Kultur deutsche Erstaufführung in den Kammerspielen des Bochumer Schauspielhauses heraus. Er will den schwierigen Stoff zu einer „kleinen ines Tages taten sich der israsymphonischen Dichtung“ elische Theaterprovokateur bündeln. Thema ist der spieJoshua Sobol („Ghetto“) und der ßige Bildungsbürger: Der TerJournalist Niklas Frank zusamror kommt aus den Wohnmen, um Franks postumen Vastuben, aus der Behaglichtermord für das Theater aufzukeit wächst das Böse, der bereiten. Aber rasch wurde klar: Mörder hört Klassik. Die alpEs konnte nicht leise zugehen. traumhafte Abrechnung des Zu monströs war die Figur von Sohnes, dieses „Rauskotzen Hans Frank, Hitlers Generalder Erinnerungen“, erzähgouverneur im besetzten Polen, le auch von Niklas Franks der 1946 gehenkt wurde, zu züzwiespältiger Faszination gegellos war die Wut seines Sohgenüber dem Vater, sagt Uwe nes, die der sich 1987 von der Dag Berlin. „Die BesserwisSeele schrieb („Der Vater. Eiser-Haltung des Sohnes hat ne Abrechnung“). Entsprechend mir nicht besonders gefalviel Lärm machte die „blutige Hans Frank len.“ Bei allem makabren Komödie“, deren Uraufführung 1995 bei den Wiener Festwochen ein ful- Humor im Stück will er sich nicht über die minanter Flop war. Am 7. Februar bringt Figuren lustig machen. Und die exhibitionun der Schauspieler und Regisseur Uwe nistischen Exzesse des Sohnes sind ihm Dag Berlin, 37, das Stück „Der Vater“ als einfach „ein bißchen zu laut“. T H E AT E R Böse Spießer M. EHLERT / DER SPIEGEL E Selbstporträt „P is for Poodle“ (1982), „AIDS“ (1988) BILDBAND Schön, reich und berühmt N ichts ist so populär wie das Paradoxe. Oder besser: Das Paradoxe ist Pop. Zwischen ironisch gebrochener Selbststilisierung und ihrem Wirken als Kunstkollektiv gab es für AA Bronson, Felix Partz und Jorge Zontal keinen Widerspruch. General Idea (G. I.) nannten sie ihre Künstlergruppe im kanadischen Toronto, und sie waren in mehr als einer Hinsicht ihre eigene Erfindung. „Wir wollten schön, reich und berühmt sein. Das heißt, wir wollten Künstler sein, und wir wußten, wenn wir berühmt und glamourös wären, könnten wir sagen, wir seien Künstler, und wären es.“ Das Spiel der Namen, Zeichen und Verweise: Mit ihren Pseudonymen schufen sich die drei eine Identität, die in ihren Arbeiten hinter dem Gruppennamen verschwand. Ihre Happenings, Videos und Gemälde waren wie Placebos. Original oder Fälschung? Wichtig war nur die Wirkung. Stephan Trescher schildert in einer ersten großen Monographie („Die kanadische Künstlergruppe General Idea“. Verlag für moderne Kunst; 85 Mark) den künstlerischen Werdegang der Gruppe von realen Schaufensterauslagen, die sie 1969 nachbauten, bis zu Aidsbildern Ende der Achtziger, bitter-ironischen Paraphrasen der Hippie-Ikonographie. „Image is virus“ – dieses Leitmotiv von G. I. gewann mit Aids eine andere Bedeutung. Wie eine düstere Vorahnung wirkt da das 1982 entstandene Selbstporträt „P is for Poodle“: Anders als auf den Bildern rammelnder Pornopudel aus der gleichen Zeit scheint hier hohläugig der Tod durch. Jorge Zontal und Felix Partz starben 1994 innerhalb weniger Monate an den Folgen der Immunschwächekrankheit. d e r s p i e g e l 6 / 1 9 9 7 Am Rande In der Männerpassion ossini“ – Helmut Dietls Erfolgsfilm glänzt nicht nur hell im KerzenR schein ästhetischer Vollendung. Wissend, voller Selbstironie gibt dieses Kino die dunklen Seiten des Mannes preis: Vorsicht, Mädels. Die Kerle mittleren Alters und gehobenen Einkommens, sagt Dietl, haben ihre eigene Verkehrsregelung. Die klingt paradox: Liebe ist das lustvolle Genießen ihrer Unmöglichkeit. Die saturierten ArtusRitter an Rossinis Tafelrunde sind verliebt in ihre Liebesunfähigkeit. Welch wunderbares Spiel! Der Mann kann in theatralischen Gefühlen schwelgen, seine Wunden lecken, sich bedauern, und die Frauen mit ihren Verschmelzungsgelüsten sind fern, werden Symbole wie der Gral und sein Inhalt. Die Mädchen sind am berückendsten, wenn sie entrückt sind. Dietl und Patrick Süskind, literarisch der Tradition verpflichtet, finden lauter schöne Märchenorte für die entwirklichte Frau: den Felsen der Loreley, das Von-hinter-den-sieben-Bergen-komm’-ich-Her des Schneewittchens. Veronica Ferres läßt ihr Blondhaar wallen, die Männer haben sie auf den vakanten LoreleyFelsen gesetzt, nachdem ihre rotschwarze Vorgängerin Gudrun Landgrebe selbstmörderisch dem symbolischen Dienst am Mann entflohen ist, weil es so einsam da droben war. Und drunten können die Herren Fischer so richtig im Rhein planschen, mit den Kähnen nach Herzenslust gegen die Felsen krachen. Das macht Spaß, und die Frauen sind auch noch schuld. Die seelischen Kosten der Liebe, meldet Dietl, lassen sich im Zeitalter des Narzißmus gut weginszenieren. Alte 68er-Böcke sind besonders ausgekochte Profis in der Kunst des Scheiterns. Als es damals mit den Weibern nicht klappte, war der Feminismus der Grund. Nun liegt es an den inneren Abgründen: Männer sind so empfindlich. Wo die Seele zu tun hat, kann sich der Schwanz um so befreiter regen. Ein angenehmer Nebeneffekt des Selbstmitleidstheaters liegt darin, daß sich der Herr beim Sex auf das eine konzentrieren kann, nachdem sie sich in seine Männerpassion einquartiert hat. Die Im-Grunde-kann-ich-Frauen-nicht-verstehen-Falle ist die geilste Waffe aus Machos Trickkiste: Männer spielen den an der Frau Leidenden, aber weinen darf sie. Solche Passionsaufführungen gehören in ein schnuckeliges Hotel in Oberammergau. Frauen, flehen die Männer vor Freude und Erregung glucksend, erbarmt euch über uns. Erst blindlings und dann rittlings. 185