2. Physikalisches Institut, RWTH Aachen Seminar SS 2008 Wechselwirkungen im Festkörper Austauschwechselwirkung und Magnetismus -- schriftliche Ausarbeitung -- Hendrik Holzapfel Seminar SS 2008 - Austauschwechselwirkung und Magnetismus Inhalt 1 1.1 1.2 Grundlagen Makroskopische Größen Hundsche Regeln ................3 ................4 1.3 1.3.1 1.3.2 1.3.3 Atomarer Magnetismus Larmor-Diamagnetismus Langevin-Paramagnetismus Pauli-Paramagnetismus ................6 ................6 ................7 ................7 1.4 Gekoppelte Momente ................8 2 2.1 Austauschwechselwirkung Dipol-Dipol-Wechselwirkung ................9 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 Zwei-Elektronensystem: „Wasserstoffmolekül“ Heitler-London-Näherung Austauschkonstante J Heisenberg-Modell ..............10 ..............10 ..............11 ..............12 2.3 2.3.1 Molekularfeld-Näherung Curie-Weiß-Gesetz ..............12 ..............13 2.4 2.4.1 2.4.2 2.4.3 Delokalisierte Elektronen Hartree-Gleichungen Hartree-Fock-Theorie Anwendung: Hartree-Fock-Gleichungen für freie Elektronen ..............14 ..............15 ..............16 2.5 2.5.1 2.5.2 Bandferromagnetismus Austauschloch Stoner-Kriterium ..............17 ..............18 3 Magnetische Anregungen 3.1 3.2 Spinwellen Stoner-Anregungen 4 Indirekter Austausch 4.1 4.2 4.3 Superaustausch Doppelaustausch RKKY-Wechselwirkung ..............24 ..............25 ..............26 5 Fazit ..............27 6 Quellenangabe ..............27 ..............20 ..............22 2/27 Seminar SS 2008 - Austauschwechselwirkung und Magnetismus 1 Grundlagen Bevor die Ursache für das Phänomen magnetischer Kopplung genauer untersucht werden kann, müssen einige grundlegende Zusammenhänge und charakteristische Größen geklärt und definiert werden. 1.1 Makroskopische Größen Die Magnetisierung M eines Festkörpers ist gegeben als v v m M = . V Dabei ist das magnetische Moment v magnetischen Momente µ i definiert: v m durch die Summe der atomaren v Li v v m = ∑ µi = ∑ g i µ B h i i v Die Magnetisierung ist die lineare Antwort auf ein äußeres Feld H . Die Suszeptibilität χ beschreibt den Zusammenhang zwischen diesen beiden Größen: v v M = χ ⋅H Die Suszeptibilität kann Werte zwischen –1 und 1 annehmen. Es gilt: χ < 0 - diamagnetisches Verhalten Anschaulich verdrängt ein diamagnetischer Festkörper die Feldlinien eines äußeren Feldes aus seinem Innern. Abb. 1: Diamagnetischer Festkörper im äußeren Magnetfeld. [FU Berlin*] χ > 0 - paramagnetisches Verhalten Paramagnetisches Verhalten zeichnet sich hingegen durch ein Verdichten der Feldlinien im Innern des Festkörpers aus. Abb. 2: Paramagnetisches Verhalten. [FU Berlin*] 3/27 Seminar SS 2008 - Austauschwechselwirkung und Magnetismus Beim Ferromagnetismus kommt es zu einer spontanen Magnetisierung auch ohne äußeres Feld. Die ferromagnetische Kopplung magnetischer Momente kann durch klassische Betrachtungsweisen, wie sie anhand der Erklärungen zum atomaren Magnetismus im folgenden gemacht werden, nicht erklärt werden. Mit diesem Phänomen beschäftigt sich das Kapitel „Austauschwechselwirkung“ ausführlich. 1.1 Hundsche Regeln Um das Vorhandensein atomarer magnetischer Momente verstehen zu können, benötigt man Kenntnis der Hundschen Regeln. Vorraussetzung für die Gültigkeit dieser Regeln, die die Besetzung der Schalen mit den Elektronen bestimmen, ist die Russel-Saunders-Kopplung oder auch „LS-Kopplung“. Die Elektronen können nicht beliebig auf die Schalen verteilt werden, da die einzelnen Zustände nicht energetisch entartet sind. Die Wechselwirkung der Elektronen und die Spin-Bahn-Kopplung hebt die Entartung auf. Im Rahmen der LS-Kopplung setzt man voraus, dass die Spins und die Bahndrehimpulse der Elektronen zuerst getrennt voneinander stark gekoppelt sind. Es gilt also: v S = v ∑ si v und L = v l ∑i i i Als zweiten Schritt nimmt man danach die Kopplung zum Gesamtdrehimpuls an: v v v J =L+S Diese Russel-Saunders-Kopplung eignet sich sehr gut zur Beschreibung leichter Elemente. Ansonsten muss zur genaueren Beschreibung zur jj-Kopplung oder Mischformen übergegangen werden. Hundsche Regeln Zunächst muss festgehalten werden, dass abgeschlossene, also vollständig besetzte, Schalen keinen Beitrag zum Gesamtdrehimpuls liefern. Für abgeschlossene Schalen gilt nach dem Pauli-Prinzip: S=L=J =0 I. Hundsche Regel Maximierung der Gesamtspinquantenzahl S. Hierzu orientieren sich die Spins der Elektronen gemäß Pauli-Prinzip so zu einander, dass S = ∑ m si i 4/27 Seminar SS 2008 - Austauschwechselwirkung und Magnetismus maximal wird. Die erste Hundsche Regel rührt gleichermaßen auch aus der Coulomb-Wechselwirkung. Elektronen mit gleichem Spin können sich nicht am selben Ort aufhalten (siehe Abschnitt 2.5.1), das führt dazu, dass die CoulombAbstoßung minimiert wird. II. Hundsche Regel Maximierung der Gesamtbahndrehimpulsquantenzahl L. In der jeweiligen Schale erfolgt die Orientierung der Elektronen derart, dass der maximale Gesamtbahndrehimpuls erreicht wird. L = ∑ ml i i Dabei muss immer die erste Hundsche Regel berücksichtigt werden. III. Hundsche Regel Maximierung der Gesamtdrehimpulsquantenzahl J. Nach Beachtung der ersten und zweiten Hundschen Regel gilt dann für den Gesamtdrehimpuls (unter- und oberhalb von Halbfüllungen der entsprechenden Schale, also n ≤ (2l + 1) oder n > (2l + 1) ): L − S für n ≤ (2l + 1) J = L + S für n > (2l + 1) Die folgende Tabelle zeigt ein Beispiel für die Anwendung der Hundschen Regeln. Tab. 1: Anwendung der Hundschen Regeln. 4 Elektronen in der p-Schale. ep4 ml 1 0 -1 ↑↓ ↑ ↑ S L J 1 1 2 In der ersten Spalte entspricht p 4 der Elektronenkonfiguration, also 4 Elektronen in der p-Schale (l=1). In der zweiten bis vierten Spalte sind die möglichen Werte für die magnetische Quantenzahl angegeben (-l..+l) und die Besetzung der Zustände durch Spin- ↑ - und Spin- ↓ -Elektronen den Hundschen Regeln folgend angegeben. Der rechte Teil der Tabelle beinhaltet die Resultate für die jeweiligen Quantenzahlen S, L und J. 5/27 Seminar SS 2008 - Austauschwechselwirkung und Magnetismus 1.2 Atomarer Magnetismus In diesem Abschnitt wird der Einfluss atomarer magnetischer Momente auf das diaoder paramagnetische Verhalten von Festkörpern diskutiert. Die Betrachtungen beziehen sich im weiteren zunächst auf ungekoppelte Momente. Viele Herleitungen sind in diesem Abschnitt stark verkürzt oder gar nicht vorhanden, da er nur als grobe Übersicht und als Hinführung zum Kapitel Austauschwechselwirkung diesen soll. 1.2.1 Larmor-Diamagnetismus Diese Art von diamagnetischem Verhalten tritt bei Atomen mit abgeschlossenen Elektronenschalen auf. So lässt sich beispielsweise das magnetische Verhalten von Edelgasen mit Hilfe des Larmor-Diamagnetismus beschreiben. Nach den Hundschen Regeln gilt für vollständig gefüllte Schalen: S=L=J =0 Die Ursache für die Reaktion auf ein äußeres Magnetfeld ist demnach allein zurückzuführen auf den durch eben dieses äußere Feld induzierte Kreisstrom. Nach der Lenzschen Regel entsteht so ein magnetisches Moment, dass sich entgegengesetzt zum äußeren Magnetfeld H ausrichtet. Als Ausdruck für die Suszeptibilität erhält man: χ dia e2 N ≅ −µ 0 Z a ra2 6m V Es ist zu erkennen, dass die Reaktion auf das äußere Feld abhängig ist vom Aufbau der Atome und entsprechenden Größen, die den inneren Aufbau charakterisieren. N die V Anzahl der Atome pro Volumeneinheit, sowie über die Anzahl der Abb. 3: Negative molare Suszeptibilität Rumpfelektronen Za und dem aufgetragen gegen das Produkt der Anzahl der und dem mittleren mittleren Atomradius ra element- Rumpfelektronen quadratischen Atomradius. Der erwartete spezifische Größen ein. lineare Zusammenhang wird experimentell bestätigt. [WMI*] Beispielsweise fließen mit 6/27 Seminar SS 2008 - Austauschwechselwirkung und Magnetismus 1.2.2 Langevin-Paramagnetismus Nun werden Atome mit nicht verschwindendem Gesamtdrehimpuls J betrachtet. Spin und Bahndrehimpuls werden hier entscheidend für das magnetische Verhalten. Man findet einen temperaturabhängigen Ausdruck für die Suszeptibilität, wenn man die Energien für die möglichen Einstellungen m j mit dem Boltzmann-Faktor gewichtet: C χ= . T 2 µ 0 nµ eff Dabei entspricht C = der Curie-Konstante. kB Darin taucht das „effektive Bohrsche Magneton“ µeff auf: µeff = g J J ( J + 1) ⋅ µ B . 14243 =p g J wird als Landèscher Faktor bezeichnet und definiert mit der Quantenzahl J die effektive Magnetonenzahl p. 1.2.3 Pauli-Paramagnetismus Will man magnetische Momente delokalisierter Elektronen (z.B. in Metallen) beschreiben, bietet es sich an, den Ausdruck für die Energe freier Elektronen mit Magnetfeld zu betrachten. Es gilt: h 2 k z2 1 E = n + hω c + ± µ B Bext mit ω c = ehBext . 2 2m m Es kommt also zu einer Energieaufspaltung durch das äußere Feld Bext, entsprechend den beiden möglichen Spineinstellungen. Abb. 4 zeigt die Zustandsdichten für die jeweiligen Spineinstellungen. Man erkennt auf der linken Seite die Verschiebung der Zustandsdichte. Da die Elektronen sich unabhängig von ihrer Spineinstellung aber im thermodynamischen Gleichgewicht befinden, muss das chemische Potential (in diesem Fall die FermiEnergie E F ) in diesem Schaubild eine Waagerechte beschreiben. Dadurch kommt es zu einem Überschuss an Elektronen, deren Abb. 4.: Zustandsdichte in Abhängigkeit von Spineinstellung parallel zum der Energie E. Links befinden sich Elektronen mit unterschiedlicher Spineinstellung nicht im äußeren Feld ist. thermodynamischen Gleichgewicht. [WMI*] 7/27 Seminar SS 2008 - Austauschwechselwirkung und Magnetismus Daraus resultiert die Magnetisierung M: M = (n + − n − )µ B n+ und n− beschreiben hierbei entsprechend ihrer Spin-Orientierung. die Ladungsträgerdichte der Elektronen Schlussendlich erhält man einen konstanten Ausdruck für die Suszeptibilität: χP = n 3µ 0 µ B2 . 2k B TF Dieses Ergebnis kann man ebenfalls auch ohne Umwege aus dem Ergebnis für den Langevin-Paramagnetismus ableiten. Die Elektronen nahe der Fermi-Energie können ihren Spin ändern. Ihre Anzahl schätzt man für T << TF mit k BT T = EF TF ab und erhält auch über diese Abschätzung ein temperaturunabhängiges Resultat: χP = C T C = . T TF TF 1.3 Gekoppelte Momente Bevor die Ursache für die Kopplung der magnetischen Momente im ferromagnetischen Fall aufgezeigt wird, ist eine Übersicht über die verschiedenen Ausprägungen paralleler und antiparalleler Orientierung nützlich. Ferromagnetismus magn. Momente parallel, z.B. Ni, Fe, Co Antiferromagnetismus - Ausrichtung antiparallel, z.B. Oxide Ferrimagnetismus - Mischform, z.B. Ferrite (Fe3O4), Eisengranate Verkippter Antiferromagnetismus - Magnetisierung ohne parallele Ausrichtung (s. Projektion der Momente) 8/27 Seminar SS 2008 - Austauschwechselwirkung und Magnetismus 2 Austauschwechselwirkung In diesem Kapitel wird der Frage nachgegangen, wie es zur Kopplung der magnetischen Momente kommt und welche Wechselwirkung ihr zugrunde liegt. Zuerst wird dargestellt, dass die Dipol-Dipol-Wechselwirkung nicht Ursache des Phänomens sein kann. Um eine Erklärung für die Kopplung zu finden werden dann im weiteren Verlauf Modelle für die Beschreibung lokalisierter und dann auch delokalisierter Elektronen entwickelt. Dies führt letztlich zu einer Erklärung für den Bandferromagnetismus von Eisen, Kobalt und Nickel. 2.1 Dipol-Dipol-Wechselwirkung Die Suche nach einer Erklärung für die Kopplung magnetischer Momente beginnt beim Naheliegenden: Betrachtet wird die Wechselwirkungsenergie zwischen zwei Dipolen. Für diese Energie gilt folgender Zusammenhang: E= µ0 v v 3 v v v v (µ1 ⋅ r )(µ 2 ⋅ r ) µ ⋅ µ − 1 2 4πr 3 r2 Um eine positive Kopplung (parallele Ausrichtung zweier magnetischer Momente) zu „simulieren“, schätzt man diese magnetostatische Energie in Parallelstellung der v v beiden Dipolmomente µ1 und µ 2 ab: 2 µ 0 µ B2 E=− ≈ 1,6 ⋅ 10 −23 ≈ 100µeV 3 4πr Vergleicht man diese Energie mit der thermischen Energie, so entspricht der oben berechnete Wert einer Temperatur von 1.2 K. Demnach kann die Dipol-Dipol-Wechselwirkung nicht Ursache des Phänomens sein. Eine ferro- oder antiferromagnetische Kopplung wäre dann bei Raumtemperatur nicht beobachtbar. Fe, Co und Ni zeigen jedoch auch bei Raumtemperatur ferromagnetisches Verhalten. 9/27 Seminar SS 2008 - Austauschwechselwirkung und Magnetismus 2.2 Zwei-Elektronensystem: Wasserstoffmolekül Da die Abschätzung der Dipol-DipolWechselwirkungsenergie kein zufriedenstellendes Ergebnis liefert, beschäftigt man sich nun mit den magnetischen Eigenschaften eines Zwei-ElektronenSystems. Im folgenden wird eine Beschreibung für das Wasserstoffmolekül entwickelt. Der Hamiltonoperator Ĥ (1,2 ) mit Hˆ (1,2 ) = Hˆ (1) + Hˆ (2) + Hˆ WW (1,2) Abb. 5.: Modell eines Wasserstoffmoleküls mit den Kernen A, B und den beiden Elektronen e 1− und e2− . [IBACH*]. kann das in Abb. 5 illustrierte Problem beschreiben. Dabei besteht der Hamilton-operator aus zwei Summanden die jeweils die Bewegung eines Elektrons beschreiben und einem dritten Term Hˆ WW (1,2 ) , der die Wechselwirkung der beiden Elektronen beinhaltet. Für die Wellenfunktion der Elektronen macht man nun folgenden Ansatz aus Atomwellenfunktionen ψ A und ψ B : ψ (1,2) = [ψ A (1) + ψ B (1)] ⋅ [ψ A (2 ) + ψ B (2)] 2.2.1 Heitler-London-Näherung Multipliziert man diesen Produktansatz aus Atomwellenfunktionen aus, so ist sofort sichtbar, dass neben den gemischten Termen auch Summanden auftreten, die bedeuten, dass beide Elektronen sich am gleichen Kern aufhalten. ψ (1,2) = ψ A (1)ψ A (2) + ψ A (1)ψ B (2) + ψ B (1)ψ A (2) + ψ B (1)ψ B (2) Diese Terme (ψ A (1)ψ A (2) und ψ B (1)ψ B (2) ) werden in der Heitler-London-Näherung vernachlässigt, da diese Situation wegen der damit verbundenen CoulombAbstoßung energetisch sehr ungünstig ist. Nach der Näherung wird der Erwartungswert der Energie des Systems des Wasserstoffmoleküls berechnet. E= ψ (1,2) | Hˆ (1,2) | ψ (1,2) ψ (1,2) | ψ (1,2) . Man erhält als Ergebnis zwei Terme, wobei der erste den Erwartungen und vor allem auch dem bekannten Ergebnis der Einelektronenergie entspricht. Der zweite Term 10/27 Seminar SS 2008 - Austauschwechselwirkung und Magnetismus entsteht durch den Überlapp der Atomwellenfunktionen Wechselwirkung der am jeweiligen Kern lokalisierten Elektronen. E = 2E I + bzw. durch die C±A 1± S In obigem Ergebnis tauchen Abkürzungen für einige Integrale auf, die Energieanteile und den Überlapp bestimmen. Diese sind aus der Tabelle Tab. 2 zu entnehmen. Tab. 2.: Übersicht der auftretenden Energieanteile, sowie das Überlappintegral Einelektronenenergie Coulombenergie Austauschintegral Überlappintegral Die Ionisierungs- oder Einelektronenenergie ist unbeeinflusst vom Austausch der Elektronen. Auch die Coulomb-Energie beinhaltet die bekannten anziehenden und abstoßenden Anteile sowie die Ladungsträgerdichten, ausgedrückt durch die Quadrate der Wellenfunktionen. In Austausch- und Überlappintegral tauchen dann jedoch Mischterme aus den Atomwellenfunktionen auf, die die Kopplung repräsentieren. 2.2.2 Austauschkonstante J Es wird nun die Energiedifferenz aus Triplett- und Singulettzustand, also aus parallelem und antiparalleler Orientierung der Spins der beiden Elektronen gebildet. Über diese Differenz wird die Austauschkonstante J definiert. ∆E = ET − E S = − J = 2 CS − A 1− S 2 Im Fall des Wasserstoffmoleküls ist J<0. Das bedeutet, dass der antiferromagnetische Singulettzustand stabil ist und den Grundzustand des Wasserstoffmoleküls beschreibt. Die Austauschkonstante J bzw. der Abb. 6.: Antiparallele Ausrichtung der Spins Austausch verschwindet ohne energetisch günstiger. [IBACH*] Überlapp (S=0, A=0) der Atomwellenfunktionen. Gleichzeitig fordert aber die HeitlerLondon-Näherung einen möglichst geringen Überlapp. 11/27 Seminar SS 2008 - Austauschwechselwirkung und Magnetismus 2.2.3 Heisenberg-Modell Für das Problem des Wasserstoffmoleküls lässt sich auch ein „effektiver Hamiltonoperator“ aufstellen, der zu jedem Singulett- bzw. Triplettzustand die entsprechenden Eigenwerte liefert (vgl. Abb. 7). Derart konstruiert, ergibt sich als Hamiltonoperator: v v 1 Hˆ eff = (E S + 3ET ) − (ET − E S ) ⋅ Sˆ a ⋅ Sˆ b 4 Dabei sind E S und ET die Energieeigenwerte für Singulettund Triplettzustand. Der zweite Summand entspricht dem sogenannten Spin-Hamiltonoperator (oder auch HeisenbergOperator): Hˆ Heisenberg v v = −∑ J ij ⋅ Sˆ i ⋅ Sˆ j Abb. 7.:Spinzustände für Singulett- und Triplettzustand. [WMI*] i< j Mit diesem Operator ist man in der Lage die paarweise Wechselwirkung magnetischer Momente durch die Austausch- oder Kopplungskonstante J und der relativen Ausrichtung der Spins modellhaft zu beschreiben. Nach obiger Definition ist für J>0 parallele Ausrichtung energetisch günstiger und für J<0 antiparallele Ausrichtung vorzuziehen. 2.3 Molekularfeld-Näherung Alternativ zur quantenmechanischem Betrachtung soll an dieser Stelle auch die erste quantitative Beschreibung ferromagnetischer Kopplung nicht außer Acht gelassen werden. Die Molekularfeld-Näherung führt auf den Weißschen Ferromagneten zurück. Pierre Weiß entwickelte bereits Anfang des 20. Jahrhunderts die Idee eines fiktiven Austauschfeldes. Das Austauschfeld Bex resultiert aus der Vorstellung, dass jedes magnetische Moment m das mittlere Moment der es umgebenden Momente wahrnimmt. v v Bex = γµ 0 M 12/27 Seminar SS 2008 - Austauschwechselwirkung und Magnetismus Auf diese Weise ist eine Beschreibung von ferromagnetischem Verhalten ohne Kenntnis der Austauschwechselwirkung möglich. Dennoch wird dieses Ergebnis nun genutzt um – auch im Vergleich zur Abschätzung der Dipol-DipolWechselwirkung – eine Vorstellung für die Größenordnung der Stärke der Kopplung zu bekommen. Tab. 3.: Experimentell ermittelte Größen ferromagnetischer Materialien. Ferro- und paramagnetische Curietemperatur TC und Θ , Curiekonstante C und Sättigungsmagnetisierung M S .[WMI*] Anhand obiger Tabelle (Tab. 3) ist es möglich die Größe des Austauschfeldes beispielsweise für Fe zu berechnen. Man erhält: v v T Bex = C µ 0 M ≅ 1030 T C Die Größenordnung des Austauschfeldes liegt also weit über im Labor erzeugbare Magnetfeldern. 2.3.1 Curie-Weiß-Gesetz Die Molekularfeld-Näherung liefert ebenfalls das bekannte Curie-Weiß-Gesetz, das in der Lage ist, den Übergang zwischen paramagnetischem und ferromagnetischem Verhalten zu beschreiben. Der Zusammenhang soll an dieser Stelle ohne weitere Herleitung nur angegeben werden: v χ= µ0M v B = C T − TC Unterhalb der CurieTemperatur TC verhält sich der Festkörper ferromagnetisch. Oberhalb von TC erhält man die typische Temperaturabhängigkeit für paramagnetische Materialien (vgl. Abb. 8). Abb. 8.: Suszeptibilität und inverse Suszeptibilität in Ab-hängigkeit von der Temperatur T. (links: paramagnetisches Verhalten, rechts: ferromagnetisches Verhalten [schraffiert] unterhalb der Curie-Temperatur TC ) [WMI*] 13/27 Seminar SS 2008 - Austauschwechselwirkung und Magnetismus 2.4 Delokalisierte Elektronen Um ein Modell für den Bandferromagnetismus z.B. in Eisen zu finden, ist einiges an Vorarbeit nötig. Im Folgenden werden delokalisierte Elektronen betrachtet. Für freie Elektronen gilt die Ein-Elektronen-Schrödingergleichung: − h2 2 v v v v ∇ ψ (r ) + U (r )ψ (r ) = Eψ (r ) 2m 2.4.1 Hartree-Gleichungen v Das Potential U (r ) in der obigen Schrödingergleichung soll nun die Wechselwirkung zwischen den freien Elektronen und das Rumpfpotential, das die Anziehung der Elektronen durch die Atomrümpfe beschreibt, enthalten. h2 2 1 1 e2 2 Hψ = ∑ − ∇ ψ − Ze ∑ vψ + ∑ v vψ v v 2m i 2 i ≠ j ri − r j i =1 R ri − R N 1 Hierbei beschreibt der Term Ze 2 ∑ v das anziehende elektrostatische Potential, v v R ri − R v das im weiteren mit U Rumpf (r ) bezeichnet und abgekürzt wird. Der letzte Term beschreibt die Elektron-Elektron-Wechselwirkung. Daraus findet man für jede Einelektronenwellenfunktion eine Schrödinger-Gleichung, die sogenannten Hartree-Gleichungen: h2 2 v v v v 1 v v − ∇ ψ i (r ) + U Rumpf (r )ψ i (r ) + e2 ∑∫ dr' ψ j (r ) v v ψ i (r ) = Eψ i (r ) . 2m r − r ' j In diesen Gleichungen findet der Spin der Elektronen noch keine Berücksichtigung. Die Hartree-Gleichung ist nur mittels Iteration lösbar. Man nimmt zunächst ein Rumpfpotential an und löst die Schrödinger-Gleichung ohne den v Wechselwirkungspart der Elektronen. Diese Lösung, ψ i (r ) , setzt man nun als erste v Näherung in das Elektron-Elektron-Potential an Stelle von ψ j (r ) ein und löst die Gleichung erneut. Dieser Vorgang wird solange wiederholt bis die Resultate sich noch geringfügig vom vorigen Iterationsschritt unterscheiden. Problematisch bei der Hartree-Theorie ist, dass man bei der Wechselwirkung der Elektronen eine grobe Näherung vornimmt: Diese resultiert daher, dass man die Wechselwirkung eines Elektrons mit einem Feld betrachtet, das aus Mittelung der Orte der anderen Elektronen, also der Gewichtung durch die Wellenfunktion dieser Elektronen entsteht. So kann man mittels Hartree-Gleichung eine Aussage darüber treffen wie sich die Konstellation von N-1 Elektronen auf ein einzelnes, herausgegriffenes Elektron auswirkt, jedoch nicht im umgekehrten Fall. 14/27 Seminar SS 2008 - Austauschwechselwirkung und Magnetismus 2.4.2 Hartree-Fock-Theorie Die Hartree-Gleichungen sollen nun um den Spin der Elektronen erweitert werden. Aus den Hartree-Gleichungen findet man mittels Variationsrechnungen den entsprechenden Ansatz für die Wellenfunktion der Elektronen: v v v v v v ψ (r1 s1 , r2 s 2 ,...rN s N ) = ψ 1 (r1 s1 ) ⋅ψ 2 (r2 s 2 ) ⋅ K ⋅ψ N (rN s N ) Man erhält also einen Produktansatz aus Einzelwellenfunktionen, die den Spin miteinbeziehen. Nach Pauli-Prinzip muss die Wellenfunktion jedoch bei Vertauschen zweier Elektronen antisymmetrisch sein: ψ (r1 s1 ,K , ri si ,K , r j s j ,K , rN s N ) = −ψ (r1 s1 ,K , r j s j ,K , ri s i ,K , rN s N ). v v v v v v v v Dies ist aber offensichtlich nicht der Fall, der obige Produktansatz ist also unvereinbar mit dem Pauli-Prinzip. Um diesen Missstand zu beheben, bedient man sich der Slater-Determinante. v v v ψ (r1 s1 , K, rN s N ) = v v ψ 1 (r1 s1 ) ψ 1 (r2 s 2 ) L ψ N (rN s N ) v v ψ 2 (r1 s1 ) ψ 2 (r2 s 2 ) M M M M M M v v v ψ N (r1 s1 ) ψ N (r2 s 2 ) L ψ N (rN s N ) Hier werden die mathematischen Eigenschaften der Determinante ausgenutzt. Durch Vorzeichenwechsel bei Vertauschung zweier Spalten wird die Antisymmetrieforderung erfüllt. Nach längerer Rechnung erhält man die Hartree-Fock-Gleichungen: h2 2 v e2 v v v v v v v − ∇ ψ i (r ) + U Rumpf (r )ψ i (r ) + U elψ i (r )− ∑ ∫ dr ' v v ⋅ψ *j (r ')ψ i (r ')ψ j (r ) δ si s j = ε iψ i (r ) m444444 r − r' j 124 4244444444 3 14 444444244444443 vgl . Hartree − Gleichungen Austauschterm 1 v Wobei U el = e 2 ∑ ∫ dr ' ψ j (r ) v v dem Wechselwirkungspotential der Elektronen r − r ' j aus dem vorigen Kapitel der Hartree-Gleichungen entspricht. Interessant und wichtig hierbei ist ein zusätzlicher Term (Austauschterm) zu den Hartree-Gleichungen, der wiederum Produkte aus unterschiedlichen Einzelwellenfunktionen beinhaltet, wie sie erstmals bei der Beschreibung des Wasserstoffmoleküls und der anschließenden Definition der Austauschkonstante aufgetreten sind. Die Gleichungen bleiben jedoch weiterhin unhandlich und eignen sich nur in Ausnahmen zur analytischen Beschreibung von Modellen. Ein Beispiel für die Anwendung wird im nächsten Kapitel betrachtet. 15/27 Seminar SS 2008 - Austauschwechselwirkung und Magnetismus 2.4.3 Anwendung: Hartree-Fock-Gleichungen für freie Elektronen Für freie Elektronen lassen sich die Hartree-Fock-Gleichungen entscheidend vereinfachen. Man benutzt einen Ansatz ebener Wellen und einer beliebigen Spinfunktion zur Beschreibung der freien Elektronen: v ψ i (r ) = e vv iki r V ⋅ f (Spin) Die Theorie der freien Elektronen besagt nun, dass Atomrümpfe und Elektronen dieselbe Ladungsdichte besitzen. Damit heben sich Rumpfpotential und das Potential aus der Elektron-Elektron-Wechselwirkung aus den Hartree-FockGleichungen genau auf und es bleibt nur der Austauschterm. Betrachtet man den Austauschterm für alle Zustände bis zur Fermi-Energie erhält man für die Ein-Elektronenenergie folgenden Zusammenhang: ε (k ) = k h 2 k 2 2e 2 − k F ⋅ F 2m π kF mit F (q ) = 1 1− q2 1+ q + ln . 2 4q 1− q Abb. 9.: Plot der Funktion F (q ) . Die Steigung der Funktion divergiert bei Für N Elektronen summiert man über die q = 1 bzw. bei k = k F . gesamte Fermi-Kugel. Der erste Summand muss wegen der doppelten Besetzungsmöglichkeit eines Zustandes (beide Spineinstellungen nach Pauli-Prinzip) mit dem Faktor 2 versehen werden. Der Austauschterm erhält einen Faktor ½, da sonst zugleich die Wechselwirkung zwischen dem i-ten und j-ten Elektron und umgekehrt mit einfließen würden: k h2k 2 e2 E (k ) = 2 ∑ − ∑ k F ⋅ F k < k F 2m k <kF π kF Der erste Teil beschreibt die Energie in Abhängigkeit von k, wie sie für freie Elektronen bekannt ist. Der zusätzliche zweite Term führt zu einer Absenkung der Gesamtenergie durch die Wechselwirkung der Elektronen untereinander. Nach weiterer Rechnung ergibt sich für die Energie von N-Elektronen folgender Ausdruck: 3 3 e2kF E (k ) = N E F − 4 π 5 . Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Wechselwirkung der freien Elektronen zu einer Energieabsenkung führt, die im weiteren Verlauf noch genauer betrachtet werden muss. 16/27 Seminar SS 2008 - Austauschwechselwirkung und Magnetismus 2.5 Bandferromagnetismus 2.5.1 Austauschloch Nachdem nun durch die Hartree-Fock-Theorie eine Energieabsenkung durch die Wechselwirkung freier Elektronen gezeigt worden ist, beschäftigt man sich mit dem speziellen Problem zwei freier Elektronen mit paralleler Spineinstellung. Durch die parallele Ausrichtung muss nach dem Pauli-Prinzip die Ortswellenfunktion antisymmetrisch sein. ψ ij = 1 V 2 (e vv ik i ri ⋅e v v ik j r j −e vv ik i r j ⋅e v v ik j r j ) Berechnet man aus diesem Ansatz für die Wellenfunktion dieser beiden Elektronen mit parallelem Spin die Aufenthaltswahrscheinlichkeit in den jeweiligen Volumenelementen, so erhält man: v v 2 ψ ij dri dr j = ( [( ) ]) v v v v 1 v v 1 − cos k i − k j (ri − r j ) dri dr j . 2 V Man erkennt sofort, dass die Aufenthaltswahrscheinlichkeit verschwindet, wenn sich v v beide Elektronen am selben Ort befinden. Denn für ri = r j .wird das Argument der Cosinus-Funktion 0. Nun greift man sich ein Elektron heraus und hält es fest, das sogenannte Aufelektron. Für die Wahrscheinlichkeit ein parallel orientiertes weiteres Elektron im v Abstand r von jenem Aufelektron zu finden, ergibt sich: v P (r ) ↑↑ ( [( ) ]) v v v v = n↑ dr 1 − cos k i − k j r Daraus lässt sich ein Ausdruck für die Ladungsträgerdichte ermitteln, die man vom Aufelektron aus wahrnehmen würde: v v v en ρ= 1 − cos k i − k j r . 2 ( [( ) ]) Dieses Ergebnis kann man über die Fermikugel mitteln und erhält eine effektive Ladungsträgerdichte: Abb. 10.: Effektive, normierte Ladungs2 9 [sin (k F r ) − k F r cos(k F r )] trägerdichte in Abhängigkeit des Abstands aus der Sicht eines Elektrons in freiem ρ eff = en1 − 6 2 ( ) k r F Elektronengas. [WMI*] Diese effektive Ladungsträgerdichte ist in nebenstehender Abbildung illustriert, allerdings normiert auf die Gesamtladungsträgerdichte en . Außerdem beinhaltet die effektive Dichte beide Orientierungen: parallel und antiparallel. Die Elektronendichte mit gleicher Spinrichtung in der Umgebung des Aufelektrons ist reduziert, was zu einer Energieabsenkung des Aufelektrons wegen reduzierter Coulombabstoßung führt. 17/27 Seminar SS 2008 - Austauschwechselwirkung und Magnetismus Das Austauschloch entspricht Ferromagnetismus ist gefunden. einer positiven Kopplung, ein Modell für 2.5.2 Stoner-Kriterium Um verstehen zu können, warum bei Eisen, Kobalt und Nickel ferromagnetische Kopplung der magnetischen Momente bevorzugt wird, wird nun nochmals die Zustandsdichten der beiden Subsysteme für Spin-Upund Spin-Down-Elektronen betrachtet (Abb. 11). Schnell einleuchtend ist, dass ferromagnetische, d.h. parallele, Ausrichtung der Spineinstellung der Elektronen dann geschieht, wenn es energetisch günstig ist. Eine einfache Abschätzung führt bereits zu Abb. 11.: Spin-Down-Elektronen einem Kriterium, das feststellt, wann eine besetzen Spin-Up-Zustände. [WMI*] parallele Ausrichtung, also eine ferromagnetische Ordnung, energetisch sinnvoll und somit auch angenommen wird: Wenn also der Energiegewinn, in diesem Fall die charakteristische potentielle Energie U, größer ist als der Energieaufwand, den man in Form kinetischer Energie investieren muss, wird parallele Ausrichtung der Spins bevorzugt. Es ist ein erstes Kriterium gefunden. 1 U > δE (D ) ∝ und daraus U ⋅ D(E ) > 1 . D (E ) Ebenso kann man die auftretenden Energien genauer betrachten und für den vorliegenden Fall bestimmen, um ein Elektron vom Spin-Down-Zustand in einen Spin-Up-Zustand zu überführen. Durch Änderung eines Spin-Down- in ein Spin-Up-Elektron wird anschaulich die Fermikugel vergrößert (s. Abb. 12), da nicht mehr jeder Zustand doppelt (mit unterschiedlicher Spin-Einstellung) besetzt werden kann. Es muss also kinetische Energie aufgewendet werden. Abb. 12.: Links: Alle Zustände innerhalb der Fermi-Kugel sind mit Spin-Up- und Spin-Down-Elektronen besetzt. Rechts: Umverteilung zu einer Spinsorte führt zu Aufweitung der Fermi-Kugel, also zu einer Erhöhung der kinetischen Energie. [FU Berlin*] 18/27 Seminar SS 2008 - Austauschwechselwirkung und Magnetismus Aus Abb. 11 kann die Anzahl der Elektronen, die über die Fermi-Energie „angehoben“ wird, abgelesen werden. Daraus lässt sich die Änderung der kinetischen Energie bestimmen: 1 2 ∆E kin = δN ⋅ δE = D(E F ) ⋅ (δE ) 2 Die Ausbildung eines inneren Molekularfelds durch das Übergewicht einer Spinsorte und der daraus resultierenden Magnetisierung 1 M A = − g s µ B (n↑ − n↓ ) 2 ist Ursache für die Änderung der potentiellen, magnetischen Energie: BA 1 ∆E pot = −V ∫ M dB = −V µ 0γ M A2 und. 2 0 mit dem Molekularfeld B A = µ 0 γ M A und der charakteristischen Energie U = µ 0 µ B2 γ . Die jeweiligen Ladungsträgerdichten berechnen sich zu: N ´1 n↑↓ = ± D(E F )δE . 2V 2V Eingesetzt erhält man dann für die Änderung der potentiellen Energie: 1 2 2 ∆E pot = − UD (E F ) (δE ) . 4 Stellt man nun die Energiebilanz auf, erhält man 1 1 2 ∆E = ∆E kin + ∆E pot = D(E F ) ⋅ (δE ) ⋅ 1 − UD(E F ) . 2 2 Aus diesem Ausdruck kann man das bekannte Stoner-Kriterium ablesen: 1 UD(E F ) > 1 . 2 Die einzigen Elemente, die bei Zimmertemperatur das Stonerkriterium erfüllen sind: Fe (1,43), Co (1,70) und Ni (2,04). Bei diesen Elementen ist gerade die Zustandsdichte an der Fermi-Energie, D(E F ) , besonders groß, was für die Ausbildung ferromagnetischer Ordnung sehr zuträglich ist. Zur Berechnung der Suszeptibilität betrachtet man den Einfluss eines äußeren Magnetfeldes auf die Energiebilanz: 1 M 2 D (E F ) 1 ∆E = ⋅ 1 − UD(E F ) − MBext 2 2 µB V 2 Das Maximum der Magnetisierung findet man durch Ableiten nach M, χ= µ0 M Bext = µ 0 µ B2 D(E F ) V ⋅ 1 1 1 − UD(E F ) 4242443 1 = χP ∂∆E = 0: ∂M 1 1 − UD(E F ) 2 Stoner − Faktor 1 Für UD(E F ) = 1 divergiert der Ausdruck für die Suszeptibilität, dies führt, ähnlich wie 2 bei der ferroelektrischen Polarisationskatastrophe, zu ferromagnetischer Ordnung. 19/27 Seminar SS 2008 - Austauschwechselwirkung und Magnetismus 3 Magnetische Anregungen Nachdem nun in den vorangegangenen Abschnitten ein Modell zur Beschreibung für den Bandferromagnetismus entwickelt worden ist, widmet sich dieses Kapitel den magnetischen Anregungen. Magnetische Anregungen beschreiben Änderung der Magnetisierung eines Ferromagneten unterhalb der Curie-Temperatur TC . Hierzu stellt man sich zunächst den magnetischen Grundzustand vor, in dem alle magnetischen Momente parallel ausgerichtet sind (s. Abb. 13a). Eine mögliche Form der Anregung wäre das Umklappen eines einzelnen magnetischen Moments (s. Abb. 13b). Im folgenden sollen jedoch vornehmlich zwei Anregungsmöglichkeiten diskutiert werden. 3.1 Spinwellen Abb. 13.: Möglichkeiten magnetischer Anregung. (a) Spinwellen beschreiben die beschreibt den Grundzustand, (b) das Umklappen Form der Anregung derart, eines magn. Momentes, (c+d) zeigen die kollektive dass nicht ein einzelnes Reduktion des Betrages der gekoppelten Momente Moment umgeklappt wird, durch Oszillation der Momente in der Ebene. [WMI*] sondern dass das magnetische Gitter kollektiv angeregt wird. Die Anregung verteilt sich also über den gesamten Kristall und reduziert den Betrag aller magnetischen Momente. Spinwellen sind definiert als Oszillationen der relativen Orientierung von magnetischen Momenten auf einem Gitter. Ähnlich wie bei der Diskussion der Gitterschwingungen betrachtet man die Spinwellen als Quasiteilchen, sogenannte Magnonen (vgl. Phononen). Aus dem Heisenberg-Modell lässt sich die Energie für das Umklappen eines magnetischen Momentes bestimmen, hier Anregungsenergie genannt. Der Wert der Anregungsenergie ist offensichtlich doppelt so groß wie die Kopplungsenergie zweier benachbarter Spins. Für die Kopplungsenergie erhält man gemäß HeisenbergModell: v v vv v v v E = −2 J A (S i −1S i + S i S i +1 ) = −2 J A S i (S i −1 + Si +1 ) = −4 J A S 2 und somit eine Anregungsenergie von ∆E = 8 J A S 2 . Betrachtet man nun die Spinwelle als Kette von Spins inklusive Wechselwirkung mit dem nächsten Nachbarn, verfährt man ähnlich wie bei der Betrachtung der Gitterschwingungen und es wird im folgenden schnell ersichtlich, dass auch schon 20/27 Seminar SS 2008 - Austauschwechselwirkung und Magnetismus Energien, die deutlich kleiner als die oben berechnete Anregungsenergie sind, ausreichen um die magnetische Anregung zu vollziehen. v v v v Aus der Kopplungsenergie und der Austauschenergie E = − µi B A = − g S µ B Si B A erhält man für das Austauschfeld: v v 2J A v BA = − (Si −1 + Si +1 ). gs µB Unter Hinzuschalten eines externen Magnetfeldes ergibt sich für das effektive magnetische Feld: v v v Beff = BA + Bext . Behandelt man das Problem nun semi-klassisch, so entspricht die zeitliche Ableitung v des Drehimpulses hSi dem am jeweiligen Spin angreifenden Drehmoment: v v v v v v dS i v v h = (µ i × Beff ) = − g S µ B (S i × Beff ) + 2 J A S i × (S i −1 + S i +1 ) dt [ ] Man vereinfacht diese Differentialgleichung durch geschickte Wahl der Richtung des v äußeren Feldes Bext = (0,0, B z ) und dadurch, dass man tiefe Temperaturen voraussetzt. Dadurch ist ein Zustand beinahe vollständiger paralleler Ausrichtung der magnetischen Moment entlang des externen Feldes gewährleistet und man erhält Differentialgleichungen für alle drei Spinkomponenten in kartesischen Koordinaten: dSi ,x dt dS i , y dt =− g s µB B 2J S Si , y − A (2Si, y − Si −1, y − Si +1, y ) h h =− gs µB B 2J S S i , x − A (2 S i , x − S i −1, x − S i +1, x ) h h dS i , z dt =0 Mit einem Ansatz ebener Wellen für die x- und y-Komponenten des Spins S i , x / y = S x / y ⋅ e i ( ksa−ωt ) ergibt sich ein Gleichungssystem der Form: iω S x − β S y = 0 β S x + iω S y = 0 Als Lösung erhält man ω 2 = β 2 und erkennt gleichzeitig, dass eine feste Phasenbeziehung zwischen der x- und y-Komponente des Spins besteht: iS x = S y . Die Dispersionsrelation von Magnonen lautet: 21/27 Seminar SS 2008 - Austauschwechselwirkung und Magnetismus ω= g s µ B B 4J A S + (1 − cos(ka )) h h Dieser Ausdruck kann für kleine ka, also für große Wellenlängen, entwickelt werden. In diesem Fall ist die Dispersion für kleine k quadratisch in k: ω ∝ k2. Demnach sind magnetische Anregungen für beliebig kleine Energien möglich. Am Zonenrand ( k = π a ) findet man das Ergebnis für die Anregungsenergie ( ∆E = 8 J A s 2 ) Abb. 14.: Dispersionsrelation wieder, die Vorhersagen werden magnetischen Magnonen. [WMI*] also bestätigt. von ferro- 3.2 Stoner-Anregungen Im Vergleich zur kollektiven Anregung, den Spinwellen, handelt es sich bei Stoner-Anregungen um Einzelelektronenanregungen. Die minimale Energie, um ein Elektron des Majoritäts-Spinbandes in das Minoritäten-Spinband anzuregen, wird definiert als Stoner-Lücke ∆ . Dabei entspricht ∆ genau dem Abstand zwischen der Oberkante des Majoritäts-Spinbandes und der Fermi-Energie E F . Dies wird in nebenstehender Abbildung (Abb. 15) anschaulich gemacht. Abb. 15.: Stonerlücke als Differenz zwischen FermiEnergie und MajoritätsSpinband-Oberkante (hier: Spin-Up-Elektronen). [WMI*] 22/27 Seminar SS 2008 - Austauschwechselwirkung und Magnetismus Die in Spin-Up- und Spin-Down-Elektronen unterteilte Bandstruktur führt dazu, dass viele unterschiedliche Möglichkeiten für die Anregung eines Elektrons existieren. Abb. 16 zeigt den Verlauf der Energiebänder in Abhängigkeit des Wellenvektors des Elektrons. Passend zur Stonerlücke lässt sich der minimale Wellenvektor q min aus diesem Schaubild ablesen. I entspricht der Austauschaufspaltung. Es gilt: I = z ⋅ J A . Diese Abb. 16.: Verlauf der Energie- Energie ist demnach abhängig von der Zahl der bänder in Abhängigkeit des nächsten z und der Nachbarn Wellenvektors des Elektrons. Austauschkonstante J . A [WMI*] Für q ≠ 0 erhält man aus den vorangegangen Überlegungen also ein Spektrum für mögliche Anregungen. Für q = 0 bleibt als einzige Anregungsmöglichkeit die erwähnte Austauschaufspaltung I . In Abb. 17 sind beide diskutierten magnetischen Anregungen in einem Schema zusammengefasst. Die Einzel-Elektronenanregung mit SpinUmkehr, eine Stoneranregung, benötigt eine minimale Energie ∆ . Unterhalb stellen nur SpinWellen mögliche Anregungen dar. Oberhalb der Stonerlücke beginnen die Abb. 17.: Dispersionsrelation von Einzelelektronen-Anregungen zu dominieren. Für kleine k bleibt es weiterhin bei einer Spinwellen und das Spektrum der quadratischen Abhängigkeit der Stoneranregungen. [WMI*] Dispersionsrelation der Spinwellen, dort dominiert diese Form der magnetischen Anregung. Die Abweichungen (rote Kurve) von der Dispersionsrelation, entstehen durch Effekte, die aus Wechselwirkung mit den übernächsten Nachbarn entstehen. Die in Abb. 18 schraffiert dargestellte, theoretische Verbreiterung resultiert aus erwarteten Wechselwirkung der Spinwellen mit Stoner-Anregungen. Abb. 18.: Experimentell ermittelte Dispersionsrelation magnetischer Anregungen in Nickel. [WMI*] 23/27 Seminar SS 2008 - Austauschwechselwirkung und Magnetismus 4 Indirekter Austausch In diesem abschließenden Kapitel wird der indirekte Austausch phänomenologisch beschrieben. Tiefgehende physikalische Betrachtungen würden den Rahmen dieser Ausführungen sprengen. Als indirekten Austausch bezeichnet man die Kopplung magnetischer Momente, die nicht in direktem Kontakt stehen. Zwischen zwei gekoppelten Momenten tritt jeweils ein „Vermittler“ auf, der für die Kopplung unabdingbar ist. Die folgenden drei Fälle unterscheiden sich also hauptsächlich hinsichtlich dieses Vermittler. Super- und Doppelaustausch basieren auf Vermittlung durch ein diamagnetisches Zwischenion. Die RKKY-Wechselwirkung entsteht durch Polarisation von delokalisierten Elektronen, die in diesem Fall die Vermittlerrolle übernehmen. 4.1 Superaustausch Der Superaustausch beschreibt die Spinkopplung über ein diamagnetisches Zwischenatom. Hier soll diese Art des indirekten Austauschs anhand des Beispiels von Manganoxid (Mn2+O2) erörtert werden. Der Superaustausch tritt z.B. auch auf bei MnO und MnS. In Abb. 19 wird verdeutlicht, dass der nächste Nachbar eines magnetischen Mangan-Ions jeweils ein Sauerstoff-Ion ist. Die magnetischen Momente besitzen einen großen Abstand, dadurch muss der Austausch zwischen eben diesen indirekter Natur sein. Abb. 19.:Kristallstruktur von Mn2+O2 (vgl. NaCl). Magnetische Momente in großem Abstand. Nächstgelegene jeweils antiparallel ausgerichtet. [WMI*] Um das Phänomen des Superaustauschs erklären zu können, sieht man sich die Orbitale der beteiligten Ionen genauer an: Nach dem Pauli-Prinzip ist die Spineinstellung im Sauerstoff-Ion antiparallel, dadurch kommt es zur antiparallelen Kopplung zwischen den benachbarten Mangan-Ionen. Die Orbitale werden gemäß Hundscher Regeln besetzt. Der Überlapp der Orbitale bestimmt die Abb. 20.:Überlapp der Orbitale beim Stärke dieses Effektes. In Abb. 20 erkennt Superaustausch. [WMI*] man zwei Beispiele für unterschiedlichen Überlapp. Der σ -Transfer führt zu einer stärkeren Kopplung als der π -Transfer. 24/27 Seminar SS 2008 - Austauschwechselwirkung und Magnetismus Bei dieser Form der Anordnung – alle Ionen in einer Linie – spricht man vom 180°Superaustausch. 4.2 Doppelaustausch Wie auch im vorigen Kapitel, beim Superaustausch, handelt es sich beim betrachteten Beispiel für den Doppelaustausch wiederum um ein Mangan-Oxid. Der Vermittler, das Sauerstoff-Ion, bleibt unverändert. In diesem Fall betrachtet man jedoch Mangan-Ionen gemischter Valenz. Ein beteiligtes Mangan-Ion verfügt also über ein zusätzliches Elektron. Abb. 21.: Veranschaulichung des Doppelaustauschs. [WMI*] Aus Abb. 21 wird das Prinzip deutlich: Für das überschüssige Elektron ist ein Wechseln über das Sauerstoff-Ion hinweg auf den freien Platz im Mn4+-Ion energetisch günstig, es muss keine Energie zur Überwindung der Hundschen Kopplung aufgewendet werden. Überträgt man dieses Prinzip auf eine Kristallstruktur wird deutlich, dass die Wellenfunktion dieses Elektrons verschmiert, es befindet sich als delokalisiertes Elektron frei beweglich im Kristall. Bedingt durch die ferromagnetische Ordnung erhält man durch den Doppelaustausch also eine Leitfähigkeit des Materials. 25/27 Seminar SS 2008 - Austauschwechselwirkung und Magnetismus 4.3 RKKY- Wechselwirkung Nun werden lokalisierte magnetische Momente im Fermigas betrachtet. Die delokalisierten Elektronen schirmen das lokalisierte Moment ab oder richten sich parallel dazu aus. Dieser Effekt wird durch die Friedel-Oszillationen beschrieben. Je nachdem, an welcher Stelle man nun ein zweites lokalisiertes Moment setzt, stellt man eine parallele oder antiparallele Ausrichtung bezogen auf das erste Moment fest. Abb. 22.: Abstandsabhängige Kopplung lokalisierte Momente in Umgebung von delokalisierten magnetischen Momenten. [WMI*] Der Austausch oszilliert also mit dem Abstand der beiden lokalisierten Momente. Es lässt sich zeigen, dass die Kopplungskonstante J folgendermaßen vom Abstand r abhängt: J∝ 1 cos(2k F rij ) rij3 Der mathematische Grund für die Oszillationen rührt in den Berechnungen daher, dass man eine Fouriertransformation der Ladungsverteilung an der Fermikante vornimmt. Dadurch kommt es zu den Oszillationen im Ortsraum. Erwähnenswert ist ebenfalls, dass es sich bei der RKKY-Wechselwirkung um einen relativ langreichweitigen Effekt handelt: Ein Einfluss auf die Kopplung ist über mehrere Gitterkonstanten messbar. 26/27 Seminar SS 2008 - Austauschwechselwirkung und Magnetismus 5 Fazit Die Austauschwechselwirkung ist keine „neue“ Wechselwirkung. Als wichtige Aussage der Theorie zur Austauschwechselwirkung ist in jedem Falle festzuhalten, dass es sich bei dieser Art der Wechselwirkung um eine Kombination aus Pauli-Prinzip und Coulomb-Wechselwirkung handelt. In den vorangegangenen Kapiteln hat man allerdings auch feststellen dürfen, dass die entsprechenden Phänomene physikalisch wie auch mathematisch nur schwer zu fassen sind. Die umständliche Handhabung der Hartree-Fock-Theorie ist nur ein Beispiel für die Komplexität der Probleme, deren Lösung nur in den wenigsten Fällen auf analytischem Wege geschehen kann. Die Molekularfeldnäherung und deren Austauschfeld-Idee ist allerdings ein gutes Beispiel, dass auch simple Überlegungen gute Abschätzungen für Anwendungen der Festkörperphysik liefern können. Diese Näherung wird – trotz offensichtlicher Schwächen - noch heute verwendet, um brauchbare Vorhersagen zu magnetischem Verhalten von Materialien zu verwenden. 6 Quellen Im Rahmen der Vortragsvorbereitung und auch dieser schriftlichen Ausführung sind die folgenden Arbeitsmaterialien verwendet worden. Literaturliste: Ashcroft/Mermin, Festkörperphysik, Kap. 17, 32, 33 (S. 417-436, 853-920) Crangle, Solid State Magnetism, 7.1.3, 7.1.4 Ibach/Lüth, Festkörperphysik, Kap. 8 (S 191-220) Kittel, Einführung in die Festkörperphysik Kopitzki/Herzog, Einführung in die Festkörperphysik, 5.3-5.3.3 Nolting, Quantentheorie des Magnetismus, 5.1.1, 5.3 30. Spring School IFF Jülich, Magnetische Schichtsysteme, A1 Skripte des Walter-Meißner-Instituts, München, http://www.wmi.badw-muenchen.de Bildquellen: [WMI*] http://www.wmi.badw-muenchen.de/teaching/lecturenotes/ [MMCh*] http://www.mmch.uni-kiel.de/supraleiter/supra_folien_2.htm [FU Berlin*] http://www.diss.fu-berlin.de/2002/34/f-Kapitel1.pdf 27/27