Zur Anwendung des Präparates „UKRAIN“ in der Krebstherapie

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(2). Thiotepa soll eine Carrierfunktion
für diese Alkaloide hin zur Tumorzelle
übernehmen. Eine selektive Gewebeanreicherung im Tumor für die nicht exakt beschriebene Koppelung von Thiotepa mit Schöllkrautalkaloiden ist eher
unwahrscheinlich und keineswegs bewiesen.
Verschiedene „Begleiterscheinungen“
wie Schwindel, Übelkeit, Erbrechen,
Schwitzen, Depressionen, Schlafstörungen und lokale Sensationen in Tumorgebieten werden als Ausdruck eines Wirkungsnachweises von Ukrain verstanden.
Die Ursache hierfür soll in frei werdenden Tumorgewebstoxinen liegen.
B U N D E S Ä R Z T E K A M M E R
Mitteilungen
Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft
Zur Anwendung des Präparates „UKRAIN“
in der Krebstherapie
Gemeinsame Stellungnahme der Arzneimittelkommission der
deutschen Ärzteschaft und der Deutschen Krebsgesellschaft e.V.
Die AkdÄ und die Deutsche Krebsgesellschaft e.V. wurden in letzter Zeit aus
Fachkreisen wiederholt um Stellungnahme zum derzeit wieder stark beworbenen
Präparat Ukrain hinsichtlich seiner Wirksamkeit bei malignen Erkrankungen gebeten. Bereits 1989 hatte die AkdÄ kritisch über die nicht belegte Wirksamkeit
dieses Mittels informiert (1).
Zusammensetzung
Ukrain ist ein semisynthetisches Mischpräparat aus Alkaloiden des Schöllkrautes und dem bekannten Zytostatikum
Thiotepa. Eine Ampulle Ukrain zur parenteralen Anwendung enthält 5 mg Chelidonium majus L.-Alkaloid-Thiophosphorsäurederivat (in 5 ml bidest. Wasser)
(2, 3).
Nach der im „Drugs of the Future“
1993 publizierten Struktur wurde das
alkylierende Thiotepa unter Öffnung der
3-Aziridinringe über die Ethylgruppen
mit dem Alkaloid-Stickstoff von drei
Molekülen Chelidonin verbunden. Das
Präparat enthält mehrere Alkaloide. Angaben über die Reinheit der Alkaloide,
ob einzelne Bestandteile oder ein Gesamtextrakt verwendet werden, existieren nicht. In der oben genannten Dokumentation findet sich kein Hinweis auf
eine Abgrenzung von Ukrain gegenüber
den Einzelkomponenten (4).
Die vorgeschlagene Dosierung beträgt
30 mg/m2 Körperoberfläche/Woche. Eine
Behandlung mit Ukrain wird meistens
mit 10 mg/d beziehungsweise 100 mg pro
Therapiezyklus durchgeführt. Die Kosten hierfür betragen circa 5 000 bis 7 000
DM pro Woche (5).
Ukrain ist laut Auskunft des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte in der BRD nicht zugelassen. Außerhalb der EU scheint eine Zulassung als Arzneimittel zu existieren
(Weißrussland), wobei die Datenlage zur
Erlangung der Zulassung hier nicht exakt
bekannt ist und möglicherweise den anerkannten EU-Standards nicht genügt. Die
AkdÄ hat das Bundesministerium für
Gesundheit (Bonn) um Aufklärung gebeten, ob für Ukrain in Weißrussland eine Zulassung besteht.
Anwendungsgebiete/Nebenwirkungen
Entwicklung und Herstellung
Ukrain wird vom Hersteller bei nahezu
allen Tumoren (mit Ausnahme von Malignomen des ZNS), auch bei Präkanzerosen und unter Umständen bei benignen
Tumoren empfohlen.
Eine einheitliche Wirkungstheorie wird
nicht vorgelegt (2). Man postuliert einen
Krebszell-spezifischen Effekt der Alkaloide und immunologische Wirkungen
Ukrain wurde von dem Ingenieur J. W.
Nowicky entwickelt (Nowicky Pharma,
Wien, Österreich). Das Herstellungsverfahren ist in Österreich patentrechtlich
registriert, die Konzession zur Herstellung von zur arzneilichen Verwendung
bestimmten Stoffen ist beschränkt auf
neue Salze von Alkaloidderivaten von
Thiophosphorsäure. Der Standort 1040
Wien, Margaretenstraße 7, ist auf die
Ausübung des Bürobetriebes beschränkt.
Eine Zulassung von Ukrain als Arzneimittel liegt bisher auch in Österreich
nicht vor. Vielmehr hat nach Erkenntnissen der AkdÄ das Österreichische Bundesministerium bis heute die Anwendung
von Ukrain außerhalb einer klinischen
Prüfung untersagt, da ein Wirksamkeitsnachweis nicht erbracht und mangels vorgelegter Unterlagen auch keine NutzenRisiko-Bewertung durchgeführt werden
konnte. Wegen mangelhafter Datenlage
ist laut Wissen der AkdÄ bisher Ukrain
weder in Österreich noch in Deutschland
zur klinischen Prüfung angenommen
worden.
Kosten
Das 8. Fortbildungsseminar der Bundesärztekammer
findet vom 7. bis 15. September 2001 in Würzburg in der Fachhochschule
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zum Beispiel am 10. September
Ärztliche betriebliche Gesundheitsförderung
Leitung: Dr. Uwe Gerecke, Niedersächsischer Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte e.V., Hannover
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Zulassungsstatus
Internetpräsenz
Ukrain wird Ärzten und Privatpersonen
im Internet (6) u. a. wie folgt vorgestellt:
Deutsches Ärzteblatt½ Jg. 98½ Heft 7½ 16. Februar 2001
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– zerstört Krebszellen durch Apoptosis, ohne jedoch gesunde Zellen anzugreifen
– einfach in seiner Anwendung, in der
therapeutischen Dosis ohne nennenswerte Nebenwirkungen
– der zellteilende Effekt konzentriert
sich nur auf die Zellen des Tumors, Zellen des gesunden Gewebes bleiben unbeeinflusst
– Aktivierung hochwirksamer Immunmechanismen des Patienten
– Hemmung der Neubildung von
Blutgefäßen, über welche der Tumor
mit Nährstoffen versorgt wird, dadurch
„Aushungern“ des Tumors
– Unterdrückung der Bildung von
Metastasen.
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wird über „verschiedene positive Effekte“. Objektive Beurteilungskriterien
wurden nicht verwendet.
Die Studiengruppe „Methoden mit
unbewiesener Wirksamkeit in der Onkologie“ der Schweizerischen Krebsliga
schrieb 1995 in einer Zusammenfassung
über Ukrain „nach sorgfältigem Studium der Literatur und anderer zur Verfügung stehender Informationen haben
die Schweizerische Krebsliga und die
Schweizerische Gesellschaft für Onkologie keine Beweise dafür, dass Ukrain eine
Wirkung gegen Krebs beim Menschen
hat. Sie raten von der Anwendung in der
Krebsbehandlung ab“ (2).
Nach 1995 liegen keine Ergebnisse vor,
die zu einer anderen Bewertung dieses
Präparates führen könnten.
Wissenschaftliche Beurteilung
Aus Sicht der AkdÄ und der Deutschen
Krebsgesellschaft e.V. reichen die bisher vorliegenden präklinischen Untersuchungen für den Einsatz des Präparates in
der Klinik nicht aus. So ergaben die Analysen von zwei unabhängigen Instituten
von Testungen der Wirksamkeit von
Ukrain auf eine P-388 bzw. L-12 10 Leukämie der Maus zwar eine relativ geringe
Toxizität des Präparates, aber keine antitumoröse Wirkung. Angeblich wurden,
wie Nowicky auf dem 8. Mediterranean
Congress of Chemotherapy in Athen im
Jahre 1992 vortrug, vom NCI-Bethesda
(USA) Untersuchungen mit dem Ukrain
an 60 verschiedenen humanen Krebszelllinien der acht häufigsten humanen Tumorentitäten vorgenommen. Überraschenderweise hätten nahezu alle untersuchten
Zelllinien eine Wachstumshemmung zwischen 50 und 100 Prozent erreicht.
Die bisher vorliegenden klinischen
Daten sind nicht verwertbar. Berichtet
Zusammenfassung
Eine einheitliche, wissenschaftlich plausible Theorie zur Wirkung des Präparates
Ukrain existiert nicht, die vorliegenden
präklinischen Daten rechtfertigen den
Einsatz des Medikamentes selbst in der
klinischen Prüfung nicht, und die bisher
vorliegenden klinischen Berichte erlauben wegen fehlender objektiver Kriterien
keine Beurteilung der Wirksamkeit. Die
Beschreibungen sind sehr unscharf. Subjektive Empfehlungen werden als Beweis
der Wirkung interpretiert. Häufig handelt es sich um Einzelfalldarstellungen.
Es fehlen vollständig die gegenwärtig zu
fordernden prospektiven randomisierten
Studien.
Für alle in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen und angewendeten
Arzneimittel gilt der Grundsatz der
Wirksamkeit, Sicherheit und Unbedenklichkeit. Nach den vorliegenden Daten
muss allein schon der Wirksamkeitsnach-
Gesund essen
Empfehlungen für die ärztliche Ernährungsberatung und Ernährungstherapie
2., überarbeitete Auflage
Texte und Materialien der Bundesärztekammer zur Fort- und Weiterbildung
Herausgeber: Bundesärztekammer in Zusammenarbeit mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE)
Schutzgebühr: 20 DM je Exemplar
Ihre Bestellung senden Sie bitte an:
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Bei inhaltlichen Fragen wenden Sie sich bitte an:
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40 04-4 15, Fax: 02 21/40 04-3 88
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weis angezweifelt werden. Dadurch erhebt sich auch die Frage nach der Sicherheit für den Patienten. Ein zum Beispiel
nicht wirksames Arzneimittel ist für keinen Patienten, erst recht keinen Krebspatienten, sicher. Nimmt man alle Erkenntnisse zusammen, stellt sich auch
die Frage nach der Unbedenklichkeit.
Als bedenklich eingestufte Arzneimittel
dürften in der BRD nicht zur Anwendung kommen.
Die anwendenden Therapeuten möchten wir zu ihrer Sicherheit noch einmal
darauf hinweisen, dass sie die alleinige
Verantwortung für die Therapie tragen
und diese Verantwortung auch für die
Arzneimittelqualität von Ukrain gilt.
Die AkdÄ und die Deutsche Krebsgesellschaft e.V. lehnen den Einsatz von
Ukrain als Medikament beim Menschen
zurzeit mit aller Entschiedenheit ab.
Nach Auffassung der AkdÄ ist die Werbung und die Anwendung bei Patienten
aus Gründen der Arzneimittelsicherheit
durch die zuständigen Behörden zu untersagen.
Die Fragen zur Rechtmäßigkeit hinsichtlich der Werbung, des Vertriebes und
der Verordnung von Ukrain in der Bundesrepublik müssen laut Auffassung der
AkdÄ dringendst durch die zuständigen
Aufsichtsbehörden geklärt werden. Es ist
unbefriedigend, dass Ärzte (und betroffene Patienten) seit mehr als zehn Jahren
zum arzneimittelrechtlichen Status des
Ukrain nicht auf offizielle fundierte Stellungnahmen dieser Behörden zurückgreifen können.
Literatur
1. Wenn Patienten nach „Ukrain“ fragen: Dt Ärztebl
1989: A-2136 [Heft 30].
2. Ukrain – mit Schöllkraut-Alkaloiden und Thio-Tepa
gegen Krebs: Schweiz. Krebsliga, Studiengruppe Methoden mit unbewiesener Wirksamkeit in der Onkologie, Markus C. Allewelt, Simon P. Hauser, Dokumentation Nr. 35D.
3. http://www.ukrin.com/Ukrainbook1/allgemeine%20
info.htm (11. 4. 2000)
4. Drugs of the Future, Volume 18, Number 5, 1993, Seite 1011–1015.
5. Der Arzneimittelbrief, Jahrg. 33, Nr. 8, Berlin, August
1999.
6. http://www.villamedica.de und
http://www.ukrin.com (12. 10. 2000)
Arzneimittelkommission der deutschen
Ärzteschaft, Aachener Straße 233–237,
50931 Köln, Telefon: 02 21/40 04-5 19,
Fax: -5 39, E-Mail: [email protected],
Internet: www.akdae.de
Deutsche Krebsgesellschaft e.V., Hanauer Landstraße 194, 60314 Frankfurt/
Main, Telefon: 0 69/63 00 96-0, Fax: 0 69/
63 00 96-66, E-Mail: [email protected], Internet: www.krebsgesellschaft.de
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Deutsches Ärzteblatt½ Jg. 98½ Heft 7½ 16. Februar 2001
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