AK ADEMIE für ärztliche Fortbildung AKADEMIE-INFO Ausgabe 1/2008 Themen dieser Beilage Pertussis-PCR: sensitiv, schnell — und erstattet Pertussis-PCR: sensitiv, schnell — und erstattet Lipid-Elektrophorese — wann soll man sie durchführen, und was nützt sie? Veranstaltungen der synlab Akademie Der Keuchhusten ist ein lange bekanntes eigenständiges Krankheitsbild. Bordetella pertussis ist der hauptsächliche Erreger des Keuchhustens. Infektionen mit Bordetella parapertussis können ebenfalls zu einem keuchhustenähnlichen Krankheitsbild führen, das aber meist leichter und kürzer als bei einer Erkrankung durch Bordetella pertussis verläuft. Bordetella pertussis bildet als kleines, kokkoides gram-negatives Stäbchen eine Vielzahl von Toxinen und Virulenzfaktoren wie z.B. Pertussis-Toxin (PT), filamentöses Hämagglutinin (FHA) oder Trachea-Zytotoxin. Die Vermehrung der Bordetellen erfolgt auf der Atemwegsschleimhaut und verursacht dort eine lokale Zerstörung der Mucosa. Eine Reihe von Toxinen verschlechtert zusätzlich lokal die Abwehrkräfte und verursacht Gewebeschäden. Die epidemiologische Situation in den alten Bundesländern hat sich aufgrund der unterschiedlichen Empfehlungen anders entwickelt als in den neuen Bundesländern. Da die Pertussis-Impfung hier zwischen 1974 und 1991 nur für Risikokinder bis zum vollendeten zweiten Lebensjahr empfohlen war, kam es zu einem Anstieg der Pertussis-Inzidenz von schätzungsweise bis zu 180 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner jährlich. Pertussis ist in der Regel eine Erkrankung über mehrere Wochen bis Monate. Die typische Erstinfektion bei Pertussis wird in drei Stadien eingeteilt: #Stadium catarrhale (Dauer 1–2 Wochen): Es ist durch grippeähnliche Symptome wie Schnupfen, leichten Husten, Schwäche und kein oder nur mäßiges Fieber gekennzeichnet. #Stadium convulsivum (Dauer 4–6 Wochen): In diesem Stadium kommt es zu anfallsweise auftretenden Hustenstößen (Stakkatohusten), gefolgt von inspiratorischem Ziehen. Die Hustenattacken gehen häufig mit Hervorwürgen von zähem Schleim und anschließendem Erbrechen einher. Fieber deutet in der Regel auf eine bakterielle Sekundärinfektion hin. #Stadium decrementi (Dauer 6–10 Wochen): Es kommt zum allmählichen Abklingen der Hustenanfälle. ➤ Eltern freuen sich, wenn der Nachwuchs so ruhig schläft. Die STIKO empfiehlt eine Pertussis-Impfung. Komplikationen können insbesondere im ersten Lebensjahr auftreten. Die häufigsten Komplikationen sind Pneumonien (15–20% der stationär behandelten Pertussis-Patienten) und Otitis media durch Sekundärinfektionen mit Haemophilus influenzae oder Pneumokokken, seltener mit Streptococcus pyogenes oder Staphylococcus aureus. Als sehr seltene neurologische Komplikationen werden cerebrale Krampfanfälle und die hypoxische Enzephalopathie beschrieben. Aus bislang nicht völlig geklärten Gründen besteht für Pertussis kein oder nur ein geringer Nestschutz. Folglich sind Neugeborene und junge Säuglinge besonders gefährdet; sie haben auch das höchste Risiko schwerwiegende Komplikationen zu erleiden. Todesfälle als Folge einer Apnoe sind beschrieben. Frühdiagnostik entscheidet über den Therapieerfolg Bei einer »klassischen« Keuchhusten-Symptomatik wird die Diagnose häufig durch den klinischen Befund gestellt. Eine Indikation für eine weiterführende Diagnostik besteht bei längerem Husten ohne typische Hustenanfälle bei ungeimpften Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen aber auch bei Geimpften. Die Labordiagnostik ist abhängig vom Krankheitsstadium. Der kulturelle Nachweis von B. pertussis und B. parapertussis ist von untergeordneter Bedeutung. Die Sensitivität liegt bei Jugendlichen und Erwachsenen unter 5%. Lediglich bei ungeimpften Säuglingen in einem sehr frühen Krankheitsstadium erreicht die Sensitivität der Kultur 70%. Die Anzüchtung von Bordetella pertussis dauert mindestens drei Tage, die von Bordetella parapertussis mindestens zwei Tage. Die Serodiagnostik ist für die Frühdiagnostik ungeeignet, da spezifische Antikörper im Serum frühestens beim Übergang ins Stadium convulsivum nachweisbar sind. Die Serologie hat Ihren Stellenwert bei schon länger bestehender Symptomatik. ELISA mit gereinigten Antigenen (PT, FHA) ermöglichen den Nachweis von IgG-, IgM und IgA-Antikörpern. Die Verdachtsdiagnose sollte möglichst immer durch einen Titeranstieg zwischen Akutserum und Konvaleszenzserum (2–4 Wochen Abstand) gesichert werden. Die PCR: schnell, sensitiv und neuerdings erstattet Empfohlen ist die PCR in frühen Stadien der Infektion, Material hierfür sind tiefe Nasopharyngealabstrichen und nasopharyngealen Sekrete. Im Wesentlichen sprechen drei Gründe für die PCR: #Die PCR ist schnell und sehr sensitiv, bei Geimpften, Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen #Sie ist von größtem Wert in der Frühdiagnostik, weil nur der frühe Therapiebeginn den Krankheitsverlauf beeinflusst #Sie ist erstattungsfähig im neuen EBM (voraussichtliche Ziffer: 32829; ob Änderung zum 1.1. oder 1.4.2008 erfolgt, war bei Redaktionsschluss nicht bekannt. bitte fragen Sie Ihr Labor) Der Einsatz von Antibiotika ist nur sinnvoll, solange der Patient Bordetellen ausscheidet (Ende der Inkubationszeit, Stadium catarrhale, bis zu 3 Wochen nach Beginn des Stadium convulsivum). Langjährige Erfahrungen bestehen vor allem mit Erythromycin. Andere Makrolide wie Azithromycin, Clarithromycin und Roxithromycin sind jedoch ebenso wirksam und wegen ihrer besseren Verträglichkeit und Compliance heute Mittel der Wahl. Als Alternative zu den Makroliden kann Cotrimoxazol verwendet werden. Oral-Penizilline und Cephalosporine sind nicht gegen B.pertussis wirksam. Zur Prophylaxe stehen in Deutschland azelluläre Impfstoffe in Kombination mit anderen Antigenen zur Verfügung. Seit dem Jahr 2004 empfiehlt die STIKO eine Impfung ausdrücklich auch für Personen im häuslichen Umfeld von Säuglingen, die über keinen adäquaten Immunschutz gegen Pertussis verfügen (Kokonstrategie). Zudem sollte Personal in Einrichtungen der Pädiatrie, der Schwangerenbetreuung und der Geburtshilfe, sowie in Vorschuleinrichtungen und Kinderheimen über einen adäquaten Impfschutz gegen Pertussis verfügen. Eine Empfehlung zur generellen Impfung von Erwachsenen ist damit jedoch nicht verbunden. Im Zusammenhang mit erkannten Pertussis-Häufungen kann auch bei vollständig geimpften Kindern und Jugendlichen mit engem Kontakt zu Erkrankten in Haushalt oder Gemeinschaftseinrichtungen eine Impfung erwogen werden, wenn die letzte Impfung länger als 5 Jahre zurückliegt. Speziell vor Geburt eines Kindes bzw. für Frauen mit Kinderwunsch sollte überprüft werden, ob ein adäquater Immunschutz gegen Pertussis für enge Haushaltskontaktpersonen und Betreuer des Neugeborenen besteht (Impfung oder mikrobiologisch bestätigte Erkrankung innerhalb der vergangenen 10 Jahre). Dieser sollte ggf. mit einem Kombinationsimpfstoff (TdaP) unter Berücksichtigung der Indikation der anderen im Impfstoff enthaltenen Antigene aktualisiert werden. ■ Kontakt Oliver Wankmüller · synlab Heidelberg Email: [email protected] Telefon 0 62 21/79 30 Literatur beim Verfasser ! Pertussis-PCR: sensitiv, schnell — und erstattet