Nistmöglichkeiten für zahlreiche andere Waldbewohner. Von Siebenschläfern und Fledermäusen über andere Vogelarten bis hin zu Hornissen und Wildbienen nutzen unzählige Arten diese Unterschlupfmöglichkeit. Die Spechte stört das nicht, denn sie können sich jederzeit eine neue Unterkunft zimmern. Abgestorbene Bäume werden so immer weiter durchlöchert und bleiben als „Baumflöten“ oft noch lange das Zuhause vieler Waldbewohner. Spechte als Gegenspieler der Borkenkäfer Bergwald im Herbst © H. Marek Lebensraum Bergwald 2 Die Bergwälder der Alpen werden oft aus Buchen, Tannen, Fichten, Kiefern und Lärchen gebildet. Eingestreut findet man unter anderem Ahorn, Esche und Vogelbeere. Bergwälder sind oftmals geprägt durch harte Standortbedingungen, wie intensive Sonneneinstrahlung, geringe Humusauflage, hohe Schneelagen und Schneedruck, Wind und Wetter. Sie verzeichnen einen geringeren Biomassezuwachs über das Jahr als Tieflandwälder. Bergwälder sind in ihrer natürlichen Verjüngung in hohem Maße abhängig von Moderholz, das als Nährstoffquelle dient und das Mikroklima positiv beeinflusst. Die Trommler des Waldes Spechte gehören zu den bekanntesten Waldbewohnern. Durch markante Trommelwirbel machen sich die Spechte bemerkbar. Ihre Hackspuren und Höhlen sind häufig anzutreffen und ab und zu beobachtet man die leicht zu erkennenden Vögel bei ihrer Arbeit oder im Flug. Spechte nehmen im Wald eine Schlüsselrolle ein. Mit ihrem kräftigen Schnabel hacken sie Bruthöhlen in Baumstämme und schaffen so An die 3000 Larven und ausgewachsene Insekten benötigt ein Specht an einem Wintertag als Futter. Nestlinge werden Buchdrucker © J. Pennersdorfer mit 1000 Borkenkäferlarven pro Tag gefüttert. Damit sind Spechte bedeutende Gegenspieler der Borkenkäferarten, wie zum Beispiel Ameisenbuntkäfer © C. Krambeck des Buchdruckers. Neben zahlreichen weiteren Vogelarten greifen auch der Ameisenbuntkäfer, Schlupfwespen, die Kamelhalsfliege und Kamelhalsfliege © R. Bartz andere Zweiflügler regulierend in die Borkenkäferpopulation ein. Ihr Potential hängt allerdings von naturnahen und totholzreichen Wäldern ab. Von 216 weltweit bekannten Arten kommen die hier vorgestellten sechs Spechte im Bergwald der nördlichen Kalkalpen vor. 3 Der Schwarzspecht – „die größte heimische Art“ Dryocopus martius Länge: 40 - 46 cm Flügelspannweite: 67 - 73 cm männlich: Rot am gesamten Scheitel weiblich: Roter Hinterscheitel Höhenverbreitung: von Tieflagen bis zur Baumgrenze Streng geschützt nach Anhang I der europäischen Vogelschutzrichtlinie 4 Der Schwarzspecht, die größte europäische Spechtart, ist ein krähengroßer Vogel mit durchwegs schwarzem Gefieder und rotem Scheitelfleck. Die Geschlechter sind leicht zu unterscheiden: Während das Weibchen nur am Nacken einen roten Fleck aufweist, reicht der des Männchens von der Stirn bis zum Hinterhaupt. Dieses Merkmal ist bereits bei den Nestlingen ausgeprägt. Rabenschwarzes Gefieder und ein markanter roter Scheitel (Männchen) bzw. Nackenfleck (Weibchen) machen den Schwarzspecht unverkennbar. @ H. Marek Bei der Nahrungssuche hackt der Schwarzspecht lange, längsovale Löcher in rotfaule Fichten, in denen er vor allem Ameisen findet. @ R. Klampfer Zur Nahrung des Schwarzspechtes zählen Ameisen und holzbewohnende Käfer, sowie deren Larven. Seine Beute fängt er sowohl auf Bäumen als auch am Boden. Dabei zerhackt er Baumstümpfe, löst die Rinde von kranken oder toten Bäumen oder sucht in Ameisenhaufen nach Nahrung. Als Lebensraum favorisiert der Schwarzspecht größere, ältere Mischwälder, insbesondere montane bis hochmontane Fichten-Tannen-Buchenwälder. Alte Buchen mit großem Stammdurchmesser zählen zu seinen bevorzugten Brut- und Schlafhöhlenbäumen. Schwarzspechte benutzen eine Bruthöhle oft über mehrere Jahre hinweg. Später werden diese Höhlen von anderen Tieren, wie dem Raufußkauz, dem Baummarder oder Fledermäusen bewohnt. Das Revier eines Schwarzspechtes ist 300 - 400 ha groß. Sein kraftvolles Trommeln, das vor allem der Reviermarkierung dient, ist sehr laut und auf eine Entfernung von rund zwei Kilometern hörbar. Im Gegensatz zu anderen Spechten ist die Flugbahn des Schwarzspechtes meist gerade. 5 Der Grünspecht – „ein Nahrungsspezialist“ Picus viridis Länge: 30 - 36 cm Flügelspannweite: 45 - 51 cm männlich: Roter Wangenstreif weiblich: Schwarzer Wangenstreif Höhenverbreitung: Tieflagen bis auf ca. 1.400 m In Österreich zurzeit nicht gefährdet 6 Der Grünspecht ist oberseitig olivgrün und bauchseitig gelbgrün gefärbt. Er besitzt, ebenso wie der Schwarzspecht, eine rote Kappe, die von der Stirn bis in den Nacken reicht. Auffällig sind die schwarze Gesichtsmarke und der Wangenstreif, der beim Weibchen schwarz und beim Männchen rot ist. Ebenfalls markant ist der gelblich-grüne Bürzel, der besonders im Flug gut erkennbar ist. Der etwa hähergroße Grünspecht ist ein häufiger Vogel der Tieflagen und hält sich gerne am Boden auf. @ H. Marek Als „Erdspecht“ trifft man den Grünspecht auch bei der Futtersuche am Boden an. © OhWeh/wiki Der Grünspecht zählt zur Gruppe der „Erd­ spechte“. Bei seiner Nahrungswahl ist er auf Ameisen spezialisiert, weshalb er sich viel am Boden aufhält. Mit seiner langen, klebrigen Zunge pickt er seine Beute direkt vom Boden auf oder holt sie aus den Erdnestern. Gelegentlich frisst er auch andere Insekten und Regenwürmer. Der Lebensraum des Grünspechtes reicht bis in die subalpine Stufe. Er besiedelt strukturreiche, offene Landschaften, wie z.B. lichte Laub- und Mischwälder, Wiesen mit Gehölzen oder größere Parkanlagen und Obstanbaugebiete. Dichte Wälder werden von ihm gemieden. Seine Brut- und Schlafhöhlen zimmert der Grünspecht in kranke oder morsche Bäume. Trommeln kommt beim Grünspecht nur sehr selten vor. Während der Brutzeit ist sein typischer lachender Balzgesang, in dem etwa zehn bis 19 „klü“-Rufe aneinandergereiht werden, hörbar. Der Grünspecht gilt in Österreich zurzeit als nicht gefährdete Art. 7 Weißrückenspecht – „der Urwaldbewohner“ Dendrocopus leucotos Länge: 25 - 28 cm Flügelspannweite: 38 - 40 cm männlich: Roter Scheitel weiblich: Schwarzer Scheitel Höhenverbreitung: 600 bis 1.400 m Streng geschützt nach Anhang I der europäischen Vogelschutzrichtlinie 8 Seinen Namen hat der Weißrückenspecht vom weißen Rücken, den er allerdings nur im Flug zeigt. Seine Unterschwanzdecken sind hellrot und gehen bauchseitig in eine zartrosa Färbung über. Der Scheitel des Männchens ist rot gefärbt, der des Weibchens schwarz. Zum bevorzugten Nahrungsspektrum des Weißrückenspechtes zählen totholzbewohnende Insekten und deren Larven, besonders Pracht- und Bockkäferlarven, die er unter der Rinde von abgestorbenen oder morschen Bäumen aufstöbert. 9 Der Weißrückenspecht hebt mit seinem langen, kräftigen Schnabel plattenartig die Rinde von abgestorbenen Stämmen ab, um an die begehrten Bockkäferlarven zu kommen. @ T. Hochebner Nur auf den ersten Blick ein Buntspecht: Der Weißrückenspecht ist die Leitart naturnaher Buchen-Mischwälder. © Hochebner/Marek/ Maringer Der Weißrückenspecht ist auf urwaldartige Laubund Mischwälder mit viel Alt- und Totholz spezialisiert. Nur wenige Lebensräume sind so wenig von der Forstwirtschaft beeinflusst, dass der Weißrückenspecht darin vorkommt. Südexponierte Wälder und Steillagen werden von ihm bevorzugt. Auch für die Anlage von Schlaf- und Bruthöhlen, die jährlich neu gezimmert werden, werden tote oder morsche Stämme von Laubbäumen gewählt. In Österreich hält sich die Brutverbreitung streng an die Zone des randalpinen Fichten-Tannen-Buchenwaldes. Aufgrund des abnehmenden Lebensraumes gilt der Weißrückenspecht in der Roten Liste Österreichs als potentiell gefährdet. Buntspecht – „Der Alleskönner“ Dendrocopos major Länge: 23 - 26 cm Flügelspannweite: 38 - 44 cm männlich: Roter Nacken weiblich: Schwarzer Nacken Höhenverbreitung: Tief- und Hügelland bis hinauf zur Baumgrenze In Österreich nicht gefährdet 10 Der Buntspecht ist vorwiegend schwarz und weiß gefärbt, mit roten Unterschwanzdecken. Nur das Männchen besitzt einen roten Genickfleck. Bei den Jungvögeln haben beide Geschlechter einen roten Scheitel. Das Areal des Buntspechtes erstreckt sich von Mitteleuropa über Nordafrika bis zu den japanischen Inseln. Er ist somit die am häufigsten auftretende und am weitesten verbreitete Spechtart der Welt. Grund dafür ist die perfekte Anpassung sowohl an Laub- als auch an Nadelwälder. Bei der Nahrungswahl ist der Buntspecht ein Generalist. Über die Wintermonate ernährt er Während der Aufzucht muss von den Elterntieren für die Jungvögel pausenlos Futter herangeschafft werden. © H. Hudelist Dank federnder Gelenke und starker Muskeln bekommen Spechte auch nach 12.000 Schlägen pro Tag noch keine Kopfschmerzen. © T. Kerschbaumer sich vorwiegend von Samen verschiedener Nadelhölzer, im Sommer besteht seine Mahlzeit aus holzbewohnenden Insekten und deren Larven, Spinnen, Raupen sowie fetthaltigen Samen und Nüssen. Auch Jungvögel sind eine willkommene Ergänzung am Speiseplan. Für das Aufbrechen der Nüsse und Zapfen, dem sogenannten „Schmieden“, ist der Buntspecht berühmt. Er klemmt sie in eine Rindenspalte am Baum und bearbeitet sie mit seinem Schnabel, bis er zu den Samen kommt. Seine Höhlen legt der Buntspecht nicht nur in toten Baumstämmen an, sondern errichtet sie auch unter Dächern und in Hohlräumen von Mauerwerken. Damit beim Zimmern der Spechthöhle das Holzmehl nicht eingeatmet wird, besitzen alle Spechte feine Federn um die Nasenlöcher. Um das Gehirn während des Klopfens und Trommelns vor Erschütterungen zu schützen, sind Schnabelbasis und Schädel gelenkig und federnd verbunden. Das wirkt wie ein Stoßdämpfer. 11 Dreizehenspecht – „Der Feind aller Borkenkäfer“ Picoides tridactylus Länge: 22 - 24 cm Flügelspannweite: 32 - 35 cm männlich: Gelber Scheitel weiblich: Schwarz-weißer Scheitel Höhenverbreitung: Nadelwaldstufe bis auf 1.800 m Europaweit wird der Bestand als ausgedünnt bewertet Die kleinste heimische Spechtart ist an seinen schwarzen Flügeln, dem schwarz-weiß gesprenkelten Rücken und einer einzigartigen breiten, schwarzen Bänderung an der Unterseite leicht zu erkennen. 12 Mit nur drei Zehen und gelbem Scheitel (Männchen) unterscheidet sich der Dreizehenspecht deutlich von seinen heimischen Verwandten. © H. Keil Im Frühjahr ringelt der Specht gerne Bäume, um dann den Pflanzensaft zu saugen. © L. Zechner Der Dreizehenspecht besitzt nicht wie alle anderen Spechte vier spitze, gebogene Krallen an den Kletterfüßen, mit denen er sich an der Borke festhalten kann, sondern nur drei. Diese drei Zehen stehen im rechten Winkel zueinander und erleichtern so das zumeist in Spiralen erfolgende Hinauf- und Hinunterklettern an den Bäumen, weshalb er auch den Namen „Kletterspecht“ trägt. Unter der Rinde findet der Dreizehenspecht seine Nahrung wie Käferlarven oder -puppen. Um an diese Insekten zu gelangen, schuppt er Rindenstücke ab oder legt durch Abstemmen ganzer Rindenkeile oberflächige Baumschichten frei. Besonders häufig stehen Fichten-Borkenkäfer am Speiseplan, wodurch der Dreizehenspecht ein wichtiger Regulator dieses Forstschädlings ist. Vor allem nach Windwurfereignissen mit anschließenden Borkenkäfer-Massenvermehrungen trifft man den Dreizehenspecht häufig an. Der Vogel lebt in hochgelegenen Hanglagen in alten und lichten Fichten- oder Mischwäldern mit viel stehendem Totholz. 13 Grauspecht – „Ein heimlicher Bergbewohner“ Picus canus Länge: 27 - 32 cm Flügelspannweite: 45 - 50 cm männlich: Roter Stirnfleck weiblich: durchgehend grauer Scheitel Höhenverbreitung: Tiefland bis auf ca. 1.200 m In Österreich nicht gefährdet 14 Der Grauspecht ist leicht mit dem Grünspecht zu verwechseln, im Gegensatz zu diesem hat er einen deutlich graueren Kopf- und Bauchbereich und besitzt zudem eine hellrosa Iris. Das Gefieder besitzt weniger Schwarzanteil am Kopf. Der Grauspecht lebt heimlich und ist weniger häufig anzutreffen als seine Schwesterart. Lawinenabgänge, Steinschläge, Schotterhalden, Felsen und durch Almen reich gegliederte Bergmischwälder sind typische Lebensräume Beim Grauspecht wirkt das Gefieder am gesamten Kopf grau. Das unterscheidet ihn vom Grünspecht. © R. Thaller Alle Spechte, so auch der Grauspecht, besitzen eine lange klebrige und harpunenartige Zunge, mit der sie leicht Insekten und deren Larven erbeuten. © H. Hudelist des heimischen Grauspechtes. Vor allem auch in lichten, alten und totholzreichen Laubwäldern und offenen Nadelholzbeständen der oberen montanen und subalpinen Stufen fühlt er sich besonders wohl. Bruthöhlen werden in ganz unterschiedlichen Höhen vorwiegend in kranke Laubhölzer gemeißelt. Die Dichte der Grauspechte ist gering, Nester einzelner Brutpaare können bis zu 25 km weit auseinander liegen. An den warmen Südhängen begibt sich der „Erdspecht“ auf die Jagd nach bodenbewohnenden Insekten und Spinnen. Ähnlich wie beim Grünspecht stehen besonders Ameisen auf seinem Speiseplan. Durch die dünne, hornige und weit vorstreckbare Zunge, welche kleine Widerhaken am Ende besitzt, kann der Grauspecht die Ameisen leicht aus ihrem Nest herausholen. Aber auch im freien Flug schnappt er sich seine Beute. 15 Impressum Herausgeber: Nationalpark Gesäuse GmbH Konzeption: Alexander Maringer Texte: Alexander Maringer, Claudia Plank, Katja Scholz Grafik: Kren Medienmanufaktur, Admont Druck: Druckerei Wallig, Gröbming Titelbild: Thomas Hochebner