Thüroff, Schmidt, Urologische Differenzialdiagnose

Werbung
20
1.2 Flankenschmerzen
1.2
Flankenschmerzen
D. K. Ackermann
Grundlagen
Schmerzen
Flankenschmerzen lokalisieren sich ein- oder beidseitig im Rumpfbereich zwischen
Rippenbogen, Lendenwirbelsäule, Beckenkamm und vorderer Axillarlinie. Alle in
dieser Gegend liegenden Organe können bei Erkrankungen zu Schmerzen führen.
Dazu zählen:
왘 Integument,
왘 Muskulatur,
왘 Nerven,
왘 Rippen,
왘 Nieren samt ableitenden Harnwegen,
왘 Peritoneum,
왘 Leber,
왘 Gallenblase,
왘 Milz,
왘 Darm.
1
Einteilung
Schmerzcharakter des viszeralen Schmerzes:
쐌 Krampfartig, bohrend
쐌 Patient geht herum und
windet sich.
Schmerzcharakter des somatischen Schmerzes:
쐌 Dumpf bis scharf, andauernd, exakter lokalisierbar
쐌 Patient liegt ruhig im Bett,
vermeidet jede unnötige
Bewegung.
Zur Strukturierung des differenzialdiagnostischen Spektrums von Flankenschmerzen können verschiedenste Parameter wie Organzugehörigkeit, Schmerzcharakter
u. a. herangezogen werden. Ausgehend von der klinischen Situation werden die differenzialdiagnostischen Tabellen nach der Seitenlokalisation und dem Verlauf
(akut/chronisch) gegliedert (s. tabellarischer Überblick auf S. 24 f).
Prinzipiell lässt sich jeder Flankenschmerz in einen viszeralen und einen somatischen unterteilen.
Der viszerale Schmerz findet den Ausgang von den inneren Organen und wird
über die Nn. splanchnici fortgeleitet. Typischerweise wird dieser Schmerz durch
Überdehnung und Spasmus ausgelöst. Die Patienten empfinden den viszeralen
Schmerz als krampfartig und bohrend, sind unruhig, blass, schweißgebadet und leiden an Übelkeit und Erbrechen. Herumgehen und sich winden bringt eine Schmerzerleichterung.
Der somatische Schmerz geht von der Bauchwand mitsamt dem Peritoneum parietale aus und wird über die segmentalen sensiblen Nervenfasern fortgeleitet. Der
Schmerzcharakter ist dumpf bis scharf, andauernd und typischerweise exakter lokalisierbar als der viszerale Schmerz. Der Patient liegt ruhig im Bett und vermeidet
jede unnötige Bewegung, die den Schmerz verstärken würde.
Besonderheiten
Der Kolikpatient steigt aus
dem Bett, der Patient mit Peritonitis bleibt im Bett.
Die Erkrankung eines inneren Organs führt aber oft nicht zu einem viszeralen
Schmerz im Bereich des Ursprungs, sondern es werden auch Schmerzen ausgelöst,
die in einer somatischen Region empfunden werden. Diese fortgeleiteten Schmerzen lokalisieren sich in Gebieten bzw. Strukturen, die von denselben Embryonalsegmenten (Dermatomen) stammen wie das erkrankte Organ. Aufgrund der Primärlokalisation und der Fortleitung des Schmerzes ergeben sich differenzialdiagnostische Hinweise bei Flanken- oder Oberbauchkoliken. Als Koliken bezeichnet man
akut auftretende, heftigste krampfartige viszerale Schmerzen, die meistens durch
eine akute Obstruktion von Hohlorganen hervorgerufen werden.
Bei Harnleitersteinkoliken kommt es infolge der Nierenkapselspannung zu einem konstanten dumpfen Schmerz im kostovertebralen Winkel. Zusätzlich leiden
die Patienten an krampfartigen Schmerzen, die entlang dem Harnleiterverlauf ausstrahlen und durch Spasmen der Nierenbecken- und Uretermuskulatur verursacht
Thüroff, Schmidt, Urologische Differenzialdiagnose, (ISBN 9783131010629), © 2007 Georg Thieme Verlag KG
werden. Obstruktionen im oberen Harnleiter führen in der Regel zu Schmerzen im
Oberbauch oder der Flanke. Die Schmerzen können gelegentlich bis in die ipsilateralen Hoden fortgeleitet werden. Obstruktionen im Bereich des mittleren Harnleiters verursachen Schmerzen in Mittel- und Unterbauch, was einen Prozess im Bereich der Appendix vermiformis oder des Colons sigmoideum vortäuschen kann.
Distale Uretersteine präsentieren sich gelegentlich als Schmerzen an der Penisspitze. Demgegenüber wird die Gallenkolik im rechten Epigastrium empfunden
mit Ausstrahlung in die rechte Rückenseite und rechte Schulter. Eine ähnliche
Schmerzsymptomatik, wenngleich der kolikartige Charakter weniger im Vordergrund steht, verursacht die akute Cholezystitis. Schmerzausstrahlung in den Rücken sprechen eher für Pankreasaffektionen, Ulkusperforationen oder Aortenaneurysma. Auch die akute Cholezystitis kann in den Rücken (rechte Skapulaspitze)
ausstrahlen.
Neben Schmerzcharakter, -lokalisation und -ausdehnung geben aber auch der
Verlauf und zusätzliche klinische Befunde differenzialdiagnostische Hinweise. Ein
akutes Auftreten der Schmerzen spricht für eine plötzliche Verlegung von Hohlorganen oder Blutgefässen. Begleitendes Fieber wird durch Infekt oder Nekrose verursacht; Verspannung der Bauchmuskulatur mit „Défense musculaire“ weisen auf
eine Reizung des parietalen Peritoneums hin.
Basisdiagnostik
Anamnese:
Die Harnsteinkolik kommt aus heiterem Himmel. Früher durchgemachte Episoden
geben differenzialdiagnostische Hinweise.
왘 Ernährungsanamnese: Der Schmerz bei subpelviner Stenose wird typischerweise nach Aufnahme großer Flüssigkeitsmengen ausgelöst. Gelegentlich geben
die Patienten eine Linderung der Beschwerden bei Änderung der Körperposition
in Bauchlage an. Die Gallenkolik wird in der Regel nach Aufnahme zu fetthaltiger
Speisen beobachtet.
왘 Miktionsanamnese: Schmerz im Anschluss an die Miktion spricht für einen vesikorenalen Reflux.
왘 Verhebetrauma als Auslöser vertebragener Schmerzen?
왘 Rhythmusstörungen, thrombembolische Geschehen: Hinweis auf Prozesse im Bereich der Nierengefäße.
Körperliche Untersuchung:
왘 Palpation: Bei der akuten Harnstauung findet sich eine Druck- und Klopfdolenz
im Bereich des Nierenlagers und je nach Höhe des Hindernisses eine Druckdolenz entlang dem Harnleiterverlauf. Das Abdomen ist weich und indolent. Verspannung der Bauchdecke mit Abwehrspannung im rechten Oberbauch sind typisch für eine Cholezystitis, im rechten Mittelbauch bzw. Unterbauch für Appendicitis acuta.
왘 Auskultation: Die Darmgeräusche sind infolge der Darmparalyse bei akuter
Harnstauung abgeschwächt.
왘 Herz-Kreislauf-Parameter: Subfebrile bis febrile Temperaturen, Normo- bis Hypotonie, Tachykardie mit offener Peripherie sind Alarmzeichen der gramnegativen Sepsis.
Bei einer retrozökalen perforierenden Appendizitis halten die Patienten das rechte
Bein im Hüftgelenk gebeugt und geben eine Schmerzverstärkung bei Beinstreckung
an infolge des Zuges auf die gereizte Psoasmuskulatur.
Urinstatus:
Mikrohämaturie: Verlegungen der ableitenden Harnwege mit Steinen oder Papillennekrosen,
왘 Leukozyturie und Bakteriurie: bei zusätzlichem bakteriellen Infekt,
왘
Thüroff, Schmidt, Urologische Differenzialdiagnose, (ISBN 9783131010629), © 2007 Georg Thieme Verlag KG
21
Schmerzen
Basisdiagnostik
1
22
1.2 Flankenschmerzen
왘
왘
Proteinurie mit Zylindern: Hinweis auf Nierenvenenthrombose oder Glomerulonephritis,
Porphobilinogen: pathognomonisch für eine Porphyrie.
Ein pathologischer Urinstatus wird aber auch bei einer retrozökalen Appendizitis
beobachtet, da der benachbarte Harnleiter in Mitleidenschaft gezogen wird.
Schmerzen
Blutlabor:
왘 Nierenfunktionsparameter (Kreatinin, Harnstoff),
왘 Entzündungsindikatoren (Leukozyten, Thrombozyten, C-reaktives Protein),
왘 Untersuchung auf Bilirubin und die organtypischen Enzyme, inkl. Cholestaseparameter (bei V.a. hepatisches Geschehen oder eine Pankreasaffektion).
1
Die Computertomographie ist
das wichtigste Diagnostikum
beim Flankenschmerz. Sie bildet alle wesentlichen Organe
ab.
Cave:
Wegen der Gefahr einer Fornixruptur sollten während
der Kolik keine intravenösen
Kontrastmittel verabreicht
werden.
Computertomographie:
Die Computertomographie ermöglicht die Darstellung aller für Flankenschmerzen
infrage kommenden Organe. Sie bildet auch röntgennegative Harnsteine (Harnsäure-, Matrixsteine) ab. Der Patient muss nicht speziell vorbereitet werden und die
orientierende Untersuchung beim akuten Flankenschmerz bedarf keiner Kontrastmittel, was wiederum die Provokation einer Fornixruptur oder allergischen Reaktion vermeiden lässt. Bei der steinbedingten Kolik erkennt man typischerweise bereits mit der Nativuntersuchung den Stein und Zeichen einer akuten Obstruktion
(Abb. 1.4, 1.5). Ist die native Computertomographie nicht konklusiv, so wird in der
gleichen Sitzung Kontrastmittel verabreicht, was die Aussagekraft der Untersuchung wesentlich erweitert.
Fazit:
Die Computertomographie ist bei der Diagnostik von Flankenschmerzen zur dominierenden Methode gereift. Da in unseren Breitengraden Computertomographen
flächendeckend zur Verfügung stehen, ist der ursprüngliche Abklärungsweg mit
Abdomenleerröntgenbild, Ultraschall und Ausscheidungsurographie verdrängt
worden. Trotzdem sollen diese Verfahren als Alternativen oder Ergänzungen Erwähnung finden.
왘 Abdomenleerröntgenbild: Auf dem Abdomenleerbild wird nach konkrementverdächtigen Verschattungen im Bereich der oberen Harnwege und der Gallenwege
gesucht. Im Weiteren interessieren die Kontur der Nieren, der Psoasschatten,
freie Luft in den Gallenwegen und die ossären Strukturen. Diese Untersuchungstechnik ist bei der Verlaufskontrolle nach extrakorporaler Zertrümmerung von
Harnsteinen unbestritten.
Abb. 1.4 Native Computertomographie: distaler Harnleiterstein rechts (Pfeil), Katheter in der Harnblase (Stern).
Abb. 1.5 Native Computertomographie: rechte
Niere bei distalem, blockierenden Harnleiterstein.
Nierenbecken erweitert (Stern), perirenale Flüssigkeit
(Pfeile).
Thüroff, Schmidt, Urologische Differenzialdiagnose, (ISBN 9783131010629), © 2007 Georg Thieme Verlag KG
Diagnostisches Vorgehen
왘
왘
왘
Ausscheidungsurographie (= intravenöse Pyelographie = IVP): Die Ausscheidungsurographie ermöglicht bei normaler Ausscheidungsfunktion eine sichere Aussage über die Morphologie des Nierenbeckenkelchsystems und des Harnleiters,
zudem kann die Ausscheidungsfunktion der Nieren beurteilt werden. Während
einer Harnkolik sollte wegen der Provokation einer Fornixruptur auf diese Untersuchung verzichtet werden. Eine urographisch stumme Niere bei normalem
Ultraschallbefund spricht für eine totale Harnobstruktion oder Infarkt.
Retrograde Ureteropyelographie: Die retrograde Abklärung findet ihre Indikation,
wenn eine Ausscheidungsurographie nicht konklusiv ist oder aufgrund der Nierenfunktionseinschränkung oder einer allergischen Disposition nicht durchgeführt werden kann.
Ultraschall (US): Mit Ultraschall wird nach Nierensteinen, proximalen Uretersteinen, Gallensteinen und Dilatationen des oberen Harntrakts bzw. der Gallenwege
gesucht. Es sei aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine fehlende Dilatation der Nierenbeckenkelchsysteme eine akute Harnobstruktion nicht ausschließt. Zuverlässige Aussagen erlaubt der Ultraschall über das Nierenparenchym und über peri-/pararenale Veränderungen. Die Suche erstreckt sich weiter
auf retroperitoneale Flüssigkeitsansammlungen, Aortenaneurysmen und Tumoren.
Doppler-Sonographie: Diese nichtinvasive Untersuchung liefert wertvolle Hinweise bei Verdacht auf ein renalvaskuläres Geschehen mit Funktionsausfall der
Niere. Bei pathologischem Befund wird eine Nierenangiographie angeschlossen
zur Lokalisation der vaskulären Obstruktion und Therapieplanung.
Cave:
Nach jeder retrograden Abklärung muss an eine iatrogene, obstruktive Pyelonephritis gedacht werden.
Cave:
Ein normaler Ultraschall der
Nieren schließt eine akute
Harnobstruktion nicht aus.
Diagnostisches Vorgehen
Das diagnostische Vorgehen bei akutem Flankenschmerz ist in Abb. 1.6 dargestellt.
Anamnese
körperliche Untersuchung
Urinstatus
Blutlabor
native Computertomographie
nicht konklusiv
bei fehlendem Computertomographen:
– Abdomenleerröntgenbild
– Ultraschall
– Ausscheidungsurographie (im kolikfreien
Intervall)
Computertomographie
mit intravenösem
Kontrastmittel
fehlende
Darstellung des
Harnleiters
V. a.
Harnleiter-,
Nierenbeckentumor
V. a.
Nierenarterienverschluss
V. a.
Nierenvenenthrombose
retrograde
Ureteropyelographie
retrograde Ureteropyelographie mit
Zytologie, Ureterorenoskopie mit
Biopsie
renale
Arteriographie
renale
Venographie
Abb. 1.6
Diagnostisches Vorgehen beim akuten Flankenschmerz (Kolik).
Thüroff, Schmidt, Urologische Differenzialdiagnose, (ISBN 9783131010629), © 2007 Georg Thieme Verlag KG
Schmerzen
왘
23
1
24
1.2 Flankenschmerzen
Tabellarischer Überblick der Differenzialdiagnosen
Symptomausprägung
Erkrankung
Schmerzen
1. Akute rechtsseitige Flankenschmerzen (Koliken)
1
1.1 Hauptsymptom
쐌
쐌
쐌
쐌
blockierender Nierenstein
blockierender Harnleiterstein
subpelvine Stenose
blockierende Papillennekrosen, Blutkoagula
1.2 typisches Symptom
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
vesikorenaler Reflux
Pyelonephritis
Nierenarterienembolie
Nierenarterienthrombose
Nierenvenenthrombose
Blutung oder Infekt in Nierenzyste
Herpes zoster
vertebragene Affektion (Diskopathie, ossäre Läsion,
muskuläre Störung)
1.3 Spätsymptom
쐌 Blutung in retroperitonealen Tumor
1.4 weniger typisches
Symptom
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
Nebenniereninfarkt
Cholezystolithiasis
akute Cholezystitis
Pankreatitis
Ulcus duodeni
akute Appendizitis
Leberaffektion (Hepatitis, Leberstauung, Perihepatitis
gonorrhoica)
Pleuraaffektion (Pleuritis, Pneumonie, Lungenembolie)
Porphyrie
Kollagenosen
Hyperlipidämie, Ketoazidose
Blutkrankheiten (Sichelzellanämie)
2. Akute linksseitige Flankenschmerzen
2.1 Hauptsymptom
쐌
쐌
쐌
쐌
2.2 typisches
Symptom
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
2.3 Spätsymptom
2.4 weniger typisches
Symptom
blockierender Nierenstein
blockierender Harnleiterstein
subpelvine Stenose
blockierende Papillennekrosen, Blutkoagula
vesikorenaler Reflux
Pyelonephritis
Nierenarterienembolie
Nierenarterienthrombose
Nierenvenenthrombose
Blutung oder Infekt in Nierenzyste
Herpes zoster
vertebragene Affektion (Diskopathie, ossäre Läsion,
muskuläre Störung)
쐌 Blutung in retroperitonealen Tumor
쐌
쐌
쐌
쐌
Nebenniereninfarkt
Pankreatitis
Ulcus duodeni
Pleuraaffektion (Pleuritis, Pneumonie, Lungenembolie)
Fortsetzung „Tabellarischer Überblick“ 컄
Thüroff, Schmidt, Urologische Differenzialdiagnose, (ISBN 9783131010629), © 2007 Georg Thieme Verlag KG
Tabellarischer Überblick der Differenzialdiagnosen
Symptomausprägung
25
Erkrankung
2. Akute linksseitige Flankenschmerzen (Fortsetzung)
2.4 weniger typisches
Symptom
(Fortsetzung)
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
Porphyrie
Kollagenosen
Hyperlipidämie, Ketoazidose
Blutkrankheiten (Sichelzellanämie)
Milzinfarkt
inkarzerierte Hiatushernie
Myokardinfarkt
3.1 typisches Symptom
쐌 vertebragene Affektion (Diskopathie, ossäre Läsion,
muskuläre Störung)
쐌 akute Glomerulonephritis
3.2 weniger typisches
Symptom
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
쐌
blockierende Nierensteine
blockierende Harnleitersteine
subpelvine Stenosen
blockierende Papillennekrosen, Blutkoagula
vesikorenale Refluxe
Pyelonephritiden
Nierenarterienembolien
Nierenarterienthrombosen
Nierenvenenthrombosen
Blutung oder Infekt in Nierenzysten
Herpes zoster
Blutung in retroperitonealen Tumor
Pankreatitis
Ulcus duodeni
Ösophagusruptur
Pleuraaffektion (Pleuritis, Pneumonie, Lungenembolie)
Porphyrie
Hyperlipidämie, Ketoazidose
Blutkrankheiten (Sichelzellanämie)
4. Chronische einseitige Flankenschmerzen (rechts oder links)
4.1 Hauptsymptom
쐌 Nierenstein
쐌 subpelvine Stenose
4.2 typisches
Symptom
쐌 vertebragene Affektion (Diskopathie, ossäre Läsion,
muskuläre Störung)
쐌 weitere Ursachen chronischer Harnstauung (Missbildung, Tumor, Entzündung, Harnleiterstein)
4.3 Spätsymptom
쐌 retroperitoneale Tumoren
4.4 weniger typisches
Symptom
쐌 chronische Pyelonephritis
쐌 Cholezystolithiasis (nur rechts)
5. Chronische beidseitige Flankenschmerzen
5.1 typisches Symptom
쐌 vertebragene Affektion (Diskopathie, ossäre Läsion,
muskuläre Störung)
쐌 Morbus Ormond
5.2 weniger typisches
Symptom
쐌 Nierensteine
쐌 subpelvine Stenosen
쐌 weitere Ursachen chronischer Harnstauung (Missbildung, Tumor, Entzündung, Harnleitersteine)
쐌 chronische Pyelonephritiden
쐌 retroperitoneale Tumoren
Thüroff, Schmidt, Urologische Differenzialdiagnose, (ISBN 9783131010629), © 2007 Georg Thieme Verlag KG
Schmerzen
3. Akute beidseitige Flankenschmerzen
1
26
1.2 Flankenschmerzen
Kurzdarstellung wichtiger Krankheitsbilder
Akute Harnstauung (Kolik)
Schmerzen
Eine gesunde Niere blutet
auch unter Antikoagulation
nicht.
Ursachen: Die häufigste Ursache der akuten oberen Harnobstruktion stellt die Urolithiasis dar. Das identische Beschwerdebild kann aber auch durch Papillennekrosen
oder Blutkoagula verursacht werden. Papillennekrosen treten vor allem bei Analgetikanephropathie oder chronischer Pyelonephritis infolge eines Diabetes mellitus auf.
Die Diagnose einer Antikoagulanzienblutung aus dem Nierenbeckenkelchsystem
ist nur nach Ausschluss einer Blutungsursache wie Tumor oder Stein erlaubt. Die Blutung mit Koagelverstopfung des oberen Harntraktes ist bei einer gesunden Niere −
wenn überhaupt − nur in seltenen Fällen allein durch die Antikoagulation verursacht.
Bei der akuten Verlegung des Harntraktes kommt es proximal dazu in den ersten
Minuten zu einer Steigerung der Wandspannung mit Zunahme von Druckamplitude
und Frequenz der Kontraktionen. Mit zunehmendem hydrostatischem Druck und
Wandspannung erliegt nach ca. 30 Minuten die peristaltische Aktivität. Der viszerale Schmerz dürfte von der Reizung der Spannungsrezeptoren in der glatten Muskulatur herrühren, eine gewisse Rolle bei der Schmerzentstehung kommt auch der
Irritation von Chemorezeptoren und ischämischen Rezeptoren im Urothel zu.
Symptome: Bei der akuten Harnstauung werden die Patienten von stärksten Flankenschmerzen befallen. Die Schmerzausstrahlung hängt von der Lokalisation der
Obstruktion ab (S. 20 f). Bei im distalen, intramuralen Harnleiter gelegenen Verschlüssen steht oft die Blasenreizsymptomatik mit Pollakisurie und Dysurie im Vordergrund.
1
Diagnostik
Das diagnostische Vorgehen richtet sich nach dem vorgestellten Stufenprogramm
(S. 23).
Cave:
Intravenöses Kontrastmittel
wegen der Gefahr einer Fornixruptur nur im kolikfreien
Intervall verabreichen!
Cave:
Eine infizierte und gestaute
Niere muss entlastet werden!
쐌 Klinik,
쐌 Urinstatus,
쐌 native Computertomographie.
Da die obstruktive Pyelonephritis mit möglichem Übergang in eine Urosepsis die
gefährlichste Komplikation der akuten Harnobstruktion darstellt, muss schon bei
der Erstdiagnostik nach den Entzündungsparametern gesucht werden, um möglichst frühzeitig die notwendige Urindrainage anzulegen.
Fornixruptur
Ursachen: Zur Fornixruptur kommt es, wenn die akute Drucksteigerung im Nierenbeckenkelchsystem den wenig widerstandsfähigen Übergang zwischen Kelch und
Papille zum Einreißen bringt. Die Fornixruptur kann bei jeder akuten Harnstauung
auftreten, häufig rupturiert die Fornix infolge der osmotischen Diuresewirkung von
Kontrastmitteln, die für ein Ausscheidungsurogramm während einer Kolik gegeben
worden sind.
Die Fornixruptur heilt spontan, wenn die Obstruktion
wegfällt und der ausgetretene Harn nicht infiziert war.
In diesem Fall ist die Ruptur
als Schutzmechanismus für
die Niere zu verstehen, da infolge der Ruptur der schädliche Überdruck im Hohlsystem
abnimmt.
Symptome: Der Fornixruptur geht eine akute Harnstauung voraus, somit ist auch
die Symptomatologie durch diese bestimmt. Ein seltener, aber typischer Hinweis
auf eine Fornixruptur ist die schlagartige Besserung der Schmerzsymptomatik.
Diagnostik
쐌 Zufallsbefund bei der Stufendiagnostik der Harnstauung,
쐌 CT/Ausscheidungsurographie:
− Kontrastmittelextravasation um Kelchhälse und Nierenbecken (Abb. 1.7, 1.8).
Thüroff, Schmidt, Urologische Differenzialdiagnose, (ISBN 9783131010629), © 2007 Georg Thieme Verlag KG
Herunterladen