Gruppen - von Vera Körkel

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Vorkurs für Mathematik
Wintersemester 2001/2002
Vera Körkel
Gruppen
Am Beispiel von Gruppen soll die mathematische Vorgehensweise vorgeführt werden.
Gruppen sind eine formale Struktur, die eine Menge mit bestimmten Eigenschaften und einer
Verknüpfung beschreibt.
Was ist eine Verknüpfung?
Definition 1 Unter einer Verknüpfung auf einer Menge G versteht man eine Vorschrift ∗,
die zwei gegebenen Elementen a, b ∈ G ein neues Element aus G zuordnet, d.h. eine Abbildung
(a, b) 7→ a ∗ b
Beispiel:
1. Für G = N, Z, Q, R sind Addition oder Multiplikation Verknüpfungen.
2. Die Verknüpfung zweier Abbildungen f und g: f ◦ g
3. Für G = Q oder R ist das arithmetische Mittel: a ∗ b = a+b
eine Verknüpfung.
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Definition 2 Eine Menge G mit einer Verknüpfung ∗ heißt Halbgruppe, wenn
für alle Elemente g, h, k ∈ G gilt (g ∗ h) ∗ k = g ∗ (h ∗ k)
ein Element e ∈ G existiert mit e ∗ g = g = g ∗ e für alle g ∈ G
(G1)
(G2)
e heißt neutrales Element, und wird für die Addition mit 0 (Nullelement), für die Multiplikation mit 1 (Einselement) bezeichnet.
(G1) heißt Assoziativgesetz.
Zu einer Halbgruppe gehört also immer eine Menge und eine Verknüpfung.
Beispiel:
1. N = {0, 1, 2, 3, 4, . . . } natürliche Zahlen mit + sind eine Halbgruppe, denn
für alle n, m, l ∈ N gilt (n+m)+l=n+(m+l) und
für alle n ∈ N gilt 0 + n = n, also e = 0.
(Dass das so ist, betrachten wir als bekannt aus der Schule.)
Also gelten (G1) und (G2).
2. Z, Q mit + und · sind Halbgruppen.
Definition 3 Eine Menge G mit einer Verknüpfung ∗ heißt Gruppe, wenn G eine Halbgruppe ist (d.h. es gelten (G1) und (G2)) und wenn zusätzlich
für alle g ∈ G ein g̃ ∈ G existiert mit g ∗ g̃ = e = g̃ ∗ g
(G3)
Eine Gruppe heißt abelsch oder kommutativ, wenn für alle Elemente g, h ∈ G gilt g∗h = h∗g.
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g̃ heißt dann inverses Element oder Inverses zu g.
Beispiel:
1. Z mit + ist eine (ablesche) Gruppe.
2. Z mit · ist keine Gruppe, denn z.B. hat 2 kein Inverses.
3. Q mit · ist eine (abelsche) Gruppe.
Bei den Definitionen in Mathe versucht man immer mit möglichst wenig auszukommen, man
läßt also alles weg, was sich aus dem bisher gesagten folgern läßt. Das erwähnt man dann
in Sätzen, die auf die Definition folgen. In der Definition der Gruppe wurde nicht gefordert,
dass das inverse Element g̃ zu einem Element g eindeutig sein muss. Das läßt sich aber aus
der Definition folgern. Wir wollen es in einem Satz feststellen und dann beweisen.
Satz 1 (Eindeutigkeit des Inversen) Für alle g ∈ G ist das Inverse g̃ zu g eindeutig
bestimmt.
Beweis: Sei g ∈ G vorgegeben. Annahme: Es existieren zu g zwei Inverse: g˜1 und g˜2
Daraus folgt:
g˜1 ∗ g = e = g ∗ g˜2 . nach (G2)
g˜1 = g˜1 ∗ e = g˜1 ∗ (g ∗ g˜2 ) = (g˜1 ∗ g) ∗ g˜2 = e ∗ g˜2 = g˜2
(1)
(2)
Also war die Annahme falsch, es gibt doch nur ein inverses Element.
Weil das Inverse zu einem Element g ∈ G also eindeutig bestimmt ist, macht es Sinn, ihm
einen eindeutigen Namen zu geben. Man nennt es g −1 .
Satz 2 (Eindeutigkeit des neutralen Elements) Das neutrale Element e ist eindeutig
bestimmt.
Beweis: Annahme: Es gibt zwei neutrale Elemente e und ẽ ∈ G. Dann gilt für alle g ∈ G:
e ∗ ẽ = ẽ
e ∗ ẽ = e
zusammengesetzt: ẽ = e ∗ ẽ = e
(G2) mit neutralem El. e und g = ẽ
(G2) mit neutralem El. ẽ und g = e
(3)
(4)
(5)
Also gilt e = ẽ. Also war unsere Annahme falsch, es gibt doch nur ein neutrales Element.
Anmerkung: Dieser Satz gilt sowohl für eine Halbgruppe als auch für eine Gruppe, weil die
Existenz eines Inversen nicht benötigt wurde.
Satz 3 (Kürzungsregel) Seien g, h, k ∈ G. Dann folgt aus g ∗ h = g ∗ k, dass gilt h = k.
Beweis:
h = e ∗ h = (g −1 ∗ g) ∗ h = g −1 ∗ (g ∗ h) = g −1 ∗ (g ∗ k) = (g −1 ∗ g) ∗ k = e ∗ k = k
Also gilt h = k.
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Beispiel: (für eine endliche Gruppe)
Betrachte eine Menge G mit der Verknüpfung ∗ und 2 Elementen e und a, also G = {e, a}.
Ein Element davon muss das neutrale Element sein, das nennen wir e. Das andere Element
a muß invers zu sich selbst sein. Alle möglichen Verknüpfungen der zwei Element faßt man
in einer sogenannten Gruppentafel zusammen.
∗
e
a
e
e
a
a
a
e
Das liest man z.B. : a ∗ e = a.
Ist G eine Gruppe? Um das zu wissen, muss man (G1) bis (G3) nachprüfen:
(G1) (e ∗ e) ∗ a = e ∗ a = a und e ∗ (e ∗ a) = e ∗ a = a, also gilt (e ∗ e) ∗ a = e ∗ (e ∗ a)
Analog müssen alle 23 = 8 Kombinationen von e und a nachgeprüft werden.
(G2) e ∗ a = a und e ∗ e = e, also ist e (wie beabsichtigt) neutrales Element. Damit existiert
ein neutrales Element.
(G3) e ∗ e = e, also ist e invers zu e. Ebenso gilt a ∗ a = e, also ist a invers zu a
Damit hat jedes Element der Gruppe ein Inverses.
Ist die Gruppe abelsch?
Ja, denn e ∗ a = a ∗ e.
Die Elemente dieser Gruppe bezeichnet man gerne mit 0 und 1, dann hat man die Gruppe
F2 = {0, 1}.
Definition 4 Eine Menge R mit zwei Verknüpfungen + (Addition) und · (Multiplikation)
heißt Ring, wenn folgendes gilt:
R mit + ist eine abelsche Gruppe,
(R1)
die Multiplikation ist assoziativ
(R2)
und es gelten die Distributivgesetze, also für alle a, b, c ∈ R gilt
(a + b) · c = a · c + b · c und a · (b + c) = a · b + a · c.
(R3)
Beispiel:
Z ist ein Ring.
Definition 5 Eine Menge K mit zwei Verknüpfungen + (Addition) und · (Multiplikation)
heißt Körper, wenn folgendes gilt:
K mit + ist eine abelsche Gruppe,
(K1)
K \ {0} ist eine abelsche Gruppe.
(K2)
und es gelten die Distributivgesetze, also für alle a, b, c ∈ R gilt
(a + b) · c = a · c + b · c und a · (b + c) = a · b + a · c.
(K3)
Beispiel:
Q und R sind Körper.
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