, C. Lomonte, Nephrol Dial Transplant, 2012, 27: 3752-3756. 3 B. Branger et al Nephrol Ther, 2011, 7, 237-241. 4 J. A. Catton, B. M. Dobbins, P. Kite et al Crit Care Med. 2005; 33 (4): 787-791. 5 L. R. Solomon et al, Semin. Dial. 2012; 25: 233-238. 6 E. C. Murray et al QJM, 2014 im Druck. 7 B. Canaud et al, Blood Purif 2009; 28: 21-28. 8 Zwiech et al, Am J Ther 2013. 9 S. L. Goldstein et al, Kidney Int. 2009, 76: 1063-1069. M. Abdelkader, K. Al Saran et al, Ther. Apher. Dial. 2013, 17: 35-39. 10 I. Bedrosian et al, Cytokine, 1991, 3: 568-575. C. Braumann, C. A. Jacobi et al, World J Surg Oncol, 2009, 23; 7: 32. 11 F. Maduell, N. Fontesere et al, Antimicrob Agents Chemother. 2014, 58: 4180-4184. 4 CRBSI ist definiert durch den Differential-time-to-positivity (DTP)-Test. Bei diesem Verfahren handelt es sich um einen Vergleich der Entwicklung der Koloniebildung von Keimen von der Blutentnahme bis zur positiven Kultur sowohl in zentralen als auch peripheren Blutproben. CVC-Blutproben, die einen Positivbefund ≥ 2 Stunden früher als periphere Kulturen ergeben, definieren damit CRBSI mit einer Empfindlichkeit von 94 % und einer Spezifität von 91 %, sofern keine anderen Sepsisquellen vorhanden sind. 31