Weblogs – Chancen und Risiken für das

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neue verpackung> 04.2006
management> Kommunikation
Im Dialog mit den Kunden
Weblogs – Chancen und Risiken für das
Online-Tagebücher im Internet, so
genannte Weblogs, sind zum viel
diskutierten Stoff für Marketingspezialisten avanciert. Sie werden
von einigen als zukunftsweisendes
Kommunikationsmedium beschrieben, das von Unternehmen genutzt
werden sollte. Auch wenn es in der
aktuellen Euphorie zu Übertreibungen kommt – Weblogs bieten in der
Tat gerade einer Branche wie der
Verpackungsindustrie, deren Marketing in Business-to-Business-Kontakten Fachleute und Spezialisten
zu überzeugen hat, bemerkenswerte Ansatzpunkte für die OnlineKommunikation.
> Ausgangspunkt des Trends waren
die USA, wo 1999 die erste kostenlose
Software für private Weblogs erschien.
Seitdem haben weltweit Millionen Menschen die Möglichkeit genutzt, schnell
und ohne HTML-Kenntnisse eine Seite
aufzubauen, auf der sie regelmäßig ihre
privaten Ansichten veröffentlichen: Einige berichten Belangloses aus ihrem Alltag, andere „Blogger“ sehen ihre Aufgabe darin, das gesellschaftliche und
politische Tagesgeschehen zu kommentieren. Auch positive oder negative Konsumerfahrungen und das Geschäftsgebaren von Unternehmen sind häufig
Thema.
Nachrichten können sich sehr
schnell über Weblogs verbreiten
Dass eine so veröffentlichte Einzelmeinung in kurzer Zeit weit gestreut werden kann, hängt mit der Struktur der
Weblogs zusammen. Sie sind als Dialog
angelegt. Jeder Leser ist eingeladen, di-
rekt unter die chronologisch fortlaufenden Einträge einen Kommentar zu notieren. Darüber hinaus können alle, die
selbst als Autor an einem Blog schreiben, mit einem so genannten Trackback
von dem Eintrag der besuchten Seite einen Link auf einen passenden Eintrag ihrer eigenen Seite setzen. Über das Netz
aktiver Weblogs, das so entsteht, kann
sich eine These, wenn sie genügend
Menschen interessiert, sehr schnell verbreiten und zur Nachricht werden, die
von etablierten Medien aufgegriffen
wird – Journalisten gehören zu den aktivsten Nutzern von Weblogs.
Das Netz der Weblogs, die „BlogSphäre“, ist also eine Öffentlichkeit, in
der Diskussionen angestoßen werden
und sich Trends ablesen lassen. Dass zu
gegebener Zeit Verpackungsthemen in
der Blog-Sphäre auftauchen, ist leicht
vorstellbar, schließlich ist diese Industrie
unter anderem Zulieferer für verbraucherpolitisch sensible Bereiche wie Lebensmittel und Pharma. Blogs als neues
Medium der Online-Kommunikation
wahrzunehmen, macht also Sinn. Für eine umfassende, kontinuierliche Beobachtung besteht in der Verpackungsbranche zur Zeit keine Notwendigkeit,
dazu ist die Blog-Szene in Deutschland
noch nicht ausgereift genug.
Statt die Blog-Sphäre nur zu beobachten, haben Unternehmen in den USA
Weblogs frühzeitig selbst als Medium
genutzt. Bei diesen so genannten „Corporate Blogs“ treten unter anderem Geschäftsführer, Mitglieder des Managements oder Führungspersönlichkeiten
aus der Entwicklungsabteilung als Autoren auf. Diese nutzen die Plattform in
der Regel für persönliche und sachkompetente Kommentare zu Neuigkeiten
der Branche und zu Markttrends. Daran
anknüpfend erläutern sie häufig, wie
Produktlösungen bzw. Entwicklungen
aus dem eigenen Haus den aktuellen Er-
neue verpackung> 04.2006
Kommunikation
<management
Online-Marketing
fordernissen gerecht werden, bzw. wie
sie neue Akzente setzten. In Deutschland sind Corporate-Blogs noch selten,
wenn auch prominente Namen darunter sind, wie SAP oder, als Vorreiter im
Food-Bereich, Frosta.
Chance für die Verpackungsindustrie:
Kunden für den Fachdialog gewinnen
Die besondere Chance des Weblogs für
eine Branche wie die Verpackungsindustrie besteht darin, die Kunden für einen
Fachdialog zu gewinnen. Das Unternehmen kann unmittelbarer und umfassender als mit anderen Instrumente der
Marketing-Kommunikation die eigene
Kompetenzführerschaft unter Beweis
stellen. Im Idealfall wird der Weblog von
bestehenden und potentiellen Kunden
als nützliche Online-Fachseite aufgesucht und dient so als Instrument der
Kundenbindung und -akquise. Durch die
Dialogstruktur erhält die Firma gleichzeitig wertvolle Einsichten über die Bedürfnisse ihrer Zielgruppen. Diese Informationen lassen sich sowohl für die Produktentwicklung als auch für die sonstige Kommunikationsarbeit auswerten.
Wird die Seite durch Trackbacks mit anderen Weblogs verbunden, verbessert
sich automatisch die Trefferquote des
Unternehmens bei Google.
Die Anforderungen für das professionelle Betreiben eines Corporate-Blogs
sind allerdings nicht gering. Die gewünschten Gesprächspartner sind zeitlich engagierte Fachleute mit konkretem
Informationsbedürfnis. Die Blog-Autoren müssen diesem Anspruch mit ihren
Einträgen inhaltlich gerecht werden. Die
Texte müssen „gerade heraus“ sein, authentisch wirken und einen persönlichen Stil haben, nur dann fühlt sich der
Leser persönlich angesprochen. Der Ton
einer Pressemitteilung ist zu distanziert
und neutral, um als Einladung zum Ge-
spräch zu funktionieren. Eine Kommunikationsagentur sollte im Schreiben Ungeübte unterstützen, ohne beim Redigieren diese persönliche Note herauszunehmen. Die Einträge müssen aktuell
und regelmäßig sein. Für Führungskräfte mit knappem Zeitbudget ist dies
kaum zu verwirklichen. An vielen Corporate-Blogs sind daher mehrere Autoren
beteiligt, um den Aufwand zu verteilen.
Kritische Kommentare, die für alle
Internetnutzer nachzulesen sind, wird es
unweigerlich geben. Genauso öffentlich
ist aber auch die qualifizierte Antwort
des Autors, der den Standpunkt des Unternehmens darstellen kann.
Kritische Kommentare wird
es unweigerlich geben
Das Unternehmen kann zeigen, dass es
souverän handelt – entweder, weil es die
besseren Argumente hat oder weil es in
der Lage ist, Anregungen positiv aufzunehmen. Tritt wirklich eine Krise ein,
bietet ein Weblog die Chance, Statements unmittelbar und ohne Umweg
über die Medien an die Zielgruppe abzugeben. Kommentare zu löschen ist übrigens nach der Weblog-Etikette gestattet, wenn sich die Einträge im Ton vergreifen. Auf der einen Seite kann das Unternehmen mit einem Weblog also ein
online Dialog-Instrument gewinnen, mit
dem es seine eigenen Themen setzten
kann. Da es zu den meisten Fachbereichen noch kein Weblog gibt, wird es von
seiner Rolle als Pionier profitieren. Weblogs sind auf der anderen Seite als professionelles Kommunikationsmittel
noch Neuland und als Medium anspruchsvoll. Eine praktikable Möglichkeit
den Aufwand zu beschränken und Erfahrungen zu sammeln, ist es, ein Weblog für ein zeitlich begrenztes Projekt
einzusetzen, zum Beispiel im Umfeld einer Messe. >|
Definition Weblog
Der Begriff Weblog leitet sich von
„web“ und „Logbuch“ ab. Die Kurzform ist „Blogs“. Die Autoren werden
„Blogger“ genannt.
> Zahlen
Es gibt noch keine gesicherten Daten
darüber, wie viele aktive Weblogs es
gibt, die Angaben differieren erheblich. Das Marktforschungsunternehmen Perseus schätzt, dass es bis Ende 2005 weltweit 50 Millionen Weblogs gibt. Für Deutschland schwanken die Schätzungen zwischen
60.000 und 280.000.
> Geschichte
Ausgangspunkt des Trends waren die
USA, wo 1999 die erste kostenlose
Software für private Weblogs erschien. Ereignisse wie der Terroranschlag 2001 oder der Irakkrieg wirkten als Katalysator für diese Form der
Netz-Kommunikation.
> Beispiele Corporate Blogs
Frosta: www.blog-frosta.de
SAP: www.sap.com/community/pub/
blogs.epx
General Motors (u.a. Bob Lutz, Vice
Chairman):
http://fastlane.gmblogs.com
Sun Microsystems, CEO Jonathan
Schwartz:
http://blogs.sun.com/jonathan
(Kommentarfunktion wird unterdrückt)
Boeing, Marketing-Chef Randy Baseler: www.boeing.com/randy/
> Über Blogging
Liste Corporate-Blogs im deutschsprachigem raum: www.
top100-business-blogs.de
www.pr-blogger.de
www.corporateblogging.info
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