Berner Fachhochschule, TI FACHBEREICH MIKROTECHNIK _____________________________________________________________________________________ 3. TRANSISTOREN 3.1. EINLEITUNG Der heute verwendete (Bipolar-) Transistor wurde von Bardeen Brattain und Shockley 1948 in den Bell Laboratorien auf der Grundlage der Gleichrichtertheorie von Schottky erfunden. Hierbei handelt es sich um eine Dreischichtenfolge. Als erstes Material wurde anfänglich Germanium verwendet. Später wurde es durch Silizium, wegen dessen höherer Temperaturbeständigkeit verdrängt, und ist bis heute das Grundmaterial für Halbleiterbauteile schlechthin. Der Transistor ersetzte die damals für Verstärkeranwendungen üblicherweise verwendete Elektronenröhre. Heute ist der Transistor allgegenwärtig. Die Bezeichnung Transistor setzt sich zusammen aus Transfer und Resistor. Transistor Transfer - Resistor 3.2. AUFBAU UND WIRKUNGSWEISE DES TRANSISTORS ____________________________________________________________ Ziel dieses Kapitels: Die Wirkungsweise eines Transistors verstehen lernen. Aufbau eines Transistors kennen lernen. Wichtigste Eigenschaften eines Transistors kennen lernen. Schlüsselworte: NPN-, und PNP Transistor. _____________________________________________________________________________________ 3.2.1. PRINZIPIELLER AUFBAU DES TRANSISTORS Der prinzipielle Aufbau eines (Bipolar-) Transistors sieht folgendermassen aus: N P P N N NPN Transistor P PNP Transistor P. Walther, T. Kluter, 2010 ____________________________________________________________ 59 Berner Fachhochschule, TI FACHBEREICH MIKROTECHNIK _____________________________________________________________________________________ Ein Bipolartransistor besteht aus drei Schichtfolgen NPN oder PNP von dotiertem Halbleitermaterial. Beim heute verwendeten Silizium ist die Schichtfolge NPN am meisten verbreitet. Bei diesem Aufbau handelt es sich um zwei Dioden, die in Serie geschaltet sind. Die mittlere Zone muss dabei besonders dünn (m- Bereich) sein. Nachfolgende Tabelle zeigt die Verhältnisse im Überblick. Tabelle Transistortyp Halbleiterschichtfolge NPN-Transistor PNP-Transistor N Kollektor P N Basis Emitter P Kollektor N P Basis Emitter Diodenvergleich Schaltzeichen C B C B E E C C B B E E Die drei Elektroden werden Kollektor C, Basis B und Emitter E genannt. Der Name der Basis stammt von Basis, Grundlage, auf der der Aufbau des Transistors ursprünglich realisiert wurde. Emitter kommt von „aussenden“ (von Ladungsträgern), Kollektor von „einsammeln“ von Ladungsträgern. Der heutige Aufbau ist nicht mehr wie zu Beginn und so hat die Basis nicht mehr die Bedeutung von Grundlage, die Bezeichnung Basis ist aber geblieben. 3.2.2. WIRKUNGSWEISE DES TRANSISTORS Im Normalbetrieb ist die Basis-Emitterdiode in Durchlassrichtung gepolt und die Kollektor-Basisdiode in Sperrrichtung, so dass eigentlich kein Kollektorstrom fliessen kann. Hier spielt aber die Geometrie des Aufbaus eine grosse Rolle. Die Dicke der Basisschicht beträgt nämlich nur etwa 1m. Auf diese Weise sind die beiden Dioden im Transistor nicht unabhängig voneinander, siehe dazu schematischer Aufbau weiter unten. P. Walther, T. Kluter, 2010 ____________________________________________________________ 60 Berner Fachhochschule, TI FACHBEREICH MIKROTECHNIK _____________________________________________________________________________________ Kollektor Kollektor N Basis UCE P N Basis UCE UBE UBE Emitter Emitter Betriebsbedingungen eines Transistors (hier NPN). Die Basis-Emitterdiode ist in Durchlassrichtung gepolt und es fliesst ein Basisstrom. Die KollektorBasisdiode ist in Sperrrichtung gepolt. Da die Basisschicht sehr dünn ist, gelangen Ladungsträger (beim NPN Transistor die Elektronen, beim PNP Transistor die Löcher), die vom Emitter her in die Basis gelangen, in die ladungsträgerfreie Diffusionsschicht der Kollektor-Basisdiode. Dort werden sie vom Kollektor „eingesammelt“. So fliesst auch ein Kollektorstrom. Ja, es ist sogar so, dass die meisten dieser Ladungsträger in diese ladungsträgerfreie Zone gelangen und nur sehr wenige aus der Basis heraus fliessen. Das Verhältnis Kollektorstrom zu Basisstrom IC/IB beträgt bei Kleinsignaltransistoren für allgemeine Anwendungszwecke etwa 100/1. Dieses Stromverhältnis nennt man Stromverstärkung. Stromverhältnisse beim Transistor Kollektor N IC~99% Basis UCE P N IB~1% UCE UBE UBE IE=100% Emitter Fliesst kein Basisstrom, gelangen keine Ladungsträger vom Emitter her in die Basis, (man spricht in diesem Zusammenhang auch von Ladungsträgerinjektion), so fliesst auch kein Kollektorstrom IC. Es gilt also: P. Walther, T. Kluter, 2010 ____________________________________________________________ 61 Berner Fachhochschule, TI FACHBEREICH MIKROTECHNIK _____________________________________________________________________________________ IC = B IB. Wobei B der Gleichstromverstärkungsfaktor IC/IB bedeutet. 3.2.3. SPANNUNGEN UND STRÖME BEIM TRANSISTOR Folgende Ströme und Spannungen spielen beim Transistor eine Rolle. UCB IB Es gilt: IC C UCE = UCB + UBE UCE und UBE E IE = IB + IC IE Konvention: A = UAB = -UBA Spannungspfeil B bedeutet: Spannung (od. Potential) gemessen am Punkt A bezüglich Punkt B. Die Strompfeile geben die konventionelle Stromrichtung an (vom Pluspol zum Minuspol der Speisung. ausserhalb der Speisung). _____________________________________________________________________________________ Verständnisfragen: 1. Wie funktioniert ein Transistor und was ist besonders entscheidend fürs Funktionieren? 2. Welche Arten von Transistoren gibt es? 3. Was bedeutet das Verhältnis IC/IB? P. Walther, T. Kluter, 2010 ____________________________________________________________ 62 Berner Fachhochschule, TI FACHBEREICH MIKROTECHNIK _____________________________________________________________________________________ 3.3. GRUNDSCHALTUNGEN DES TRANSISTORS Es gibt verschiedene Grundschaltungen mit Transistoren zur Verstärkung von Signalen. Diese sollen hier der Reihe nach kurz vorgestellt werden. ____________________________________________________________ Ziel dieses Kapitels: Die Grundverstärkerschaltungen von Transistoren kennen lernen. Schlüsselworte: Emitterschaltung, Basisschaltung, Kollektorschaltung. _____________________________________________________________________________________ 3.3.1. DIE EMITTERSCHALTUNG Die sog. Emitterschaltung ist die in der Technik wichtigste Verstärkerschaltung. Dabei ist der Emitter der Referenzanschluss. Sowohl die Eingangs- als auch die Ausgangsspannung beziehen sich auf diese. Das folgende Bild zeigt dies schematisch. Ausgang Eingang Emitterschaltung Die Emitterschaltung wird zur allgemeinen Verstärkung eines Signals verwendet, ist aber auch für einfache Schalteranwendungen geeignet. Mit dieser Schaltung können die grössten Spannungsverstärkungen erreicht werden. Über die speziellen Eigenschaften soll später ausführlicher die Rede sein. P. Walther, T. Kluter, 2010 ____________________________________________________________ 63 Berner Fachhochschule, TI FACHBEREICH MIKROTECHNIK _____________________________________________________________________________________ 3.3.2. DIE BASISSCHALTUNG Die sog. Basisschaltung hat die Basis als Referenzanschluss. Die Eingangsspannung liegt am Emitter gegenüber der Basis an. Diese Schaltung eignet sich besonders für Hochfrequenzanwendungen, da die Basis mit der Masse verbunden ist, die die Wirkung einer Schirmung hat und einen möglichen Einfluss vom Aus- auf den Eingang vermindert. Auf diese Grundschaltung soll später nicht näher eingegangen werden, da wir es weniger mit Hochfrequenzanwendungen zu tun haben werden. Ausgang Eingang Basisschaltung 3.3.3. DIE KOLLEKTORSCHALTUNG Als dritte Schaltungsmöglichkeit ist die Kollektorschaltung zu nennen. Diese hat keine grosse technische Bedeutung und so soll auch diese später nicht im Detail betrachtet werden. Zu beachten ist, das der Emitter mit dem Kollektor vertauscht sind. Dennoch soll sie kurz vorgestellt werden. Ausgang Eingang Kollektorschaltung _____________________________________________________________________________________ Verständnisfragen: 1. Wozu dient die Emitterschaltung? 2. Wozu dient die Basisschaltung? 3. Was ist das Besondere an der Basisschaltung? P. Walther, T. Kluter, 2010 ____________________________________________________________ 64 Berner Fachhochschule, TI FACHBEREICH MIKROTECHNIK _____________________________________________________________________________________ 3.4. KENNLINIENFELDER UND KENNWERTE EINES TRANSISTORS Der Transistor lässt sich durch die Grössen IE, IC, IB und UCE, UBE und UCB beschreiben. Man stellt die für die Beschreibung des Transistors wichtigen Beziehungen unter diesen 6 Grössen grafisch in sog. Kennlinienfeldern und Kennlinien dar. ____________________________________________________________ Ziel dieses Kapitels: Die Funktionsweise eines Transistors mit Hilfe von Kennlinien verstehen lernen. Schlüsselworte: Eingangswiderstand, Ausgangswiderstand, Gleichstromverstärkungsfaktor B KleinsignalverstärkungsFaktor , Rückwirkungsfaktor, h-Parameter. _____________________________________________________________________________________ 3.4.1. DAS EINGANGSKENNLINIENFELD Hierbei wird folgende Messschaltung zugrundegelegt: IB (A) IB UCE const. I IB Speisung UBE U UB UBE (V) Messanordnung Sim Kennlinie IB =f(UBE); UCE = const. Die Eingangskennlinie eines Transistors entspricht in etwa der Kennlinie einer gewöhnlichen Siliziumdiode. Die Schwellspannung beträgt ca. 0.7 V. Wie bereits von der Diode her bekannt, ist der differentielle Widerstand abhängig davon, wo sich der Betriebspunkt auf der Kurve befindet, dh. hier beim Transistor, bei welchem Arbeitspunkt der Transistor später betrieben wird. Der differentielle oder dynamische Eingangswiderstand rBE entspricht der Tangente an die Kurve im jeweiligen Arbeitspunkt (wird später besprochen). P. Walther, T. Kluter, 2010 ____________________________________________________________ 65 Berner Fachhochschule, TI FACHBEREICH MIKROTECHNIK _____________________________________________________________________________________ rBE = UBE IB wobei für UCE gilt: UCE = const. rBE wird auch als differentieller Eingangswiderstand und als h-Parameter mit h11e bezeichnet. Nachstehende Figur zeigt die qualitative Abhängigkeit dieser Eingangskurve von der Kollektorspannung. UCE1<UCE2<UCE3 IB UBE 3.4.2. DAS AUSGANGSKENNLINIENFELD Hierbei wird folgende Messschaltung zugrundegelegt: IC I IB UBE U UCE variabel IE Sim Messanordnung Ausgangskennlinienfeld IC = f(UCE) Aus dieser Kennlinienschar lässt sich der sog. differentielle Ausgangswiderstand rCE ermitteln. P. Walther, T. Kluter, 2010 ____________________________________________________________ 66 Berner Fachhochschule, TI FACHBEREICH MIKROTECHNIK _____________________________________________________________________________________ Er lautet: rCE = UCE IC wobei für IB gilt: IB = const. Der entsprechende h-Parameters h22e ist der Kehrwert des differentiellen Ausgangswiderstands rCE. h22e=1/ rCE mit der Dimension [S] für Leitwert. 3.4.3. DAS STROMSTEUERUNGSKENNLINIENFELD Hierbei wird folgende Messschaltung zugrundegelegt: IC I IB UCE = const. I A Sim Messschaltung IC = f (IB) für UCE = const. In dieser Kennlinie steckt der Gleichstromverstärkungsfaktor B, I B = C für UCE = const. IB sowie der Kleinsignalverstärkungsfaktor auch differentieller Verstärkungsfaktor genannt. = IC für UCE = const. IB Der entsprechende h-Parameter heisst h21e und ist gleich . P. Walther, T. Kluter, 2010 ____________________________________________________________ 67 Berner Fachhochschule, TI FACHBEREICH MIKROTECHNIK _____________________________________________________________________________________ 3.4.4. DIE RÜCKWIRKUNGSKENNLINIEN Hierbei wird folgende Messschaltung zugrundegelegt: IC U IB UCE = variabel U Messanordnung UBE = f(UCE) für IB = const. Hierbei handelt es sich um den differentiellen Rückwirkungsfaktor D vom Ausgang auf den Eingang. D= UBE mit IB = const. UCE Dieser Faktor D wird auch als h-Parameter h12e bezeichnet. Diese vier beschriebenen Eigenschaften werden in der Regel in einem sog. Vierquadrantenkennlinienfeld dargestellt. Man erhält so einen Überblick über die Eigenschaften eines Transistors. Im 1. Quadranten stehen die Ausgangskennlinien, im 2. Quadranten findet man die Stromverstärkungseigenschaften, im 3. Quadranten sind die Eingangseigenschaften zu finden und im 4. Quadranten findet man die Rückwirkungseigenschaften eines Transistors. P. Walther, T. Kluter, 2010 ____________________________________________________________ 68 Berner Fachhochschule, TI FACHBEREICH MIKROTECHNIK _____________________________________________________________________________________ Nachstehend zur Übersicht alle vier Quadranten auf einen Blick: _____________________________________________________________________________________ Verständnisfragen: 1. Wie bestimmt man den Eingangswiderstand eines Transistors? 2. Wo liest man den Gleichstromverstärkungsfaktor eines Transistors ab? 3. Was ist der Kleinsignalverstärkungsfaktor und wie wird er bezeichnet? 4. Was ist der Ausgangsleitwert? 5. Was versteht man unter Spannungsrückwirkung? _____________________________________________________________________________________ P. Walther, T. Kluter, 2010 ____________________________________________________________ 69 Berner Fachhochschule, TI FACHBEREICH MIKROTECHNIK _____________________________________________________________________________________ 3.5. DER ARBEITSPUNKT EINER TRANSISTORSCHALTUNG Damit ein Transistor als Verstärkerelement verwendet werden kann, muss ein sog. Arbeitspunkt festgelegt werden. Dieser entspricht einer statischen Betriebsbedingung und bezieht sich nur auf Gleichstromund Spannungsgrössen. Dieser Arbeitspunkt ist eine Voraussetzung für den Betrieb als Verstärker für Kleinsignale. ____________________________________________________________ Ziel dieses Kapitels: Verstehen lernen, was ein Arbeitspunkt einer Verstärkerschaltung ist. Lernen, wie der Arbeitspunkt gewählt wird. Eine Verstärkerschaltung berechnen lernen. Schlüsselworte: Arbeitspunkt, Kleinsignalverstärkung, Verstärkerschaltung. _____________________________________________________________________________________ 3.5.1. EINFACHSTE VERSTÄRKERSCHALTUNG Für die Diskussion wählen wir nachstehende einfachste Verstärkerschaltung: 12V R1 RC Ca +6V Ce ue ua Re R2 Ra 10Meg 0V Damit die Amplitude am Ausgang gleich viel nach oben wie unten schwingen kann, wählen wir für die Kollektorspannung 6V (=12V/2). Für den Kollektorruhestrom wählen wir willkürlich 3 mA. Dies ist ein Erfahrungswert und lässt sich nicht so schnell erklären. Für Kleinsignaltransistoren ist dieser Wert vernünftiger- P. Walther, T. Kluter, 2010 ____________________________________________________________ 70 Berner Fachhochschule, TI FACHBEREICH MIKROTECHNIK _____________________________________________________________________________________ weise zwischen ca.1mA und 10mA, wenn keine weiteren Anforderungen gestellt werden, wie z.B. höchstmögliche Frequenzübertragung oder kleiner Ausgangswiderstand der Schaltung etc. Damit ergibt sich für den Widerstand RL ein Wert von 2k. RC = 6V/3mA = 2k. Für die beiden Extremfälle wo der Transistor ganz durchgesteuert ist, UCE = 0V, und gar nicht angesteuert UCE = 12V, ist ergeben sich die beiden Extremwerte für die Kollektorströme von: UCE = 0V; IC = 12V/2k = 6mA und UCE = 12V; IC = 0V/2k = 0mA. Mit diesen beiden Werten kann die sog. Arbeitsgerade in das Ausgangskennlinienfeld eingetragen werden. 6mA 6V 12V P. Walther, T. Kluter, 2010 ____________________________________________________________ 71 Berner Fachhochschule, TI FACHBEREICH MIKROTECHNIK _____________________________________________________________________________________ Ausgehend vom Arbeitspunkt im I. Quadranten, könnte jetzt im II. Quadranten der entsprechende Basisstrom auf grafische Weise ermittelt werden. Dieser Weg ist nicht empfehlenswert, da der Verstärkungsfaktor B bis zu einem Faktor 6 variieren kann. Man verlässt sich daher lieber auf die Basisspannung, die weit genauer ist, nämlich ca. 0,7 Volt. Man wählt den Basisspannungsteiler, bestehend aus R1 und R2 so, dass ein wesentlich grösserer Querstrom Iq durch R2 fliesst, so dass der Basisstrom für die Berechnung der Widerstände von untergeordneter Bedeutung ist. Als Anhaltspunkt kann mit einer kleinsten Verstärkung B von ca. 100 gerechnet werden. Damit werden die Widerstände folgendermassen bestimmt: R1 = 12 V 0.7 V 34,2k und 30A 300A R2 = 0,7 V 2,33k 300A Damit ergeben sich folgende Spannungen in der Schaltung: 12V 12V Iq+IB IB IC R1 RB RC 11,3V RC 11,3V Ca Ca Ce ue IC Ce Re Iq R2 6V ua 0,7V Standardschaltung Ra 10Meg Sim ue Re 6V 0.7V Vereinfachte Schaltung ua Ra 10Meg Sim Für die einfache Schaltung rechts wählt man für R1 (hier mit RB bezeichnet) RB = 11,3V/30A =376k. Diese vereinfachte Schaltung ist aber aus besagten Gründen nicht empfehlenswert! P. Walther, T. Kluter, 2010 ____________________________________________________________ 72 Berner Fachhochschule, TI FACHBEREICH MIKROTECHNIK _____________________________________________________________________________________ 3.5.2. STEUERUNG EINES TRANSISTORS Der Arbeitspunkt wird so gewählt, dass Änderungen der Signale in beiden Richtungen möglich sind. Im Falle eines Verstärkers für Signale soll eine Auslenkung zu kleineren und grösseren Strömen hin möglich sein. Dies sind die Punkte in der 4 Quadranten-Darstellung der Transistorkennlinien. Damit gilt für unser Beispiel: - UCE = 6V, - IC = 3mA, - IB = 30A, und - UBE = 0,7V. Wird der Basisruhestrom, hier von 30A mit einem Signalstrom von +/- 10A überlagert, so ergibt sich ein minimaler Basisstrom von 20A und ein maximaler Basisstrom von 40A. Aus der IB -IC Kennlinie des Transistors (II. Quadrant) lassen sich die entsprechenden Kollektorströme bestimmen. Ebenso können alle zum Arbeitspunkt gehörenden typischen Grössen mit Hilfe der 4-Quadranten Darstellung bestimmt werden, wie Eingangswiderstand rBE und mit Hilfe der Arbeitsgeraden auch die Signal-Ausgangsspannung. Wir halten fest: I. In einem Transistor kann der Strom nur in einer Richtung fliessen. II. Die Basis-, Kollektor- und Emitterströme können nur in ihrer Intensität variiert werden. Deshalb gilt: 1. Der gesamte Basisstrom setzt sich aus Ruhestrom IB und Wechselstrom iB zusammen. 2. Der gesamte Kollektorstrom setzt sich aus Ruhestrom I C und Wechselstrom iC zusammen. 3. Die gesamte Basisspannung setzt sich aus Ruhespannung U BE und Wechselspannung uBE zusammen. 4. Die gesamte Kollektorspannung setzt sich aus Ruhespannung UCE und Wechselspannung uCE zusammen. Bemerkung: Für Berechnungen von Verstärkerschaltungen werden sehr kleine Signalen verwendet damit das Verhalten der Schaltung als linear angenommen werden kann, d.h. keine Verzerrungen der Signale. P. Walther, T. Kluter, 2010 ____________________________________________________________ 73 Berner Fachhochschule, TI FACHBEREICH MIKROTECHNIK _____________________________________________________________________________________ In unserem Beispiel entspricht eine Stromänderung an der Basis von +/- 10A einer BasisSpannungsänderung von +/-50mV (Vorsicht keine lineare Beziehung zwischen IB und UBE!). Die entsprechende Kollektorstromänderung ist etwa +/- 1mA und damit die Spannung UCE=+/-2V. Eine Verstärkerstufe kann mit folgenden Grössen gekennzeichnet werden. Spannungsverstärkung: vU = ÛCE , ÛBE wobei vU Spannungsverstärkung, ÛCE Spitzenspannung zwischen Kollektor und Emitter und ÛBE die Spitzenspannung zwischen Basis und Emitter bedeuten. Stromverstärkung: vI = ÎC , ÎB wobei vI Stromverstärkung, ÎC Spitzenkollektorstrom und ÎB Spitzenbasisstrom bedeuten. In unserem Beispiel also: vU = ÛCE = 2V/50mV = 40, ÛBE vI = ÎC = 1mA/10A = 100, ÎB vP = vU * vI = 100 * 40 = 4000. (Leistungsverstärkung). Hinweis: die Phase der Ausgangsspannung ist gegenüber der Eingangsspannung um 180° gedreht. Aus den Kennlinien ist ersichtlich, dass zwischen Eingangsstrom und Ausgangsstrom etwa eine lineare Beziehung besteht. Zwischen Eingangsspannung und Eingangsstrom jedoch überhaupt nicht wegen der Kennlinienkrümmung IB - UBE. Deshalb werden solche Schaltungen immer für Kleinsignale (alle Grössen verhalten sich linear) dimensioniert. P. Walther, T. Kluter, 2010 ____________________________________________________________ 74 Berner Fachhochschule, TI FACHBEREICH MIKROTECHNIK _____________________________________________________________________________________ Soll eine Wechselspannung mit einer solchen Transistorstufe unverzerrt verstärkt werden, muss dafür gesorgt werden, dass zur Wechselspannung am Eingang ein dazu proportionaler Wechselstrom in die Basis fliesst. Dies geschieht mittels einer hochohmigen Spannungsquelle am Eingang oder mittels eines Widerstandes in Serie zur Basis, siehe dazu Beispiel: UA R1 RC Ca Ce Ri Ra 1kHz R2 ua Sim Wenn der Innenwiderstand Ri der Spannungsquelle gross genug ist, so ergibt sich ein annähernd proportionaler Zusammenhang zwischen Eingangsspannung ue und Eingangsstrom ie. Diese Betriebsart nennt man auch Stromsteuerung und ist die am meisten verwendete Steuerart bei Bipolartransistoren. Bemerkung zum Verstärkungsfaktor: Da der Faktor nicht genau bekannt ist, lässt sich die Verstärkung einer oben beschriebenen Schaltung auch nicht präzis vorausberechnen. Falls die Verstärkung vu genau sein soll, muss die Schaltung anders aufgebaut werden (Rückkopplung), dazu später mehr. 3.5.3. TEMPERATURSTABILISIERUNG DES ARBEITSPUNKTES Eine weitere Unzulänglichkeit soll uns jetzt beschäftigen, nämlich die Beeinflussung des Arbeitspunktes und der Eigenschaften der Verstärkerschaltung durch die Temperatur. Aus der mathematischen Beschreibung der Diodenkennlinie wissen wir, dass die entsprechende Kennlinie temperaturabhängig ist. Und zwar leitet sie besser bei höherer und schlechter bei tiefer Temperatur. IF IR max (e UF mUT 1) P. Walther, T. Kluter, 2010 ____________________________________________________________ 75 Berner Fachhochschule, TI FACHBEREICH MIKROTECHNIK _____________________________________________________________________________________ mit: UT kT ; (UT = 25mV bei Raumtemp.) e k = 1,38E-23 J/K und T = °C+273; e = 1,6E-19C Die Basis-Emitterdiode eines Transistors hat ein sehr ähnliches Verhalten. Nimmt die Temperatur des Kristalls des Transistors zu, steigt der Basisstrom IB bei gleichbleibender Basis-Emitterspannung UBE. Die Gleichstromverstärkung B, bzw. die Kleinsignalverstärkung sind selbst nicht sehr von der Temperatur abhängig, so dass mit zunehmendem Basisstrom IB durch eine Temperaturerhöhung auch der Kollektorstrom IC steigt. Dies verschiebt den Arbeitspunkt. Mit Hilfe einer Gegenkopplung im Emitter kann dieser Einfluss vermindert werden. Man schaltet einen Widerstand RE geeigneter Grösse in Serie zum Emitter, siehe dazu nachstehende Schaltung. UA 12V R1 RC U1 V1 -10m/10mV Ca Ce IC Ra 1kHz IE R2 U2 RE URE CE Sim Um den Einfluss des Widerstandes RE zu besser zu verstehen, ein Beispiel: Annahme: Ruhestrom im kalten Zustand IC0 = 10mA (durch Wahl von R1 und R2) UBE = 0,7V RE = 100. UE = IE * RE = 10mA * 100 = 1V. Damit wird UR2 = URE + UBE = 1V + 0,7V = 1,7V und UR1 = UB - 1,7V = 12V - 1,7V = 10,3V. Nun können R1 und R2 bestimmt werden. Diese müssen so gewählt werden, dass UR2 = 1,7 V beträgt. Dabei soll IB vernachlässigbar sein. Dies gilt dann, wenn IR2 = Iq >> IB. P. Walther, T. Kluter, 2010 ____________________________________________________________ 76 Berner Fachhochschule, TI FACHBEREICH MIKROTECHNIK _____________________________________________________________________________________ Zur Wirkung dieses Widerstandes RE. Falls durch Temperaturerhöhung der Kollektorstrom z.B. von 10mA auf 10,5 mA ansteigt, so erhöht sich dadurch die Spannung am Widerstand R E von 1,0V auf 1,05V. URE = UE = IE * RE = 10,5mA * 100 = 1,05V. (IC = IE) UR2 wird durch die Temperaturerhöhung nicht verändert, bleibt also 1,7V. Dadurch vermindert sich die Spannung UBE auf 0,65V. UBE = 1,7V - 1,05V = 0,65V. Wie zu sehen ist, wirkt dieser Widerstand RE dem Temperatureinfluss entgegen. Eine weitere Möglichkeit, dem Temperatureinfluss entgegenzuwirken ist der Einsatz eines NTC-Widerstandes in den Basiskreis, wie untenstehendes Beispiel zeigt: UA R1 RC Ca Ce NTC R2 Die Temperatur des NTC muss die gleiche wie diejenige des Transistors sein. Eine Zunahme der Temperatur würde den Kollektorstrom IC erhöhen, gleichzeitig wird aber die Basisspannung UBE verkleinert, da der Widerstand des NTC abnimmt, so dass der Kollektorstrom I C unabhängig von der Temperatur ist. _____________________________________________________________________________________ Verständnisfragen: 1. Wozu braucht es einen Arbeitspunkt? 2. Wo beginnt man den Arbeitspunkt zu wählen? 3. Was ist bei der Wahl der Basiswiderstände zu beachten? 4. Wozu ist ein Eingangskondensator nötig? 5. Wie kommt Verstärkung einer Signalspannung zustande? 6. Was kann gegen den Einfluss der Temperatur auf den Arbeitspunkt getan werden? P. Walther, T. Kluter, 2010 ____________________________________________________________ 77 Berner Fachhochschule, TI FACHBEREICH MIKROTECHNIK _____________________________________________________________________________________ 3.6. TRANSISTORERSATZSCHALTUNG FÜR KLEINSIGNALE Nachdem nun die Transistorverstärkerschaltung für einen Arbeitspunkt dimensioniert ist, dass sie in der Lage ist, ein Signal zu verstärken, beschäftigen wir uns nun damit, wie eine Verstärkerschaltung als sog. „Blackbox“ verstanden werden kann, die nur lineares Verhalten aufweist und die Berechnung der Verstärkereigenschaften vereinfacht. Arbeitspunktüberlegungen werden hier keine gemacht. Eine solche Verstärkerschaltung wird als Vierpol dargestellt. ____________________________________________________________ Ziel dieses Kapitels: Verstärkerschaltung als „Blackbox“ verstehen. Eingangs- und Ausgangseigenschaften einer Verstärkerschaltung verstehen lernen. Die Bedeutung der sog. h-Parameter, sowie die Vierpoldarstellung einer Verstärkerschaltung und die Vierpoldarstellung eines Transistors kennen lernen. Schlüsselworte: Kleinsignalersatzschaltbild, h-Parameter, Vierpol, _____________________________________________________________________________________ 3.6.1. EIN BIPOLARTRANSISTOR ALS VIERPOL Eine Verstärkerschaltung kann vereinfacht als Vierpol dargestellt werden, der zwei Eingangsanschlüsse und zwei Ausgangsanschlüsse aufweist, wie nachfolgende Figur zeigt: RG i2 i1 uG u1 G Linearer Vierpol Eingang u2 RL Ausgang allgemeiner linearer Vierpol Eigenschaften des Vierpols: P. Walther, T. Kluter, 2010 ____________________________________________________________ 78 Berner Fachhochschule, TI FACHBEREICH MIKROTECHNIK _____________________________________________________________________________________ Die Verstärkungen sind: Spannung: vu = u2 / u1 Strom: vi = i2 / i1 Der Eingangswiderstand: re = 1 / ye = u1 / i1 Der Ausgangswiderstand: ra = 1 / ya = u2 / i2 |UG = 0V, Für die Berechnung der Eigenschaften für Kleinsignale eines Vierpols mit Bipolartransistoren kann ein Gleichungssystem mit Hybridmatrixelementen (Hybrid = Mischling) verwendet werden. u1 = h11 i1 + h12 u2 i2 = h21 i1 + h22 u2 wobei den Matrixelemente folgende Bedeutung zukommt: h11 der Kleinsignaleingangswiderstand (u2 = 0V; Ausgang kurzgeschlossen) h12 die Kleinsignalspannungsrückwirkung (i1=0A; Eingang offen) h21 die Kleinsignalstromverstärkung (u2 = 0V; Ausgang kurzgeschlossen) h22 der Kleinsignalausgangsleitwert (i1 = 0A; Eingang offen) In Vektorschreibweise: h u1 i H 1 wobei H 11 i u h 21 2 2 h 12 bedeutet. h 22 Zum Vergleich andere Vierpolgleichungen: Leitwertform: i1 = y11 u1 + y12 u2 i2 = y21 u1 + y22 u2 P. Walther, T. Kluter, 2010 ____________________________________________________________ 79 Berner Fachhochschule, TI FACHBEREICH MIKROTECHNIK _____________________________________________________________________________________ In Vektorschreibweise: y i1 u Y 1 wobei Y 11 i u y 21 2 2 y 12 bedeutet. y 22 Widerstandsform: u1 = r11 i1 + r12 i2 u2 = r21 i1 + r22 i2 in Vektorschreibweise: 1 u1 r R 1 wobei R 11 i2 u2 r21 r12 bedeutet. r22 Anmerkung: alle Grössen sind in der Regel komplexe Grössen. Bei niedrigen Frequenzen können aber, wie hier, die Beträge verwendet werden. Alle oben erwähnten Vierpolparameter lassen sich durch Messungen der vier Grössen u1, u2, i1 und i2 bestimmen. Dabei sind die Leerlauf und Kurzschlussbedingungen zu beachten. Folgende vier Fälle sind dafür also nützlich: 1) i1 1 u1 i2 2 u2 Vierpol bestimmen von r11, r21 2’ 1’ ’ i2 = 0A; Ausgangsleerlauf 2) i1 1 u1 1’ ’ i2 Vierpol 2 u2 bestimmen von y11, y21, h11 und h21 2’ u2 = 0V; Kurzschluss am Ausgang P. Walther, T. Kluter, 2010 ____________________________________________________________ 80 Berner Fachhochschule, TI FACHBEREICH MIKROTECHNIK _____________________________________________________________________________________ 3) i1 1 u1 i2 2 u2 Vierpol bestimmen von r12, r22, h12 und h22 2’ 1’ ’ i1 = 0A; Leerlauf an den Eingangsklemmen 4) i1 1 u1 i2 2 u2 Vierpol bestimmen von y12, und y22 2’ 1’ ’ u1 = 0V; Kurzschluss an den Eingangsklemmen Experimentell können die Leitwertparameter und andere folgendermassen bestimmt werden: Nehmen wir z. B. Fall 2), dann gilt: u2 = 0V; => i1 = y11 u1 => y11 = i1 u1 u 2 0 i2 = y21 u1 => y21 = i2 u1 u 2 0 u1 = 0V; => i1 = y12 u2 => y12 = i1 u2 u1 0 i2 = y22 u2 => y22 = i2 u2 u1 0 Für Fall 4) gilt dann: Auf ähnliche Weise erhält man die Hybridparameter: h11 = u1 i1 u 2 0 (Kurzschluss-) Eingangswiderstand P. Walther, T. Kluter, 2010 ____________________________________________________________ 81 Berner Fachhochschule, TI FACHBEREICH MIKROTECHNIK _____________________________________________________________________________________ h12 = u1 u2 i1 0 h21 = i2 i1 u2 0 h22 = i2 u2 i1 0 (Leerlauf-) Spannungsrückwirkung (Kurzschluss-) Stromverstärkung (Leerlauf-) Ausgangsleitwert Für einen Bipolartransistor ergibt sich daraus folgendes Kleinsignalersatzschaltbild, in dem alle genannten h-Parameter enthalten sind: i1 i2 2 1 h21e i1 h11e u1 h22e ~ ~ u2 h12e u2 1’ 2’ Spannungsquelle Stromquelle Dieses Ersatzschaltbild ist aus den Hybridparametern konstruiert. 3.6.2. ERSATZSCHALTBILDER DER DREI GRUNDSCHALTUNGEN Nachstehend die Kleinsignalersatzschaltbilder für Bipolartransistoren in vereinfachter Form. Die Parameter h12 und h22 werden vernachlässigt. Die Arbeitspunkte spielen hier keine Rolle. a) Emitterschaltung iC IB iB C uCE uBE IC C B uBE h11e ~ h21e iB uCE B E E E P. Walther, T. Kluter, 2010 ____________________________________________________________ 82 Berner Fachhochschule, TI FACHBEREICH MIKROTECHNIK _____________________________________________________________________________________ b) Basisschaltung E iE iC IE B C ~ uBE uCB uEB IE E C h11b h21b iE uCB B B c) Kollektorschaltung iE IB h11c iE E B iB uEC uBC ~ h21c iB uBC C uEC C Die Spannungsrückwirkung h12e kann in den allermeisten Fällen vernachlässigt werden. Manchmal wird aber der Ausgangsleitwert h22 berücksichtigt. Dann wird das folgende Modell für Emitterschaltung verwendet: IB ic C B h11e uBE ~ h22e uCE h21e iB E E Bemerkung: Der Ausgangsleitwert h22e ist wie alle anderen Parameter vom Arbeitspunkt abhängig. Mit diesem Transistorersatzschaltbild für Kleinsignale kann nun ein Ersatzschaltbild der gesamten Verstärkerschaltung erstellt werden. Damit lassen sich die Eigenschaften der Verstärkerstufe, wie Eingangswiderstand, Verstärkung etc. bestimmen. Als Beispiel dient folgend einfache Verstärkerstufe: P. Walther, T. Kluter, 2010 ____________________________________________________________ 83 Berner Fachhochschule, TI FACHBEREICH MIKROTECHNIK _____________________________________________________________________________________ UA R1 R1 = 376k R2 = 12k RC RC = 2k Ca Ri = 1k Ce Ri h21e = 100 Ra RL 1kHz R2 h11e = 2,7k h22e = 18S Das entsprechende Kleinsignalersatzschaltbild sieht wie folgt aus: R5 1.0k R1 1.0k VG1 R2 1.0k R3 1.0k R4 1.0k VG2 R7 1.0k R6 1.0k Ri R1 h11e R2 h22e RC RL h21e iB G Zu bestimmen sei der Eingangs- sowie der Ausgangswiderstand der gesamten Verstärkerschaltung für Kleinsignale, ohne RL. re = R1 // R2 // h11e = 2,2 k ra = (h22e + 1 / RC) -1 = (18S + 500S) -1 =1,95k. 3.6.3. ZWEISTUFIGE VERSTÄRKERSCHALTUNG P. Walther, T. Kluter, 2010 ____________________________________________________________ 84 Berner Fachhochschule, TI FACHBEREICH MIKROTECHNIK _____________________________________________________________________________________ Um die Signalverstärkung zu erhöhen, können mehrere Verstärkerstufen hintereinandergeschaltet werden. Nachstehend ist eine zweistufige Verstärkerschaltung gezeigt, sowie deren Kleinsignalersatzschaltbild. Die Gesamtverstärkung ist dabei das Produkt der Verstärkungsfaktoren der einzelnen Stufen. Schaltungsbeispiel: UA 12V R21 V1 -1m/1mV R22 RC1 RC2 Ck Ri Ce Ca T1 T2 RL 1kHz R11 R12 Sim Beide Verstärkerstufen müssen bezüglich des Arbeitspunktes separat dimensioniert werden. VG2 R6 1.0k R5 1.0k R1 1.0k VG1 R81.0k 1.0k R4 R3 R12 1.0k 1.0k VG3 R2 R111.0k 1.0k R10 1.0k R7 R9 1.0k Das entsprechende Kleinsignalersatzschaltbild dazu sieht wie folgt aus: C3 1.0u C2 1.0u C1 1.0u CK Ce T2 T1 Ca Ri RL R11 R21 h11e h22e RC1 R22 R12 h11e h22e RC2 G Die Berechnung erfolgt wie bereits gesehen mit den Maschen und Knotengleichungen für u und i. u1 = h11e i1 + h12e u2 Maschengleichung am Eingang i2 = h21e i1 + h22e u2 Knotengleichung am Ausgang Zum Schluss dieses Kapitels soll noch die Verstärkung im Detail einer Transistorschaltung mit Hilfe der h-Parameter bestimmt werden. Ausgehend von den bekannten Vierpolgleichungen: P. Walther, T. Kluter, 2010 ____________________________________________________________ 85 Berner Fachhochschule, TI FACHBEREICH MIKROTECHNIK _____________________________________________________________________________________ u1 = h11e i1 + h12e u2 Maschengleichung am Eingang i2 = h21e i1 + h22e u2 Knotengleichung am Ausgang und h H 11 h 21 h 12 mit: det H = h11 h22 - h12 h21 h 22 sowie dem Kleinsignalersatzschaltbild des Transistors i1 1 Transistor 2 ih22 h21e i1 h11e e u1 Masche i2 Knoten u2 ~ R1 R2 ~ h22e h12e u2 1’ RC 2’ Bem. zu u2: die Richtung ergibt sich durch die Richtung von i2! Knotenanalyse: h21e i1 + ih22e + i2 = 0 h21e i1 + u2 h22e + u2 wobei: 1 =0 RC ih22e = u2 h22e; und i2 = u2 1 RC somit erhält man: h21e i1 = -u2 (h22e + 1 RC ) => u2 h 21e i1 1 h 22e RC P. Walther, T. Kluter, 2010 ____________________________________________________________ 86 Berner Fachhochschule, TI FACHBEREICH MIKROTECHNIK _____________________________________________________________________________________ Bem: u2 entgegengesetzt zu h21e i1, da Quelle. Damit kann die Spannungsverstärkung vu berechnet werden zu: h 21e i1 1 h 22 e RC u vu 2 u1 h11e i1 h12e u 2 h 21ei1 h 22 e h11e i1 h12 e 1 RC h 21e i1 h 22e 1 RC 1 h 22e h11e h 21e 1 RC h12e h 22e 1 RC Verstärkung einer Stufe ohne Berücksichtigung von RL! vu h12 e h11e h 21e 1 1 h 22 e R C In Lehrbüchern trifft man oft auf die Gleichung: vu h12 e 1 1 h 22e R C h11e h 21e RC oder auch: vu h11e h 21e R C h11e h 22e h12e h 21e R C wobei h11eh22e - h12eh21e = det -1 Wie bereits mehrfach erwähnt, können h12e und h22e (falls h22e<<RC ) oftmals vernachlässigt werden. Dann gilt näherungsweise: P. Walther, T. Kluter, 2010 ____________________________________________________________ 87 Berner Fachhochschule, TI FACHBEREICH MIKROTECHNIK _____________________________________________________________________________________ vu ~ h 21eR C h11e Für zweifache Verstärkerstufen gilt: vu = vuI vuII Die Phasenlage des Signals am Ausgang der zweiten Stufe ist 0°. 3.6.4. ÜBERTRAGUNGSGRÖSSEN EINES VIERPOLS Die Übertragungsgrössen G(p) eines Vierpols sind im allgemeinen komplexe Grössen. Es kann sich dabei um eine Spannung einen Strom oder eine Leistung handelt. Zur Berechnung der Vierpoleigenschaften wird der Vierpol nochmals vereinfacht. Man verwendet den sog. Signalflussplan, siehe folgendes Bild: x1(p) x2(p) G(p) p = j Hierbei sind x1(p) und x2(p) die Signalgrössen und G(p) beschreibt die Eigenschaft des Vierpols. Dabei gilt: G(p) = x2(p) / x1(p) oder einfacher G = x2 / x1 Die vier wichtigsten Grössen sind a) Stromübertragungsfunktion Gi, auch oft mit Vi bezeichnet Gi = Vi = x2 / x1 b) Spannungsübertragungsfunktion Gu, auch oft mit Vu bezeichnet Gu = Vu = x2 / x1 c) Leistungsübertragungsfunktion Gp, auch oft mit Vp bezeichnet P. Walther, T. Kluter, 2010 ____________________________________________________________ 88 Berner Fachhochschule, TI FACHBEREICH MIKROTECHNIK _____________________________________________________________________________________ Gp = Vp = x2 / x1 d) Logarithmische Übertragungsgrössen In einem System, das viele Verstärkerstufen aufweist, war es früher umständlich, die Gesamtverstärkung durch Multiplikation zu berechnen. Man führte daher eine logarithmische Grösse ein, so dass die Systemeigenschaften durch Addition der Logarithmen leicht zu berechnen waren. Hier sind das Neper, das Bel (oder Dezibel dB) zu erwähnen. Diese Berechnungen waren für Leistungseigenschaften der Verstärkerschaltung ausgelegt. Definition des Neper (Np): G = 1/2 (ln p1 / p2) = a + jb; mit ln = natürlicher Logarithmus Darin bedeuten: a, das Dämpfungsmass in Neper (Np) b, das Phasenmass in rad p1, p2 die Eingangs- bzw. die Ausgangsleistung Definition des Dezibel (dB): G = 10 log(p1 / p2) = a + jb; mit log = 10er- od. Briggscher Logarithmus Darin bedeuten: a, das Dämpfungsmass in Dezibel (dB) b, das Phasenmass in rad p1, p2 die Eingangs- bzw. die Ausgangsleistung Davon abgeleitet die gebräuchlichen Grössen für Spannungsübertragung; Dämpfung oder Verstärkung: aus p1 p2 u1i1 u2 i2 i1=u1/z1 und i2 = u2/z2 eingesetzt: u1 2 z1 u1 z1 = 2 u p2 u 2 2 u2 z 2 z2 p1 u1 P. Walther, T. Kluter, 2010 ____________________________________________________________ 89 Berner Fachhochschule, TI FACHBEREICH MIKROTECHNIK _____________________________________________________________________________________ In der Hochfrequenztechnik arbeitet man oftmals mit definierten Impedanzen, z. B. mit 50 75 120 oder 240 etc. so dass das Verhältnis z2 / z1 = 1 ist. Wenn weiter keine Phasenverschiebung zwischen Ausgangs- und Eingangssignal zu erwarten ist, kann auf die komplexe Schreibweise verzichtet werden. Dann ergibt sich für G die meistens verwendete Beziehung: G = 10 log u12 u 22 (dB); G = 10 (log (u12 ) log(u 2 2 ) )= 10 (2 (log( u1) 2(log(u 2 )) )) oder G = 2 10 log u1 u = 20 log 1 für Dämpfung (d.h. wenn u1>u2) u2 u2 oder für Verstärkung G = 20 log u2 u1 _____________________________________________________________________________________ Verständnisfragen: 1. Wozu ist das Vierpolmodell nützlich? 2. Was bedeuten die h Parameter h11e bis h22e? 3. Wie lassen sie sich bestimmen? 4. Wie sieht das Kleinsignalersatzschaltbild für den Transistor aus? 5. Wie jenes eines einfachen Verstärkers? 6. Wie lautet die Formel für die Verstärkung in vereinfachter Form? 7. Was bedeutet Dezibel? P. Walther, T. Kluter, 2010 ____________________________________________________________ 90