VRE Enterococcus faecium / faecalis Enterokokken sind fakultativ anaerobe grampositive Kokken und physiologischer Bestandteil der normalen Darmflora des Menschen. Als grampositive Keime weisen sie eine hohe Tenazität auf, d.h. sie können auf trockenen Oberflächen über längere Zeiträume persistieren. Die Resistenz einiger Enterokokken-Spezies gegen Vancomycin ist seit Beginn der 80er Jahre - im Grunde seit der Zulassung des Vancomycin 1982 - bekannt und wurde zumindest in Deutschland auf die Anwendung von Glykopetid-Antibiotika (Avoparcin) in der Tierzucht zurückgeführt. In 1983 betrug die Inzidenz Vancomycin-resistenter Enterokokken (VRE) in den USA noch 0,4% aller Enterokokken, stieg bis 1993 auf 13,6% und erreichte 1999 einen Wert von >60%. In Deutschland sank die Inzidenz von VRE nach Verbot des Avoparcins in der Geflügelzucht im Dezember 1997 von 27% auf einen Wert unter 2%, sind sie seit 2001 auf ein Niveau von 6% bis 13,5% gestiegen. Bei den Spezies Enterococcus faecium und Enterococcus faecalis werden drei Resistenztypen unterschieden. Beim Typ VanA handelt es sich um eine plasmidische High-level-Resistenz (MHK >64 µg/ml) gegen Vancomycin und Teicoplanin. Der Typ VanB bedeutet eine induzierbare Low-levelResistenz (MHK 8-32 µg/ml) nur gegen Vancomycin nicht aber gegen Teicoplanin, während der Typ VanC eine konstitutive Low-level-Resistenz gegen Vancomycin aufweist. Dieser Typ wurde bei der eher seltenen Spezies E. gallinarum nachgewiesen. In Europa herrscht der Van A-Typ vor. Eine amerikanische Studie vermutet zwei Vancomycin-resistente E. faecium-Stämme in Europa und Amerika mit unterschiedlicher Virulenz basierend auf genetischen Unterschieden und differenten epidemiologischen Bedingungen durch die breite Anwendung von Avoparcin in Europa in der Vergangenheit (Rice et al., 2003). E. faecium weist einige mögliche Virulenzfaktoren auf. So dient das esp (enterococcal surface protein) der Anheftung an Wirtszellen und der Biofilmbildung, hyl (Hyaluronidase)/spreading factor) fördert die Ausbreitung des Keimes im Organismus und Bacteriocine töten konkurrierende Mikroorganismen ab. Im Zusammenspiel bedeutet dies Standortvorteile und eine bessere Ausbreitungsfähigkeit. Krankheitsbilder Enterokokken sind eher als Kolonisierer denn als Infektionserreger einzuordnen. Zu den seltenen Krankheitsbildern gehören Harnwegsinfektionen aber auch intra-abdominelle Infektionen, wo Enterokokken als Teil einer Mischflora gefunden werden. Dies wirft die Frage auf, welcher Keim der eigentliche Infektionserreger und welcher nur Nutznießer dort ist (Murray, 1990, Moellering, 1992). Weitere Infektionen sind invasive Infektionen bei Immungeschwächten mit rsultierender Bakteriämie, Wundinfektionen, Cholangitis, Endokarditis, Meningitis (Cookson et al., 2006). Die Frage, wie virulent VRE tatsächlich sind, bleibt indessen unbeantwortet. Evidente und valide Daten zur Transmission von VRE, Letalität, Mortalität und dem Unterschied zwischen Infektion und Kolonisation sind spärlich und unvollständig. Therapie Die antiinfektive Therapie einer VRE-Infektion stützt sich wegen der natürlichen Resistenz der Erreger gegen viele andere Antibiotikagruppen auf wenige Substanzen. Eine gegen Enterokokken gerichtete Therapie wird empfohlen bei: Patienten mit postoperativer und tertiärer Peritonitis. Für diese intra-abdominellen Infektionen eignen sich Tigecyclin und Linezolid. Letzteres muss wegen seiner ausschließlichen Wirksamkeit auf grampositive Erreger mit einem gramnegativ- und Anaerobier-wirksamen Antibiotikum kombiniert werden. Die Therapiedauer beträgt in der Regel 7 Tage. Knochen- und Gelenkinfektionen. Hier steht Linezolid zur Verfügung. Allerdings spielen Enterokokken bei Knochen- und Gelenkinfektionen nur selten eine Rolle. Erarbeitet Fachausschuss Antibiotika-Therapie im MRE-Netz Mittelhessen Stand Mai 2014 1 VRE – Enterococcus faecium / faecalis Patienten mit schwerer Sepsis abdomineller Genese. Hier ist Tigecylin wirksam (Anfangsdosis 100 mg gefolgt von 50 mg alle 12 Stunden, es gibt aber gute Hinweise, dass eine höhere Dosierung sinnvoll ist). Auch Linezolid (Erwachsene 2 x 600 mg, Kinder 2 x 10 mg/kg) oder Daptomycin (4-6 mg/kg KG) sind geeignet, beide in Kombination mit einem Aminoglykosid (Amikacin 15 mg/kg KG i.v., Gentamicin 5–7 mg/kg KG i.v., Tobramycin 5–7 mg/kg KG i.v. Weitere Dosierung nach Spiegelbestimmung). Über die mögliche klinische Wirksamkeit von Daptomycin bei Infektionen durch Enterococcus faecalis und Enterococcus faecium können angesichts unzureichender Datenlage keine Schlüsse gezogen werden. Es wurde über ein fehlendes Ansprechen der Therapie mit Daptomycin hauptsächlich bei Enterokokken- Infektionen im Zusammenhang mit Bakteriämie berichtet. Endokarditis-gefährdete Kollektive (Peritonitis und Herzklappenersatz) mit Daptomycin (6 mg/kg KG) Ampicillin 200mg/kg/Tag in 3-4 Gaben mit Gentamicin 3mg/kg/Tag für 4-6 Wochen i.v. Wöchentliche Kontrolle der Serumspiegel und Nierenfunktion bei Gentamicin empfohlen Literatur 1. Cookson BD, Macrae MB, Barrett SP, Brown DF, Chadwick C, French GL, Hateley P, Hosein IK, WADE JJ: Guidelines for the control of glycopeptide-resistant enterococci in hospitals. J Hosp Infect, 62, 6-21, 2006 2. Moellering RC: Emergence of Enterococcus as a significant pathogen. Clin Infect Dis, 14, 1173-6, 1992 3. Murray BE: The life and times of the Enterococcus. Clin Microbiol Rev, 3, 46-65, 1990 4. Rice LB, Carias L, Rudin S, Vael C, Goossens H, Konstabel C, Klare I, Nallapareddy SR, Huang W, Murray BE: A potential virulence gene, hylEfm, predominates in Enterococcus faecium of clinical origin. J Infect Dis, 187, 508-12, 2003 Erarbeitet Fachausschuss Antibiotika-Therapie im MRE-Netz Mittelhessen Stand Mai 2014 2