Animal Health Fütterung von Exoten PD Dr. Petra Kölle > Medizinische Kleintierklinik, Ludwig-Maximilians-Universität München Halter von Heimtieren wie exotische Kleinsäuger, Reptilien und Zierfischen sollten auch genaue Kenntnisse über die speziellen Anforderungen dieser Tiere an die Fütterung besitzen. Fütterungsfehler sind bei diesen Tieren weit verbreitet und begünstigen oder verursachen Erkrankungen. Allerdings sind bei den meisten exotischen Haustieren im Gegensatz zu Nutztieren und Hund/Katze keine Bedarfswerte bekannt. Insofern muss der Halter versuchen, sich am natürlichen Futterspektrum zu orientieren. Nager Neben den Farbmäusen und –ratten werden vermehrt exotische Spezies wie Streifengrasmäuse, Afrikanische Knirpsmäuse, Abb. 1: Fütterung einer Zwergmaus 096-246_Innenteil-AnimalHealth_cs4.indd 22 Stachelmäuse etc. gehalten. Die meisten dieser Arten sind granivor (körnerfressend). Trotzdem nehmen viele dieser Nager auch gerne tierisches Protein in Form von Insekten oder deren Larven zu sich. Prinzipiell sind Pellets aus der Versuchstierhaltung als Alleinfutter für Mäuse gut geeignet und bezüglich der Nährstoffe wie Mineralstoffen und Vitaminen bedarfsdeckend. Die meisten Halter bevorzugen jedoch handelsübliche „bunte“ Mischungen von Getreide, Sämereien, Nüssen und getrocknetem Obst und Gemüse. Diese enthalten in vielen Fällen nicht unbedingt alle Nährstoffe in ausreichender Menge. Ferner sind diese Futtermischungen oft sehr energiereich und können somit zur Verfettung führen. Insbesondere wenn ein solches Futter zur freien Aufnahme zur Verfügung steht, selektieren die Tiere meist nur die für sie schmackhaften Bestandteile, wie z.B. fettreiche Nüsse heraus, was das Problem noch verstärkt. Daher sollten diese Futtermischungen stets rationiert angeboten werden und zusätzlich noch energieärmere Futtermittel wie Heu, Obst, Gemüse und Wildkräuter verfüttert werden. Heu wird zudem auch gerne zum Nestbau verwendet. Das benötigte Protein kann in Form von Mehlwürmern oder auch Hundetrockenfutter verabreicht werden. Ein Zusatz eines Vitamin-Mineralstoffgemisches ist empfehlenswert, falls bei handelsüblichen Mischungen kein solcher Zusatz vorhanden ist. Sugar Glider Diese Gleitbeutler erfreuen sich aufgrund ihres putzigen Aussehens zunehmender Beliebtheit, stellen jedoch hohe Anforderungen an die Fütterung. Aufgrund des hohen Bedarfs an Nährstoffen wie Kalzium und Vitaminen kann es bei suboptimaler Fütterung schnell zu Erkrankungen z.B. des Knochenskeletts kommen. Da Sugar Glider Allesfresser sind, ist eine Verfütterung lebender Insekten erforderlich, nicht zuletzt auch, damit sie ihren Jagdtrieb ausleben können. Für erwachsene, nicht züchtende Tiere sollte die Zufuhr an tierischem Protein ca. 40% der Ration betragen, bei Tieren, die zur Zucht eingesetzt werden, mindestens 50%. Das Protein kann in Form von Heuschrecken, Grillen, Mehlwürmern, Zophobas u.a. Insekten und deren Larvenstadien gegeben werden. Gelegentlich kann auch gekochtes Ei oder Katzentrockenfutter gereicht werden. Als pflanzliche Nahrung bevorzugen Sugar Glider Äpfel, Melonen, verschiedene Beerensorten, Wein- 04.01.12 14:59 logo_vetpropet.indd 1 trauben und Pfirsiche. Möhren und andere Gemüsesorten können ebenfalls angeboten werden, wobei die individuellen Vorlieben der Tiere stark unterschiedlich sein können und auch saisonal variieren können, so dass immer eine Auswahl an Obst und Gemüse angeboten werden sollte. Sowohl Insekten als auch Pflanzen enthalten reichlich Phosphor, aber kaum Kalzium. Damit die Ration ein günstiges Kalzium: Phosphor-Verhältnis aufweist (ideal ist 1,3 – 1,5), muss Kalzium supplementiert werden. Futtertiere sollten vor Verfütterung gut gefüttert werden, damit sie reichlich Nährstoffe enthalten. Sowohl Insekten als auch Obst und Gemüse sollten täglich mit einem Vitamin-Mineralstoffgemisch, welches auch Kalzium in nennenswerter Menge (> 15%) enthält, bestäubt werden. Allerdings sollten keine Vitaminpräparate ins Trinkwasser gegeben werden, damit die Tiere nicht die Wasseraufnahme verweigern. Afrikanischer Weißbauchigel Während in den USA Afrikanische Weißbauchigel bereits seit über 10 Jahren in vielen herausgezüchteten Farbvarianten als Haustiere etabliert sind, sind sie hierzulande noch nicht so weit verbreitet. Auch bei diesen Tieren ist die Fütterung deutlich aufwendiger als bei Meerschweinchen und Co. Es gibt zwar handelsübliche Igelfutter, die jedoch als Alleinfutter in vielen Fällen nicht geeignet sind. In ihrem natürlichen Habitat ernähren sich diese Tiere von einer Vielzahl verschiedener Insekten und ihrer Larven, Schnecken, Würmern, kleinen Wirbeltieren und Früchten. Die Ration sollte relativ viel Protein enthalten (30 – 50% der Trockensubstanz) und wenig Fett (unter 15%), da die Weißbauchigel in Menschenhand stark zur Verfettung neigen. Das Kalzium-Phosphor-Verhältnis sollte 1,2 bis 1,5 betragen. Als Futterbasis kann handelsübliches fettarmes Katzenfutter (Nass- und Trockenfutter) dienen, welches mit kommerziellem Igelfutter, Insekten wie Mehlwürmern und Zophobas, Regenwürmern, sowie Obst (Äpfel, Bananen, verschiedene Beeren) ergänzt wird. Auch zu dieser Ration sollte ein kalziumhaltiges VitaminMineralstoffgemisch gegeben werden, da Insekten und Obst kalziumarm und phos- 096-246_Innenteil-AnimalHealth_cs4.indd 23 04.05.11 13:10 (insektivore) Spezies kleine Mengen pflanzlicher Nahrung, wie z.B. Nektar oder Blüten, auf, wie es z.B. bei den Taggeckos bekannt ist. Kommerzielles Fertigfutter ist für einige häufig gehaltene Arten erhältlich, kann aber in den meisten Fällen nicht als Alleinfutter gegeben werden, da es nicht ausgewogen ist. Zudem fehlt in vielen Fällen die Akzeptanz. Abb. 2: Königsnatter bei der Fütterung phorreich sind. Auf keinen Fall sollten Milch oder Milchprodukte gegeben werden, da eine Milchzuckerunverträglichkeit (Laktoseintoleranz) besteht und eine Verabreichung von Milch zu Durchfall führen kann. Reptilien Unter den mehr als 7.000 Reptilienarten finden sich bezüglich der Ernährungstypen sowohl fleischfressende (karnivore), als auch pflanzenfressende (herbivore) und allesfressende (omnivore) Spezies. Zahlreiche Arten weisen ein sehr weites Futterspektrum auf, das auch noch in Abhängigkeit vom Alter, der Umgebungstemperatur und der Jahreszeit schwanken kann. Es gibt aber auch extreme Futterspezialisten, wie z.B. die Krötenechsen aus USA, die ausschließlich auf Ameisen und Termiten spezialisiert sind. Die Verdauungsprozesse sind bei Reptilien als wechselwarme Tiere stark temperaturabhängig. Der Erhaltungsbedarf an Energie liegt bei Reptilien im Allgemeinen deutlich niedriger als bei warmblütigen Tieren. Die Beute karnivorer Reptilien wie Schlangen, verschiedener Echsen sowie einiger Wasser- und Sumpfschildkröten besteht unter natürlichen Bedingungen aus (Klein-)säugern und/oder Vögeln, anderen Reptilien, Amphibien, Fischen, Insekten, Schnecken, Würmern und/oder Eiern. Das Futterspektrum herbivorer Spezies umfasst in der Regel verschiedene Wildkräuter, evtl. auch Laub und Gräser, Blüten und Früchte. Zahlreiche an sich herbivore Spezies nehmen – falls erreichbar – gerne auch tierische Nahrung auf. Ebenso nehmen manchmal auch karnivore bzw. insektenfressende Fütterungsfehler sind bei Schlangen, die in der Regel mit ganzen Beutetieren gefüttert werden, praktisch kaum zu diagnostizieren. Eine Ausnahme stellen fischfressende (piscivore) Nattern wie Strumpfbandnattern dar, die bei ausschließlicher Verfütterung von totem Fisch oder Fischstückchen infolge des Thiaminasegehaltes dieses Futtermittels zentralnervöse Störungen entwickeln. Daher sollte bei Verfütterung von Fischfleisch immer ein Vitamin-B-Komplex oder besser gleich ein Multivitamingemisch ohne Vitamin A (induziert frequente Häutungen) supplementiert werden. Hingegen sind ernährungsbedingte Erkrankungen bei Echsen und Schildkröten leider sehr häufig festzustellen. Unter den ernährungsbedingten Erkrankungen ist die MBD (Metabolic Bone Disease) sicher die häufigste, bedingt durch einen Mangel an Vitamin D, Kalzium und ein nicht korrektes KalziumPhosphor-Verhältnis (optimal ca. 1,3 bei Landschildkröten sogar 2:1). Herbivore Reptilien erhalten insbesondere Wiesenkräuter (wie z.B. Löwenzahn, Wegerich, Milchdistel, u.v.m.), daneben auch Gemüse, Salat (bevorzugt Romana-, Batavia-, Endiviensalat u.ä.), wenig (!) Obst und Blüten. Kopfsalat und Eissalat sollte vermieden werden, da diese Salatsorten nur geringe Mengen an Rohfaser enthalten und ein ungünstiges Kalzium-Phosphor-Verhältnis aufweisen. Obst sollte nur ausnahmsweise und in kleinen Mengen verfüttert werden, da der enthaltene Fruchtzucker zu Verdauungsstörungen wie Durchfall führen kann. Reptilien, die aus eher trockenen Gebieten stammen, wie z.B. die europäischen Landschildkröten, sollte stets auch Heu angeboten werden, da dieses reich an Rohfaser und Kalzium ist. Die Fütterung erfolgt täglich. Verwelktes Futter muss unverzüglich entfernt werden. In der Regel sind herbivore Reptilien tagaktiv, daher sollte die Füt- 04.01.12 14:59 Animal Health terung am Morgen erfolgen. Wichtig ist bei herbivoren Reptilien eine Kalziumsupplementierung, z.B. in Form von Sepiaschalen, die stets zur Verfügung stehen sollten. Auf keinen Fall sollte bei herbivoren Reptilienarten, wie z.B. Europäischen Landschildkröten oder Grünen Leguanen proteinreiches Futter wie Hunde- oder Katzenfutter verfüttert werden, da dieses aufgrund der übermäßig produzierten Harnsäure Gicht verursacht. Der Verdauungstrakt ist bei diesen Tieren ähnlich wie bei Pferden gestaltet und auf die Zufuhr von rohfaserreicher und protein- und fettarmer Nahrung angewiesen. Gerade wachsende Schildkröten weisen einen enormen Kalziumbedarf auf, da der Panzer, der ca. 30% des Körpergewichtes ausmacht, überwiegend aus Knochen besteht und beim Wachstum zur Mineralisierung erhebliche Mengen Kalzium benötigt. Auch Eier legende Schildkrötenweibchen benötigen eine zusätzliche Kalziumzufuhr, da in die Eierschalen erhebliche Mengen Kalzium eingelagert werden. Eine Vitamin D-Zufuhr kann durchaus sinnvoll sein, ersetzt aber auf keinen Fall die Zufuhr von UV-Licht, die bei tagaktiven Reptilien unabdingbar ist. Auf keinen Fall darf bei Landschildkröten zusätzlich Vitamin A verabreicht werden, da diese mit einer tödlich verlaufenden Hautentzündung darauf reagieren können. Gesunde Landschildkröten nehmen mit Futterpflanzen genügend Karotinoide auf, um daraus ausreichend Vitamin A selbst herzustellen. Omnivore Reptilien Zu den omnivoren Reptilien zählen vor allem Wasser- und Sumpfschildkröten und viele Echsen wie z B. die beliebten Bartagamen. Wasser- und Sumpfschildkröten erhalten je nach Spezies einen pflanzlichen Anteil (s.o.) inklusive Wasserpflanzen bei aquatilen Spezies, dazu Bachflohkrebse, Trockenfutter, Regenwürmer, Schnecken, Babymäuse, „Schildkrötenpudding“, Fisch (ganz o. Stücke) und Insekten. Die Fütterung adulter Wasserschildkröten erfolgt bis 3 x pro Woche. Omnivoren Echsen können neben dem pflanzlichen Anteil auch Insekten und Babymäuse gefüttert werden. Die Futtertiere sollen einen vollen MagenDarm-Trakt aufweisen („gut loaded“), da- 096-246_Innenteil-AnimalHealth_cs4.indd 24 Zierfische Abb. 3: Himmelblauer Zwerggecko, schleckend mit sie möglichst viel Nährstoffe enthalten. Bei omnivoren Reptilien ist ebenfalls die Zufuhr eines Vitamin-Mineralstoffgemisches erforderlich, um Mangelzustände zu vermeiden und das Kalzium-PhosphorVerhältnis auf ca. 1,2 – 1,5 einzustellen. Karnivore Reptilien Zu den karnivoren Reptilien zählen alle Schlangen, einige Echsenarten und einige Wasserschildikrötenarten. Schlangen und Großechsen erhalten je nach Größe in der Regel Nager (je nach benötigter Größe von der Babymaus bis zum Meerschweinchen), Kaninchen und Eintagsküken. Fische werden an semiaquatile Arten verfüttert. Manche Schlangenarten haben auch Insekten, Regenwürmer, und Vogeleier (Eierschlange!) in ihrem Nahrungsspektrum. Bei Schlangen sind keine Zusätze wie Vitaminpräparate zu den Futtertieren erforderlich – im Gegenteil, dadurch können nachteilige Effekte ausgelöst werden! Die Fütterung von Schlangen erfolgt alle 3-5 Tage bei juvenilen Tieren kleiner Arten bis ca. alle 14 Tage oder länger bei Riesenschlangen. Viele Schlangenspezies sind nachtaktiv, daher sollte abends gefüttert werden. Kleinere karnivore Echsen werden in der Regel mit Insekten und deren Larven (Heimchen, Grillen, Mehlwürmer, Zophobas, Wachsmaden, etc.) ernährt. Karnivore Echsen werden je nach Größe und Alter täglich (Jungtiere kleiner Echsen) bis 1x /Woche bei adulten Großechsen gefüttert. Insekten sollten stets mit Vitamin- und Mineralpulver versehen verfüttert werden. Der Futterbedarf bei Zierfischen wird vom Halter in der Regel stark überschätzt. Der Erhaltungsbedarf eines Zierfisches liegt bei einer Trockenfuttermenge von ca. 1% seines Körpergewichtes. Die meisten handelsüblichen Zierfische liegen im Bereich unter 10 g, so dass der Bedarf an Trockenfutter im Milligrammbereich liegt. Verfettung ist bei Zierfischen daher nicht selten zu sehen. Man sollte nur so viel pro Tag füttern, wie in 2-3 Minuten von den Fischen aufgenommen wird. Zusätzlich sollte ein Fastentag pro Woche eingelegt werden. Dadurch bleiben die Fische gesund und das Wasser wird weniger mit Schadstoffen, die durch die Ausscheidungen der Fische und Futterreste gebildet werden, belastet. Außerdem sollte stets Trockenfutter verfüttert werden, bei dem das Mindesthaltbarkeitsdatum noch nicht abgelaufen ist. Geöffnete Dosen sollten nach spätestens 3 Monaten aufgebraucht sein, da ansonsten ein Befall mit Schimmelpilze, die für die Fische schädliche oder sogar tödliche Aflatoxine bilden, wahrscheinlich ist. Zudem sollte nicht ausschließlich Trockenfutter, sondern auch Lebend- oder Frostfutter, welches im Zoofachhandel erhältlich ist, verfüttert werden. Fische, die sich vegetarisch ernähren, wie z.B. viele Welsarten, kann man auch mal eine Scheibe Salatgurke oder Erbsen (kurz überbrüht) anbieten. KONTAKT Priv. Doz. Dr. Petra Kölle Fachtierärztin für Reptilien Fachtierärztin für Fische inkl. Teilgebietsbezeichnung „Zierfische“ Zusatzbezeichnung „Ernährungsberatung (Kleintier)“ Medizinische Kleintierklinik LMU München [email protected] 04.01.12 14:59 096-246