Lorena Röske (B. Sc.) Listeriose Wie gefährlich sind Listerien? Listeriose ist eine bakterielle Infektionskrankheit, die vorwiegend durch mit Listerien verunreinigte Lebensmittel übertragen wird. Treten Symptome auf, sind diese in der Regel sehr unspezifisch und ähneln einer Grippe. Bei bestimmten Risikogruppen kann die Erkrankung an Listeriose zu schweren gesundheitlichen Schäden führen oder sogar tödlich enden. Obwohl im Vergleich zu anderen lebensmittelbedingten Infektionskrankheiten, die Anzahl an gemeldeten Erkrankungen sehr gering ist, kommt der Listeriose aufgrund der schwerwiegenden Symptomatik eine besondere Bedeutung zu. Bakterien der Gattung Listeria (L.) sind grampositive, fakultativ anaerobe, nichtsporenbildende, bewegliche Stäbchen. Sie sind 1-2 µm lang und weisen einen Durchmesser von 0,4-0,5 µm auf. Unter den sieben Spezies ist Listeria monocytogenes die bedeutendste humanpathogene Art. Im Gegensatz dazu wurden die Spezies L. seeligeri und L. ivanovii nur bei wenigen menschlichen Erkrankungen nachgewiesen. L. innocua, L. welshimeri und L. murrayi gelten als apathogen. Für die Spezies L. rocourtiae gibt es bisher noch keinen Hinweis auf ihre pathogene Wirkung. mehrung der Erreger zu. Die Nutztiere nehmen diese über das Tierfutter auf und scheiden sie wieder über den Kot aus. Demnach können bei der Lebensmittelgewinnung wie zum Beispiel beim Melken oder Schlachten tierische Produkte kontaminiert werden. Zusätzlich werden auch pflanzliche Produkte beim Anbau oder der Ernte durch kontaminierte organische Düngung verunreinigt. Häufig sind hiervon Obst, Frischgemüse, Kräuter und Blattsalate betroffen. Werden die Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen in lebensmittelverarbeitenden Betrieben unzulänglich durchgeführt, ist eine Rekontamination der Lebensmittel nicht zu verhindern. Listerien werden über die Rohmaterialen eingetragen und überdauern über einen längeren Zeitraum in den Produktionsräumen. Es ist somit nicht auszuschließen, dass verzehrfertige Lebensmittel, die bereits erhitzt oder anderweitig haltbar gemacht wurden, erneut mit Listerien kontaminiert werden. Bei Neugeborenen, Älteren, Schwangeren oder immungeschwächten Personen mit chronischen Erkrankungen ist das Risiko einer manifesten Listeriose deutlich erhöht. Die manifeste Listeriose löst grippeähnliche Symptome wie Fieber, Muskelschmerzen, Erbrechen und Durchfall aus. Weiterhin kann es zu einer Sepsis oder zu einer eitrigen Meningitis kommen. In seltenen Fällen erkranken Patienten an einer Enzephalitis mit neurologischen Ausfällen, Ataxien oder Bewusstseinsstörungen. Im Ver- Listeria monocytogenes wird in 13 Serovare subdifferenziert. Die Serovare 4b, 1/2a und 1/2b werden vorwiegend mit der Erkrankung des Menschen assoziiert. Der Erreger L. monocytogenes ist psychotroph und wächst im Temperaturbereich von -0,4 °C bis +45 °C sowie bei einem pH-Wert von 4,5 bis 9,0. Erst bei einem sehr saurem pH-Wert von unter 3,5 werden Listerien abgetötet. Aufgrund der guten Anpassungsfähigkeit an ihre Umwelt sind Listerien weltweit verbreitet und kommen vorwiegend im Erdboden, in Abwässern, in Oberflächengewässern und somit auch auf Pflanzen vor. Besonders in der Landwirtschaft sind Listerien nachweisbar. Bereits ungenügend gesäuerte Silage (pH-Wert >5) lässt eine Ver- 4 2016 Abb. 1: Anzahl der gemeldeten Listeriose-Erkrankungen nach Altersgruppen differenziert am Beispiel des Jahres 2015 in Deutschland. Quelle: Robert Koch-Institut: SurvStat, https://survstat.rki.de/, Deutschland: 14.08.2016. 7 lauf der Erkrankung kann jedes Organ des Patienten befallen und lokale, eitrige Infektionen wie Arthritis oder Endokarditis ausgelöst werden. Nach Hautkontakt mit einem infiziertem Tier oder kontaminierten Erdboden können die Patienten an lokal auftretenden papulösen oder pustolösen Hautveränderungen erkranken. Eine Infektion von Schwangeren mit Listerien verläuft meistens symptomlos oder äußert sich in einer grippeähnlichen Symptomatik. Hingegen ist das Risiko, dass das ungeborene Kind infiziert zur Welt kommt, deutlich erhöht. Mögliche Folgen wären die Früh- oder Totgeburt des Kindes. Bei der neonatalen Listeriose wird zwischen der Früh- oder Spätinfektion unterschieden. Folgen der Frühinfektion, bei der sich die Symptome bereits nach der ersten Lebenswoche äußern, sind beispielsweise Sepsis, Atemnot oder Hautläsion des Kindes. Neugeborene, die an einer Spätinfektion erkranken und somit Symptome erst nach der zweiten Lebenswoche auftreten, werden meistens zu dem regulären Termin geboren, erkranken jedoch deutlich häufiger an Meningitis. Die Neugeborenen infizieren sich mit Listerien, während sie den Geburtskanal passieren. Die Inkubationszeit beläuft sich bei gastrointestinaler Symptomatik zwischen wenigen Stunden bis hin zu 6 Tagen. Hingegen ist bei einem septikämischen Verlauf eine Inkubationszeit von bis zu 12 Tagen, bei einer invasiven Manifestation bis 14 Tagen und bei einem schwangerschaftsassoziierten Fall zwischen 17 bis 67 Tagen zu erwarten. Infizierte Personen scheiden den Keim in der Regel für mehrere Monate über den Stuhl aus. Da Listerien vorwiegend in tierischen und nichterhitzten Lebensmitteln nachgewiesen werden, ist es von besonderer Bedeutung, dass diese bis zum Ablauf des angegebenen Mindesthaltbarkeitsdatums verzehrt werden. Vakuumverpackung und eine Lagerung bei Kühlschranktemperatur verhindert nicht das Wachstum, sondern fördern möglicherweise die selektive Vermehrung der Listerien. Um das Risiko einer Verunreinigung der Lebensmittel zu minimieren, sollten folgende Aspekte eingehalten werden: •Obst, Gemüse, Blattsalate und frische Kräuter sind vor dem Ver zehr gründlich zu reinigen. •Rohes Gemüse muss in der un tersten Schublade des Kühl schrankes gelagert werden, um eine Kontamination weiterer Le bensmittel durch herabfallenden Erdboden zu verhindern. •Bei gleichzeitiger Zubereitung von rohen und gegarten Lebensmit teln müssen stets unterschied liche Küchenutensilien verwen den werden. •Abfallbehälter müssen regelmä ßig geleert werden. •Es muss auf eine einwandfreie Personalhygiene geachtet wer den. •Arbeitsflächen müssen regelmä ßig gereinigt werden. •Lebensmittel müssen im Kühl schrank in geschlossenen Behäl- tern gelagert werden. •Bei der Lagerung von Lebens mitteln sind die Temperaturemp fehlungen auf den Verpackungen strengstens einzuhalten. •Gefrorene Lebensmittel sollten im Kühlschrank aufgetaut wer den, damit die Keimvermehrung auf der Lebensmitteloberfläche minimiert wird. •Bei Kühlschranklagerung muss eine einwandfreie Hygiene und ständige Luftzirkulation gewähr leistet sein. Es ist zu beachten, dass Listerien nur durch die Erhitzungsverfahren wie Kochen, Braten und Pasteurisieren abgetötet werden können, jedoch nicht durch das Tiefgefrieren. Insbesondere immungeschwächte Personen sollten deshalb auf den Verzehr folgender Lebensmittel verzichten: •rohe Lebensmittel tierischen Ur sprungs •Milchprodukte aus Rohmilch •weiche Käsesorten aus pasteuri sierter Milch mit Oberflächen schmiere Abb. 2: Anzahl der gemeldeten Erkrankungen im Jahr 2015 von ausgewählten Infektionskrankheiten in Deutschland. Quelle: Robert Koch-Institut: SurvStat, https://survstat.rki.de/, Deutschland: 14.08.2016. 8 •eingelegter Käse oder Frischkä se aus offenen Gefäßen •vorgegarte Garnelen und Krebs tiere •unverarbeitete Fischereierzeug nisse oder Schalentiere •geräucherte und gebeizte Fische reierzeugnisse •Fischereierzeugnisse in Halbkon serven •ungewaschenes Obst, Gemüse, Kräuter und Salate •klein geschnittene, verpackte Mischsalate und Krautsalat •Feinkostsalate und Antipasti aus offenen Gefäßen •belegte Brötchen •Pasteten Laut §7 Abs. 1 des Infektionsschutzgesetztes ist die Erkrankung an Listeriose namentlich zu melden, wenn ein direkter Nachweis von Listeria monocytogenes im Blut, Liquor oder anderen normalerweise sterilen Substraten sowie aus Ab- strichen von Neugeborenen nachweisbar ist. berkäse, Schinken oder auch vegetarische Produkte betroffen. Ob Lebensmittel mit Listerien kontaminiert sind, ist weder in einem veränderten Geruch oder Aussehen der Lebensmittel zu erkennen. Deshalb ist im Sinne des vorbeugenden Verbraucherschutzes bei einem Listerien-Nachweis, ein weitgreifender Produktrückruf der betroffenen Lebensmittel zwingend notwendig. Dass eine Kontamination der Lebensmittel mit dem hochpathogenen Keim im Produktionsprozess noch immer einen aktuellen Charakter hat, zeigte sich Ende Mai diesen Jahres bei der bayerischen Großmetzgerei Sieber. Nachdem gesundheitsgefährdende Listerien in einzelnen Produkten der Fleischwarenfirma gefunden wurden, startete diese eine Rückrufaktion für ihre gesamte Ware. Von der deutschlandweiten Rückrufaktion waren mehr als 200 Produkte wie Aufschnitt, Le- Ein weiterer Ausbruch wurde bereits im März des Jahres 2015 bekannt. Insgesamt erkrankten 152 Kinder und 11 Erwachsene aus vier Kindertagesstätten und einer Grundschule im Kreis Paderborn an hohem Fieber, Durchfall und Erbrechen. Auslöser der Brechdurchfallerkrankung war der Milchreis eines Caterers, der die Speise gekocht und ausgeliefert hatte. Listeria monocytogenes wurde daraufhin in Rückstellproben des Milchreises als auch in sechs Stuhlproben der erkrankten Kinder nachgewiesen. Außerdem wurde bereits im Jahr 2011 ein Fall in den USA bekannt. Mindestens 147 Personen erkrankten nach dem Verzehr der Cantaloupe-Melone an einer Infektion durch Listeria monocytogenes. Insgesamt starben 33 Menschen und eine Schwangere erlitt eine Fehlgeburt als Folge der Infektion. Die Behörden fanden die kontaminierten Melonen in verschiedenen Supermärkten und dem Haushalt eines Todesopfers. Außerdem wurden Listerien auf den Maschinen des Unternehmens identifiziert, die die Melonen verarbeiteten. Ursache war, dass die Listerien bereits beim Anbau auf die Schale der Frucht gelangten und beim Aufschneiden direkt auf das Fruchtfleisch der Frucht übertragen wurden. Da das Fruchtfleisch ein sehr säurearmes Medium ist, konnten sich hier bei warmen Temperaturen Listerien hervorragend vermehren. 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