Impfprobleme bei herzkranken Kindern

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Impfprobleme bei herzkranken Kindern
Heinz-J. Schmitt, Prof. Dr. med., Pädiatrische Infektiologie, Kinderklinik, Hans-Heiner Kramer, Prof.
Dr. med., Direktor der Klinik für Kinderkardiologie, Klinikum an der
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Soll ich mein herzkrankes Kind überhaupt impfen
lassen?
Das fragen manche Eltern, weil sie vermuten,
dass Impfungen Nebenwirkungen haben könnten,
welche die Herzkrankheit des Kindes verschlechtern oder gar zu bleibenden Schäden führen.
Dazu ist zu sagen: Kein Impfstoff, der von der
Ständigen Impfkommission (STIKO) am RobertKoch-Institut in Berlin empfohlen wird, kann nach
heutigem Wissen bleibende Schäden hinterlassen. Auch übliche Impfreaktionen wie Fieber,
Schmerz, Schwellung und Rötung an der Impfstelle sind extrem selten geworden.
Dagegen kann es gefährlich werden, wenn herzkranke Kinder nicht geimpft werden. Denn sie
sind mehr als gesunde Kinder durch Infektionskrankheiten bedroht, schon deshalb weil sie häufig in medizinischer Behandlung sind (z. B. das
Risiko der Übertragung des Hepatitis B-Virus)
und weil jede Erkrankung ihnen mehr als anderen Kindern zusetzt. Es darf nicht vergessen werden, dass es in Deutschland immer noch eine
wahrscheinlich dreistellige Zahl von Todesfällen
allein durch Masern gibt. Hinzu kommen Todesfälle durch Keuchhusten und (sehr selten – aber
dennoch) sogar durch Diphtherie.
Von medizinischen Fachgesellschaften wird daher
einhellig dazu geraten, dass auch chronisch kranke Kinder – insbesondere jene mit einer Erkrankung des Herzens – dem Impfplan der STIKO
entsprechend geimpft werden.
Praktische Hinweise
Bitte sorgen Sie mit dafür, dass auch die Umgebung
des Kindes (Eltern, Geschwister, Kindergarten)
durch Impfungen geschützt ist. Unter immunsuppressiver Therapie z. B. nach Herztransplantation kann der Impfschutz vermindert sein. Daher
ist es sinnvoll, dass auch die Geschwister herzkranker
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Kinder zum frühstmöglichen Zeitpunkt die planmäßigen Impfungen erhalten. Neben den allgemein
empfohlenen Impfungen können weitere Impfungen für den Patienten wie auch für seine Kontaktpersonen sinnvoll sein (Windpocken, Hepatitis A, andere) – ihr Kinderarzt berät Sie gern.
Es wird empfohlen, nach der Gabe von Lebendimpfstoffen (Masern-Mumps-Röteln) 14 Tage bis
zur Durchführung einer Operation zu warten,
nach der Gabe von Totimpfstoffen drei Tage. Der
Grund dafür ist nicht etwa, dass die Impfungen das
Operations- oder gar das Narkoserisiko erhöhen
könnten. Nachteilig ist nur, dass man im seltenen Falle des Auftretens von impfstoffbedingtem
Fieber nicht unterscheiden kann, ob eine Infektionskrankheit vorliegt oder aber eine harmlose
Impfreaktion. In allen Notfällen gibt es daher keine Veranlassung, eine dringend notwendige Operation wegen einer vorangegangenen Impfung
aufzuschieben.
Impfen gefährlicher als die Krankheit?
Über die Sicherheit und Unbedenklichkeit der
Impfstoffe in Deutschland wacht eine Bundesbehörde, das Paul-Ehrlich-Institut. Nur sichere
Impfstoffe können hierzulande auch zugelassen
werden. Nach der Zulassung wird dann jede einzelne Charge überprüft. Dieser hohe Standard gilt
für kein anderes Medikament.
Wie oben bereits ausgeführt, verursachen die von
der STIKO empfohlenen Impfstoffe nach heutigem
Wissen keine bleibenden Schäden mehr – weder
beim Impfling noch bei einer seiner Kontaktpersonen. Die beiden letzten Impfstoffe, die sehr
selten (seltener als 1 : 500 000) bleibende Schäden verursachten, waren die Schluckimpfung
gegen Kinderlähmung und die BCG-Impfung
gegen Tuberkulose. Diese beiden Impfstoffe werden heute aber nicht mehr empfohlen: Der Impf-
stoff gegen Kinderlähmung ist jetzt als Totimpfstoff
mit anderen Impfungen zusammen in einer Kombinations-Impfung erhältlich. Die BCG-Impfung
macht in Deutschland ohnehin keinen Sinn mehr,
weil die Tuberkulose sehr selten geworden ist.
Unverändert bedrohen aber Masern, Keuchhusten,
Diphtherie – also durch Impfungen vermeidbare
Krankheiten – den Einzelnen und auch die Gemein-
schaft. Gerade herzkranke Kinder sollten daher
geimpft werden. Auch heute noch kommen Todesfälle durch diese Krankheiten vor, während Impfstoffe nach heutigem Wissen keine bleibenden
Schäden verursachen.
Lebendige Impfstoffe?
Im ersten Lebensjahr werden ausschließlich so
genannte Totimpfstoffe angewendet, die abgetötete Erreger oder aber Teile von diesen enthalten.
Diese Impfstoffe sind nicht vermehrungsfähig
und auch nicht lebendig.
Ab dem 12. Lebensmonat werden dann die Lebendimpfungen gegen Masern, Mumps und Röteln
(M-M-R) empfohlen, weil zu diesem Zeitpunkt
keine mütterlichen Antikörper mehr im Blut sind,
so dass die Impfviren sich im Körper des Kindes
vermehren können. Diese Vermehrung ist erwünscht
und für eine ausreichende Abwehrantwort des
Immunsystemes auch notwendig. Entsprechend
dem altbekannten homöopathischen Prinzip
Gleiches mit Gleichem zu heilen, führen die
Lebendimpfstoffe (M-M-R) dazu, dass die gleiche Art der Immunantwort wie bei den entsprechenden Krankheiten hervorgerufen wird,
ohne dass die Kinder dabei den Gefahren
durch die Wildviren (Tod, Lungenentzündung,
Hirnhautentzündung u. a.) ausgesetzt sind.
Lebendimpfstoffe dürfen nicht gegeben werden,
wenn ein Kind z. B. nach einer Herztransplantation
immunsupprimiert ist, d. h. wenn sein Abwehrsystem durch ganz spezielle Medikamente so sehr
beeinträchtigt werden muss, dass es selbst mit
üblicherweise nicht krankmachenden Erregern
(d. h. den Impfviren) nicht fertig wird. Alle
anderen herzkranken Kinder mit einem
normalen Immunsystem können
mit den lebenden Impfviren
genauso gut fertig werden wie
gesunde Kinder. M-M-R-Viren
können von dem geimpften
Kind nicht auf andere Personen übertragen werden.
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Wann impfen?
Schutz vor Krankheiten
Die Sterblichkeit an Krankheiten, die heute durch
Impfungen vermeidbar sind, ist besonders groß in
den ersten Lebensjahren. Noch kurz vor dem
Zweiten Weltkrieg starben in Deutschland mehr
als 10 000 Säuglinge, Kleinkinder und Kinder
jährlich an Masern, Keuchhusten, Hirnhautentzündung durch das Bakterium Haemophilus
influenzae b (Hib), Diphtherie oder Kinderlähmung. Die Antwort auf die Frage kann deswegen nur lauten, dass man zum frühstmöglichen Zeitpunkt impfen sollte. Für die allgemein empfohlenen
Impfungen ist dies der Beginn der neunten Lebenswoche. Auffrischungsimpfungen werden ab dem
12. Lebensmonat empfohlen, ebenso die erste
Masern-Mumps-Röteln-Dosis.
Je früher man eine Impfung gibt, desto früher
und länger ist der Patient vor Krankheit geschützt.
Wird eine chronische Krankheit (z. B. des Herzens)
diagnostiziert, braucht man nicht mehr über Überschneidungen mit Operationsterminen oder einer
notwendigen immunsuppressiven Therapie nachzudenken. Operationen oder andere Therapien müssen nicht z. B. wegen Kontakt zu einem Spielkameraden mit Masern abgesagt werden.
Es sollten alle von der STIKO für Kinder empfohlenen Impfungen gegeben werden – das sind
6 + 3, d. h. 6 Totimpfstoffe (ab der 9. Lebenswoche,
drei Impftermine) und 3 Lebendimpfstoffe (ab
dem 12. Lebensmonat, zwei Impftermine, Abstand
mindestens vier Wochen). Damit sind die Kinder
geschützt vor Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten,
Haemophilus influenzae b (Hib, Kehldeckelentzündung, Hirnentzündung), Kinderlähmung (Polio)
und Hepatitis B sowie gegen Masern, Mumps und
Röteln.
Soll eine Herztransplantation durchgeführt werden,
so kann man das Kind vor Windpocken schützen, die für immunsupprimierte Kinder lebensgefährlich sind (eine Dosis ab dem 12. Lebensmonat).
Sofern gewünscht, kann dieser Impfstoff aber
allen Kindern (Kontaktpersonen herzkranker Kinder!) gegeben werden: In den USA, in Korea und
Japan gehört diese Impfung zum empfohlenen
Programm für alle Kinder. Weiterhin kann eine
Impfung gegen Hepatitis A sinnvoll sein. Vor Reisen sollte man wegen weiterer Schutzmöglichkeiten den Kinderarzt konsultieren.
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