Lineare Algebra I (WS 13/14)

Werbung
Lineare Algebra I (WS 13/14)
Alexander Lytchak
Nach einer Vorlage von Bernhard Hanke
06.12.2013
Alexander Lytchak
1 / 16
Wiederholung
Ist V ein Vektorraum, so heißen Abbildungen Tv : V → V der Form
w → w + v Translationen von V .
Alexander Lytchak
2 / 16
Wiederholung
I
Affine Teilräume sind Bilder von Untervektoräumen unter
Translationen, d.h. jeder affine Teilraum Z hat die Form
Tv (W ) = v + W , wobei W ein Untervektorraum ist.
I
Bilder von affinen Teilräumen Z unter Translationen sind wieder affine
Teilräume. Den Untervektorraum-Anteil W von Z kann man durch
T−z (Z ) berechnen für beliebiges z ∈ Z .
I
Mit Translationen kann man Fragen über affine Teilräume auf Fragen
über Untervektorräume zurückführen.
I
Eine Teilmenge von V ist affin genau dann, wenn es mit je zwei
verschiedenen Punkten die Gerade durch diese Punkte enthält.
Alexander Lytchak
3 / 16
Transversalität
Proposition
Es seien X und Y affine Teilräume in einem endlichdimensionalen
Vektorraum V . Dann ist entweder X ∩ Y leer oder wieder ein affiner
Teilraum von V . Im letzten Fall gilt die Ungleichung
dim(X ∩ Y ) ≥ dim(X ) + dim(Y ) − dim V
(1)
Definition
Falls in obiger Proposition X ∩ Y nicht leer ist und in (1) Gleichheit gilt,
so sagt man, dass sich X und Y transversal schneiden.
Proposition
Die affinen Teilräume X und Y schneiden sich genau dann transversal,
wenn für die zugehörigen Untervektorräume WX und WY die Gleichung
WX + WY = V gilt.
Alexander Lytchak
4 / 16
Transversalität
Proposition
Seien X , Y affine Teilräume des Vektorraums V , so dass X ∩ Y nicht leer
ist. Dann sind äquivalent:
I
Die Teilräume X und Y schneiden sich transversal;
I
Die affine Hülle von X und Y ist V ;
I
Für jedes v ∈ V ist der Schnitt Tv (X ) ∩ Y nicht leer.
Idee der Transversalität
Alexander Lytchak
5 / 16
Transversalität: Beispiele
Was bedeutet es im R2 , R3 , R4 und R5 , dass sich zwei Ebenen transversal
schneiden?
I
Jede Ebene im R2 ist der ganze R2 . Zwei solche Ebenen schneiden
sich und der Schnitt ist transversal.
I
Für zwei sich schneidende Ebenen X , Y im R3 gilt
dim(X ∩ Y ) ≥ 2 + 2 − 3 = 1. Die beiden Ebenen schneiden sich also
in einer Gerade oder stimmen überein. Der Schnitt ist genau dann
transversal, wenn sie sich in einer Geraden schneiden.
I
Für zwei sich schneidende Ebenen X , Y im R4 gilt
dim(X ∩ Y ) ≥ 2 + 2 − 4 = 0, und der Schnitt ist genau dann
transversal, wenn dim(X ∩ Y ) = 0. Die beiden Ebenen schneiden sich
also in einem Punkt, in einer Gerade oder in einer Ebene. Die Ebenen
schneiden sich transversal genau dann, wenn der Schnitt aus einem
Punkt besteht.
Alexander Lytchak
6 / 16
Transversalität: Beispiele
I
Für zwei sich schneidende Ebenen X , Y im R5 gilt
dim(X ∩ Y ) ≥ 2 + 2 − 5 = −1, und die Ebenen könnnen sich niemals
transversal schneiden.
I
Genauso, schneiden sich zwei Geraden im R3 niemals transversal. Sie
sind entweder gleich, oder schneiden sich in einem Punkt oder gar
nicht.
I
Für eine Ebene und eine Gerade im R3 gibt es folgende
Möglichkeiten. Entweder ist die Gerade in der Ebene enthalten, oder
sie schneiden sich nicht, oder sie schneiden sich transversal. In den
ersten beiden Fällen ist der zugehörige Untervektorraum der Geraden
enthalten im zugehörigen Untervektorraum der Ebene.
Alexander Lytchak
7 / 16
Affine Geometrie in der Ebene V = R2
I
Die affinen Teilräume sind Punkte, Geraden und die ganze Ebene.
I
Je zwei verschiedene Punkte liegen auf genau einer Geraden.
I
Zwei Geraden sind entweder gleich, oder parallel ohne Schnittpunkte
oder schneiden sich in genau einem Punkt.
I
Für jede Gerade γ und jeden Punkt p, geht durch diesen Punkt p
genau eine zu γ parallele Gerade. (Euklid’s Parallelenaxiom).
I
Man kann in diesem Modell geometrische Sätze studieren, die in
Termen der Punkte, Geraden und deren Schnitte formuliert sind. Dies
ist der Gegenstand der affinen Geometrie.
I
Ein erstes einfaches Beispiel: Seien γ1 , γ2 , γ3 Geraden in V . Die
Geraden γ1 und γ2 sind genau dann parallel, wenn γ2 und γ1 parallel
sind. Sind γ1 und γ2 sowie γ2 und γ3 parallel, so sind γ1 und γ3
parallel. D.h. auf der Menge G (V ) der Geraden in V ist die
Parallelität eine Äquivalenzrelation.
Alexander Lytchak
8 / 16
Strecken
I
Seien zwei verschiedene Punkte x1 , x2 ∈ V gegeben. Die Strecke
Zwischen x1 und x2 ist die Menge aller Punkte
{tx2 + (1 − t)x1 |0 ≤ t ≤ 1} = {x1 + t(x2 − x1 )|0 ≤ t ≤ 1}.
I
Für einen Punkt M auf der Strecke zwischen x1 und x2 ist t mit
z = tx2 + (1 − t)x1 eindeutig bestimmt. Wir sagen, dass M die
t
Strecke im Verhältnis 1−t
teilt. Die Mitte der Strecke ist der Punkt
1
1
2 x1 + 2 x2 .
Alexander Lytchak
9 / 16
I
Wir beweisen nun den klassischen Satz, dass sich drei
Seitenhalbierende eines beliebigen Dreiecks in einem Punkt schneiden,
und dass dieser Punkt jede Seitenhalbierende im Verhältnis 2 : 1 teilt.
I
Zunächst wiederholen wir die Begriffe. Ein Dreieck besteht aus drei
affin unabhängigen Punkten und den drei Strecken zwischen ihnen.
Die Punkte heißen Ecken des Dreiecks. Die Strecken zwischen den
Ecken heißen Seiten des Dreiecks. Die einer Ecke gegenüberliegende
Seite ist die Seite zwischen den beiden anderen Ecken des Dreiecks.
Eine Seitenhalbierende ist die Strecke zwischen einer Ecke und der
Mitte der gegenüberliegenden Seite.
I
Alexander Lytchak
10 / 16
Affine Abbildungen
Wir holen zum Beweis weit aus.
I
Eine Abbildung F : V → V heißt affin, wenn es einen Vektor w ∈ V
und eine lineare Abbildung f : V → V gibt, so dass F (v ) = f (v ) + w
für alle v ∈ V gilt.
I
Eine affine Abbildung F ist Komposition Tw ◦ f einer linearen
Abbildung f : V → V und einer Translation Tw : V → V .
I
Die Kompositon von affinen Abbildungen ist affin.
I
Eine affine Abbildung ist bijektiv genau dann, wenn die zugehörige
lineare Abbildung ein linearer Isomorphismus ist. In diesem Fall ist die
Umkehrung F −1 auch eine affine Abbildung.
I
Eine affine bijektive Abbildung heißt eine Affinität.
Alexander Lytchak
11 / 16
Affinitäten
Alexander Lytchak
12 / 16
I
Seien x0 , x1 , x2 ∈ V affin unabhängig. Seien y0 , y1 , y2 ∈ V beliebig.
Dann gibt es genau eine affine Abbildung F : V → V mit F (xi ) = yi
für i = 0, 1, 2. Die Abbildung F ist eine Affinität genau dann, wenn
y0 , y1 , y2 affin unabhängig sind.
I
Eine affine Abbildung schickt Geraden auf Geraden und Strecken auf
Strecken. Das Teilungsverhältnis bleibt ebenfalls erhalten.
Alexander Lytchak
13 / 16
Beweise
I
Wir wissen, dass jedes Tripel affin unabhängiger Punkte auf jedes
andere solche Tripel durch eine Affinität abgebildet werden kann.
I
Dabei werden entsprechende Seiten, Seitenmitten und
Seitenhalbierende aufeindander abgebildet. Auch die
Teilungsverhältnisse bleiben erhalten.
I
Hat man also für ein Dreieck die Aussage des Satzes bewiesen, so gilt
sie für jedes andere Dreieck.
I
Man kann nun die Aussage (leicht) im gleichseitigen Dreieck
überprüfen und hat dann den Satz für alle Dreiecke bewiesen.
Alexander Lytchak
14 / 16
I
Die bloße Existenz des gemeinsamen Schnittpunktes S (ohne Aussage
über Teilungsverhältnisse) kann man noch eleganter beweisen.
I
Zunächst schauen wir uns den Fall des gleichseitigen Dreiecks an, um
die richtige Idee zu entwickeln.
I
Aus Gründen der Symmetrie, kann der Schnittpunkt von (C , Mc ))
und (B, Mb ) weder links noch rechts von (A, Ma ) liegen, da das
Dreieck (A, Ma ) als Symmetrieachse hat. Folglich liegt der Schnitt auf
(A, Ma ).
Alexander Lytchak
15 / 16
I
In der affinen Geometrie hat aber jedes Dreieck jede Seitenhalbierende
als eine Symmetrieachse! Das ist die Affinität, die eine Ecke festhält
und die beiden anderen vertauscht. Damit kann die obige Idee auch
auf ein nicht gleichseitiges Dreieck übertragen werden.
Alexander Lytchak
16 / 16
Herunterladen